Verwaltungsgericht München Urteil, 22. März 2018 - M 30 K 17.1306

bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Änderung ihres Familiennamens in den Nachnamen ihrer Mutter, was seitens des Beklagten abgelehnt wurde.

Am 22. Dezember 2016 beantragten die getrennt lebenden gesetzlichen Vertreter der Klägerin die Änderung des Familiennamens der Klägerin vom Nachnamen des Vaters in den Nachnamen der Mutter. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Klägerin wegen ihres Nachnamens schlecht fühle und evtl. psychisch belastet sei, da in ihrer Familie alle den Nachnamen der Mutter hätten. Zudem käme es zu falschen Briefzustellungen, z.B. von Versicherungen, Problemen bei Reisen mit der Mutter und seien Probleme in der Zukunft, z.B. in der Schule, zu erwarten.

Auf Anhörung des Landratsamts … vom 25. Januar 2017 zu einer beabsichtigten Ablehnung des Namensänderungsantrags mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes nahm die Mutter der Klägerin am 2. Februar 2017 telefonisch mit dem Landratsamt Kontakt auf und erhielt Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2017, zugestellt jeweils am 28. Februar 2017, lehnte daraufhin das Landratsamt … den Antrag auf Änderung des Familiennamens der Klägerin ab (Nr. 1) und legte die Kosten des Verfahrens den gesetzlichen Vertretern der Klägerin mit Erhebung einer Gebühr in Höhe von 150,- EUR auf (Nr. 2 und 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass kein wichtiger Grund gemäß § 3 Abs. 1 Namensänderungsgesetz (NamÄndG) für eine Änderung des Familiennamens vorläge. Insbesondere sei nicht weiter ausgeführt oder belegt worden, dass sich die Klägerin mit ihrem derzeitigen Namen schlecht fühle. Eine seelische Belastung könne zwar als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet sei. Dies setze auch nicht voraus, dass die seelische Belastung den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit oder Krise erreicht habe oder voraussichtlich erreichen werde. Ein bloßes Unwohlsein mit dem Namen rechtfertige jedoch noch keine Namensänderung. Welche Probleme sich im Rahmen des Schulbesuchs ergeben könnten, sei ebenso wenig konkretisiert worden. In Bezug auf Schwierigkeiten beim Verreisen mit einem gesetzlichen Elternteil würde das Problem durch eine Namensänderung nicht beseitigt, da dieses dann beim ebenfalls sorgeberechtigten Vater auftreten würde, würde er alleine mit seiner Tochter verreisen wollen. Da erst vor kurzem die gemeinsame Sorge begründet worden sei, könne davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auch zum Vater regelmäßigen Kontakt haben werde. Eine Zertrennung des namensmäßigen Bandes zu diesem sei daher nicht angezeigt. Eine Namensverschiedenheit mit einem Elternteile sei auch nicht ungewöhnlich und könne einem Kind in einer seinem Alter angemessenen Weise erklärt werden. In gewissem Umfang müssten Kinder mit den mit der Trennung der Eltern verbundenen Problemen - so auch mit einer etwaigen Namensverschiedenheit - zu leben lernen. Das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens überwiege daher das private Interesse an der Namensänderung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.

Hiergegen ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte am 28. März 2017 Klage erheben. Das Interesse der sozialen Ordnungsfunktion trete hinter dem schutzwürdigen Interesse der Klägerin auf Namensänderung zurück, weil die Klägerin unter der schweren Belastung leide, nicht wie ihre Mutter und deren übrige Familie heißen zu dürfen. Eine fehlende Postzustellung könne zwar alleine noch keine Namensänderung rechtfertigen. Dennoch könne auch eine Fünfjährige bereits wichtige Postzustellungen erhalten. Ein entsprechender Nachweis, wie in der Bescheidsbegründung gefordert, könne jedoch nicht erfolgen, da das Dokument gerade nicht habe zugestellt werden können. Die Namensänderung sei zwischen den Eltern schon seit Jahren im Gespräch. Zur Klärung und Beschleunigung unterstütze der Vater der Klägerin deren Entscheidung, den Nachnamen entsprechend zu ändern. Die Klägerin leide seit Jahren unter der Belastung, zumal die gesamten Familienangehörigen, die Mutter, die Großeltern und die Cousine und Tante der Klägerin in einem Haus wohnend einen anderen Nachnamen tragen würden. Die Klägerin fühle sich aus der Familie ausgegrenzt und verunsichert. Eine Therapeutin habe gravierende emotionale Probleme sowie die Hausärztin eine emotionale Belastung diagnostiziert und würden empfehlen, die Namensänderung durchzuführen. Ob schulische Probleme durch den anderslautenden Nachnamen auftreten könnten, könne noch nicht prognostiziert werden. Die Klägerin fürchte jedoch diese Ausgrenzung bzw. habe sie bereits erlebt und daher bereits gravierende seelische Probleme. Die angestrebte Namensänderung habe die Klägerin insoweit verunsichert, dass sie vor Namensnennung eine Bestätigung der Eltern einhole, wie sie denn heiße. Aus diesem Grunde sei ein schutzwürdiges Interesse an der Namensänderung gegeben und müsse die Ordnungsfunktion zurücktreten.

Zur Klagebegründung wurde eine Bestätigung des zusammen mit der Mutter gemeinsam sorgeberechtigten Vaters der Klägerin vorgelegt, dass dieser mit einer Namensänderung einverstanden sei. Die Klägerin wünsche sich persönlich, wie ihre Mutter zu heißen, und sei traurig, dass es nicht so sei.

In einer vorgelegten Stellungnahme vom 17. März 2017 der Zeugin S. W., Gestalttherapeutin und Traumabewältigung für Kinder und Jugendliche, diagnostiziert diese bei der Klägerin eine reaktive Bindungsstörung nach ICD-10 F 94.1. Ein gemeinsamer Name von Mutter und Kind, den Großeltern, der Tante und Cousine sei von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit bei der Identitätsfindung, vor allem hinsichtlich der baldigen Einschulung. Es sei ihrer Ansicht nach von schwerem Nachteil für das Wohlbefinden der Klägerin, den Namen ihres Vaters weiter zu tragen. Auch ein ärztliches Attest der Zeugin Dr. … …, Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 23. März 2017 diagnostiziert eine reaktive Bindungsstörung, die durch anhaltende Auffälligkeiten im sozialen Beziehungsmuster des Kindes gekennzeichnet sei. Um eine eigene sichere Bindung und Identität zu entwickeln, sei es unerlässlich, dass die Namensänderung stattfinde. Das Kind lebe zusammen mit den Großeltern und der Familie mütterlicherseits, die alle diesen gewünschten Namen tragen würden. Sie fühle sich durch ihren bisherigen Namen in der Familie ausgegrenzt.

Die Klägerin beantragt daher zuletzt, den Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2017 aufzuheben und diesen zu verpflichten, den Familiennamen der Klägerin auf „…“ zu ändern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung der Klageabweisung nahm der Beklagte im Wesentlichen auf den Ablehnungsbescheid Bezug. Der Stellungnahme der Therapeutin nach gingen die Belastungen insbesondere auf die Spannungen zwischen den Eltern zurück. Dieser Konflikt scheine zwischen den Eltern nunmehr gelöst. Allein die Namensverschiedenheit zu einem Elternteil sei keine derart ungewöhnliche Belastungssituation, die eine Namensänderung rechtfertigen würde. Es sei besonders zu betonen, dass zwischen der Klägerin und ihrem sorgeberechtigten Vater weiterhin regelmäßiger Kontakt bestehe und sie zu ihm ein gutes Verhältnis habe. Auch die Aufrechterhaltung dieses namentlichen Bandes könne dem Kindeswohl dienen. Die Eltern hätten bereits eine gemeinsame Namensbestimmung vorgenommen. Das Namensänderungsrecht diene nicht dazu, diese zu revidieren und damit die Gestaltungsmöglichkeiten des BGB zu erweitern.

Am 22. März 2018 fand beim Verwaltungsgericht München die mündliche Verhandlung statt, in der auch die sachverständigen Zeuginnen … und Dr. … neben der Klägerin persönlich und deren Mutter gehört wurden. Auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung wird Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte … und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage auf Änderung des klägerischen Familiennamens in den Nachnahmen der Mutter ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Änderung ihres Namens in der gewünschten Weise. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2017 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die zivilrechtlich mögliche Namensbestimmung der Klägerin ist durch die Eltern als gesetzliche Vertreter im Zusammenhang mit der Vaterschaftsanerkennung bereits erfolgt. Somit bleibt der Klägerin nur die Möglichkeit einer öffentlich-rechtlichen Namensänderung.

Das öffentlich-rechtliche Namensänderungsrecht soll jedoch nur dazu dienen, Unzuträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen und hat Ausnahmecharakter (vgl. Nr. 27 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV)). Es soll nicht dazu dienen, die bestehenden zivilrechtlichen Regelungen und Wertungen in Bezug auf die Namensführung zu revidieren oder diese zu umgehen, wie das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid zurecht ausführt. Eine Namensänderung kommt nach § 3 Abs. 1 NamÄndG i.V.m. Nr. 28 NamÄndVwV daher nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Dabei ist angesichts des öffentlichen Interesses an der Beibehaltung des bisherigen Namens grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen und ein wichtiger Grund nur dann zu bejahen, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers in der Ablegung seines bisherigen Namens und der Führung eines neuen Namens dieses öffentliche Interesse überwiegt. Bei Kindern und Heranwachsenden wiegt gemäß Nr. 30 Abs. 4 Satz 4 NamÄndVwV der Gesichtspunkt der Beibehaltung des Namens jedoch weniger schwer als bei Erwachsenen, die im Berufsleben, im Rechtsverkehr und Behörden gegenüber schon häufiger unter ihrem Familiennamen in Erscheinung getreten sind.

Trotz dieses gemäß Nr. 30 Abs. 4 Satz 4 NamÄndVwV vorliegend greifenden herabgesetzten öffentlichen Interesses an der Beibehaltung des bisherigen Namens der Klägerin überwiegt dieses dennoch noch das private Interesse der Klägerin an der Namensänderung. Es besteht nach rechtlichen Maßstäben kein wichtiger Grund für eine Namensänderung. Dabei ist zu trennen zwischen dem nachvollziehbaren persönlichen Bedürfnis und Wunsch der Klägerin einerseits und den rechtlichen Anforderungen an das gesetzlich geforderte Vorliegen eines wichtigen Grundes. Die Wünsche der Klägerin und ihrer gesetzlichen Vertreterin sind hierfür gerade nicht ausreichend.

Der grundsätzliche Ansatz in den ablehnenden Ausführungen des Landratsamts im streitgegenständlichen Bescheid und in der Klageerwiderung, dass Kinder von getrenntlebenden Eltern mit entstehender Namensverschiedenheit zu leben lernen müssen und durch die Namensverschiedenheit allgemein auftretende Unannehmlichkeiten und Probleme für eine Namensänderung nicht ausreichen, ist nicht zu beanstanden. Dies kann auch dem Rechtsgedanken der - nicht einschlägigen - Nr. 40 Abs. 2 Satz 2 NamÄndVwV entnommen werden. Danach kommt bei Scheidungskindern bei einer Wiederverheiratung des sorgeberechtigten Elternteils etc. eine Namensänderung nicht schon dann in Betracht, wenn die Namensänderung verdecken soll, dass das Kind aus einer geschiedenen Ehe stammt, oder die Namensänderung dem Kind lediglich vorübergehende, altersbedingte Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten ersparen soll, welche sich aus der Namensverschiedenheit in der neuen Familie des sorgeberechtigten Elternteils ergeben.

So können die klägerseits genannten Unannehmlichkeiten und Probleme aufgrund der Namensverschiedenheit z.B. bei Urlaubsreisen, Postzustellungen etc. und die sich grundsätzlich beim Zusammenleben mit Namenverschiedenheit entstehenden Probleme und Konflikte für sich genommen mangels Erheblichkeit noch keinen wichtigen Grund im Sinne von Nr. 28 NamÄndVwV begründen. Bei Urlaubsreisen würden die Probleme durch eine Namensänderung schließlich schon nicht beseitigt, falls der - ebenfalls sorgeberechtigte - Vater mit seiner Tochter verreist. Postzustellungsschwierigkeiten könnte mit einem Namensschild am Briefkasten begegnet werden.

Zwar kommt eine Namensänderung bei Vorliegen einer erheblichen seelischen Belastung durch den vorhandenen Familiennamen in Betracht. Dies hat auch der Beklagte erkannt und ausgeführt. Dieses Erfordernis seelischer Belastung an der Namensverschiedenheit liegt letztlich auch dem Ansatz in Nr. 40 Abs. 2 NamÄndVwV zugrunde, wonach eine Namensänderung bei Scheidungskindern und Wiederverheiratung des sorgeberechtigten Elternteils in Betracht kommt, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Kind dadurch Schaden nimmt, dass es sich wegen der Namensverschiedenheit von dem neuen Familienverband ausgeschlossen fühlt.

Die Einvernahme der sachverständigen Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass entgegen der im Verfahren vorgelegten Stellungnahmen bei der Beurteilung durch das Gericht keine reaktive Bindungsstörung im Sinne von ICD-10 F 94.1 bei der Klägerin zugrunde zu legen ist. Die Hausärztin der Klägerin distanzierte sich vielmehr von ihrer ursprünglichen Diagnose und bescheinigte der Klägerin eine stabile Persönlichkeit, sie sei immer kooperativ und es handele sich um eine intakte Familie. Nach ihrem Eindruck sei die Klägerin seit ihrer Einschulung stabiler und auch ruhiger geworden. Die sachverständige Zeugin W. erklärte ihre Diagnose anhand der aufgetretenen Symptome. Die Klägerin sei ihr zu dem Zeitpunkt, als sie bei ihr vorstellig geworden sei, für ihr Alter sehr verschlossen, in sich gekehrt, traurig, durcheinander und nicht fröhlich vorgekommen. Wie die sachverständige Zeugin aus diesen Symptomen auf die doch erhebliche ICD-10-Diagnose schloss, vermag das Gericht nach den Ausführungen der sachverständigen Zeugin nicht nachzuvollziehen.

Die seelische Belastung muss jedoch auch nicht bereits den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit im Sinne von ICD-10 erreicht haben. Vielmehr kann gerade die Änderung des Namens geboten sein, um den Namensträger vor einer solchen behandlungsbedürftigen Erkrankung oder Krise zu bewahren. Die - vorliegend nicht einschlägige - Nr. 40 Abs. 2 Satz 5 NamÄndVwV erwähnt z.B. den Fall, wenn in der neuen Ehe des sorgeberechtigten Elternteils Kinder sind (Halb- oder Stiefgeschwister), die bereits den angestrebten Familiennamen führen.

Es bedarf jedoch einer solchen Art und eines solchen Ausmaß der seelischen Belastung, die vom Namen herrührt, dass sich daraus konkrete negative Auswirkungen auf den Alltag der betroffenen Person und die Erforderlichkeit der Namensänderung ergeben, um der Belastungslage zu entgehen. Die Erheblichkeit einer solchen seelischen Belastung durch den bisherigen Namen der Klägerin ist für das Gericht vorliegend aber nicht erkennbar.

Die beschriebenen Symptome alleine reichen zur Überzeugung des Gerichts für eine eine Namensänderung begründende derart erhebliche seelische Belastung nicht aus, zumal diese ihre Ursache nicht ohne weiteres im Namen der Klägerin findet. Das Gericht hat nach den vorgelegten Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung vielmehr den Eindruck gewonnen, dass diese Symptome auch mit den Spannungen innerhalb der Familie, insbesondere zwischen den Eltern der Klägerin und dem insbesondere von der Hausärztin beschriebenen Zusammenleben mit der Cousine zusammenhängen könnten.

Die Klägerin befindet sich weder in ärztlicher noch therapeutischer Behandlung, auch anderweitige Unterstützung haben sich die gesetzlichen Vertreter bislang anscheinend nicht gesucht, sondern den Fokus alleine auf die Namensänderung gelegt.

Das Gericht vermag daher - auch nach der eigenen Befragung der Klägerin - nicht anzunehmen, dass die Klägerin an derart erheblichen Symptomen seelischer Belastung leidet. Dies vermochten auch weder die Mutter der Klägerin noch die einvernommenen sachverständigen Zeuginnen näher und konkret darzulegen. Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen nach der Befragung der Klägerin, der Mutter und der Einvernahme der sachverständigen Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass die Klägerin insoweit nicht mehr an einer seelischen Belastung der Namensverschiedenheit leidet, als dies im üblichen Rahmen bei Kindern getrenntlebender Eltern mit Namensverschiedenheit auftritt.

Vielmehr würde die Änderung des Familiennamens alleine zur Überzeugung des Gerichts der Klägerin nicht ermöglichen, die von der Hausärztin geforderte eigenständige Persönlichkeitsentwicklung im Vergleich zu ihrer im gleichen Haushalt lebenden Cousine auszubilden. Wie die sachverständige Zeugin ausführte, sind eigenständige Hobbys und ein von ihrer Cousine differenzierter Klassenbesuch in der Schule erfolgversprechende Mittel und hat die Klägerin seit Schulbeginn nach Aussagen ihrer Hausärztin bereits eine stabile Persönlichkeitsstruktur entwickelt.

Die Namensänderung wird die bestehende Belastung bei der Klägerin, getrenntlebende Elternteile zu haben, im Alltag nicht beseitigen. Vielmehr bedarf es der Befähigung der Klägerin, sich mit ihrem Namen zu identifizieren und mit der Namensverschiedenheit umzugehen. Spannungen zwischen den sorgeberechtigten Eltern über die Namensgebung und -führung der Tochter etc. tragen hierzu nicht bei. Die von der Mutter beschriebene Unsicherheit bei der Klägerin, bei einer Frage nach ihrem Nachnamen die Bestätigung ihrer Eltern zu suchen, deutet hingegen gerade darauf hin, dass bei der Klägerin durch die Eltern eine Unsicherheit über die Namensführung gesetzt wurde. Insofern stellt sich die Frage, ob die Namensverschiedenheit oder die Unsicherheit in der Namensführung und die Spannungen der Eltern die Klägerin mehr belasten. Insoweit hat auch der Beklagte in seiner Klageerwiderung zurecht auf die Ausführungen der sachverständigen Zeugin W. hingewiesen, wonach der lange andauernde Streit der Eltern um den Namen der Klägerin dieser zugesetzt hätten und es unerlässlich sei, dass die Eltern gemeinsam eine konfliktfreie Gesprächsbasis entwickeln würden. Diese müsse das Wohl des Kindes im Fokus haben, damit die Klägerin eine eigene, sichere Bindung und Identität entwickeln könne. Zwar wird ein gemeinsamer Name von Mutter und Kind, den Großeltern, der Tante und Cousine als von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit in der Identitätsfindung in der Stellungnahme der sachverständigen Zeugin W. vom 17. März 2017 angeführt, jedoch auch herausgestellt, dass die Spannungen zwischen den Erziehungsberechtigten der vergangenen Jahre bei der Klägerin die diagnostizierte reaktive Bindungsstörung zur Folge gehabt hätten.

Mangels Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.v. § 3 NamÄndG besteht daher kein Anspruch auf die begehrte Namensänderung. Die Klage ist daher unbegründet und mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. März 2018 - M 30 K 17.1306

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. März 2018 - M 30 K 17.1306

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. März 2018 - M 30 K 17.1306 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Namensänderungsgesetz - NamÄndG | § 3


(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. (2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten di

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.