Verwaltungsgericht München Urteil, 26. März 2014 - 18 K 12.5064

bei uns veröffentlicht am26.03.2014

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die infolge der Tbc-Bekämpfung angeordnete Entseuchung von Heu und Grüngut.

Der Kläger ist Landwirt und bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb. Nach Feststellung des Ausbruchs von Rinder-Tbc auf dem klägerischen Anwesen ordnete das Landratsamt ... ... ... mit Bescheid vom ... Juli 2012 diverse Schutzmaßnahmen an. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des VG München vom 26. März 2014 - M 18 K 13.2487 - abgewiesen.

Nach Keulung des gesamten Rinderbestandes am ... August 2012 ordnete das Landratsamt mit Bescheid vom ... September 2012 an, dass der Kläger nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes Heu und Grüngut, das Träger des Ansteckungsstoffes (Tuberkulosebakterium) sein kann, zu entseuchen habe und erklärte den Sofortvollzug.

In den Gründen wurde neben dem Schreiben des Veterinäramtes vom ... September 2012 auf die gutachterliche Stellungnahme des ... (v. ...8.2012) Bezug genommen, wonach Heu und Gras des diesjährigen Schnittes betroffener Weiden nicht an Tiere verfüttert werden sollte.

Der Bescheid wurde auf §§ 18 und 27 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 TierSG gestützt.

Das ... stellte in der gutachterlichen Stellungnahme vom ... August 2012 unter anderem fest, dass Mykobakterien sehr widerstandsfähig und langlebig seien. Mykobakterien könnten in Heu und Wasser in Abhängigkeit von der Außentemperatur und Wetterkonditionen bis zu 58 Tage unter natürlichen Bedingungen und im Boden bis zu 88 Tage überleben. In diesem Zeitraum sei davon auszugehen, dass die infizierten Weiden ein potentielles Ansteckungsrisiko für Weidetiere darstellten. Daher sollte sichergestellt werden, dass Heu und Gras des diesjährigen Schnittes betroffener Weiden nicht an Tiere verfüttert werden sowie die Weiden in diesem Jahr auch nicht mehr beweidet werden. Nach Möglichkeit sei auch dafür Sorge zu tragen, dass Wildtiere (besonders Rehe) keinen Zugang zum besagten Anwesen erhalten.

Unter dem ... September 2012 äußerte das Veterinäramt des Landratsamtes, dass nach seinen Nachforschungen das Seuchengeschehen schon viele Jahre im Bestand akut gewesen sein dürfte und folglich auch Heu-Altbestände betroffen seien. Es sei keine Literaturstelle bekannt, dass es in vor Witterungseinflüssen geschütztem Heu zu einer Selbstentseuchung komme.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 16. Oktober 2012, eingegangen am nächsten Tag, Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom ... September 2012 aufzuheben.

Zur Klagebegründung führten diese unter dem ... Dezember 2012 aus:

Im Umkehrschluss zu den Feststellungen des ... sei davon auszugehen, dass nach dem Zeitablauf von 58 Tagen etwaige Mykobakterien abgestorben seien. Somit sei eine Entseuchung durch Zeitablauf eingetreten und eine Anordnung entbehrlich gewesen.

Der Beklagte beantragte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Veterinäramtes vom ... Dezember 2012 mit Schreiben vom 19. Dezember 2012,

die Klage abzuweisen.

Das Veterinäramt führte in der in Bezug genommenen Stellungnahme unter anderem aus:

Das LGL wollte trotz des in der Literaturstelle benannten Zeitfensters wegen der Abhängigkeit der Infektiosität von vielen Faktoren, die Nichtverfütterung des diesjährigen Schnittes betroffener Weiden sowie die Nichtbeweidung für dieses Jahr sichergestellt haben. Über die Behandlung von Heu aus früheren Wirtschaftsjahren habe sich das ... nicht geäußert. Das Veterinäramt habe sich wegen der Unsicherheit, die tatsächliche Infektiosität von Tuberkuloseerregern über einen bestimmten Zeitraum festzulegen und der Schwere der Erkrankung bei Mensch und Tier sowie der langen Inkubationszeiten sowie der hohen Verbreitungswahrscheinlichkeit durch den Handel infizierter Tiere der Auffassung des ... angeschlossen. Mangels Verfütterungsmöglichkeit im eigenen Betrieb hätte das Futter an mehrere Betriebe verkauft werden müssen. Im Falle einer Ansteckung würde ein hoher gesundheitlicher Schaden entstehen. Es sei nicht vertretbar, für ein geringes Wirtschaftsgut andere Betriebe - auch bei durch den Zeitfaktor verringerten Infektiosität der Tuberkuloseerreger - zu gefährden. Die Kontamination von Gülle/Mist aus dem klägerischen Betrieb und damit die Kontamination von Futterflächen werde wegen des ungewöhnlich hohen Durchseuchungsgrades des Rinderbestandes mit Tuberkulose als sehr hoch eingeschätzt.

Die jetzigen Prozessbevollmächtigten ergänzten unter dem ... August 2012:

Der Kläger möchte nach Klärung der Rechtswidrigkeit des Bescheides künftig wieder Rinder halten. Der Bescheid sei rechtswidrig, da Heu und Grüngut des Klägers derart gelagert worden seien und aktuell gelagert würden, dass es in keinster Weise mit Tuberkulosebakterien in Kontakt habe kommen können bzw. komme. Die Stellungnahme des ... vom ... August 2012 sehe keine Entseuchungsanordnung vor. Für eine Entseuchungsanordnung fehle eine Rechtsgrundlage. Im Übrigen liege der Anordnung kein gesicherter Nachweis einer Infizierung der Rinder des Klägers mit den Erregern Mykobakterium bovis und/oder Mykobakterium caprae zugrunde. Ferner sei die Anordnung unverhältnismäßig. Außerdem wurde ein Ermessensausfall gerügt.

Das Landratsamt verwies unter Wiederholung des Antrages auf Klageabweisung mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 auf die Stellungnahme des Veterinäramtes vom ... Oktober 2013. Das Veterinäramt stellte darin fest, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt geäußert habe, wieder Vieh halten zu wollen. Er habe vielmehr den Wunsch geäußert, anfallendes Gras, Silage und Heu an Rinderhalter zu verkaufen, von denen einer dieses Heu wieder an Pferdehalter habe verkaufen wollen. Das massive und vermutlich jahrelange Seuchengeschehen dürfte die Weiden und Wiesen durch Beweidung sowie durch Gülleaufbringung jahrelang verseucht haben. Bei einem Verkauf des Futters könne der Kläger die Erregerfreiheit von Gras, Silage und Heu nicht garantieren. Es würde ein nicht wieder gutzumachender Schaden für Tier und Mensch eintreten. Ermessen sei insofern ausgeübt worden, als Heu von Wiesen, die nach schriftlicher Erklärung des Klägers nicht beweidet und nicht mit Gülle gedüngt worden seien, nicht reglementiert worden sei und „ab Wiese“ habe verkauft werden können. Das ... habe in einem weiteren Gutachten vom ... Juli 2013 zur Abgabe von „Altheu“ aus dem klägerischen Betrieb geäußert, dass keine belastbaren Literaturdaten dazu vorlägen, nach welcher Lagerdauer solche Futtermittel bezüglich einer Belastung mit Keimen des Mykobakteriums tuberkulosis-Komplex wieder als mikrobiologisch „unbedenklich“ einzustufen seien. Sichere Keimabtötungsverfahren seien Desinfektionsverfahren und thermische Verfahren. Hinsichtlich des Ermessensspielraumes sei dem Schutz von Mensch und Tier vor einer sehr schwerwiegenden Seuche gegenüber wirtschaftlichen Interessen Priorität eingeräumt worden.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Zum Verlauf der mündlichen Verhandlung am 26. März 2014 wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom ... September 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung ist angesichts des vorliegenden Dauerverwaltungsaktes die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Die Anordnung des Beklagten stützt sich auf §§ 18, 27 Abs. 2 Tierseuchengesetz (TierSG). Zum Schutz gegen die besondere Gefahr einer Tierseuche und für deren Dauer kann die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der beteiligten Wirtschafts- und Verkehrsinteressen die Desinfektion oder - falls diese Maßnahme sich nicht wirksam durchführen lässt - die unschädliche Beseitigung der (Streu-) und Futtervorräte, die mit kranken oder verdächtigen Tieren in Berührung gekommen sind oder von denen sonst anzunehmen ist, dass sie Ansteckungsstoffe enthalten, anordnen. Die Durchführung dieser Maßregel erfolgt unter Beobachtung etwaiger Anordnungen des beamteten Tierarztes sowie unter behördlicher Überwachung (§ 27 Abs. 4 TierSG).

Dass der Beklagte als Rechtsgrundlage § 27 Abs. 3 Nr. 1 TierSG („Gegenstände“) und nicht die speziellere Norm in Abs. 2 - in welcher die Futtervorräte ausdrücklich benannt sind - angegeben hat, erweist sich als unschädlich. Denn auch die vom Beklagten zitierte Befugnisnorm ist eine Ermessensvorschrift und hat dieselbe Zielrichtung.

Der Beklagte ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass das im Jahr 2012 eingebrachte Heu und Grüngut trotz der zwischenzeitlich verstrichenen Lagerdauer noch Tbc-Erreger enthalten kann. Wenn der Kläger aus der Stellungnahme des ... vom ... August 2012 im Wege des Umkehrschlusses ableitet, dass Heu nach 58 Tagen erregerfrei sei, so unterliegt er einer Fehlinterpretation der Auskunft. Weil es keine belastbaren Literaturdaten zur Überlebensdauer von M. b./c. gibt, kann nur je nach Trägerstoff und abhängig von gewissen Bedingungen von gewissen Wahrscheinlichkeiten gesprochen werden. Das ... hat in der in Bezug genommenen Stellungnahme geäußert, dass Mykobakterien in Heu und Wasser in Abhängigkeit von Außentemperatur und Wetterkonditionen bis zu 58 Tage unter natürlichen Bedingungen und im Boden bis zu 88 Tage überleben können. In diesem Zeitraum sei davon auszugehen, dass die infizierten Weiden ein potentielles Ansteckungsrisiko für Weidetiere darstellen. Gleichwohl soll nach der Einschätzung des ... sichergestellt werden, dass das Heu und Gras des diesjährigen Schnittes betroffener Weiden nicht an Tiere verfüttert wird sowie die Weiden in diesem Jahr auch nicht mehr beweidet werden. Nachfolgend stellt das ... im Schreiben vom ... Juli 2013 klar, dass keine belastbaren Literaturdaten vorliegen, aus denen sich mit hinreichender Sicherheit schließen lasse, nach welcher Lagerdauer Futtermittel (Heu) bezüglich einer Belastung mit Keimen des Mykobakteriums tuberkulosis-Komplex wieder als mikrobiologisch unbedenklich einzustufen seien. Es führt weiter aus, dass nach Literaturangaben angenommen werden könne, dass die Sonneneinstrahlung beim Trocknen des Heus auf der Weide zu einer Abtötung eventuell anhaftender Tbc-Erreger geführt haben dürfte. Nach menschlichem Ermessen könne das direkt von der Weide eingebrachte Heu eher als unbedenklich angesehen werden. Eine völlige Unbedenklichkeit könne insbesondere auch bezüglich der Möglichkeit einer Kontamination durch potentiell infektiösen Stallstaub jedoch nicht sichergestellt werden. Abschließend empfiehlt das ..., dass das fragliche Heu weder als Futtermittel noch als Einstreu verwendet werden soll. Auch bezüglich des Verfütterns von Grünfutter ist die Auskunft des ... vom ... Juli 2013 negativ. Zwar sei eine Untersuchung von (Gülle und) Grünfutter auf das Vorhandensein von Bakterien des Mykobakteriums-Komplex prinzipiell möglich, aufgrund der artenreichen Residualflora bei der Matrizes und des anzunehmenden geringen Keimgehaltes an tuberkulösen Mykobakterien aber wenig praktikabel und erfolgversprechend. Es sei nur ein positiver Nachweis möglich, jedoch keine „Freitestung“ durch negative Nachweise.

Die Anordnung des Beklagten erging auch ermessensfehlerfrei, insbesondere liegt kein Ermessensausfall vor. Zwar enthalten die Gründe der Anordnung keinen Hinweis auf Ermessenserwägungen und die Ausdrucksweise „waren daher die oben genannten Anordnungen zu treffen“ ist missverständlich. Die Auslegung des Verwaltungsaktes legt jedoch den Rückschluss nahe, dass das durch die Befugnisnorm eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausgeübt wurde (zur Problematik der Ermessensüberlegungen durch Auslegung des Verwaltungsaktes vgl. BVerwG v. 15.1.1988 - 7 B 182/87). Die Bescheidsgründe weisen darauf hin, dass der Anordnung das Schreiben des Veterinäramtes vom ... September 2012 und eine gutachterliche Stellungnahme des ... zugrunde liegen. Das Veterinäramt hat in mehreren Stellungnahmen - ... Dezember 2012, ... August und ... Oktober 2013 - dargelegt, welche Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung eingeflossen sind. Laut Stellungnahme vom ... Dezember 2012 hat sich das Veterinäramt der Stellungnahme des ... vom ... August 2012 - Nichtverfütterung von Heu und Gras des Schnittes 2012 und Nichtbeweidung für 2012 angeschlossen. Ebenso wurde berücksichtigt, dass Heu und Gras an mehrere Betriebe hätten verkauft werden müssen und es nicht vertretbar erschien, für ein geringes Wirtschaftsgut andere Betriebe - selbst bei einer durch die verstrichene Zeit möglichen verringerten Infektionsität der Tbc-Erreger - zu gefährden. Dabei wurde die Kontamination der Futterflächen als „sehr hoch“ eingeschätzt, da ein ungewöhnlich hoher Durchseuchungsgrad des Rinderbestandes vorgelegen hat. Die weitere Stellungnahme vom ... August 2013 erläutert hinsichtlich des in früheren Jahren gewonnenen und noch im Betrieb gelagerten Heus nachvollziehbar die Notwendigkeit der Entseuchung, da eine Sekundärkontamination durch die Stallluft nicht ausgeschlossen werden kann und die Tbc nach Einschätzung des Veterinäramtes mit Sicherheit vor mehreren Jahren im Bestand ausgebrochen sein muss. Die nachfolgende Stellungnahme des Veterinäramtes vom ... Oktober 2013 belegt auch die Überlegungen des Veterinäramtes, den Kläger durch die Schutzmaßnahme nicht unverhältnismäßig zu belasten. Der Kläger konnte Heu von Weiden, die nach dessen schriftlicher Erklärung weder beweidet noch mit Gülle gedüngt worden waren, „ab Wiese“ verkaufen.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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bei uns veröffentlicht am 26.03.2014

Tenor I. Soweit die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. IV.

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Tenor

I.

Soweit die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen diverse Anordnungen des Beklagten infolge festgestellter Rinder-Tbc auf dem klägerischen Anwesen.

Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb und hielt bis zur Keulung des gesamten Rinderbestandes Rinder. Bei dem aus dem Tierbestand des Klägers stammenden Rind mit der Ohrmarken-Nr. DE ... stellte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ausweislich des Befundes vom ... Juli 2012 fest, dass im Gegensatz zu dem untersuchten Lymphknoten bei der Gewebeprobe aus dem Brustfell mit Mikroskop säurefeste Stäbchen in 300 Blickfeldern sowie mittels des PCR-Direktnachweises das Mycobacterium tuberculosis-Komplex-DNA festgestellt wurde.

Mit Schreiben vom ... Juli 2012 bat der Leiter des Veterinäramtes des Landratsamtes ... (Landratsamt) den zuständigen Fachbereich darum, unter anderem die bereits am ... Juli 2012 mündlich auferlegten Schutzmaßnahmen nach § 6 der Verordnung zum Schutz der Tuberkulose des Rindes (RindTbV) sowie eine Simultanuntersuchung des gesamten Rinderbestandes anzuordnen.

Mit Bescheid vom ... Juli 2012 traf das Landratsamt ... gegenüber dem Kläger folgende Anordnungen:

1. a) Ihr Gehöft sowie alle Standorte der Rinder des o. g. Bestandes unterliegen der amtlichen Sperre.

1. b) Die Rinder des Bestandes sind im Stall oder mit Genehmigung der zuständigen Behörde auf der Weide abzusondern, dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus dem Gehöft oder von dem sonstigen Standort entfernt werden.

1. c) Der Besitzer hat Milch von Kühen, bei denen Tuberkulose festgestellt worden ist, nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde unschädlich zu beseitigen.

1. d) Die Abgabe von Milch an die Molkerei oder an Verbraucher ist einzustellen (Anh. III Abschn. IX Kap. I (I) 2 b) der VO (EG) 853/2004).

1. e) Behälter, Gerätschaften und sonstige Gegenstände, die in Ställen oder an sonstigen Standorten des Bestandes benutzt worden sind, sind nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes zu reinigen und zu desinfizieren.

1. f) Die mit der Beaufsichtigung, Wartung und Pflege der Rinder betrauten Personen haben sich nach Verlassen des Stalles nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes zu reinigen und desinfizieren.

1. g) Entsprechend § 3 Abs. 5 der Tuberkulose-Verordnung ist der Besitzer der Rinder verpflichtet, die Durchführung notwendiger Untersuchungen zu unterstützen.

1. h) Eine Simultanuntersuchung der Rinder des Bestandes über 6 Wochen ist durchzuführen (führt das Veterinäramt ... durch).

Die Ziff. 1 des Bescheides wurde für sofort vollziehbar erklärt.

Der Beklagte stützte den Bescheid auf §§ 6 ff. der RindTbV in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. März 1997 (RindTbV a. F.).

Ausweislich des am ... Juli 2012 mitgeteilten histologischen Testergebnisses wies das Brustfell des oben genannten Rindes eine hochgradige granulomatöse Entzündung mit zahlreichen mehrkernigen Riesenzellen, ausgedehnten Nekrosen und Verkalkungen bei nachweisbaren säurefesten Stäbchen auf (Bl. 15/16 der Behördenakte - BA - M 18 K 13.2936).

Mit Bescheid vom ... August 2012 ordnete das Landratsamt die Tötung aller Rinder des Bestandes an und erklärte die Anordnung für sofort vollziehbar.

In den Gründen wurde festgehalten:

Nach der Tuberkulinisierung am ... Juli sowie am ...1. Juli 2012 hätten 25 Rinder positiv, 8 Rinder fraglich und 3 Rinder negativ reagiert. Alle Rinder hätten einen deutlichen Überhang der Hautdickenzunahme bei Rindertuberkulin gezeigt.

Mit Schreiben vom ... August 2012 informierte das LGL das Landratsamt, dass bei dem geschlachteten, oben genannten Rind sowohl aus dem eingesandten Brustfellteil als auch aus dem eingesandten Lymphknoten das Mycobacterium caprae (im Folgenden: M.c.) angezüchtet worden sei. Es sei Tuberkulose der Rinder, eine anzeigenpflichtige Tierseuche, diagnostiziert worden (Bl. 13/14 BA - M 18 K 13.2936). Bei einem im Rahmen der Bestandskeulung getöteten Bullen mit der Ohrmarken-Nr. DE ... wurde laut Befundmitteilung des LGL vom ... Oktober 2012 der kulturelle Nachweis des M.c. im Lungenlymphknoten sowie im Mediastinallymphknoten erbracht.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. Juni 2013, eingegangen am selben Tag, beim Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom ... Juli 2012 hinsichtlich der Ziff. 1. a), b), d), e) und f) aufzuheben

und

festzustellen, dass der Bescheid hinsichtlich der Ziff. 1. c), g) und h) rechtswidrig war.

Der Klageantrag wurde in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2014 dahingehend geändert, dass das Verfahren hinsichtlich der Anordnung der Ziff. 1 b), f), g) und h) für erledigt erklärt wird.

Zur Klagebegründung wurde ausgeführt:

Der Ausbruch der Tuberkulose bei Rindern im Sinn des § 6 Abs. 1 RindTbV a. F. sei aufgrund der beschriebenen Widersprüchlichkeiten der Untersuchung und des Befundes des LGL vom ... Juli 2012 für ein Rind des klägerischen Bestandes nicht festgestellt worden. Mangels Feststellung des Ausbruches der Rinder-Tbc seien sämtliche Schutzmaßregeln gemäß § 6 Abs. 1 Nrn. 1 a, b, 2, 3 sowie 4 der RindTbV a. F. nicht anzuordnen gewesen. Ebenso wenig habe aufgrund der Widersprüchlichkeiten der Untersuchung sowie des Befundes des LGL vom ... Juli 2012 ein Verdacht auf Tuberkulose im Tierbestand des Klägers im Sinn des § 6 Abs. 2 RindTbV bestanden. Das Landratsamt habe das Ermessen bei der Anordnung der Schutzmaßregeln gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nrn. 1 a, b, 2, 3 sowie 4 RindTbV a. F. nicht ausgeübt (Ermessensausfall). Die Anordnungen gemäß Ziff. I c) und d) des Bescheides vom 24. Juli 2012 (Milchbeseitigungsanordnung sowie Milchsperre) seien bestandsbezogen erlassen worden, obwohl auf Grundlage der VO (EG) Nr. 853/2004 sowie der RindTbV derartige Anordnungen lediglich tierbezogen möglich seien. Es sei ungeklärt, ob das Rind mit der Ohrmarken-Nr. DE ... beim LGL auf eine Infektion mit dem Mykobacterium bovis (im Folgenden: M.b.) und/oder dem M.c. und/oder die harmlose Tiererkrankung - die keine Tierseuche im Sinne des Tierseuchengesetzes (TierSG) darstelle - Paratuberkulose untersucht worden sei. Der Befund bzw. das Gutachten des LGL vom ... Juli 2012 führe einerseits aus, dass kein Nachweis des Mykobacteriums tuberculosis-Komplex-DNA mittels PCR möglich sei, andererseits sei mit PCR-Direktnachweis dieser Nachweis erfolgt. Der Bescheid vom ... Juli 2012 sei hinsichtlich der Ziff. 1 a), b), d), e) und f) rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 103 BV. Hinsichtlich der Ziff. 1 c), g) und h) sei die Rechtswidrigkeit gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO festzustellen, da der Kläger ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung habe. Die Folgen des Bescheides für den Kläger seien im Wege des Schadensersatzes geltend zu machen. Der Kläger habe zudem ein Rehabilitationsinteresse, da seine persönlichen Daten an Behörden im gesamten Bundesgebiet unter Meldung eines festgestellten Seuchengeschehens auf seinem Betrieb - insbesondere nach Baden-Württemberg - weitergeleitet worden sein dürften. Da der Kläger in Zukunft wieder Rinder halten möchte, bestehe jedoch vor allem Wiederholungsgefahr. Durch den Erlass eines neuen Bescheides am ... Juni 2013 habe das Landratsamt deutlich gemacht, dass es gegen den Kläger auch in Zukunft weitere rechtswidrige und den Kläger in seinen Rechten verletzende Anordnungen erlassen werde.

Das Landratsamt beantragte unter dem 10. Oktober 2013,

die Klage abzuweisen.

Unter Verweis auf die Stellungnahme des Veterinäramtes des Landratsamtes vom ... September 2013 wurde vorgetragen, dass das LGL bei dem Rind mit der Ohrmarkennummer DE ... mit Sicherheit durch mehrere Untersuchungsschritte nach dem Stand der Wissenschaft Tuberkulose der Rinder durch den Tuberkuloseerreger M.b., Subspecies c., festgestellt worden sei. Die durch den amtlichen Tierarzt Dr. ... aufgrund der fleischhygienischen Untersuchung erhobenen pathologisch-anatomischen Befunde, insbesondere knotige Veränderungen auf allen Brust- und Bauchhöhlenorganen, hätten eine labortechnische Abklärung notwendig gemacht. Bereits durch die Adspektion der in typischer Weise veränderten Organe sei durch den erfahrenen Institutstierarzt der Verdacht auf Tuberkulose der Rinder geäußert worden. Ausweislich des Befundes durch das LGL vom ... Juli 2012 sei die Gewebeprobe aus dem Brustfell sowohl mikroskopisch als auch nach Durchführung der PCR des Nationalen ReferenzLabors FLI-PCR als positiv zu beurteilen. Die Ergebnisse von Folgeuntersuchungen seien separat mitgeteilt worden, nämlich am ... Juli 2012 die Mitteilung des histologischen Ergebnisses und am ... August 2012 die Mitteilung des kulturellen Nachweises. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellte in einem Gutachten vom ... September 2012 fest, dass im Süden Deutschlands 80% aller mit dem M.b. assoziierten Tbc-Fälle durch die Subspecies M.c. bedingt seien. Im Norden Deutschlands seien es 10%. Bereits durch den positiven molekularbiologischen Befund mittels PCR vom ... Juli 2012 sei der Nachweis für das Vorliegen der Tuberkulose der Rinder im Sinne der RindTbV erbracht gewesen. Diese Diagnose sei dann noch durch allergische Untersuchungen vom ... Juli bis 30. Juli 2012 mittels intrakutaner Tuberkulinprobe als Simultantest an den 36 lebenden Rindern im Bestand bestätigt worden. Beim Simultantest handele es sich um einen am lebenden Rind zeitgleich angewandten Test zur Unterscheidung von M.b. bzw. der Subspecies M.c. und Mykobacterium avium (Geflügeltuberkulose). Das Testallergen Mykobacterium avium umfasse diagnostisch auch die Subspezies Mykobacterium paratuberculosis, so dass auch Paratuberkulose bei allen Rindern ausgeschlossen werden könne. Der aufgrund des Simultantestes ungewöhnlich hohe Durchseuchungsgrad der Rinderherde habe Maßnahmen für die gesamte Herde erfordert. Ermessensspielräume und mildere Mittel seien angesichts der Heftigkeit des Tuberkulosegeschehens sowie angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Tuberkulose um eine der gefährlichsten Zoonosen handele, mit Übertragung des Erregers von Tier zu Tier, von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier zwar geprüft, aber fachlich als nicht verantwortbar gesehen worden. In der Klageerwiderung wies das Landratsamt unter Bezugnahme auf § 114 Satz 2 VwGO darauf hin, dass es sich die Ausführungen des Veterinäramtes zu Eigen mache.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26. März 2014 Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Hauptsache in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Ziff. 1 b), f), g) und h) für erledigt erklärt wurde, war das Verfahren in analoger Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen.

Die gegen die Ziff. 1 a), d) und e) gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere die im Hinblick auf die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung laufende Klagefrist von 1 Jahr wurde eingehalten (§§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO); sie ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom ... Juli 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Für die gerichtliche Überprüfung der Ziff. 1 a) der streitgegenständlichen Anordnung ist auf die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehende Sach- und Rechtslage abzustellen, da es sich bei der angeordneten Stallsperre um einen Dauerverwaltungsakt handelt (s. zur damit vergleichbaren Bestandssperre nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 a und b RindTbV: BayVGH, B. v. 9.7.2013 - 20 CS 13.1145). Für das Vorliegen eines Dauerverwaltungsaktes spricht neben dem Zweck der Maßnahme auch die der Maßnahme zugrunde liegende Befugnisnorm des § 18 Tierseuchengesetz (TierSG), wonach die Schutzmaßnahme für die Dauer der Gefahr einer Tierseuche angeordnet wird. Die Voraussetzungen für den Erlass und die Aufhebung einer solchen Stallsperre sind nunmehr in der ab 21. Juli 2013 geltenden RindTbV, neugefasst durch die Bekanntmachung vom 12. Juli 2013, geregelt, die die RindTbV in der Fassung vom 13. März 1997 - RindTbV a. F. - abgelöst hat.

Die streitgegenständliche Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 18, 22 Abs. 1, 79 TierSG i. V. m. § 6 Abs. 1 RindTbV. Demnach ordnet die zuständige Behörde nach amtlich festgestelltem Ausbruch der Tbc bei Rindern eine Gehöft- und sonstige Standortsperre (Stallsperre) an. Soweit der Kläger den Ausbruch der Tbc in seinem Rinderbestand abstreitet, ist ihm nicht zu folgen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung lag im Sinne der RindTbV a. F. Tbc bei Rindern vor, wenn diese durch allergische Untersuchung mittels intrakutaner Tuberkulinprobe oder bakteriologische oder molekularbiologische Untersuchung festgestellt wurde (§ 1 Nr. 1 a, b RindTbV a. F.). Bei dem aus dem klägerischen Bestand geschlachteten und befundeten Rind mit der Ohrmarken-Nr. ... wurde durch mehrere Untersuchungsschritte Tbc der Rinder durch den Tbc-Erreger M.b. Subspecies c. festgestellt. Von dem geschlachteten Rind mit der oben genannten Ohrmarkennummer wurde ein Lymphknoten und ein 20 cm x 10 cm x 5 cm großes Gewebestück aus dem Brustfell zur Befundung an das LGL gesandt. Ausweislich des Befundes/Gutachtens des LGL vom ... Juli 2012 stellte das LGL fest, dass zwar nicht bei dem befundeten Lymphknoten, jedoch bei der sonstigen Probe (Gewebestück) mittels PCR-Direktnachweis der Nachweis von Mycobacterium tuberculosis-Komplex-DNA erbracht wurde. Die vom Kläger behaupteten Widersprüchlichkeiten der Untersuchung sowie des Befundes des LGL liegen nicht vor. Der Kläger bezieht sich damit lediglich auf den ebenfalls untersuchten Lymphknoten, bei welchem mittels des PCR-Direktnachweises kein Befund festgestellt wurde. Das molekularbiologische Untersuchungsergebnis wurde durch die bakteriologische Untersuchung bestätigt. Das LGL teilte mit Befund/Gutachten vom ... August 2012 mit, dass sowohl bei dem befundeten Lymphknoten als auch bei dem sonstigen Gewebestück aus dem Brustfell das M.c. angezüchtet werden konnte. Folglich wurde auch der bakteriologische Nachweis im Sinne des § 1 Nr. 1 RindTbV a. F. erbracht.

Das in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte, nicht näher belegte Argument des Klägers, dass sich aus der Feststellung des Mycobacterium tuberculosis-Komplex-DNA noch nicht die Feststellung des M.b. ableiten lasse, liegt neben der Sache. Das LGL erläutert im Schreiben vom ... Juli 2013 (Bl. 9 BA zu M 18 K 13.2936), dass M.b./c. zum Mycobacterium tuberculosis-Komplex gehöre. Das M.c. stellt eine Unterart des M.b. dar, wobei im Süden Deutschlands 80% aller mit M.b. assoziierten Tbc-Fälle durch die Subspecies M.c. bedingt sind. Neben der Stellungnahme des Veterinäramtes des Beklagten vom ... September 2013 wird in diesem Zusammenhang auch auf das Schreiben des LGL vom ... Juli 2013 verwiesen, wonach M.b./c. der Erreger der Tbc der Rinder ist. Durch die positive Befundung des M.b. Subspecies M.c. kann das Vorliegen der vom Kläger angeführten Rindererkrankung Paratuberkulose ausgeschlossen werden (Stellungnahme des Veterinäramtes des Beklagten v. 2.10.2013). Mit zu Recht erfolgter amtlicher Feststellung, dass im klägerischen Bestand Rinder-Tbc ausgebrochen ist, musste das Landratsamt zwingend Schutzmaßnahmen anordnen. Der Einwand des Klägers, dass bei deren Anordnung Ermessen nicht ausgeübt worden sei, geht folglich ins Leere.

Die streitgegenständliche Anordnung der Stallsperre findet ihre Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV a. F.. Nach § 9 Abs. 1 RindTbV sind angeordnete Schutzmaßnahmen aufzuheben, wenn die Tbc erloschen ist. Gemäß § 9 Abs. 2 RindTbV gilt die Tbc als erloschen, wenn die Rinder des Bestandes getötet sind und die Desinfektion nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde unter amtlicher Überwachung durchgeführt und von ihr abgenommen worden ist. Angesichts der noch ausstehenden Schlussdesinfektion des Stalles bestand für das Landratsamt keine Veranlassung, die Stallsperre aufzuheben. Diese Feststellung gilt ebenso für die auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 RindTbV a. F. zu stützende Anordnung der Reinigung und Desinfektion von Behältern und Gerätschaften in Ziff. 1 e) des Bescheides. Das ebenfalls vom Aufhebungsantrag umfasste Milchabgabeverbot in Ziff. 1 d) des Bescheides findet jedenfalls in § 39 Abs. 1, 2 Sätze 1, 2 Nr. 3 LFGB i. V. m. Art. 14 Abs. 1, 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 „EG-Lebensmittel-Basisverordnung“ eine taugliche Rechtsgrundlage. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 9 CS 13.1403 - in einem vergleichbaren Fall den Austausch der Rechtsgrundlage als grundsätzlich in Betracht kommend angesehen. Bei den in der Bescheidsbegründung genannten europarechtlichen Vorschriften und bei § 39 LFGB - im vorliegenden Fall wurde im Tenor mit Klammerzusatz auf Anhang III Abschnitt IX Kapitel I (I 2 b) der VO (EG) Nr. 853/2004 zitiert - handele es sich um Vorschriften, die im Wesentlichen einander entsprechende Zielsetzungen - nämlich Gesundheits- und Hygieneschutz - verfolgten. Das Gericht folgt dieser Auffassung und bejaht das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der ausgetauschten Rechtsgrundlage. Die Einstellung der Abgabe von Rohmilch an die Molkerei oder an den Verbraucher konnte zu Recht verfügt werden. Die Rinder-Tbc wird auf den Menschen hauptsächlich durch den Konsum von Rohmilch von mit Tbc infizierten Rindern übertragen; diese ist mithin gesundheitsschädlich und folglich ein nicht sicheres Lebensmittel, welches nicht in den Verkehr gebracht werden darf (Art. 14 Abs. 2 Buchst. a i. V. m. Abs. 1 EG-Lebensmittelbasis-Verordnung).

Nach alledem erweisen sich die mit der Anfechtungsklage angegriffenen Ziff. 1 a), d) und e) als rechtmäßig. Folglich war die Klage abzuweisen.

Soweit der Kläger hinsichtlich der Ziff. 1 c) des Bescheides vom ... Juli 2012 die Feststellung der Rechtswidrigkeit beantragt, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Das von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte Feststellungsinteresse ist anzunehmen, wenn der Kläger trotz Erledigung des angegriffenen Verwaltungsaktes noch ein schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art an der Klärung der Frage hat, ob der Verwaltungsakt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung rechtmäßig oder rechtswidrig war. Jedenfalls mit Blick auf den schwerwiegenden Grundrechtseingriff (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) des Milchbeseitigungsgebotes kann ein Rehabilitationsinteresse bejaht werden.

Die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage bleibt jedoch ohne Erfolg.

Das Landratsamt hat die Anordnung der Milchbeseitigung zu Recht auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 RindTbV a. F. gestützt. Danach hat der Besitzer, Milch von Kühen, bei denen Tbc feststellt worden ist, nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde unschädlich zu beseitigen. Im Gegensatz zur Annahme des Klägers, dass allenfalls ein Verdacht auf Tbc vorgelegen habe und die Anordnung im Ermessen der Behörde gestanden habe, wurde der Ausbruch der Tbc im klägerischen Betrieb amtlich festgestellt. Folglich war die angeordnete Schutzmaßnahme zwingend zu treffen. Das Landratsamt hat in Übereinstimmung mit der Befugnisnorm die Anordnung nicht bestands- sondern tierbezogen erlassen. Es waren nur Kühe erfasst, bei denen Tbc festgestellt worden war. Da auch ansonsten keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Anordnung - insbesondere unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten - bestehen, war diese rechtmäßig und folglich auch die Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung der abgewiesenen Klagen stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Über die Kosten des für erledigt erklärten Teils des Verfahrens war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da er bei einer Fortführung des Verfahrens unterlegen wäre. Die Anordnung in Ziff. 1 b) stützt sich auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 a) und b) RindTbV a. F., die Anordnung Ziff. 1 f) auf § 6 Abs. 1 Nr. 4, die Anordnung Ziff. 1 g) auf § 3 Abs. 4 und die Anordnung in Ziff. 1 h) auf § 3 Abs. 5 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 jeweils RindTbV a. F.. Die vom Kläger gerügten Rechtmäßigkeitsbedenken greifen nicht. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen zur Unbegründetheit der Anfechtungsklage verwiesen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.