Verwaltungsgericht München Urteil, 27. März 2014 - 10 K 13.30643
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der im Jahr 1992 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit aus der Provinz ... Er reiste am 5. November 2011 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21. November 2011 Asyl.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 16. Dezember 2011 gab der Kläger an, er sei mit seinen Eltern und verschiedenen anderen Familienangehörigen ausgereist. Er habe seine Familienangehörigen aber unterwegs verloren. Sein Bruder habe in Kabul im letzten Studienjahr Pharmazie studiert und sich deshalb mit der Anatomie des Menschen relativ gut ausgekannt. Er habe kleinere Behandlungen und Beschneidungen durchgeführt. Hiervon hätten die Taliban erfahren. Da er sich gut in Chirurgie auskenne, solle er zu ihnen kommen. Die Taliban hätten die Familie unter Druck gesetzt, damit sein Bruder zu ihnen komme. Sein Bruder wollte dies aber nicht. Der Kläger sei deshalb selbst auch bedroht worden. In einem Brief sei gedroht worden, der Bruder müsse ihnen entweder helfen oder sie würden einen anderen Bruder entführen. Sein Bruder sei aber weiterhin zur Uni gegangen, um das Studium abzuschließen. Da sei er entführt worden. Ein Auto mit fünf Leuten sei gekommen. Diese hätten den Bruder ins Auto gezerrt und ihm die Hände gebunden. Das habe er aber nicht selbst gesehen, sondern von anderen Leuten erfahren. Einige Nächte danach habe der Bruder zu Hause angerufen und gesagt, sie sollten Afghanistan verlassen, weil die auch andere Pläne hätten. Seither hätten sie nichts mehr von ihm gehört.
Mit Bescheid vom ... Juni 2013 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab (Nr. 1 des Bescheids) und verneinte die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 2) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (Nr. 3). Dem Antragsteller wurde für den Fall nicht fristgerechter Ausreise binnen 30 Tagen nach Bestandskraft des Bescheids die Abschiebung nach Afghanistan oder einen sonstigen aufnahmebereiten Staat angedroht (Nr. 4). Hinsichtlich einer Anerkennung als Asylberechtigter habe der Kläger schon keinerlei Gefahr einer staatlichen Verfolgung vor seiner Ausreise oder bei einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan vorgetragen. Weiterhin bestehe kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG, da dem Antragsteller weder staatliche noch nichtstaatliche Verfolgung für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan drohe. Insbesondere sei das Vorbringen des Klägers, er sei bedroht worden, um seinen Bruder zwangsweise für die Taliban anzuwerben, nicht nachvollziehbar. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass der Bruder als studierter Pharmazeut kleinere operative Eingriffe vornehmen könne. Im Übrigen stelle die allgemeine Situation in Afghanistan hinsichtlich der wirtschaftlichen Existenzbedingungen sowie medizinischer Versorgung die Bevölkerung vor große Probleme, was jedoch auch nicht zu einer besonderen Gefährdung des Klägers führe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor; es sei beim Kläger nicht ersichtlich, dass ihm bei einer Rückkehr unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe oder eine sonstige erhebliche, individuelle und konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Insbesondere könne der Kläger auf verschiedene familiäre Kontakte in seinem Heimatland zurückgreifen.
Der Bescheid wurde am 3. Juli 2013 als Einschreiben zur Post gegeben.
Am 10. Juli 2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben und beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom ... Juni 2013 den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,
hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in der Person des Klägers vorliegen.
Zur Begründung wurde das bisherige Vorbringen des Klägers vertieft. In Afghanistan sei es üblich, dass ein medizinisch gebildeter Mensch selbstverständlich auch Beschneidungen durchführen dürfe, ebenso kleinere operative Eingriffe. Dem Vater des Klägers sei gedroht worden, dass, wenn sein Sohn (der Bruder) nicht die Taliban unterstützen würde, einer seiner anderen Söhne entführt würde. Eben dieser andere Sohn sei der Kläger. Die Familie habe diese Drohung ernst genommen und sei deshalb ausgereist, weil sie um ihr Leben gefürchtet hätte.
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 17. Februar 2014 auf den Einzelrichter übertragen.
In der mündlichen Verhandlung am 27. März 2014 führte der Kläger weiter aus, er habe seit der Flucht von seinem Bruder nichts mehr gehört. Der Klägerbevollmächtigte wies darauf hin, dass nicht klar sei, ob der Bruder des Klägers überhaupt von den Taliban entführt worden sei. Jedenfalls sei aber der Bruder des Klägers von den Taliban bedrängt worden, sie medizinisch zu unterstützen. Es könne sein, dass mit der Entführung des Bruders nicht unbedingt gegen dessen Willen er als medizinischer Beistand der Taliban gewonnen, sondern möglicherweise einfach Rache für die Weigerung genommen werden sollte. Nachdem sich der Bruder des Klägers seither nicht mehr gemeldet habe, müsse man wohl von dessen Tod ausgehen. Die sonstigen Familienangehörigen des Klägers seien mittlerweile entweder verstorben oder ebenfalls ausgereist, so dass in Afghanistan keine Familie mehr vorhanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamts vom ... Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm keiner der begehrten Ansprüche zusteht (§ 113 Abs. 1 und 4 VwGO).
1. Wie in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt wird, kann sich der Kläger nach Art. 16a Abs. 2 GG nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen.
Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt in diesem Sinne ist derjenige, dessen Leib, Leben oder persönliche Freiheit in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, an seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen (sog. asylerhebliche Merkmale), gefährdet oder verletzt werden. Es muss sich um gezielte Rechtsverletzungen handeln, die den Einzelnen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Ob eine in diesem Sinne spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines Asylmerkmales erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der objektiv erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen. Die Verfolgungsmaßnahme kann dem Einzelnen oder einer durch ein asylerhebliches Merkmal gekennzeichneten Gruppe - und dort allen Gruppenmitgliedern oder dem Einzelnen wegen seiner Gruppenzugehörigkeit - gelten.
Politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG ist dabei grundsätzlich staatliche Verfolgung. Die Verfolgung muss daher von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgehen, der der Verletzte unterworfen ist („unmittelbare staatliche Verfolgung“). Asylrechtsrelevante Verfolgung kann allerdings auch von Vereinigungen ausgehen, die Machtbefugnisse und Einflüsse in einem Umfang ausüben, die letztendlich hoheitlicher Gewaltausübung entsprechen („quasi-staatliche“ oder „staatsähnliche“ Stellung). Darüber hinaus kommen auch Verfolgungsmaßnahmen Dritter als politische Verfolgung in Betracht, wenn sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind („mittelbare staatliche Verfolgung“). Eine von nichtstaatlicher Seite, also insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen, ausgehende Verfolgung wird dabei dem Staat zugerechnet, wenn er die Verfolgung billigt oder fördert, ferner, wenn er nicht willens oder - trotz vorhandener Gebietsgewalt - nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe zu schützen.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger selbst schon keinerlei asylrelevante staatliche oder dem Staat zuzurechnende Verfolgungshandlungen vorgetragen.
2. Auch im Übrigen begegnet der Bescheid vom ... Juni 2013 keinen Bedenken. Dabei sind im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nach § 77 Abs. 1 AsylVfG die Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes und des Aufenthaltsgesetzes mit den am 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) anzuwenden.
Zu Recht hat das Bundesamt einen Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.) verneint. Der Kläger kann nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG verlangen, da er eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1, § 3a AsylVfG nicht glaubhaft gemacht hat.
So ist schon nicht nachvollziehbar, dass Druck auf den Kläger ausgeübt werden sollte, um den Bruder des Klägers als Operateur für die Taliban zu gewinnen. Es wäre auch unter Zugrundelegung afghanischer traditioneller Verhaltensweisen viel näherliegender, den Bruder selbst unter Druck zu setzen oder ihn zu entführen und zu einer Zusammenarbeit zu zwingen - wie es der Kläger in seinem weiteren Vortrag, der Bruder sei später entführt worden, auch selbst unterstellt.
Wenn man aber darüber hinaus mit dem Vortrag des Klägers annimmt, der Bruder sei entführt worden, möglicherweise sogar zwischenzeitlich ermordet worden, weil er nicht freiwillig mit den Taliban arbeiten wollte, bleibt für ein fortwirkendes Bedrohungsszenario kein Raum. Falls der Bruder des Klägers entführt oder getötet wurde, bestünde kein - vom Kläger behaupteter - Anlass mehr, ihn oder seine Familie unter Druck zu setzen.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz (§ 4 AsylVfG). In dem angefochtenen Bescheid wird das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (a. F.) zu Recht verneint. Ebenso wenig greifen die nationalen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Insoweit wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die zutreffende Begründung des Bescheids vom... Juni 2013 verwiesen, die noch auf die bei seinem Erlass anzuwendenden Gesetzesfassungen Bezug nimmt, aber materiell auch den ausländer- und asylrechtlichen Vorschriften in den seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassungen entspricht. Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass auch in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs geklärt ist, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger gesunder Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten zu tragen hat, regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten (BayVGH, B.v. 7.1.2014 Az. 13a ZB 13.30362, Rn. 4 m. w. N.). Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter ausführt, hängt es im Übrigen wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen, was sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung entzieht (a. a. O. Rn. 5). Derartige einzelfallbezogene Umstände hat der Kläger weder bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung (glaubhaft) dargelegt.
4. Schließlich ist auch die gemäß § 34 AsylVfG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen internationalen oder nationalen Schutz beanspruchen kann und keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
moreResultsText
Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.