Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 22. Okt. 2018 - M 10 K 18.3336

22.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Verpflichtung zum Anschluss an die Abfallversorgung.

Die Klägerin ist Pächterin eines Grundstücks im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Der Beklagte ist als Abfallwirtschaftsverband zuständig für die Entsorgung von Abfällen.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2018 hat der Beklagte die Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks verpflichtet, das Grundstück mit fünf weiteren Restabfallbehältern von 1.100l in wöchentlicher Leerung an die öffentliche Abfallentsorgung anzuschließen. Zudem wurde der bereits vorhandene 1.100l Restabfallbehälter von zweiwöchiger Leerung auf wöchentliche Leerung veranlagt (Ziff. 1). Die Adressatin wurde verpflichtet, die Aufstellung von fünf zusätzlichen Restabfallbehältern zu dulden (Ziff. 2). Zudem wurde angeordnet, den gesamten auf dem Grundstück anfallenden überlassungspflichtigen Abfall dem Beklagten zu überlassen (Ziff. 3). Die Adressatin wurde verpflichtet sicherzustellen, dass die Abfallbehälter den zur Nutzung Berechtigten zugänglich seien und von diesen ordnungsgemäß benutzt werden könnten (Ziff. 4). Der sofortige Vollzug der Ziff. 1 bis 3 wurde angeordnet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Am 7. Juli 2018 hat die Bevollmächtigte der Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 8. Juni 2018 erhoben und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 8. Juni 2018 aufzuheben.

Gleichzeitig wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (Az. M 10 S 18.3337).

Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, die Klägerin sei Pächterin des streitgegenständlichen Grundstücks. Sie sei zwar nicht Adressatin des Bescheids, jedoch unmittelbar Verpflichtete und damit Betroffene. Auf die weitere Begründung im Schriftsatz vom 26. Juli 2018 wird Bezug genommen.

Die Bevollmächtigten des Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig. Die Klägerin sei nicht Adressatin des Bescheids und es sei auch nicht ersichtlich, in welchem Recht sie verletzt sein solle. Auch eine Beteiligung an der Adressatin des Bescheids sei nicht ersichtlich. Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 23. August 2018 hat das Gericht den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 24. August 2018, den Beteiligten jeweils zugestellt an 3. September 2018, hat das Gericht die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Behörden- und Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage der Klägerin konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden (vgl. § 84 VwGO).

Die Klage ist mangels Klagebefugnis unzulässig.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Klägerin klagebefugt, wenn sie geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in ihren Rechten verletzt zu sein. Ausreichend ist die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten. Nach § 42 Abs. 2 VwGO muss der Kläger die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend machen. Um subjektive Rechte handelt es sich, wenn eine Norm einer Person eine Rechtsposition einräumen, die die rechtliche Möglichkeit gewährt, von einem anderen ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen zu fordern (BeckOK VwGO/Schmidt-Kötters VwGO § 42 Rn. 143-150).

Voraussetzung der Klagebefugnis ist zudem, dass eine Verletzung der Rechte des Klägers durch den angefochtenen Verwaltungsakt jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint, d.h. wenn nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (BVerwGE 92, 316; 81, 330; NVwZ 1993, 884; 1991, 575; VGH Mannheim NVwZ-RR 1993, 445; VGH München NVwZ 1984, 816; Kopp/Schenke Rn. 65). Es genügt nicht die bloße Behauptung der rechtlichen Betroffenheit, umgekehrt sind an die Geltendmachung der Rechtsverletzung keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt, ist erst Gegenstand der Prüfung der Begründetheit der Klage (BeckOK VwGO/Schmidt-Kötters VwGO § 42 Rn. 172-183).

Eine solche mögliche Verletzung in eigenen subjektiven Rechten besteht für die Klägerin nicht. Die Ziffern 1 bis 4 des angefochtenen Bescheids verpflichten allein die Eigentümerin des Grundstücks. Soweit der Bescheid in Ziff. 3 anordnet, den gesamten auf dem Grundstück anfallenden überlassungspflichtigen Abfall dem Beklagten zu überlassen, ist auch diese Pflicht angesichts der Adressierung des Bescheids und des Zusammenhangs mit den Ziffern 1 und 2 nach Auslegung nur an die Eigentümerin gerichtet, nicht auch an die Klägerin oder etwaige Privatpersonen, die überlassungspflichtigen Abfall auf dem streitgegenständlichen Grundstück produzieren. Dies ergibt auch die Begründung des Bescheids („Ihre Verpflichtung als Eigentümer, dafür zu sorgen, dass der angeordnete Abfallbehälter … benutzt werden kann“, S. 3, „…sind die Grundstückseigentümer verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentliche Abfallentsorgung anzuschließen…“, S. 2 f.). Dass die Klägerin letztlich durch die Eigentümerin die Pflichten übertragen bekommen könnte, ist eine zivilrechtliche Problematik zwischen der Eigentümerin und der Klägerin, welche der Klägerin kein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber dem Beklagten einräumt. Der angefochtene Bescheid richtet sich an eine andere Adressatin und verpflichtet nur diese. Eine Regelungswirkung hinsichtlich der Klägerin entfaltet keiner der darin enthaltenen Verwaltungsakte. Allein dass sie das streitgegenständliche Grundstück von der Adressatin des Bescheids pachtet und daher die Abfallbehälter nutzen könnte, führt nicht zur Möglichkeit einer Rechtsverletzung.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 22. Okt. 2018 - M 10 K 18.3336 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Referenzen

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.