Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Mai 2016 - M 26 X 16.2003

bei uns veröffentlicht am17.05.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Das Betreten und die Durchsuchung der Wohnung mit Nebenräumen des Antragsgegners in der ... Str. ..., A... ... durch Polizeibeamte und Bedienstete des Landratsamts Traunstein werden gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden.

Die Gestattung gilt für sechs Monate ab dem Datum des vorliegenden Beschlusses und nur zum Zweck der Sicherstellung des EU-Kartenführerscheins des Antragsgegners mit der Nr. ..., ausgestellt durch B... ....

II.

Das Landratsamt Traunstein wird mit der Zustellung dieses Beschlusses vor Durchführung der unter Nr. I gestatteten Maßnahmen an den Antragsgegner beauftragt.

III.

Die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller entzog dem Antragsgegner mit Bescheid vom 17. September 2015 dessen am ... April 1975 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt) (Nr. 1 des Bescheids) und gab ihm auf, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids, seinen Führerschein (Nr. 2 a) bzw. alternativ eine eidesstattliche Erklärung über den Verbleib des Führerscheins (Nr. 2 b) abzugeben. Für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins bzw. der Erklärung wurde gegenüber dem Antragsgegner unmittelbarer Zwang angedroht (Nr. 4). In Nr. 3 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 angeordnet.

Die Androhung des unmittelbaren Zwangs wurde damit begründet, dass der Antragsgegner in der Vergangenheit die Schreiben des Antragstellers nicht entgegengenommen habe. Die Anordnung von Zwangsgeldern erscheine daher nicht ziel führend, um den Führerschein zeitnah zu erlangen.

Mit Schriftsatz vom ... April 2016 beantragte der Antragsteller:

I.

Das Betreten und die Durchsuchung der Wohnung mit Nebenräumen des Antragsgegners in A... ..., ... Str. ... durch Polizeibeamte und Bedienstete des Antragstellers ohne vorherige Anhörung werden gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden.

II.

Die Gestattung gilt für sechs Monate ab dem Beschlussdatum und nur zum Zweck der Sicherstellung des EU-Kartenführerscheins des Antragsgegners mit der Nr. ..., ausgestellt durch B... ... für die Fahrerlaubnisklasse 3.

III.

Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner beauftragt.

IV.

Der Antragsgegner hat die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens zu tragen.

Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gestattung der Wohnungsdurchsuchung durch richterliche Anordnung hat Erfolg.

Der Antrag ist statthaft und auch sonst zulässig.

Gemäß Art. 37 Abs. 3 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - sind die zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsbehörde sowie Polizeibeamte befugt, die Wohnung des Pflichtigen zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 2 GG, wonach Wohnungsdurchsuchungen außer in dem hier nicht einschlägigen Fall der Gefahr im Verzug nur durch den Richter angeordnet werden dürfen, ist diese Vorschrift in verfassungskonformer Auslegung um einen Richtervorbehalt zu ergänzen (BVerfG, B.v. 17.3.2009 - 2 BvR 1940/05 - NJW 2009, 2516).

Der Antrag ist auch begründet.

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 19 VwZVG liegen vor.

Da der Bescheid vom 17. September 2015, der in seiner Nummer 2 a die Verpflichtung für den Antragsgegner enthielt, seinen Führerschein innerhalb der gesetzten Frist abzuliefern (bzw. alternativ nach Nr. 2 b eine eidesstattliche Versicherung über dessen Verbleib abzugeben), mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen dem Antragsgegner ausweislich der Postzustellungsurkunde am ... September 2015 ordnungsgemäß zugestellt wurde und dieser keinen Rechtsbehelf hiergegen eingelegt hat, ist er bestandskräftig geworden (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG).

Der Antragsteller hat ferner glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner seiner Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins bisher nicht nachgekommen ist (Art. 19 Abs. 2 VwZVG).

Angesichts des aktenkundigen Verhaltens des Antragsgegners versprach eine der Androhung des unmittelbaren Zwangs vorausgehende Zwangsgeldandrohung hier ausnahmsweise keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg. Der Antragsteller hätte den Antragsgegner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit nicht zur Abgabe des Führerscheins bewegen können. Der Antragsgegner hat bisher sämtliche Schreiben und Bescheide der Fahrerlaubnisbehörde (vom ...1.2015, ...2.2015 [Zustellung mit PZU am ...3.2015], ...4.2015 [Zustellung mit PZU am ...4.2015], ...8.2015, ...9.2015 [Zustellung mit PZU am ...9.2015] ...9.2015, ...2.2016 [Zustellung mit PZU am ...2.2016], ...4.2016) ignoriert und/oder unter dem wahrheitswidrig angegebenen Vorwand, dass der im Adressfeld genannte nicht unter der betreffenden Anschrift erreichbar sei, ungeöffnet zurückgehen lassen. Nach Aktenlage und den sich hieraus auch ergebenden umfangreichen Recherchen des Antragstellers bestehen jedoch keine Zweifel daran, dass der Antragsgegner unter der auch in diesem Verfahren mitgeteilten Anschrift - die im Verwaltungsverfahren durchgängig verwendet wurde - gemeldet und wohnhaft ist. Deshalb drohte der Antragsteller gemäß Art. 36 Abs. 1 VwZVG dem Antragsgegner bereits im Entziehungsbescheid vom 17. September 2015 in rechtlich nicht zu beanstandender, insbesondere verhältnismäßiger Weise die Anwendung unmittelbaren Zwangs an und verband diese Androhung mit einer angemessenen Frist zur freiwilligen Erfüllung der zu vollstreckenden Anordnung (Abgabe des Führerscheins bzw. einer eidesstattlichen Versicherung). Bei der Verpflichtung zur Herausgabe einer Urkunde wie dem Führerschein handelt es sich nicht um eine vertretbare Handlung im Sinne von Art. 32 VwZVG, wie auch aus § 887 Abs. 3 ZPO deutlich wird (Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Loseblattkommentar, Art. 32 VwZVG, II.2.; i.E. ebenso BayVGH, B.v. 23.5.2012 - 11 C 12.729 - juris; a.A. VGH Kassel, B.v. 30.07.1993 - 7 TM 498/92 - ZfSch 1994, 192), so dass nicht die Ersatzvornahme anstatt des unmittelbaren Zwangs das Zwangsmittel der Wahl gewesen wäre.

Die - nötigenfalls - zwangsweise Öffnung und Durchsuchung der Wohnung ist erforderlich. Es ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner seinen Führerschein freiwillig herausgibt, auch nicht, wenn er hierzu von Polizeibeamten aufgefordert werden sollte. Das ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem gesamten aktenkundigen Verhalten des Antragsgegners, insbesondere seiner völligen Ignoranz hinsichtlich der ergangenen behördlichen Schreiben und Bescheide und seiner Versuche, die Fahrerlaubnisbehörde hinsichtlich seiner Identität bzw. seiner Wohnanschrift in die Irre zu führen.

Umstände, aufgrund der eine Wohnungsdurchsuchung als nicht verhältnismäßig erscheinen würde, sind nicht erkennbar. Insbesondere muss das Recht des Antragsgegners auf die Unverletzlichkeit seiner Wohnung (Art. 13 GG) angesichts der vom Antragsteller hier im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzenden öffentlichen Interessen an einer effektiven Gefahrenabwehr im Straßenverkehr zurücktreten. Nach Aktenlage wurde gegen den Antragsteller wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (am ...11.2015, ...12.2015 und ...2.2016) durch die Staatsanwaltschaft Traunstein bereits Anklage erhoben.

Von einer Zustellung des Antrags an den Antragsgegner und seiner Anhörung vor Erlass des Beschlusses konnte nach Ausübung des dem Gericht hierbei zustehenden Ermessens abgesehen werden. Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich die vorherige Anhörung des Vollstreckungsschuldners. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann jedoch in besonderen Verfahrenslagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist der Betroffene auf eine nachträgliche Anhörung zu verweisen (ständige Rechtsprechung des VG München, u. a. B.v. 24.6.2014 - M 6a X 14.2593 - juris; vgl. auch VG Augsburg, B.v. 10.1.2013 - AU 7 V 12.1669 - juris). Gerade bei einer vom Vollstreckungsgläubiger beantragten richterlichen Anordnung der Durchsuchung wird eine vorgängige Anhörung des Vollstreckungsschuldners in vielen Fällen den Vollstreckungserfolg gefährden, da die Durchsuchung gerade bezweckt, etwas aufzuspüren, was der Betroffene von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will (Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 9. Aufl., Art. 13 Rn. 14). Ob der Vollstreckungserfolg durch eine vorherige Anhörung des Schuldners gefährdet wäre, muss das Gericht im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände prüfen und entscheiden (BVerfG, B.v. 19.6.1981 - 1 BvR 1094/80 - BVerfGE 57, 346 [359]).

Nach Aktenlage muss nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass die Anhörung des Antragsgegners vor Erlass dieses Beschlusses den Vollstreckungserfolg gefährden würde. Es ist zu erwarten, dass der Antragsgegner, den die behördlichen Schreiben und Bescheide unbeeindruckt gelassen haben und der trotz Fahrerlaubnisentzug sowie der Einleitung eines Strafermittlungsverfahrens weiterhin am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug teilnahm, auch dazu bereit wäre, seinen Führerschein beiseite zu schaffen, sobald er von der beabsichtigten Durchsuchung erfahren würde.

Aus denselben Gründen ist auch die in Nr. II des Tenors ausgesprochene Regelung sinnvoll, die Behörde mit der Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner zu beauftragen (§ 168 Abs. 2 ZPO analog). Würde ihm der Beschluss vor der Durchsuchung zugestellt, wäre der Vollstreckungserfolg ebenso gefährdet wie bei einer vor Beschlusserlass erfolgten Anhörung.

Weil die richterliche Prüfung einer Wohnungsdurchsuchung die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen nicht für unabsehbare Zeit gewährleisten kann, war die Durchsuchungsanordnung zu befristen (vgl. VG München, B.v. 24.6.2014 - M 6a X 14.2593 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, weil keine streitwertabhängigen Gebühren entstehen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. (3) Begrü

Zivilprozessordnung - ZPO | § 887 Vertretbare Handlungen


(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 168 Aufgaben der Geschäftsstelle


(1) Die Geschäftsstelle führt die Zustellung nach §§ 173 bis 176 Absatz 1 aus. Sie kann einen nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post) oder einen Justizbediensteten mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Den Auftrag an

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(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Geschäftsstelle führt die Zustellung nach §§ 173 bis 176 Absatz 1 aus. Sie kann einen nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post) oder einen Justizbediensteten mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Den Auftrag an die Post erteilt die Geschäftsstelle auf dem dafür vorgesehenen Vordruck.

(2) Der Vorsitzende des Prozessgerichts oder ein von ihm bestimmtes Mitglied können einen Gerichtsvollzieher oder eine andere Behörde mit der Ausführung der Zustellung beauftragen, wenn eine Zustellung nach Absatz 1 keinen Erfolg verspricht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.