Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Sept. 2017 - M 12 S 16.5695

bei uns veröffentlicht am07.09.2017

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Auf seinen Antrag vom … Juni 2015 hin wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis, befristet bis 1. Mai 2016 erteilt. Am … April 2015 hat er die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragt und erhielt eine Fiktionsbescheinigung.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. November 2016 wurde die dem Antragsteller erteilte Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Nr. 1), der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Nr. 2), festgestellt, dass in Bezug auf den Antragsteller keine Zeiten vorliegen, in denen ihm der Aufenthalt in Deutschland erlaubt gewesen ist (Nr. 3) und der Antragsteller aufgefordert, die Fiktionsbescheinigung unverzüglich abzugeben (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, das Bundesgebiet bis 18. Dezember 2016 zu verlassen (Nr. 5). Für den Fall der schuldhaften, erheblichen Überschreitung der Ausreisefrist wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer eines Jahres (Nr. 6) und für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Frankreich angedroht (Nr. 7).

Mit Schriftsatz vom … Dezember 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat die Bevollmächtigte des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid vom 21. November 2016 aufzuheben, festzustellen, dass der Aufenthalt des Antragstellers erlaubt war und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu verlängern, hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG, hilfsweise eine Duldung zu erteilen, hilfsweise die Anträge des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Gleichzeitig hat sie beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. November 2016 hinsichtlich der Nr. 2, 4 und 5 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen und auf den Tatbestand des Urteils vom 7. September 2017 im Verfahren M 12 K 16.5689 verwiesen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids abzuwägen hat. Entscheidendes Indiz für eine Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich, dass die Klage des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Es überwiegt daher das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis.

Der Antragsteller hat bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Nrn. 2, 4 und 5 des Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. November 2016 sind vielmehr rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 7. September 2017 (M 12 K 16.5689) wird verwiesen.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 30.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

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Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Sept. 2017 - M 12 K 16.5689

bei uns veröffentlicht am 07.09.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Sept. 2017 - M 12 S 16.5695.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2018 - 10 AS 18.442

bei uns veröffentlicht am 23.04.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe Der Antrag des Antragstellers n

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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger ist ein am … geborener türkischer Staatsangehöriger (Bl. 10 der Behördenakte oben - BA).

Er beantragte am 18. Juni 2015 bei der Beklagten eine Aufenthaltserlaubnis und gab an, er sei in Besitz einer Erlaubnis für langfristig Aufenthaltsberechtigte, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt worden sei. Die Aufenthaltserlaubnis sei am 17. Mai 2010 ausgestellt worden und unbefristet (Bl. 10 BA). Die Frage im Formblattantrag, ob der Kläger bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, beantwortete er mit „nein“. Als erstmalige Einreise ins Bundesgebiet gab er den 10. März 2015 an (Bl. 10 BA). Als Aufenthaltszweck gab der Kläger Familiennachzug an. Die Ehefrau heiße …, geb. am … in der Türkei, sei türkische Staatsangehörige und habe eine Niederlassungserlaubnis. Das gemeinsame Kind sei in München geboren und habe die deutsche Staatsangehörigkeit (Bl. 12 BA). Der Kläger hat einen Sprachstandsnachweis von Inlingua (A 1) vorgelegt (Bl. 14 BA).

In der Akte befindet sich die Geburtsurkunde des am … in München geborenen Kindes. Der Kläger ist als Vater eingetragen, seine Frau als Mutter (Bl. 15 BA). Der Kläger legte einen französischen Reisepass und eine französische Identitätskarte vor (Bl. 16 u. 17 f. BA). Er erhielt am 18. Juni 2015 eine bis 1. Mai 2016 gültige Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG (Bl. 28 BA).

Aus einem Aktenvermerk der Beklagten vom 10. November 2015 ergibt sich, dass die Türkei um die Ausschreibung des Klägers gebeten und den Vermerk „Terrorismus“ angebracht habe (Bl. 35 BA). Die Angelegenheit sei an die Generalstaatsanwaltschaft München weitergeleitet worden. Jetzt werde eine Rückmeldung abgewartet, ob eine Ausschreibung erfolgen solle oder nicht. Dem Bundeskriminalamt lägen keine Terrorismusbezüge zum Kläger vor. Es sei lediglich eine illegale Einreise im Jahr 2009 gespeichert. Ansonsten sei der Betroffene unbelastet und würde derzeit wohl Asyl begehren (Bl. 35 BA).

Die Beklagte bat am 16. November 2015 das Bayer. Landeskriminalamt um Mitteilung, ob zum Kläger Erkenntnisse zu Extremismus bzw. Terrorismus vorlägen (Bl. 37 BA).

Die Bundespolizei … teilte am 17. November 2015 der Beklagten telefonisch mit, dass beim Bundeskriminalamt (BKA) Erkenntnisse zum Kläger vorlägen und dort abgefragt werden sollten (Bl. 41 BA).

Der Generalstaatsanwalt in München teilte dem Bayer. Staatsministerium der Justiz am 16. Dezember 2015 mit, der Kläger sei aufgrund Ersuchens der türkischen Behörden international zur Festnahme ausgeschrieben. Gegen ihn bestehe ein Haftbefehl des 10. Oberen Strafgerichts von Istanbul vom … September 2015. Dem Kläger läge Folgendes zur Last: Er sei Mitglied der bewaffneten Terrororganisation PKK/KCK gewesen. Er sei an einem Sprengstoffanschlag beteiligt gewesen. Am ... Oktober 2005 habe sich eine Explosion in der Firma … in I. in der Türkei ereignet. Aufgrund dieser Explosion sei ein Mitglied der bewaffneten Terrororganisation getötet worden. Zwei weitere seien verwundet worden. Eine Telefonkarte nebst einer Visitenkarte sei im Besitz des Verstorbenen gefunden worden. Es sei bekannt geworden, dass die Telefonnummer, die auf der Visitenkarte gestanden habe, dem Kläger gehört habe. Mittels der Telefonkarte habe das verstorbene Opfer zwei Mal mit dem Kläger telefoniert. Der Kläger sei auch verantwortlich gewesen für Auskundschaftungen, Nachrichtenbeschaffung sowie Festlegung der in I. durchgeführten Handlungen (Bl. 549 BA).

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz teilte der Beklagten am 28. Dezember 2015 im Wesentlichen mit (Bl. 44 BA): Der Kläger sei nach einem Artikel aus der PKK-nahen Zeitung … 2009 in Frankreich durch die französische Polizei festgenommen worden. Zudem habe die Polizei das Landesamt für Verfassungsschutz über die Festnahme des Klägers am 9. Dezember 2015 in München durch die Kräfte des Polizeipräsidiums M. aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls informiert. Ihm werde von türkischen Behörden die Mitgliedschaft in der PKK sowie die Beteiligung an einem Terroranschlag im Jahr 2005 in der Türkei vorgeworfen.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) teilte der Beklagten mit Schreiben vom 13. Januar 2016 mit, zum Kläger habe die Dateirecherche in der Personenzentraldatei des Bundesnachrichtendienstes keine Aktenteile ergeben (Bl. 52 BA).

Das BKA teilte am 9. Februar 2016 in einem Aktenvermerk mit, dass es darüber informiert worden sei, dass die französische Kriminalpolizei ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Unterstützung und Finanzierung der PKK führe. Er sei in diesem Zusammenhang am 2. Oktober 2009 in Marseille festgenommen worden (Bl. 284 BA). Aus einem weiteren Vermerk des BKA vom 15. März 2016 ergibt sich, dass der Kläger von der französischen Justiz im Rahmen von zwei Verfahren im Zusammenhang mit der Terrorgruppe PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) angeschuldigt und verurteilt worden sei (Bl. 286 BA). Am 15. Dezember 2010 sei der Kläger wegen seiner Beteiligung an dem am … Oktober 2008 in Marseille begangenen Anschlag, bei dem Brandsätze auf das … Konsulat geworfen worden seien, vorläufig festgenommen worden. Am 17. Dezember 2010 sei er dem Untersuchungsrichter vorgeführt und vom 17. Dezember 2010 bis zum 3. Mai 2011 sei er in Untersuchungshaft genommen worden. Im Rahmen desselben Verfahrens seien bereits drei Aktivisten der PKK angeschuldigt worden. Der Kläger sei von einem der drei Angeschuldigten der Beteiligung an dem im Oktober 2008 mittels Molotow-Cocktails begangenen Anschlags auf das … Konsulat in Marseille beschuldigt worden. Bei seinen Vernehmungen habe der Kläger angegeben, in einem der bei der Begehung des Anschlags auf das … Konsulat in Marseille benutzten Fahrzeuge Platz genommen zu haben. Der Kläger sei wie folgt verurteilt worden: Er sei am ... Dezember 2013 von der … Kammer des Strafgerichts zwar vom Tatvorwurf der Gewaltanwendung freigesprochen worden, aber zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 18 Monate mit Bewährung, verurteilt worden. Dagegen habe er Berufung eingelegt. Am ... März 2015 sei er von der … Kammer des Strafgerichts in Paris zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr ohne Bewährung und 6 Monaten mit Bewährung verurteilt worden (Bl. 287 BA).

In einem weiteren Vermerk vom 15. März 2016 teilte das BKA mit, dass gegen den Kläger folgende Erkenntnisse vorlägen, die in einem asylrechtlichen Verfahren verwendet werden könnten: Von der französischen Justiz sei der Kläger im Rahmen von zwei Verfahren im Zusammenhang mit der Terrorgruppe PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) angeschuldigt und verurteilt worden. Am 2. Februar 2009 habe die Sous-Direction Anti-Terroriste de la Direction Centrale de la Police Judiciare (SDAT) den Kläger, alias …, geb. am … in der Türkei, im Rahmen der Ermittlungen in Folge der Zerschlagung des Marseiller Zweigs der PKK, der in Fälle von Erpressung von Geldern, Gewaltanwendung und Freiheitsberaubung innerhalb der kurdischen Gemeinschaft zwecks Finanzierung der Terroraktionen der Organisation in der Türkei verwickelt gewesen sei, vorläufig festgenommen. Nach Abschluss der Ermittlungen, im Laufe derer eindeutig habe festgestellt werden können, dass er an Erpressungen von Geldern und körperlicher Gewaltanwendung zum Nachteil mehrerer türkischer Staatsangehöriger kurdischer Abstammung beteiligt gewesen sei, sei er am 6. Oktober 2009 den zuständigen Richtern vorgeführt, beschuldigt und anschließend in Haft genommen worden. Er habe sich vom 6. Oktober 2009 bis zum 20. Mai 2010 in der Haftanstalt in …FR in Untersuchungshaft befunden und sei anschließend unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Am 15. Dezember 2010 sei der Kläger wegen seiner Beteiligung an dem am … Oktober 2008 in Marseille begangenen Anschlag, bei dem Brandsätze auf das … Konsulat geworfen worden seien, vorläufig festgenommen worden. Er sei am 17. Dezember 2010 dem Untersuchungsrichter vorgeführt worden und vom 17. Dezember 2010 bis 3. Mai 2011 in Untersuchungshaft gewesen. Im Rahmen desselben Verfahrens seien bereits drei Aktivisten der PKK namens M., R. und S. S. angeschuldigt worden, die ebenfalls an den Anschlägen mittels Brandsätzen auf den türkischen Kulturverein „…“ und das … Konsulat in Marseille am … und … Oktober 2008 beteiligt gewesen seien. Der Kläger sei von einem der drei Angeschuldigten der Beteiligung an dem im Oktober 2008 mittels Molotowcocktails begangenen Anschlag auf das … Konsulat in Marseille beschuldigt worden. Diese Aktion habe im Zusammenhang mit den Vergeltungsmaßnahmen der Terrororganisation PKK für die Misshandlungen, denen A. Ö. angeblich zu dieser Zeit auf der Gefängnisinsel Imrali ausgesetzt gewesen sei, gestanden. Bei den Vernehmungen habe der Kläger zugegeben, in einem der bei der Begehung des Anschlags auf das … Konsulat in Marseille benutzten Fahrzeuge Platz genommen zu haben. Er habe seine Beteiligung auf die Rolle eines einfachen Beobachters heruntergespielt und erklärt, dass er im Übrigen die Personen nicht kenne, die ihn begleitet und die Molotow-Cocktails geworfen hätten. Am ... Dezember 2013 sei der Kläger von der … Kammer des Strafgerichts in Paris zwar vom Vorwurf der Gewaltanwendung freigesprochen, aber zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 18 Monaten mit Bewährung (Bewährungszeit: 2 Jahre; Freispruch vom Tatvorwurf der Gewaltanwendung aufgrund der Überschneidung mit den Tatbestandsmerkmalen der Erpressung) verurteilt worden. Gegen das Urteil habe er Berufung eingelegt. Am ... März 2015 sei er von der … Kammer des Strafgerichts in Paris zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr ohne Bewährung und 6 Monaten mit Bewährung verurteilt worden. Da er die Haftstrafe bereits im Zuge seiner Untersuchungshaft verbüßt habe, sei er nach seiner Verurteilung nicht in Haft gekommen (Bl. 65 BA).

Der Auszug aus dem Zentralregister vom 22. März 2010 enthält für den Kläger keine Eintragung (Bl. 68 BA). Die Mitteilung aus dem französischen Strafregister vom 24. März 2016 ergibt, dass der Kläger am ... März 2015 vom Tribunal Correctionnel de Paris wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung, letzte Tat am … Oktober 2008, wegen vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt wurde (Bl. 69 ff. BA).

Am 28. April 2016 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Sein französischer Flüchtlingspass (anerkannter Asylbewerber) befinde sich zur Zeit beim OLG München, so dass er ihn nicht vorlegen könne (Bl. 146 BA). Im Formblattantrag am 29. April 2016 erklärte der Kläger wieder, er sei im März 2015 erstmals ins Bundesgebiet eingereist und sei nicht bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten (Bl. 147 BA).

Der Kläger erhielt am 28. April 2016 eine Fiktion gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG (Bl. 132 BA), die am 26. Juli 2016 verlängert (Bl. 136 BA) wurde, eine weitere Verlängerung erfolgte am 25. Oktober 2016 (Bl. 138 BA) und am 8. November 2016 (Bl. 143 BA).

In der Akte befindet sich eine Abrechnung der Brutto/Nettobezüge vom März/April 2016, wonach der Kläger in der … in … beschäftigt sei (Bl. 177 BA).

Am 29. April 2016 führte die Beklagte eine sicherheitsrechtliche Befragung des Klägers durch (Bl. 78 ff. BA). Er führte darin aus, er sei Angehöriger der HADEP, DEHAP 2000 bis 2004 gewesen, einer legalen politischen Partei. Er sei dort verantwortlich für Jugendliche gewesen (Bl. 84 BA). Er erklärte, er sei im Jahr 2002 in I. am … angeschossen worden. Er sei in der Türkei von 2005 bis 2008 vom türkischen Staat verfolgt worden, dies „laufe noch bis heute“. Auf die Frage, ob gegen ihn jemals ermittelt wurde oder ob ein gerichtliches Verfahren gegen ihn anhängig war, erklärte er, „ja, wegen terroristischer Handlungen in der Türkei wegen Mitgliedschaft in HADEP, DEHAP, was legale politische Parteien waren“. Die Tat sei aus politischen Motiven verübt worden (Bl. 87 BA). In Frankreich sei er von 2009 bis 2011 in Haft gewesen, „politisch“. In Deutschland sei er von November 2015 bis Februar 2016 wegen eines Auslieferungsverfahrens in Haft gewesen (Bl. 88 BA).

Die Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 18. Mai 2016 zur weiteren Bearbeitung des Antrags zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis die Urteile der … Kammer des Strafgerichts Paris vom ... Dezember 2013 und ... März 2015 vorzulegen. Des Weiteren sei der zuletzt vorgelegte Reiseausweis für Flüchtlinge durch die Prefecture du Val de Marne in Frankreich nur noch bis 1. Mai 2016 gültig gewesen. Er solle sich deshalb an französische Behörden wenden (Bl. 180 BA).

Die Ehefrau des Klägers teilte am … Mai 2016 mit, die angeforderten Strafurteile aus Frankreich müssten an sie übermittelt werden; zu diesem Zweck sei bereits Kontakt zu einem französischen Rechtsanwalt aufgenommen worden (Bl. 181 BA). Das Bayer. Landeskriminalamt übersandte am 17. Mai 2016 eine Auskunft gem. § 73 Abs. 2, 3 AufenthG (Bl. 182 ff. BA).

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 20. Mai 2016 dem Polizeipräsidium M. mit, der Kläger habe bei der Ausländerbehörde am 18. Juni 2015 unter Vorlage eines ausgefüllten Formblattantrags durch die Ehefrau die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt. Er habe sie mit der Gültigkeit bis 1. Mai 2016 erhalten. Am 28. April 2016 habe er einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gestellt und habe wieder den ausgefüllten Formblattantrag vorgelegt. Der Verlängerungsantrag werde derzeit noch überprüft. Im Rahmen des Verfahrens auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sei am 29. April 2016 eine sicherheitsrechtliche Befragung mittels Standardfragebogen durchgeführt worden, in deren Verlauf der Kläger Angaben u.a. zu gegen ihn geführten strafrechtliche Ermittlungen und Verurteilungen im sicherheitsrechtlichen Kontext gemacht habe. Die jeweiligen Angaben in den Formblattanträgen vom 18. Juni 2015 und 28./29. April 2016 stünden jedoch im Widerspruch zu der Mitteilung aus dem französischen Strafregister vom 24. März 2016, wonach der Kläger mit Urteil vom ... März 2015, rechtskräftig seit 25. März 2015, in Frankreich wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden sei. In diesem Zusammenhang sei mit Vermerken des BKA vom 9. Februar 2016 und 15. März 2016 die der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalte und Umstände mitgeteilt worden. Weder das in der Mitteilung aus dem französischen Strafregisterauszug vom 24. März 2016 aufgeführte Urteil noch die vom BKA in den Vermerken vom 9. Februar 2016 und vom 15. März 2016 in Bezug genommenen Urteile lägen derzeit vor (Bl. 244 ff. BA).

Aus einem Aktenvermerk der Beklagten vom 25. Juli 2016 (Bl. 188 BA) ergibt sich, dass die Ehefrau des Klägers mitgeteilt hat, dass der Kläger einen neuen Ausweis ab 10. August 2016 in Frankreich abholen könne und hierfür eine neue Fiktion benötige (sei nur bis 1. 8. 2016 gültig). Die angeforderten französischen Urteile würden auch unter Zuziehung eines französischen Rechtsbeistands nicht durch die französischen Behörden übermittelt werden, Gründe hierfür konnte die Ehefrau nicht mitteilen. Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 bat die Beklagte den Kläger, die französischen Urteile vorzulegen (Bl. 189 BA).

In der Akte befinden sich Lohnabrechnungen für April 2016 (Bl. 193 BA), Juni 2016 (Bl. 194 BA) und Mai 2016 (Bl. 195 BA).

Aus einem Aktenvermerk vom 28. Juli 2016 ist wieder ersichtlich, dass die Ehefrau mitgeteilt habe, dass die angeforderten französischen Entscheidungen nicht beigebracht werden könnten (Bl. 198 BA).

Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 bat die Beklagte die Generalstaatsanwaltschaft München um Zusendung der Unterlagen, die im Auslieferungsverfahren erstellt wurden (Bl. 199 BA). Die Generalstaatsanwaltschaft München übersandte am 4. August 2016 den Sonderband in Sachen des Klägers zur Akteneinsicht (Bl. 203 BA). Vorgelegt wurden der Erstantrag (Bl. 204 ff. BA), die Antragsbegründung (Bl. 207 ff. BA), eine Liste der Dokumente (Bl. 213 BA), eine Zusammenfassung des Sachverhalts und ein Nachweis des Sachverhalts (Bl. 214 ff. BA); der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersandte am 6. Mai 2016 die französische Asylakte des Klägers in Kopie, so wie er sie aus Frankreich vom Rechtsanwalt erhalten habe. Der Kläger bemühe sich um die Verlängerung seines deutschen Aufenthaltstitels und damit zusammenhängend seines französischen Passes (Bl. 74 BA).

Am … August 2016 teilte die Ehefrau telefonisch mit, dass der Kläger am Vortag in Frankreich gewesen sei, um seinen Reiseausweis abzuholen. Leider sei von dort kein Reiseausweis ausgehändigt worden. Die französischen Behörden hätten darauf hingewiesen, dass der Ausweis noch nicht fertig sei. Sie hätten daher für den … August 2016 einen Flug gebucht, um die Sache zu klären (Bl. 233 BA). Am 30. August 2016 hat die Ehefrau nachgefragt, wann der Ehemann erneut vorsprechen solle. Er habe nach wie vor keinen Ausweis (Bl. 234 BA).

In der Akte befindet sich der Auszug aus dem französischen Strafregister, wonach der Kläger zu 1 Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Bl. 280 BA).

Aus einem Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge - BAMF - vom 15. September 2016 ergibt sich, dass der Kläger in Frankreich als Flüchtling anerkannt worden sei und dass er am 17. Mai 2010 eine 10 Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis erhalten habe (bis 16. 5. 2020). Gleichzeitig sei er Inhaber eines französischen Reiseausweises für Flüchtlinge (gültig bis 1. 5. 2016). Der Kläger sei im April 2014 bei den französischen Behörden für die Verlängerung des Reiseausweises vorstellig geworden (Bl. 239 BA).

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 23. September 2016 zur Zurücknahme der am 18. Juni 2015 erteilten Aufenthaltserlaubnis und zur Ablehnung des Verlängerungsantrags an (Bl. 370 ff. BA).

Das Bayer. Landesamt für Verfassungsschutz teilte am 28. September 2016 mit, der Kläger habe einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gestellt. In der Sicherheitsbefragung habe er unter anderem über eine Funktionärstätigkeit für die in Europa nicht inkriminierte HADEP, über Ermittlungen in der Türkei wegen seiner Tätigkeit für die HADEP und über Gefängnisaufenthalte in Frankreich und Deutschland gemacht. Zu Tätigkeiten für die PKK habe er dagegen keine Angaben gemacht. Dem Landesamt für Verfassungsschutz lägen keine Erkenntnisse vor, von besonderem Gewicht erscheine seine Inhaftierung in Frankreich wegen Gelderpressung zugunsten der PKK. Auf den Vermerk des BKA vom 15. März 2016 werde Bezug genommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz machte weiterhin Ausführungen zur HADEP. Es erhebe Sicherheitsbedenken gegen den Aufenthalt des Klägers in Deutschland, zumal er einen französischen Aufenthaltstitel besitze (Bl. 128 ff. BA).

Das Bundespolizeipräsidium teilte der Beklagten mit Schreiben vom 20. Oktober 2016 mit, der Wiedereinreise des Klägers werde von den französischen Behörden nicht zugestimmt, weil er eine deutsche Aufenthaltserlaubnis habe. Diese sei bis 1. Mai 2016 gültig gewesen. Seitdem besitze er eine Fiktionsbescheinigung (Bl. 379 BA).

Der Prozessbevollmächtigte nahm mit Schreiben vom … Oktober 2016 im Rahmen des Anhörungsverfahrens im Wesentlichen wie folgt Stellung: Der Kläger habe sich zu keinem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland strafbar gemacht. Der Strafbefehl vom … August 2016 sei von der Staatsanwaltschaft zurückgenommen worden. Der Vorwurf des Erschleichens eines Aufenthaltstitels sei unbegründet. Der Kläger habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Haftstrafe in Frankreich verheimlicht. Die Auslieferung des Klägers aufgrund eines Auslieferungsgesuchs der Türkei sei mit Beschluss vom … Juni 2010 durch das OLG München für unzulässig erklärt worden. Eine Ausweisung des Klägers sei nicht möglich. Der Kläger lebe in ehelicher Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau und sei Vater eines gemeinsamen Kindes. Ein besonders schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG sei nicht gegeben. Auch liege kein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG vor. Ebenso wenig bestehe ein schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG und auch nicht nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Der Kläger habe ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse.

In der Akte befinden sich zwei Lohnabrechnungen für September und Oktober 2016, wonach der Kläger im Monat 1.203,- EUR brutto ausgezahlt erhalte (Bl. 438 - 439 BA).

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 21. November 2016 die dem Kläger am 18. Juni 2015 erteilte Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Nr. 1), den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28. April 2016 abgelehnt (Nr. 2), festgestellt, dass in Bezug auf den Kläger keine Zeiten vorlägen, in denen ihm der Aufenthalt in Deutschland erlaubt gewesen sei (Nr. 3), und den Kläger aufgefordert, die mit Gültigkeit bis 25. November 2016 ausgestellte Fiktionsbescheinigung unverzüglich abzugeben (Nr. 4). Der Kläger habe das Bundesgebiet bis 18. Dezember 2016 zu verlassen (Nr. 5). Sollte der Kläger die Ausreisefrist schuldhaft und erheblich überschreiten, könne ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu 1 Jahr für die Bundesrepublik Deutschland angeordnet werden (Nr. 6). Sollte er nicht fristgerecht ausreisen, werde der Kläger mit Zustimmung Frankreichs zu seiner Rückübernahme nach Frankreich abgeschoben (Nr. 7; Bl. 444 ff. BA).

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 18. Juni 2015 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Kläger diese durch die im Sachverhalt dargestellten unrichtigen Angaben im Rahmen der damaligen Antragstellung erreicht habe. Er habe die Beklagte bei Antragstellung am 18. Juni 2015 durch die unrichtigen Angaben wissentlich über entscheidungserhebliche Tatsachen getäuscht. Bei Angabe des Strafurteils des Tribunal Correctionnel de Paris vom ... März 2015 wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und Beschädigung oder Zerstörung einer Sache wären durch die Beklagte bereits damals Ermittlungen zu den dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalten angestellt worden. Bei Kenntnis der insoweit bereits zum damaligen Zeitpunkt der Erteilung bestehenden tatsächlichen Sachlage dahingehend, dass der Kläger in Bezug auf die strafrechtlichen Ermittlungen der französischen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie das Strafurteil des Tribunal Correctionnel de Paris vom ... März 2015 strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und das insbesondere im Zusammenhang mit der PKK, einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung, wäre dem Kläger die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt worden. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung über seinen damaligen Antrag auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hätten aufgrund der Falschangaben sowie den vom Kläger begangenen, der Verurteilung durch das Tribunal Correctionnel de Paris vom ... März 2015 zugrundeliegenden Handlungen als solche, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftaten anzusehen seien, Ausweisungsgründe nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 a und 2 AufenthG a.F. bestanden, die der Erteilung mangels Vorliegens der erforderlichen allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegengestanden hätten. Überdies wäre dem Kläger gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG a.F. die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sogar zwingend zu versagen gewesen, da er durch die im Sachverhalt beschriebenen Unterstützungshandlungen zugunsten der PKK als den Terrorismus unterstützender Vereinigung im Zusammenspiel mit einer bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgten diesbezüglichen Offenbarung und Distanzierung hiervon im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährde und hierdurch einen Ausweisungsgrund im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. verwirkliche. Im Zeitpunkt der Titelerteilung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG habe vom Erfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. nicht abgewichen werden können. Es habe ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. vorgelegen. Nach dem Aufenthaltsgesetz a.F. habe es keine anderen Erteilungsgründe gegeben. Insbesondere habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts nach dem ARB 1/80 gehabt. Der Kläger habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Aufenthaltserlaubnis. Die Behörde habe deshalb ein Rücknahmeermessen nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG. Dieses werde dadurch ausgeübt, dass die privaten Interessen gegen die öffentlichen Interessen des Klägers abgewogen werden. Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis scheitere an der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Es liege ein Regelausschlussgrund vor, und zwar das Bestehen von Ausweisungsinteressen gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 7, 8 a und 9 AufenthG. Ein Abweichen vom Regelfall des § 5 Abs. 1 AufenthG sei nicht veranlasst, auch kein Absehen vom Erfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Es liege ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus anderen Erwägungen, auch nicht aus dem ARB 1/80, einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Der o.g. Bescheid wurde dem Kläger über die Prozessbevollmächtigten am 23. November 2016 zugestellt (Bl. 499 BA).

Der Kläger sprach am 22. November 2016 vor und bat um Verlängerung der Fiktionsbescheinigung, die ihm bis 25. November 2016 ausgestellt wurde (Bl. 494 BA). Am 25. November 2016 erhielt der Kläger eine Grenzübertrittsbescheinigung (Bl. 495 BA).

Am … Dezember 2016 hat der Bevollmächtigte des Klägers beim Bayer. Verwaltungsgericht München Klage erhoben. Er beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2016 aufzuheben, festzustellen, dass der Aufenthalt des Klägers erlaubt gewesen ist, die Beklagte zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern, hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen, hilfsweise eine Duldung zu erteilen, hilfsweise die Anträge des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Der Prozessbevollmächtigte führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Kläger sei türkischer Staatsangehöriger. Er sei im Mai 2008 nach Frankreich eingereist und habe dort am 16. Juni 2008 einen Asylantrag gestellt. Mit Bescheid vom 31. August 2009 sei dem Kläger der Status eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskommission - GFK zuerkannt worden. Dieser sei ihm aufgrund seiner Verfolgung in der Türkei wegen seiner politischen Aktivität zugesprochen worden. Er sei zunächst Mitglied der HADEP, anschließend der DEHAP und letztlich … des Jugendablegers der DTP gewesen. Dabei handele es sich um legale Kurden-Parteien. Der Kläger habe sich erstmals am 9. Januar 2009 in Deutschland aufgehalten, um die jetzige Ehefrau zu besuchen. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt im Asylverfahren befunden. Das deshalb durchgeführte Ermittlungsverfahren sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Eine weitere Einreise sei am 1. Februar 2013 erfolgt, um die jetzige Ehefrau zu besuchen. Zu diesem Zeitpunkt habe er bereits eine französische Aufenthaltserlaubnis und einen gültigen GFK-Pass besessen, so dass er zu Reisen im Schengener Raum befugt gewesen sei. Der Kläger sei mit Urteil vom ... März 2015 von der … Kammer des französischen Strafgerichts zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, welche zu 6 Monaten auf Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden. Der Kläger sei vom Tatvorwurf der Gewaltanwendung freigesprochen worden. Sämtliche anderen Tatvorwürfe seien fallengelassen worden. Nach seiner Verurteilung habe er nicht mehr in Haft gehen müssen, da er die Haftstrafe im Wege der Untersuchungshaft verbüßt habe. Der Kläger habe sich ausdrücklich gegen die Gewaltanwendung der PKK ausgesprochen und sich von jeglichen Aktivitäten distanziert. Die aktuelle französische Aufenthaltserlaubnis sei noch bis 16. Mai 2020 gültig. Der GFK-Pass sei bis 1. Mai 2016 gültig gewesen und sei durch die französischen Behörden erneut verlängert worden. Der zuständige Sachbearbeiter des französischen Innenministeriums habe mit Schreiben vom 20. Januar 2016 auf Anfrage des BAMF hinsichtlich evtl. negativer Änderungen im Ausländerregister mitgeteilt, dass keine weiteren Einträge im Ausländerregister hinsichtlich des Klägers vorlägen. Dies sei auch der Grund für die Verlängerung des GFK-Passes gewesen. Im März 2015 sei der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und habe am … Juni 2015 erstmals einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug gestellt. Am … sei der gemeinsame Sohn in München geboren, der die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten habe. Seit dem Jahr 2010 sei der Kläger mit seiner Ehefrau, einer türkischen Staatsangehörigen, verheiratet. Die Ehefrau habe am 18. Juni 2015 für den Kläger das Formular ausgefüllt und habe es ihn unterschreiben lassen. Dies sei auch an der Handschrift im Antragsformular zu erkennen. Der Kläger, dessen Deutschkenntnisse zu diesem Zeitpunkt noch äußerst gering gewesen seien, habe darauf vertraut, dass seine Ehefrau sämtliche Fragen korrekt beantworte. Die fehlerhafte Beantwortung der entsprechenden Frage unter Teil 2 hinsichtlich Vorstrafen habe allein im Verantwortungsbereich der Ehefrau gestanden und könne dem Kläger nicht zugerechnet werden. Die Ehefrau habe schlicht aufgrund eines Missverständnisses an der falschen Stelle ein Kreuz gesetzt. Sie habe aufgrund des Wortes „bereits“ angenommen, es seien nur gegenwärtige Verfahren in Deutschland gemeint und habe daher „Nein“ angekreuzt (Bl. 8 BA). Dass es sich bei der fehlerhaften Beantwortung um ein Missverständnis gehandelt habe, lasse sich auch an der erneuten fehlerhaften Beantwortung bei Stellung des Verlängerungsantrags am 28. April 2016 erkennen, da sie hier wieder bei Vorstrafen „Nein“ angekreuzt habe, der Kläger jedoch gerade wahrheitsgemäß im Rahmen der anschließenden sicherheitsrechtlichen Befragung die Haftstrafe in Frankreich angegeben habe. Der aufgrund dessen ergangene Strafbefehl wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels sei von der Staatsanwaltschaft München I im richterlichen Auftrag am 20. September 2016 zurückgenommen worden. Am 28. April 2016 habe der Kläger zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der Beklagten vorgesprochen. Die Ehefrau habe den Fragenbogen bei der Frage nach Voraufenthalten dahingehend verstanden, ob ein Aufenthalt des Klägers von länger als 3 Monaten und der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis in der Vergangenheit gegeben gewesen sei. Ein solcher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland sei jedoch nie der Fall gewesen. Deshalb habe sie die Frage verneint. Das Ende 2015 gegen den Kläger gerichtete Auslieferungsgesuch der türkischen Behörden sei mit Beschluss vom … Juni 2016 durch das OLG München für unzulässig erklärt worden. Der Kläger sei daraufhin nicht an die türkischen Behörden ausgeliefert worden. Auf mehrfache Anfrage der Beklagten habe das Kriminalfachdezernat ... M. mit Schreiben vom 7. Januar 2016 und 19. Januar 2016 mitgeteilt, dass aufgrund des dem Auslieferungshaftbefehl zugrundliegenden Sachverhalts weder im Kriminalfachdezernat ... noch beim Bayer. Landeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei (Bl. 46 und 57 BA). Die Beklagte habe erstmals am 10. November 2015 Kenntnis hinsichtlich des vermeintlichen Bezugs des Klägers zu terroristischen Aktivitäten erfahren. Mit Anruf des Polizeipräsidiums am 7./10. November 2016 sei bestätigt worden, dass entsprechende Erkenntnisse gegen den Kläger vorlägen. Die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG sei rechtswidrig, da die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis rechtmäßig gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt habe kein Ausweisungsgrund bestanden. Ebenso sei kein zwingender Ausweisungsgrund nach § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG gegeben gewesen. Vom Regelfall des § 5 Abs. 1 AufenthG a.F. könne nach § 5 Abs. 3 AufenthG a.F. abgewichen werden. Zum Zeitpunkt der Ersterteilung des Aufenthaltstitels habe gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. eine Ausnahme vom Regelfall des § 5 Abs. 1 AufenthG a.F. bestanden. Der von der Ausländerbehörde als einschlägig gesehene § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. liege gerade nicht vor. Eine Wiederholungsgefahr und ein schwerer Ausweisungsgrund seien im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben, weil der Kläger erkennbar und glaubhaft von einem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen habe (Bl. 16 ff. der GA). Der Kläger habe zudem hilfsweise einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Er habe auch Anspruch auf Erteilung einer Duldung.

Die Regierung von O. beteiligte sich mit Schreiben vom 5. Januar 2017 als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Soweit der Bevollmächtigte geltend mache, die falschen Angaben lägen im Verantwortungsbereich der Ehefrau, könne dies nicht zu der Annahme führen, dass kein Ausweisungsgrund im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG a.F. im Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorgelegen habe bzw. dass kein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt vorliege. Ebenso wenig verhelfe die Einlassung des Bevollmächtigten des Klägers dahingehend, dass die Ehefrau des Klägers schlicht aufgrund eines Missverständnisses an der falschen Stelle ein Kreuz gesetzt habe, da sie davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Frage im Antragsformular „Sind Sie bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten oder wird derzeit wegen Verdachts auf eine Straftat gegen Sie ermittelt?“ um die Frage nach laufenden Verfahren in Deutschland handele, zu einem gegenteiligen Schluss. Diese Einlassung erscheine unter Berücksichtigung der alternativen Formulierung der Frage (oder), der Anordnung der für die Beantwortung mittels Kreuz vorgesehenen Felder sowie des vorgegebenen Inhalts der möglichen Antworten unglaubwürdig. Im Übrigen seien die falschen Angaben dem Kläger zurechenbar, da der Kläger jeweils durch seine Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben bestätigt habe. Es sei vielmehr anzunehmen, dass die falschen Angaben am 18. Juni 2015 und am 29. April 2016 in den Antragsformularen in der Annahme gemacht worden seien, dass durch die positive Darstellung bezüglich der angegebenen Freiheit von strafrechtlichen Verurteilungen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - wie damals zunächst geschehen - erreicht werde. Dabei spreche nichts für ein Missverständnis, sondern vielmehr dafür, dass die Falschangaben übereinstimmend mit den Angaben vom 18. Juni 2015 gemacht worden seien, um keine Anhaltspunkte für eine Überprüfung der Ersterteilung zu geben und so keinen Verdacht von Falschangaben zu erwecken, zumal die falschen Angaben bereits im Rahmen der Ersterteilung den beabsichtigten Zweck - die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - verwirklicht hätten. An dieser Annahme ändere auch der Vortrag des Bevollmächtigten nichts, dass im Rahmen der anschließenden sicherheitsrechtlichen Befragung am 29. April 2016 Angaben bezüglich der Inhaftierung in Frankreich gemacht worden seien. Aus den Angaben zu Frage 12 des sicherheitsrechtlichen Standardfragebogens sei weder ersichtlich, dass diese auf einer Verurteilung beruhen, noch dass diese im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Unterstützungshandlungen zu Gunsten der den Terrorismus unterstützenden Vereinigung PKK gestanden hätten, zumal die in Frankreich erfolgte Verurteilung vom ... März 2015 durch das Tribunal Correctionnel de Paris in der vorangegangenen Frage 11 des sicherheitsrechtlichen Fragebogens nach jeweils anhängigen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren bzw. Verurteilung wegen terroristischer Handlungen, gegen die Demokratie, den Rechtsstaat, die Freiheit der Religionsausübung gerichteter Bestrebungen oder Tötungs- und Körperverletzungsdelikten in keiner Weise erwähnt worden sei. In Bezug auf die Verwirklichung des Ausweisungsgrundes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG a.F. bzw. des schwerwiegenden Ausweisungsinteresses des § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG sei überdies anzuführen, dass einer Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels lediglich Indizwirkung zukomme. Eine Rücknahme des Strafbefehls sowie Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO sei nach hiesiger Kenntnislage überhaupt nicht erfolgt. Eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sei bei der Beklagten gerade nicht eingegangen. Vielmehr sei erstmals mit Schreiben vom 22. Juli 2016 ein Strafbefehlsantrag zur Kenntnis übersandt worden. Seitens der Staatsanwaltschaft München I sei jeweils mit Schreiben vom 4. August 2016 und vom 26. September 2016 die Rücknahme der Strafbefehlsanträge unter Beifügung neuer Strafbefehlsanträge mitgeteilt worden, die bei vergleichender Betrachtung der jeweils an die Beklagte übermittelten Strafbefehlsanträge eine berichtigte Anschuldigung sowie einen berichtigten Tatvorwurf enthalten hätten. Zudem sei in vorbezeichnetem Verfahren zwischenzeitlich ein Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 anberaumt worden. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten sei der Kläger im Rahmen der Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausreichend im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG a.F. bzw. des § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben, nämlich eine mögliche Ausweisung und bzw. oder Versagung eines Aufenthaltstitels hingewiesen worden und habe dies auch mit seiner Unterschrift bestätigt. Ein Hinweis auf die Möglichkeit der Abschiebung sei nicht erforderlich. Bei einer Abschiebung handele es sich gerade nicht um eine Folge falscher oder unrichtiger Angaben, sondern vielmehr um eine Zwangsmaßnahme im Rahmen der Vollstreckung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht. Auch die vom Bevollmächtigten beanstandete fehlende Übermittelung des sicherheitsrechtlichen Standardfragebogens im Rahmen der Gewährung der Akteneinsicht gehe fehl. Auf die Nichtübermittlung des sicherheitsrechtlichen Standardfragebogens und auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in den sicherheitsrechtlichen Standardfragebogen in den Räumen der Ausländerbehörde sei ausdrücklich hingewiesen worden. Aufgrund falscher Angaben sei auch vom Vorliegen eines schwerwiegenden Ausweisungsinteresses im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt auszugehen. Ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F. sei zum Zeitpunkt der Ersterteilung der Aufenthaltserlaubnis am 18. Juni 2015 verwirklicht gewesen. Von einer Distanzierung des Klägers von der PKK könne nicht ausgegangen werden, da er sich nicht nach außen hin erkennbar distanziert habe. Das zitierte Schriftstück des Klägers vom 16. Dezember 2016 werde der Distanzierung nicht gerecht. Zum Zeitpunkt der Ersterteilung habe es einen zwingenden Versagungsgrund gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gegeben, den der Kläger erfüllt habe. Die Verfristung der Rücknahme gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 2 BayVwVfG liege nicht vor. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfülle der Kläger ebenfalls nicht.

Am 31. Januar 2017 übersandten die Prozessbevollmächtigten eine Stellungnahme des Klägers (Bl. 185 der GA).

Am ... Juli 2017 trug der Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen vor, der Kläger sei mit Urteil des Amtsgerichts München vom ... Februar 2017 vom Vorwurf des Erschleichens von Aufenthaltstiteln am 18. Juni 2015 und am 28. April 2016 freigesprochen worden (Bl. 190 ff. GA).

Die Vertreter des öffentlichen Interesses beantragen in der mündlichen Verhandlung, die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 21. November 2016, mit dem die dem Kläger am 18. Juni 2015 erteilte Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wurde (Nr. 1), der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28. April 2016 abgelehnt wurde (Nr. 2), festgestellt wurde, dass in Bezug auf den Kläger keine Zeiten vorliegen, in denen dem Kläger der Aufenthalt in Deutschland gestattet war (Nr. 3), der Kläger verpflichtet wurde, seine Fiktionsbescheinigung abzugeben (Nr. 4), er zur Ausreise bis 18. Dezember 2016 verpflichtet wurde (Nr. 5), ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise angedroht wurde (Nr. 6) und die Abschiebung nach Frankreich angedroht wurde (Nr. 7).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 21. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Zu Nr. 1 des Bescheides:

Die Rechtmäßigkeit der Nr. 1 des Bescheids, mit dem die Beklagte die befristete Aufenthaltserlaubnis des Klägers zurückgenommen hat, ist nicht wie bei der Rücknahme einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zu überprüfen, wie sie sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.2010 - 1 C 10.09 - juris Rn. 11 ff.; B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - juris Rn. 6). Denn diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Aufenthaltsrecht auch bei Entscheidungen über die Rücknahme oder den Widerruf eines unbefristeten Aufenthaltstitels beruht auf der Annahme, dass im Streit um das Fortbestehen eines Aufenthaltsrechts aus materiellrechtlichen Gründen auf einen möglichst späten Beurteilungszeitpunkt abzustellen ist, um die Berücksichtigung aktueller tatsächlicher Entwicklungen etwa im Lichte des Art. 8 EMRK oder des Art. 6 GG zu ermöglichen (BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - juris Rn. 6 m.w.N.). Liegt wie hier der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts allerdings nach dem Ablaufzeitpunkt des zurückgenommenen (befristeten) Aufenthaltstitels und können sich demgemäß nachträglich eingetretene Tatsachen auf den angegriffenen Verwaltungsakt nicht mehr auswirken, sondern Bedeutung lediglich für die Neuerteilung eines Titels oder die Verlängerung des abgelaufenen Titels haben, ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt des Ablaufs der ursprünglichen Geltungsdauer des (befristeten) Aufenthaltstitels abzustellen (BayVGH, U.v. 29. 11. 2016 - 10 B 14.2060 - juris).

Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der (ursprünglichen) Geltungsdauer des befristeten Aufenthaltstitels des Klägers am 1. Mai 2016 lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG, auf den die Beklagte den angefochtenen Bescheid zu Recht gestützt hat, vor. Auch die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden (Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO.

Gem. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), kann nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 und 4 des Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Rücknahme nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG liegen vor. Die dem Kläger am 18. Juni 2015 gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zum minderjährigen deutschen Kind (Bl. 28 BA) war von Anfang an rechtswidrig. Hieran hat sich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Fristendes am 1. Mai 2016 nichts geändert.

Der Kläger erfüllte nicht die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Nichtvorliegen eines Ausweisungsgrundes bzw. Ausweisungsinteresses).

Im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis lag ein Ausweisungsgrund bzw. zum Ablauf des Befristungszeitraums am 1. Mai 2016 ein Ausweisungsinteresse vor, da der Kläger aufgrund der Verurteilung des Tribunal Correctionel de Paris vom ... März 2015 wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und wegen vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache zu 1 Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Bl. 69 ff. BA). Damit erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung den Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er eine Vereinigung unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt; auf zurückliegende Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Im Zeitpunkt des Ablaufs des Befristungszeitraums am 1. Mai 2016 erfüllte der Kläger den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Danach liegt ein besonders schweres Ausweisungsinteresse vor, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er eine Vereinigung, die den Terrorismus, unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand.

Bei der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handelt es sich um eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - juris; VGH BW, U.v. 13.1.2016 - 11 S 889/15 - juris). Nachdem der Kläger wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung in Frankreich sogar verurteilt wurde, rechtfertigen Tatsachen die Schlussfolgerung, dass der Kläger die PKK unterstützt hat.

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels war demnach zwingend gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu versagen. Eine Ausnahme gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG konnte nicht zugelassen werden, weil sich der Kläger gegenüber den zuständigen Behörden weder offenbart noch glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat. Vielmehr hat der Kläger sowohl bei der Beantragung der Erteilung als auch der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis die Frage nach einem strafrechtlichen In-Erscheinung-Treten verneint und auch bei der Sicherheitsbefragung am 29. April 2016 seine Aktivitäten zugunsten der PKK nicht erwähnt, sondern lediglich angegeben, in Frankreich aus politischen Gründen in Haft gewesen zu sein. Von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln hat sich der Kläger weder vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis noch bis zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres zeitlichen Ablaufs am 1. Mai 2016 nach außen hin erkennbar und glaubhaft distanziert.

Darüber hinaus konnte nach § 55 Abs. 2 Nr. 1a) AufenthG a.F. ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG a.F. ausgewiesen werden bzw. lag ein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a) vor, wenn er in einem Verwaltungsverfahren im In- oder Ausland falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels gemacht hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde. Der Kläger hat am 18. Juni 2015 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt (Bl. 10 BA). Bei der unter 2. aufgeführten Frage im Formblattantrag: „Sind sie bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten oder wird derzeit wegen Verdachts auf eine Straftat gegen sie ermittelt?“ wurde „nein“ angekreuzt. Diese Angabe ist objektiv falsch, da der Kläger am ... März 2015 in Frankreich zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt wurde (siehe oben). Auf die Frage, wann die erstmalige Einreise ins Bundesgebiet stattfand, gab er an: 10.3.2015 (Bl. 10 BA). Damit erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung den Tatbestand der Ermessensausweisung gem. § 55 Abs. 2 Nr. 1a) AufenthG a.F. bzw. lag im Zeitpunkt des Fristablaufs ein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a) AufenthG vor, weil er bei Antragstellung auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die o.g. Verurteilung und den Zeitpunkt der Ersteinreise ins Bundesgebiet im Jahr 2009 (Bl. 391 BA) nicht bzw. falsch angegeben hat (Bl. 10 BA).

Diese Falschangaben muss der Kläger auch gegen sich gelten lassen. Die Einlassung, seine Ehefrau habe den Antrag ausgefüllt und der Kläger habe keine ausreichenden Deutschkenntnisse gehabt, überzeugt nicht. Der Kläger hat die Richtigkeit der Angaben mit seiner Unterschrift bestätigt (Bl. 13 BA) und muss sich diese daher zurechnen lassen. Zudem ist auch nicht nachvollziehbar, wie man aus dem Wort „bereits“ hätte darauf schließen sollen, dass nur Strafverfahren in Deutschland gemeint sein können. Das Wort „bereits“ ist in diesem Zusammenhang eindeutig so zu verstehen, dass danach gefragt wird, ob der Kläger bis jetzt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Ehefrau und der Kläger nicht an die relativ kurz zuvor stattgefundene Verurteilung gedacht haben. Der Kläger wurde auch ausreichend auf die Folgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen (Bl. 13 BA).

Zudem erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung wegen der vorgenannten strafrechtlichen Verurteilung den Tatbestand der Ermessensausweisung gem. § 55 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. AufenthG a.F bzw. lag im Zeitpunkt des Ablaufs des Befristungszeitraums ein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Danach konnte ein Ausländer ausgewiesen werden bzw. lag ein schweres Ausweisungsinteresse vor, wenn er außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist. Die vorsätzliche Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung stellt auch im Bundesgebiet eine Straftat dar, § 129a Abs. 5 StGB.

Bei der Prüfung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG reichte das Vorliegen eines abstrakten Ausweisungstatbestandes bzw. -interesses aus, ohne dass es darauf ankam, ob der Ausländer, speziell im Hinblick auf den besonderen Ausweisungsschutz, rechtsfehlerfrei ausgewiesen werden könnte (BVerwG, U.v. 16. 7. 2002 - 1 C 8.02 - juris).

Im Fall des Klägers lag auch keine Ausnahme vor, die ein Abweichen vom Regelfall rechtfertigte. Von einer solchen Ausnahme ist bei besonderen, atypischen Umständen auszugehen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen. Darüber hinaus liegt ein Ausnahmefall vor, wenn entweder aus Gründen höherrangigen Rechts wie Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels geboten ist. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerwG, U.v. 16.8.2011- 1 C 12.10 - juris). Nicht ausreichend sind Härten und Schwierigkeiten, die mit der Versagung eines Aufenthaltstitels gewöhnlich verbunden sind. Der Verlust des Lebensmittelpunktes in Deutschland, einer Arbeitsstelle oder die Unterbrechung des Zusammenlebens mit einem Familienangehörigen oder der Abbruch des Studiums sind keine Umstände, die einen atypisch gelagerten Fall darstellen (BayVGH v. 26.3.2007 - 24 CS 07-127 - juris). Dabei ist zwischen verschiedenen Regelerteilungsvoraussetzungen zu differenzieren. Je nach Gewicht der Erteilungsvoraussetzungen wird man höhere oder geringere Ansprüche an das Vorliegen besonderer Umstände, die eine Abweichung von der Regelerteilungsvoraussetzung rechtfertigen, stellen können. Steht die Regelerteilungsvoraussetzung des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen, so wird bei erheblichen Straftaten eine Ausnahme nur dann in Frage kommen, wenn die atypischen Umstände zu Gunsten des Ausländers ein solches Gewicht haben, dass sie entgegenstehende öffentliche Interessen, die in der Regelerteilungsvoraussetzung zum Ausdruck kommen, eindeutig überwiegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das AufenthG in zahlreichen Fällen bereits eine Regelung der Interessenlage in der Weise vorgenommen hat, dass nur unter bestimmten Voraussetzungen von den Regelerteilungsvoraussetzungen abzusehen ist oder nach Ermessen abgesehen werden kann. Sind die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben, so bedarf es besonderer Gesichtspunkte, um eine Ausnahme von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG zu rechtfertigen (Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, § 5, Rn. 12).

Davon ausgehend lagen weder im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis noch zum Zeitpunkt des Ablaufs des Befristungszeitraums besondere atypische Umstände vor, die unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr oder mit Blick auf die schutzwürdigen Belange des Klägers ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG hätten gebieten können.

Falsche Angaben im Rahmen der Beantragung eines Aufenthaltstitels betreffen einen Kernbereich des Aufenthaltsrechts und stellen einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen das öffentliche Interesse dar, dem ausländerrechtlich erhebliches Gewicht zukommt. Denn die Ausländerbehörden sind im Hinblick auf die große Anzahl der Verfahren und der Schwierigkeiten, gemachte Angaben zu überprüfen, auf wahrheitsgemäße Angaben angewiesen. Der Kläger hat in der Vergangenheit mehrfach falsche Angaben gemacht. Er ist wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden. Dabei handelt es sich um eine schwerwiegende gemeinschädliche strafrechtliche Verfehlung, die zum Bereich der schweren Kriminalität zählt. Diese schwerwiegende strafrechtliche Verfehlung hat der Kläger sowohl im Rahmen der Beantragung der Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als auch im Rahmen der Sicherheitsbefragung verschwiegen. Demgegenüber wiegen die durch Art. 6 GG und Art. 8 ERMK geschützten Interessen des Klägers nicht so schwer, dass das hinter § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG stehende öffentliche Interesse zurücktreten müsste.

Der Kläger kann der Rücknahme auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Aufenthaltstitels entgegenhalten, da er den Aufenthaltstitel durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren, Art. 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 BayVwVfG. Der Kläger hat im Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Frage, ob er strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, unrichtige Angaben gemacht (siehe oben). Hätte die Beklagte Kenntnis von der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers gehabt, hätte sie dem Kläger die Aufenthaltserlaubnis sicher nicht gewährt, zumindest nicht ohne weitere Ermittlungen anzustellen. Die Einlassung der Sachbearbeiterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, sie habe beim Ausfüllen der Formulare bereits Kenntnis von der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers gehabt, ändert daran nichts. Maßgeblich ist, dass der Kläger bei Antragstellung unrichtige Angaben macht. Es obliegt der Entscheidung der Beklagten - und nicht nur der zuständigen Sachbearbeiterin - welche Entscheidung anhand der im Antrag gemachten Angaben getroffen wird bzw. welche weiteren Ermittlungen anzustellen sind. Unerheblich ist auch, dass der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom ... Februar 2017 vom Vorwurf des Erschleichens eines Aufenthaltstitels freigesprochen wurde. Es besteht keine rechtliche Bindung von Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten an die tatsächlichen Feststellungen und die Beurteilung des Strafrichters, also auch nicht an ein freisprechendes Urteil (std. Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris; BayVGH, B.v. 27.12.2016 - 10 CS 16.2289 - juris). Vielmehr haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgerichte über das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes und einer hinreichenden Gefahr neuer Verfehlungen eigenständig zu entscheiden.

Die in Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG vorgesehene Jahresfrist ist vorliegend gewahrt. Mit Aktenvermerken des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 9. Februar und 15. März 2016 wurde der Ausländerbehörde bekannt, dass der Kläger in Frankreich wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verurteilt wurde. Das Ausländeramt hat im Laufe des Sommers 2016 versucht, die Umstände der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers in Frankreich zu klären. Der streitgegenständliche Bescheid vom 21. November 2016 wahrt die Jahresfrist.

Die Beklagte hat auch das ihr bei der Entscheidung über die Rücknahme zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, § 114 VwGO. Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Behörde nach ihrem Ermessen handeln darf, kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist oder ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind. Es ist nicht zu überprüfen, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre. Die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis steht nach Art. 48 BayVwVfG im Ermessen der Beklagten. Sie kann nur Bestand haben, wenn die Beklagte die öffentlichen Interessen und schutzwürdigen privaten Belange abgewogen und dabei die wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles berücksichtigt hat (BVerwG, U.v. 5.9.2006 - 1 C 20.05 - juris). Solch eine Abwägung ist auch im Fall des Erschleichens einer Aufenthaltserlaubnis durch unrichtige Angaben erforderlich (BayVGH, U.v. 11.6.2013 - 10 B 12.1493 - juris; BVerwG, U.v. 5.9.2006, a.a.O.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis des Klägers rechtmäßig. Die im Bescheid angestellten Ermessenserwägungen der Beklagten entsprechen dem Zweck der Ermächtigung und berücksichtigen die maßgeblichen Umstände hinreichend, so dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten sind. Die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis des Klägers mit Wirkung für die Vergangenheit ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil er einen Anspruch auf Erteilung eines gleichwertigen Aufenthaltstitels hätte. Ein solcher Anspruch ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 25 Abs. 5 AufenthG, da dem Kläger die Ausreise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht unmöglich ist. Der Kläger hat in Frankreich eine Aufenthaltserlaubnis, mit der er dorthin zurückreisen und sich in Frankreich aufhalten kann. Die Ehefrau des Klägers ist türkische Staatsangehörige, der es zuzumuten ist, in Frankreich zusammen mit dem Kläger im Wege des Familiennachzugs zu leben. Das Kind ist zwar deutscher Staatsangehöriger, allerdings ist ihm zuzumuten, zusammen mit seinen Eltern in einem europäischen Land (Frankreich) zu leben.

Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach tragen die Mitgliedsstaaten dafür Sorge, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann (Abs. 1). Unbeschadet des Abs. 1 können die Mitgliedsstaaten aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung die dort aufgeführten Leistungen verweigern, einschränken oder entziehen. Die Qualifikationsrichtlinie wurde durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (QRLUMSG) in nationales Recht umgesetzt, in Kraft getreten spätestens am 1. Dezember 2013. Gem. § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kann beim Familiennachzug vom Erfordernis des Nichtbestehens eines Ausweisungsgrundes bzw. eines Ausweisungsinteresses abgewichen werden. Die Behörde hat in ihrem Bescheid vom 21. November 2016 ausführlich zu der Frage Stellung genommen, ob im Rahmen des Ermessens vom Erfordernis des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes bzw. Ausweisungsinteresses abgewichen werden kann und kam zum nicht zu beanstandenden Ergebnis, dass dies nicht möglich ist (Bl. 103 GA). Weitergehendere Rechte, insb. einen Rechtsanspruch auf Absehen vom Erfordernis des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes bzw. Ausweisungsinteresses kann Art. 23 der Qualifikationsrichtlinie nicht einräumen.

Das Gericht war nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gem. § 267 AUEV herbeizuführen. Das Vorabentscheidungsverfahren dient dazu, es den nationalen Gerichten zu ermöglichen, dem EuGH Fragen bezüglich der Auslegung und Gültigkeit von Europarecht vorzulegen. Das Gericht hält die Beantwortung der vom Prozessbevollmächtigten gestellten Fragen zum Erlass des Urteils nicht für erforderlich (Art. 267 Satz 2 AUEV). Die Qualifikationsrichtlinie wurde in nationales Recht umgesetzt. In § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist der streitgegenständliche Fall erfasst, dass der Nachziehende einen Ausweisungsgrund bzw. Ausweisungsinteresse verwirklicht hat und dass im Interesse des Art. 6 GG vom Erfordernis des Nichtvorliegens eines solchen im Rahmen des Ermessens abgewichen werden kann. Weitergehendere Rechte hat der Kläger nicht; auf die Fragen des Prozessbevollmächtigten kommt es daher für die vom Gericht zu treffende Entscheidung nicht an.

Zu Nr. 2 des Bescheides:

Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3, § 27 Abs. 3 Satz 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Der Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis steht das Ausweisungsinteresse gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen.

Danach setzt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht.

Vorliegend erfüllt der Kläger den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (s.o.). Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist demnach zwingend gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu versagen. Eine Ausnahme gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann nicht zugelassen werden, weil sich der Kläger auch nach Ablauf des Befristungszeitraums gegenüber den zuständigen Behörden nicht offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat. Letzteres ergibt sich insbesondere weder aus dem Schreiben des Klägers vom … Dezember 2016 (Bl. 185 der Gerichtsakte - GA) noch aus dem vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angefertigten und vorgelegten Schreiben des Klägers vom ... September 2017. In dem Schreiben vom … Dezember 2016 erklärt der Kläger lediglich, wie es zu der Verurteilung in Frankreich gekommen ist und dass er in Frankreich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Deshalb wolle er nicht mehr in Frankreich leben, sondern wolle sich ein Leben in Ruhe und Frieden in Deutschland aufbauen. Er zahle Steuern und halte sich an deutsche Gesetze. Er versichert, er habe weder in der Türkei noch heute mit von der PKK organisierten Straftaten zu tun und dass er seine Familie liebe. Er sei es „müde“, dass ihn seine Vergangenheit immer wieder einhole. Der Kläger setzt sich mit keinem Wort mit der gegen ihn erfolgten Verurteilung wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung in Frankreich auseinander, sondern bemitleidet sich eher selbst und wünscht sich für die Zukunft Ruhe. Dabei handelt es sich nicht um eine glaubhafte, überzeugende Distanzierung von der Unterstützung der terroristischen Vereinigung. Dasselbe gilt von der in der mündlichen Verhandlung übergebenen handschriftlichen Erklärung vom ... September 2017. Der Kläger erklärt, er sei in die psychische Unterstützung der PKK „hineingeraten“, was seine eigene Beteiligung relativiert und verharmlost. Er erklärt zwar, er lehne die PKK-Ideologie ab, allerdings erfolgtet dies unter dem Druck des gerichtlichen Verfahrens, was nicht für eine zweifelsfreie, überzeugende und glaubhafte Distanzierung spricht. Im Übrigen widersprechen sich beide Schreiben darin, ob der Kläger für die PKK tätig war oder nicht. Im Schreiben vom … Dezember 2016 erklärt er, er habe nichts mit von der PKK organisierten Straftaten zu tun gehabt. In der Erklärung vom ... September 2017 erklärte er dagegen, er sei in die Unterstützung der PKK hineingeraten. Alles dies zeigt, dass sich der Kläger nicht unter Angabe von Einzelheiten zu seiner Unterstützung einer terroristischen Vereinigung von der Ideologie distanziert, sondern lediglich versucht, sich in einem positiven Licht darzustellen, um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten.

Darüber hinaus ist vorliegend ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gem. § 54 Abs. 2 Nr. 8a) AufenthG gegeben, da der Kläger in seinem Formblattantrag vom 29. April 2016 die Frage, ob er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, wieder mit „nein“ beantwortet hat (Bl. 147 BA). Daneben hat er auch wieder angegeben, erstmals im März 2015 ins Bundesgebiet eingereist zu sein. Dabei handelt es sich um falsche Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels (vgl. obige Ausführungen). Das Vorbringen des Klägers, die Ehefrau habe den Formblattantrag wieder ausgefüllt und sie habe beim Ausfüllen einen Fehler gemacht, überzeugt nicht. Der Kläger hat mit seiner Unterschrift bestätigt, dass die Angaben der Richtigkeit entsprechen, so dass er die Angaben gegen sich gelten lassen muss (Bl. 153 BA).

Daneben liegt auch ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gem. § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG vor. Danach liegt ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor, wenn ein Ausländer in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Auslandsbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde.

Der Kläger hat in der sicherheitsrechtlichen Befragung vom 29. April 2016 (Bl. 78 ff. BA) bei der Frage unter „11. Sind sie jemals verurteilt worden wegen terroristischer Handlungen? Wenn ja, wo, weshalb und zu welcher Strafe wurden Sie verurteilt?“ „nein“ angekreuzt. Diese Angabe ist falsch, da der Kläger vom Tribunal Correctionel de Paris mit Urteil vom ... März 2015 wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und wegen vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache verurteilt wurde (Bl. 69 ff. BA). Der Kläger wurde in der Sicherheitsbefragung auch auf die Folgen falscher bzw. unvollständiger Angaben hingewiesen (Bl. 80 BA). Nicht erforderlich war es, den Kläger auch auf eine mögliche Abschiebung infolge der Ausweisung hinzuweisen. Dabei handelt es sich lediglich um eine Vollstreckungsmaßnahme einer Ausweisung.

Nicht erforderlich war bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes, dass der Ausländer ermessensfehlerfrei ausgewiesen werden konnte (BVerwG v. 28. 9. 2004, NVwZ 2005, 460). Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Gesetzes zur Neuregelung des Bleiberechts deuten darauf hin, dass sich an diesem Befund nichts geändert hat. Zwar hat das neue Ausweisungsrecht den Begriff der Ausweisungstatbestände der §§ 53 ff. a.F. durch einen einheitlichen Ausweisungstatbestand des § 53 AufenthG ersetzt, in dem die bisherigen Ausweisungstatbestände nunmehr als schwerwiegend bzw. besonders schwerwiegend zu berücksichtigen sind und mit dem Bleibeinteresse des Ausländers abzuwägen sind (Hailbronner, Ausländerrecht, Mai 2017, § 5 Rn. 26). Für eine inhaltliche Änderung derart, dass die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung mittels einer umfassenden Entscheidung hypothetisch festgestellt werde müsste, um einen Regelversagungsgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG annehmen zu können, ergeben sich keine sachlichen Gründe. Vielmehr besteht unverändert ein sachlicher Grund, in der Regel Ausländern einen Aufenthaltstitel zu versagen, deren Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, weil ein Ausweisungsinteresse besteht (Hailbronner, a.a.O.). Für die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG reicht ein abstraktes Ausweisungsinteresse aus, ohne dass festgestellt werden müsste, dass im konkreten Fall eine Ausweisungsentscheidung erlassen werden könnte (BayVGH v. 16. 2. 2016, 10 ZB 14.2634 - juris). Grundsätzlich reichen hierfür alle besonders schwerwiegenden oder schwerwiegend bezeichneten Ausweisungsinteressen aus. Erforderlich ist nach Auffassung des BayVGH allerdings, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 53 AufenthG besteht (BayVGH v. 29. 8. 2016, 10 AS 16.1602 - juris). Ist die Gefahr zweifelsfrei entfallen, soll auch kein Ausweisungsinteresse mehr angenommen werden. Allerdings ist bei Verwirklichung einer der in § 54 Abs. 1 oder 2 AufenthG genannten Tatbestände bereits die Annahme einer Beeinträchtigung der in § 53 AufenthG genannten öffentlichen Interessen indiziert (Hailbronner, Aufenthaltsgesetz, § 5 Rn. 37). Für ein Entfallen der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gibt es keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat sich in Frankreich einer schweren Straftat schuldig gemacht; er hat vorsätzlich eine terroristische Vereinigung unterstützt. Nur wenige Monate danach hat der Kläger beim Ausfüllen des Formblatts für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis diese Verurteilung nicht angegeben und damit der Ausländerbehörde nicht bekannt gegeben. Der Kläger hat damit gezeigt, dass er sich nicht nur an allgemeinschädlichen schwerwiegenden terroristischen Handlungen beteiligt, sondern diese auch noch gegenüber den Behörden verschweigt, um sich ein Aufenthaltsrecht zu sichern. Zudem hat der Kläger auch im Zuge der beantragten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis seine Unterstützungshandlungen für eine terroristische Vereinigung weder im Antrag noch bei der Sicherheitsbefragung angegeben. Angesichts dessen, dass sich der Kläger nicht überzeugend von der Unterstützung der terroristischen Vereinigung distanziert hat (vgl. oben) und in der Folge gegenüber der Ausländerbehörde diesbzgl. falsche Angaben gemacht hat, ist eine Gefahr gegenwärtig noch gegeben. Alles dies zeigt, dass der Kläger seine eigene Mitwirkung an der Unterstützung der terroristischen Vereinigung bis zuletzt verschleiern wollte und keinesfalls die Umstände offengelegt hat, was ein Schritt zur Distanzierung hätte sein können.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG, da es dem Kläger sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen möglich ist, nach Frankreich auszureisen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Duldung gem. § 60a AufenthG, da es dem Kläger sowohl aus tatsächlichen als auch rechtlichen Gründen nicht unmöglich ist, nach Frankreich auszureisen.

Zu Nr. 3 des Bescheides:

Infolge der rechtmäßigen Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis und der Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat der Kläger keine rechtmäßigen Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit konnte die Behörde diese Feststellung treffen.

Zu Nr. 4 des Bescheides:

Die dem Kläger ausgestellte Fiktion verliert durch die Ablehnung des Verlängerungsantrags ihre Gültigkeit, § 81 Abs. 4 AufenthG. Um einer missbräuchlichen Verwendung vorzubeugen, hat der Kläger die Fiktionsbescheinigung zurückzugeben.

Zu Nr. 5 des Bescheides:

Der Kläger ist gem. § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, da er keinen Aufenthaltstitel mehr besitzt und auch kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass er ein Recht gem. Art. 6 oder 7 ARB 1/80 erworben hätte. Nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist die Ausreisepflicht auch vollziehbar, da die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist.

Zu Nr. 6 des Bescheides:

Rechtsgrundlage für die Androhung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots bei erheblicher Überschreitung der Ausreisefrist für die Dauer eines Jahres ist § 11 Abs. 6 AufenthG.

Zu Nr. 7 des Bescheides:

Die Abschiebungsandrohung gründet sich auf §§ 50 Abs. 3, 59 AufenthG.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 ff. VwGO i.V.m §§ 708 ff. ZPO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger ist ein am … geborener türkischer Staatsangehöriger (Bl. 10 der Behördenakte oben - BA).

Er beantragte am 18. Juni 2015 bei der Beklagten eine Aufenthaltserlaubnis und gab an, er sei in Besitz einer Erlaubnis für langfristig Aufenthaltsberechtigte, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt worden sei. Die Aufenthaltserlaubnis sei am 17. Mai 2010 ausgestellt worden und unbefristet (Bl. 10 BA). Die Frage im Formblattantrag, ob der Kläger bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, beantwortete er mit „nein“. Als erstmalige Einreise ins Bundesgebiet gab er den 10. März 2015 an (Bl. 10 BA). Als Aufenthaltszweck gab der Kläger Familiennachzug an. Die Ehefrau heiße …, geb. am … in der Türkei, sei türkische Staatsangehörige und habe eine Niederlassungserlaubnis. Das gemeinsame Kind sei in München geboren und habe die deutsche Staatsangehörigkeit (Bl. 12 BA). Der Kläger hat einen Sprachstandsnachweis von Inlingua (A 1) vorgelegt (Bl. 14 BA).

In der Akte befindet sich die Geburtsurkunde des am … in München geborenen Kindes. Der Kläger ist als Vater eingetragen, seine Frau als Mutter (Bl. 15 BA). Der Kläger legte einen französischen Reisepass und eine französische Identitätskarte vor (Bl. 16 u. 17 f. BA). Er erhielt am 18. Juni 2015 eine bis 1. Mai 2016 gültige Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG (Bl. 28 BA).

Aus einem Aktenvermerk der Beklagten vom 10. November 2015 ergibt sich, dass die Türkei um die Ausschreibung des Klägers gebeten und den Vermerk „Terrorismus“ angebracht habe (Bl. 35 BA). Die Angelegenheit sei an die Generalstaatsanwaltschaft München weitergeleitet worden. Jetzt werde eine Rückmeldung abgewartet, ob eine Ausschreibung erfolgen solle oder nicht. Dem Bundeskriminalamt lägen keine Terrorismusbezüge zum Kläger vor. Es sei lediglich eine illegale Einreise im Jahr 2009 gespeichert. Ansonsten sei der Betroffene unbelastet und würde derzeit wohl Asyl begehren (Bl. 35 BA).

Die Beklagte bat am 16. November 2015 das Bayer. Landeskriminalamt um Mitteilung, ob zum Kläger Erkenntnisse zu Extremismus bzw. Terrorismus vorlägen (Bl. 37 BA).

Die Bundespolizei … teilte am 17. November 2015 der Beklagten telefonisch mit, dass beim Bundeskriminalamt (BKA) Erkenntnisse zum Kläger vorlägen und dort abgefragt werden sollten (Bl. 41 BA).

Der Generalstaatsanwalt in München teilte dem Bayer. Staatsministerium der Justiz am 16. Dezember 2015 mit, der Kläger sei aufgrund Ersuchens der türkischen Behörden international zur Festnahme ausgeschrieben. Gegen ihn bestehe ein Haftbefehl des 10. Oberen Strafgerichts von Istanbul vom … September 2015. Dem Kläger läge Folgendes zur Last: Er sei Mitglied der bewaffneten Terrororganisation PKK/KCK gewesen. Er sei an einem Sprengstoffanschlag beteiligt gewesen. Am ... Oktober 2005 habe sich eine Explosion in der Firma … in I. in der Türkei ereignet. Aufgrund dieser Explosion sei ein Mitglied der bewaffneten Terrororganisation getötet worden. Zwei weitere seien verwundet worden. Eine Telefonkarte nebst einer Visitenkarte sei im Besitz des Verstorbenen gefunden worden. Es sei bekannt geworden, dass die Telefonnummer, die auf der Visitenkarte gestanden habe, dem Kläger gehört habe. Mittels der Telefonkarte habe das verstorbene Opfer zwei Mal mit dem Kläger telefoniert. Der Kläger sei auch verantwortlich gewesen für Auskundschaftungen, Nachrichtenbeschaffung sowie Festlegung der in I. durchgeführten Handlungen (Bl. 549 BA).

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz teilte der Beklagten am 28. Dezember 2015 im Wesentlichen mit (Bl. 44 BA): Der Kläger sei nach einem Artikel aus der PKK-nahen Zeitung … 2009 in Frankreich durch die französische Polizei festgenommen worden. Zudem habe die Polizei das Landesamt für Verfassungsschutz über die Festnahme des Klägers am 9. Dezember 2015 in München durch die Kräfte des Polizeipräsidiums M. aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls informiert. Ihm werde von türkischen Behörden die Mitgliedschaft in der PKK sowie die Beteiligung an einem Terroranschlag im Jahr 2005 in der Türkei vorgeworfen.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) teilte der Beklagten mit Schreiben vom 13. Januar 2016 mit, zum Kläger habe die Dateirecherche in der Personenzentraldatei des Bundesnachrichtendienstes keine Aktenteile ergeben (Bl. 52 BA).

Das BKA teilte am 9. Februar 2016 in einem Aktenvermerk mit, dass es darüber informiert worden sei, dass die französische Kriminalpolizei ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Unterstützung und Finanzierung der PKK führe. Er sei in diesem Zusammenhang am 2. Oktober 2009 in Marseille festgenommen worden (Bl. 284 BA). Aus einem weiteren Vermerk des BKA vom 15. März 2016 ergibt sich, dass der Kläger von der französischen Justiz im Rahmen von zwei Verfahren im Zusammenhang mit der Terrorgruppe PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) angeschuldigt und verurteilt worden sei (Bl. 286 BA). Am 15. Dezember 2010 sei der Kläger wegen seiner Beteiligung an dem am … Oktober 2008 in Marseille begangenen Anschlag, bei dem Brandsätze auf das … Konsulat geworfen worden seien, vorläufig festgenommen worden. Am 17. Dezember 2010 sei er dem Untersuchungsrichter vorgeführt und vom 17. Dezember 2010 bis zum 3. Mai 2011 sei er in Untersuchungshaft genommen worden. Im Rahmen desselben Verfahrens seien bereits drei Aktivisten der PKK angeschuldigt worden. Der Kläger sei von einem der drei Angeschuldigten der Beteiligung an dem im Oktober 2008 mittels Molotow-Cocktails begangenen Anschlags auf das … Konsulat in Marseille beschuldigt worden. Bei seinen Vernehmungen habe der Kläger angegeben, in einem der bei der Begehung des Anschlags auf das … Konsulat in Marseille benutzten Fahrzeuge Platz genommen zu haben. Der Kläger sei wie folgt verurteilt worden: Er sei am ... Dezember 2013 von der … Kammer des Strafgerichts zwar vom Tatvorwurf der Gewaltanwendung freigesprochen worden, aber zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 18 Monate mit Bewährung, verurteilt worden. Dagegen habe er Berufung eingelegt. Am ... März 2015 sei er von der … Kammer des Strafgerichts in Paris zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr ohne Bewährung und 6 Monaten mit Bewährung verurteilt worden (Bl. 287 BA).

In einem weiteren Vermerk vom 15. März 2016 teilte das BKA mit, dass gegen den Kläger folgende Erkenntnisse vorlägen, die in einem asylrechtlichen Verfahren verwendet werden könnten: Von der französischen Justiz sei der Kläger im Rahmen von zwei Verfahren im Zusammenhang mit der Terrorgruppe PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) angeschuldigt und verurteilt worden. Am 2. Februar 2009 habe die Sous-Direction Anti-Terroriste de la Direction Centrale de la Police Judiciare (SDAT) den Kläger, alias …, geb. am … in der Türkei, im Rahmen der Ermittlungen in Folge der Zerschlagung des Marseiller Zweigs der PKK, der in Fälle von Erpressung von Geldern, Gewaltanwendung und Freiheitsberaubung innerhalb der kurdischen Gemeinschaft zwecks Finanzierung der Terroraktionen der Organisation in der Türkei verwickelt gewesen sei, vorläufig festgenommen. Nach Abschluss der Ermittlungen, im Laufe derer eindeutig habe festgestellt werden können, dass er an Erpressungen von Geldern und körperlicher Gewaltanwendung zum Nachteil mehrerer türkischer Staatsangehöriger kurdischer Abstammung beteiligt gewesen sei, sei er am 6. Oktober 2009 den zuständigen Richtern vorgeführt, beschuldigt und anschließend in Haft genommen worden. Er habe sich vom 6. Oktober 2009 bis zum 20. Mai 2010 in der Haftanstalt in …FR in Untersuchungshaft befunden und sei anschließend unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Am 15. Dezember 2010 sei der Kläger wegen seiner Beteiligung an dem am … Oktober 2008 in Marseille begangenen Anschlag, bei dem Brandsätze auf das … Konsulat geworfen worden seien, vorläufig festgenommen worden. Er sei am 17. Dezember 2010 dem Untersuchungsrichter vorgeführt worden und vom 17. Dezember 2010 bis 3. Mai 2011 in Untersuchungshaft gewesen. Im Rahmen desselben Verfahrens seien bereits drei Aktivisten der PKK namens M., R. und S. S. angeschuldigt worden, die ebenfalls an den Anschlägen mittels Brandsätzen auf den türkischen Kulturverein „…“ und das … Konsulat in Marseille am … und … Oktober 2008 beteiligt gewesen seien. Der Kläger sei von einem der drei Angeschuldigten der Beteiligung an dem im Oktober 2008 mittels Molotowcocktails begangenen Anschlag auf das … Konsulat in Marseille beschuldigt worden. Diese Aktion habe im Zusammenhang mit den Vergeltungsmaßnahmen der Terrororganisation PKK für die Misshandlungen, denen A. Ö. angeblich zu dieser Zeit auf der Gefängnisinsel Imrali ausgesetzt gewesen sei, gestanden. Bei den Vernehmungen habe der Kläger zugegeben, in einem der bei der Begehung des Anschlags auf das … Konsulat in Marseille benutzten Fahrzeuge Platz genommen zu haben. Er habe seine Beteiligung auf die Rolle eines einfachen Beobachters heruntergespielt und erklärt, dass er im Übrigen die Personen nicht kenne, die ihn begleitet und die Molotow-Cocktails geworfen hätten. Am ... Dezember 2013 sei der Kläger von der … Kammer des Strafgerichts in Paris zwar vom Vorwurf der Gewaltanwendung freigesprochen, aber zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 18 Monaten mit Bewährung (Bewährungszeit: 2 Jahre; Freispruch vom Tatvorwurf der Gewaltanwendung aufgrund der Überschneidung mit den Tatbestandsmerkmalen der Erpressung) verurteilt worden. Gegen das Urteil habe er Berufung eingelegt. Am ... März 2015 sei er von der … Kammer des Strafgerichts in Paris zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr ohne Bewährung und 6 Monaten mit Bewährung verurteilt worden. Da er die Haftstrafe bereits im Zuge seiner Untersuchungshaft verbüßt habe, sei er nach seiner Verurteilung nicht in Haft gekommen (Bl. 65 BA).

Der Auszug aus dem Zentralregister vom 22. März 2010 enthält für den Kläger keine Eintragung (Bl. 68 BA). Die Mitteilung aus dem französischen Strafregister vom 24. März 2016 ergibt, dass der Kläger am ... März 2015 vom Tribunal Correctionnel de Paris wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung, letzte Tat am … Oktober 2008, wegen vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt wurde (Bl. 69 ff. BA).

Am 28. April 2016 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Sein französischer Flüchtlingspass (anerkannter Asylbewerber) befinde sich zur Zeit beim OLG München, so dass er ihn nicht vorlegen könne (Bl. 146 BA). Im Formblattantrag am 29. April 2016 erklärte der Kläger wieder, er sei im März 2015 erstmals ins Bundesgebiet eingereist und sei nicht bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten (Bl. 147 BA).

Der Kläger erhielt am 28. April 2016 eine Fiktion gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG (Bl. 132 BA), die am 26. Juli 2016 verlängert (Bl. 136 BA) wurde, eine weitere Verlängerung erfolgte am 25. Oktober 2016 (Bl. 138 BA) und am 8. November 2016 (Bl. 143 BA).

In der Akte befindet sich eine Abrechnung der Brutto/Nettobezüge vom März/April 2016, wonach der Kläger in der … in … beschäftigt sei (Bl. 177 BA).

Am 29. April 2016 führte die Beklagte eine sicherheitsrechtliche Befragung des Klägers durch (Bl. 78 ff. BA). Er führte darin aus, er sei Angehöriger der HADEP, DEHAP 2000 bis 2004 gewesen, einer legalen politischen Partei. Er sei dort verantwortlich für Jugendliche gewesen (Bl. 84 BA). Er erklärte, er sei im Jahr 2002 in I. am … angeschossen worden. Er sei in der Türkei von 2005 bis 2008 vom türkischen Staat verfolgt worden, dies „laufe noch bis heute“. Auf die Frage, ob gegen ihn jemals ermittelt wurde oder ob ein gerichtliches Verfahren gegen ihn anhängig war, erklärte er, „ja, wegen terroristischer Handlungen in der Türkei wegen Mitgliedschaft in HADEP, DEHAP, was legale politische Parteien waren“. Die Tat sei aus politischen Motiven verübt worden (Bl. 87 BA). In Frankreich sei er von 2009 bis 2011 in Haft gewesen, „politisch“. In Deutschland sei er von November 2015 bis Februar 2016 wegen eines Auslieferungsverfahrens in Haft gewesen (Bl. 88 BA).

Die Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 18. Mai 2016 zur weiteren Bearbeitung des Antrags zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis die Urteile der … Kammer des Strafgerichts Paris vom ... Dezember 2013 und ... März 2015 vorzulegen. Des Weiteren sei der zuletzt vorgelegte Reiseausweis für Flüchtlinge durch die Prefecture du Val de Marne in Frankreich nur noch bis 1. Mai 2016 gültig gewesen. Er solle sich deshalb an französische Behörden wenden (Bl. 180 BA).

Die Ehefrau des Klägers teilte am … Mai 2016 mit, die angeforderten Strafurteile aus Frankreich müssten an sie übermittelt werden; zu diesem Zweck sei bereits Kontakt zu einem französischen Rechtsanwalt aufgenommen worden (Bl. 181 BA). Das Bayer. Landeskriminalamt übersandte am 17. Mai 2016 eine Auskunft gem. § 73 Abs. 2, 3 AufenthG (Bl. 182 ff. BA).

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 20. Mai 2016 dem Polizeipräsidium M. mit, der Kläger habe bei der Ausländerbehörde am 18. Juni 2015 unter Vorlage eines ausgefüllten Formblattantrags durch die Ehefrau die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt. Er habe sie mit der Gültigkeit bis 1. Mai 2016 erhalten. Am 28. April 2016 habe er einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gestellt und habe wieder den ausgefüllten Formblattantrag vorgelegt. Der Verlängerungsantrag werde derzeit noch überprüft. Im Rahmen des Verfahrens auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sei am 29. April 2016 eine sicherheitsrechtliche Befragung mittels Standardfragebogen durchgeführt worden, in deren Verlauf der Kläger Angaben u.a. zu gegen ihn geführten strafrechtliche Ermittlungen und Verurteilungen im sicherheitsrechtlichen Kontext gemacht habe. Die jeweiligen Angaben in den Formblattanträgen vom 18. Juni 2015 und 28./29. April 2016 stünden jedoch im Widerspruch zu der Mitteilung aus dem französischen Strafregister vom 24. März 2016, wonach der Kläger mit Urteil vom ... März 2015, rechtskräftig seit 25. März 2015, in Frankreich wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden sei. In diesem Zusammenhang sei mit Vermerken des BKA vom 9. Februar 2016 und 15. März 2016 die der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalte und Umstände mitgeteilt worden. Weder das in der Mitteilung aus dem französischen Strafregisterauszug vom 24. März 2016 aufgeführte Urteil noch die vom BKA in den Vermerken vom 9. Februar 2016 und vom 15. März 2016 in Bezug genommenen Urteile lägen derzeit vor (Bl. 244 ff. BA).

Aus einem Aktenvermerk der Beklagten vom 25. Juli 2016 (Bl. 188 BA) ergibt sich, dass die Ehefrau des Klägers mitgeteilt hat, dass der Kläger einen neuen Ausweis ab 10. August 2016 in Frankreich abholen könne und hierfür eine neue Fiktion benötige (sei nur bis 1. 8. 2016 gültig). Die angeforderten französischen Urteile würden auch unter Zuziehung eines französischen Rechtsbeistands nicht durch die französischen Behörden übermittelt werden, Gründe hierfür konnte die Ehefrau nicht mitteilen. Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 bat die Beklagte den Kläger, die französischen Urteile vorzulegen (Bl. 189 BA).

In der Akte befinden sich Lohnabrechnungen für April 2016 (Bl. 193 BA), Juni 2016 (Bl. 194 BA) und Mai 2016 (Bl. 195 BA).

Aus einem Aktenvermerk vom 28. Juli 2016 ist wieder ersichtlich, dass die Ehefrau mitgeteilt habe, dass die angeforderten französischen Entscheidungen nicht beigebracht werden könnten (Bl. 198 BA).

Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 bat die Beklagte die Generalstaatsanwaltschaft München um Zusendung der Unterlagen, die im Auslieferungsverfahren erstellt wurden (Bl. 199 BA). Die Generalstaatsanwaltschaft München übersandte am 4. August 2016 den Sonderband in Sachen des Klägers zur Akteneinsicht (Bl. 203 BA). Vorgelegt wurden der Erstantrag (Bl. 204 ff. BA), die Antragsbegründung (Bl. 207 ff. BA), eine Liste der Dokumente (Bl. 213 BA), eine Zusammenfassung des Sachverhalts und ein Nachweis des Sachverhalts (Bl. 214 ff. BA); der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersandte am 6. Mai 2016 die französische Asylakte des Klägers in Kopie, so wie er sie aus Frankreich vom Rechtsanwalt erhalten habe. Der Kläger bemühe sich um die Verlängerung seines deutschen Aufenthaltstitels und damit zusammenhängend seines französischen Passes (Bl. 74 BA).

Am … August 2016 teilte die Ehefrau telefonisch mit, dass der Kläger am Vortag in Frankreich gewesen sei, um seinen Reiseausweis abzuholen. Leider sei von dort kein Reiseausweis ausgehändigt worden. Die französischen Behörden hätten darauf hingewiesen, dass der Ausweis noch nicht fertig sei. Sie hätten daher für den … August 2016 einen Flug gebucht, um die Sache zu klären (Bl. 233 BA). Am 30. August 2016 hat die Ehefrau nachgefragt, wann der Ehemann erneut vorsprechen solle. Er habe nach wie vor keinen Ausweis (Bl. 234 BA).

In der Akte befindet sich der Auszug aus dem französischen Strafregister, wonach der Kläger zu 1 Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Bl. 280 BA).

Aus einem Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge - BAMF - vom 15. September 2016 ergibt sich, dass der Kläger in Frankreich als Flüchtling anerkannt worden sei und dass er am 17. Mai 2010 eine 10 Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis erhalten habe (bis 16. 5. 2020). Gleichzeitig sei er Inhaber eines französischen Reiseausweises für Flüchtlinge (gültig bis 1. 5. 2016). Der Kläger sei im April 2014 bei den französischen Behörden für die Verlängerung des Reiseausweises vorstellig geworden (Bl. 239 BA).

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 23. September 2016 zur Zurücknahme der am 18. Juni 2015 erteilten Aufenthaltserlaubnis und zur Ablehnung des Verlängerungsantrags an (Bl. 370 ff. BA).

Das Bayer. Landesamt für Verfassungsschutz teilte am 28. September 2016 mit, der Kläger habe einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gestellt. In der Sicherheitsbefragung habe er unter anderem über eine Funktionärstätigkeit für die in Europa nicht inkriminierte HADEP, über Ermittlungen in der Türkei wegen seiner Tätigkeit für die HADEP und über Gefängnisaufenthalte in Frankreich und Deutschland gemacht. Zu Tätigkeiten für die PKK habe er dagegen keine Angaben gemacht. Dem Landesamt für Verfassungsschutz lägen keine Erkenntnisse vor, von besonderem Gewicht erscheine seine Inhaftierung in Frankreich wegen Gelderpressung zugunsten der PKK. Auf den Vermerk des BKA vom 15. März 2016 werde Bezug genommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz machte weiterhin Ausführungen zur HADEP. Es erhebe Sicherheitsbedenken gegen den Aufenthalt des Klägers in Deutschland, zumal er einen französischen Aufenthaltstitel besitze (Bl. 128 ff. BA).

Das Bundespolizeipräsidium teilte der Beklagten mit Schreiben vom 20. Oktober 2016 mit, der Wiedereinreise des Klägers werde von den französischen Behörden nicht zugestimmt, weil er eine deutsche Aufenthaltserlaubnis habe. Diese sei bis 1. Mai 2016 gültig gewesen. Seitdem besitze er eine Fiktionsbescheinigung (Bl. 379 BA).

Der Prozessbevollmächtigte nahm mit Schreiben vom … Oktober 2016 im Rahmen des Anhörungsverfahrens im Wesentlichen wie folgt Stellung: Der Kläger habe sich zu keinem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland strafbar gemacht. Der Strafbefehl vom … August 2016 sei von der Staatsanwaltschaft zurückgenommen worden. Der Vorwurf des Erschleichens eines Aufenthaltstitels sei unbegründet. Der Kläger habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Haftstrafe in Frankreich verheimlicht. Die Auslieferung des Klägers aufgrund eines Auslieferungsgesuchs der Türkei sei mit Beschluss vom … Juni 2010 durch das OLG München für unzulässig erklärt worden. Eine Ausweisung des Klägers sei nicht möglich. Der Kläger lebe in ehelicher Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau und sei Vater eines gemeinsamen Kindes. Ein besonders schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG sei nicht gegeben. Auch liege kein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG vor. Ebenso wenig bestehe ein schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG und auch nicht nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Der Kläger habe ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse.

In der Akte befinden sich zwei Lohnabrechnungen für September und Oktober 2016, wonach der Kläger im Monat 1.203,- EUR brutto ausgezahlt erhalte (Bl. 438 - 439 BA).

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 21. November 2016 die dem Kläger am 18. Juni 2015 erteilte Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Nr. 1), den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28. April 2016 abgelehnt (Nr. 2), festgestellt, dass in Bezug auf den Kläger keine Zeiten vorlägen, in denen ihm der Aufenthalt in Deutschland erlaubt gewesen sei (Nr. 3), und den Kläger aufgefordert, die mit Gültigkeit bis 25. November 2016 ausgestellte Fiktionsbescheinigung unverzüglich abzugeben (Nr. 4). Der Kläger habe das Bundesgebiet bis 18. Dezember 2016 zu verlassen (Nr. 5). Sollte der Kläger die Ausreisefrist schuldhaft und erheblich überschreiten, könne ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu 1 Jahr für die Bundesrepublik Deutschland angeordnet werden (Nr. 6). Sollte er nicht fristgerecht ausreisen, werde der Kläger mit Zustimmung Frankreichs zu seiner Rückübernahme nach Frankreich abgeschoben (Nr. 7; Bl. 444 ff. BA).

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 18. Juni 2015 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Kläger diese durch die im Sachverhalt dargestellten unrichtigen Angaben im Rahmen der damaligen Antragstellung erreicht habe. Er habe die Beklagte bei Antragstellung am 18. Juni 2015 durch die unrichtigen Angaben wissentlich über entscheidungserhebliche Tatsachen getäuscht. Bei Angabe des Strafurteils des Tribunal Correctionnel de Paris vom ... März 2015 wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und Beschädigung oder Zerstörung einer Sache wären durch die Beklagte bereits damals Ermittlungen zu den dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalten angestellt worden. Bei Kenntnis der insoweit bereits zum damaligen Zeitpunkt der Erteilung bestehenden tatsächlichen Sachlage dahingehend, dass der Kläger in Bezug auf die strafrechtlichen Ermittlungen der französischen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie das Strafurteil des Tribunal Correctionnel de Paris vom ... März 2015 strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und das insbesondere im Zusammenhang mit der PKK, einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung, wäre dem Kläger die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt worden. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung über seinen damaligen Antrag auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hätten aufgrund der Falschangaben sowie den vom Kläger begangenen, der Verurteilung durch das Tribunal Correctionnel de Paris vom ... März 2015 zugrundeliegenden Handlungen als solche, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftaten anzusehen seien, Ausweisungsgründe nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 a und 2 AufenthG a.F. bestanden, die der Erteilung mangels Vorliegens der erforderlichen allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegengestanden hätten. Überdies wäre dem Kläger gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG a.F. die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sogar zwingend zu versagen gewesen, da er durch die im Sachverhalt beschriebenen Unterstützungshandlungen zugunsten der PKK als den Terrorismus unterstützender Vereinigung im Zusammenspiel mit einer bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgten diesbezüglichen Offenbarung und Distanzierung hiervon im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährde und hierdurch einen Ausweisungsgrund im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. verwirkliche. Im Zeitpunkt der Titelerteilung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG habe vom Erfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. nicht abgewichen werden können. Es habe ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. vorgelegen. Nach dem Aufenthaltsgesetz a.F. habe es keine anderen Erteilungsgründe gegeben. Insbesondere habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts nach dem ARB 1/80 gehabt. Der Kläger habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Aufenthaltserlaubnis. Die Behörde habe deshalb ein Rücknahmeermessen nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG. Dieses werde dadurch ausgeübt, dass die privaten Interessen gegen die öffentlichen Interessen des Klägers abgewogen werden. Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis scheitere an der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Es liege ein Regelausschlussgrund vor, und zwar das Bestehen von Ausweisungsinteressen gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 7, 8 a und 9 AufenthG. Ein Abweichen vom Regelfall des § 5 Abs. 1 AufenthG sei nicht veranlasst, auch kein Absehen vom Erfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Es liege ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus anderen Erwägungen, auch nicht aus dem ARB 1/80, einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Der o.g. Bescheid wurde dem Kläger über die Prozessbevollmächtigten am 23. November 2016 zugestellt (Bl. 499 BA).

Der Kläger sprach am 22. November 2016 vor und bat um Verlängerung der Fiktionsbescheinigung, die ihm bis 25. November 2016 ausgestellt wurde (Bl. 494 BA). Am 25. November 2016 erhielt der Kläger eine Grenzübertrittsbescheinigung (Bl. 495 BA).

Am … Dezember 2016 hat der Bevollmächtigte des Klägers beim Bayer. Verwaltungsgericht München Klage erhoben. Er beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2016 aufzuheben, festzustellen, dass der Aufenthalt des Klägers erlaubt gewesen ist, die Beklagte zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern, hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen, hilfsweise eine Duldung zu erteilen, hilfsweise die Anträge des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Der Prozessbevollmächtigte führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Kläger sei türkischer Staatsangehöriger. Er sei im Mai 2008 nach Frankreich eingereist und habe dort am 16. Juni 2008 einen Asylantrag gestellt. Mit Bescheid vom 31. August 2009 sei dem Kläger der Status eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskommission - GFK zuerkannt worden. Dieser sei ihm aufgrund seiner Verfolgung in der Türkei wegen seiner politischen Aktivität zugesprochen worden. Er sei zunächst Mitglied der HADEP, anschließend der DEHAP und letztlich … des Jugendablegers der DTP gewesen. Dabei handele es sich um legale Kurden-Parteien. Der Kläger habe sich erstmals am 9. Januar 2009 in Deutschland aufgehalten, um die jetzige Ehefrau zu besuchen. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt im Asylverfahren befunden. Das deshalb durchgeführte Ermittlungsverfahren sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Eine weitere Einreise sei am 1. Februar 2013 erfolgt, um die jetzige Ehefrau zu besuchen. Zu diesem Zeitpunkt habe er bereits eine französische Aufenthaltserlaubnis und einen gültigen GFK-Pass besessen, so dass er zu Reisen im Schengener Raum befugt gewesen sei. Der Kläger sei mit Urteil vom ... März 2015 von der … Kammer des französischen Strafgerichts zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, welche zu 6 Monaten auf Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden. Der Kläger sei vom Tatvorwurf der Gewaltanwendung freigesprochen worden. Sämtliche anderen Tatvorwürfe seien fallengelassen worden. Nach seiner Verurteilung habe er nicht mehr in Haft gehen müssen, da er die Haftstrafe im Wege der Untersuchungshaft verbüßt habe. Der Kläger habe sich ausdrücklich gegen die Gewaltanwendung der PKK ausgesprochen und sich von jeglichen Aktivitäten distanziert. Die aktuelle französische Aufenthaltserlaubnis sei noch bis 16. Mai 2020 gültig. Der GFK-Pass sei bis 1. Mai 2016 gültig gewesen und sei durch die französischen Behörden erneut verlängert worden. Der zuständige Sachbearbeiter des französischen Innenministeriums habe mit Schreiben vom 20. Januar 2016 auf Anfrage des BAMF hinsichtlich evtl. negativer Änderungen im Ausländerregister mitgeteilt, dass keine weiteren Einträge im Ausländerregister hinsichtlich des Klägers vorlägen. Dies sei auch der Grund für die Verlängerung des GFK-Passes gewesen. Im März 2015 sei der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und habe am … Juni 2015 erstmals einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug gestellt. Am … sei der gemeinsame Sohn in München geboren, der die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten habe. Seit dem Jahr 2010 sei der Kläger mit seiner Ehefrau, einer türkischen Staatsangehörigen, verheiratet. Die Ehefrau habe am 18. Juni 2015 für den Kläger das Formular ausgefüllt und habe es ihn unterschreiben lassen. Dies sei auch an der Handschrift im Antragsformular zu erkennen. Der Kläger, dessen Deutschkenntnisse zu diesem Zeitpunkt noch äußerst gering gewesen seien, habe darauf vertraut, dass seine Ehefrau sämtliche Fragen korrekt beantworte. Die fehlerhafte Beantwortung der entsprechenden Frage unter Teil 2 hinsichtlich Vorstrafen habe allein im Verantwortungsbereich der Ehefrau gestanden und könne dem Kläger nicht zugerechnet werden. Die Ehefrau habe schlicht aufgrund eines Missverständnisses an der falschen Stelle ein Kreuz gesetzt. Sie habe aufgrund des Wortes „bereits“ angenommen, es seien nur gegenwärtige Verfahren in Deutschland gemeint und habe daher „Nein“ angekreuzt (Bl. 8 BA). Dass es sich bei der fehlerhaften Beantwortung um ein Missverständnis gehandelt habe, lasse sich auch an der erneuten fehlerhaften Beantwortung bei Stellung des Verlängerungsantrags am 28. April 2016 erkennen, da sie hier wieder bei Vorstrafen „Nein“ angekreuzt habe, der Kläger jedoch gerade wahrheitsgemäß im Rahmen der anschließenden sicherheitsrechtlichen Befragung die Haftstrafe in Frankreich angegeben habe. Der aufgrund dessen ergangene Strafbefehl wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels sei von der Staatsanwaltschaft München I im richterlichen Auftrag am 20. September 2016 zurückgenommen worden. Am 28. April 2016 habe der Kläger zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der Beklagten vorgesprochen. Die Ehefrau habe den Fragenbogen bei der Frage nach Voraufenthalten dahingehend verstanden, ob ein Aufenthalt des Klägers von länger als 3 Monaten und der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis in der Vergangenheit gegeben gewesen sei. Ein solcher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland sei jedoch nie der Fall gewesen. Deshalb habe sie die Frage verneint. Das Ende 2015 gegen den Kläger gerichtete Auslieferungsgesuch der türkischen Behörden sei mit Beschluss vom … Juni 2016 durch das OLG München für unzulässig erklärt worden. Der Kläger sei daraufhin nicht an die türkischen Behörden ausgeliefert worden. Auf mehrfache Anfrage der Beklagten habe das Kriminalfachdezernat ... M. mit Schreiben vom 7. Januar 2016 und 19. Januar 2016 mitgeteilt, dass aufgrund des dem Auslieferungshaftbefehl zugrundliegenden Sachverhalts weder im Kriminalfachdezernat ... noch beim Bayer. Landeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei (Bl. 46 und 57 BA). Die Beklagte habe erstmals am 10. November 2015 Kenntnis hinsichtlich des vermeintlichen Bezugs des Klägers zu terroristischen Aktivitäten erfahren. Mit Anruf des Polizeipräsidiums am 7./10. November 2016 sei bestätigt worden, dass entsprechende Erkenntnisse gegen den Kläger vorlägen. Die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG sei rechtswidrig, da die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis rechtmäßig gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt habe kein Ausweisungsgrund bestanden. Ebenso sei kein zwingender Ausweisungsgrund nach § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG gegeben gewesen. Vom Regelfall des § 5 Abs. 1 AufenthG a.F. könne nach § 5 Abs. 3 AufenthG a.F. abgewichen werden. Zum Zeitpunkt der Ersterteilung des Aufenthaltstitels habe gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. eine Ausnahme vom Regelfall des § 5 Abs. 1 AufenthG a.F. bestanden. Der von der Ausländerbehörde als einschlägig gesehene § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. liege gerade nicht vor. Eine Wiederholungsgefahr und ein schwerer Ausweisungsgrund seien im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben, weil der Kläger erkennbar und glaubhaft von einem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen habe (Bl. 16 ff. der GA). Der Kläger habe zudem hilfsweise einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Er habe auch Anspruch auf Erteilung einer Duldung.

Die Regierung von O. beteiligte sich mit Schreiben vom 5. Januar 2017 als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Soweit der Bevollmächtigte geltend mache, die falschen Angaben lägen im Verantwortungsbereich der Ehefrau, könne dies nicht zu der Annahme führen, dass kein Ausweisungsgrund im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG a.F. im Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorgelegen habe bzw. dass kein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt vorliege. Ebenso wenig verhelfe die Einlassung des Bevollmächtigten des Klägers dahingehend, dass die Ehefrau des Klägers schlicht aufgrund eines Missverständnisses an der falschen Stelle ein Kreuz gesetzt habe, da sie davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Frage im Antragsformular „Sind Sie bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten oder wird derzeit wegen Verdachts auf eine Straftat gegen Sie ermittelt?“ um die Frage nach laufenden Verfahren in Deutschland handele, zu einem gegenteiligen Schluss. Diese Einlassung erscheine unter Berücksichtigung der alternativen Formulierung der Frage (oder), der Anordnung der für die Beantwortung mittels Kreuz vorgesehenen Felder sowie des vorgegebenen Inhalts der möglichen Antworten unglaubwürdig. Im Übrigen seien die falschen Angaben dem Kläger zurechenbar, da der Kläger jeweils durch seine Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben bestätigt habe. Es sei vielmehr anzunehmen, dass die falschen Angaben am 18. Juni 2015 und am 29. April 2016 in den Antragsformularen in der Annahme gemacht worden seien, dass durch die positive Darstellung bezüglich der angegebenen Freiheit von strafrechtlichen Verurteilungen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - wie damals zunächst geschehen - erreicht werde. Dabei spreche nichts für ein Missverständnis, sondern vielmehr dafür, dass die Falschangaben übereinstimmend mit den Angaben vom 18. Juni 2015 gemacht worden seien, um keine Anhaltspunkte für eine Überprüfung der Ersterteilung zu geben und so keinen Verdacht von Falschangaben zu erwecken, zumal die falschen Angaben bereits im Rahmen der Ersterteilung den beabsichtigten Zweck - die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - verwirklicht hätten. An dieser Annahme ändere auch der Vortrag des Bevollmächtigten nichts, dass im Rahmen der anschließenden sicherheitsrechtlichen Befragung am 29. April 2016 Angaben bezüglich der Inhaftierung in Frankreich gemacht worden seien. Aus den Angaben zu Frage 12 des sicherheitsrechtlichen Standardfragebogens sei weder ersichtlich, dass diese auf einer Verurteilung beruhen, noch dass diese im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Unterstützungshandlungen zu Gunsten der den Terrorismus unterstützenden Vereinigung PKK gestanden hätten, zumal die in Frankreich erfolgte Verurteilung vom ... März 2015 durch das Tribunal Correctionnel de Paris in der vorangegangenen Frage 11 des sicherheitsrechtlichen Fragebogens nach jeweils anhängigen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren bzw. Verurteilung wegen terroristischer Handlungen, gegen die Demokratie, den Rechtsstaat, die Freiheit der Religionsausübung gerichteter Bestrebungen oder Tötungs- und Körperverletzungsdelikten in keiner Weise erwähnt worden sei. In Bezug auf die Verwirklichung des Ausweisungsgrundes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG a.F. bzw. des schwerwiegenden Ausweisungsinteresses des § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG sei überdies anzuführen, dass einer Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels lediglich Indizwirkung zukomme. Eine Rücknahme des Strafbefehls sowie Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO sei nach hiesiger Kenntnislage überhaupt nicht erfolgt. Eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sei bei der Beklagten gerade nicht eingegangen. Vielmehr sei erstmals mit Schreiben vom 22. Juli 2016 ein Strafbefehlsantrag zur Kenntnis übersandt worden. Seitens der Staatsanwaltschaft München I sei jeweils mit Schreiben vom 4. August 2016 und vom 26. September 2016 die Rücknahme der Strafbefehlsanträge unter Beifügung neuer Strafbefehlsanträge mitgeteilt worden, die bei vergleichender Betrachtung der jeweils an die Beklagte übermittelten Strafbefehlsanträge eine berichtigte Anschuldigung sowie einen berichtigten Tatvorwurf enthalten hätten. Zudem sei in vorbezeichnetem Verfahren zwischenzeitlich ein Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 anberaumt worden. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten sei der Kläger im Rahmen der Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausreichend im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 1 a AufenthG a.F. bzw. des § 54 Abs. 2 Nr. 8 a AufenthG über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben, nämlich eine mögliche Ausweisung und bzw. oder Versagung eines Aufenthaltstitels hingewiesen worden und habe dies auch mit seiner Unterschrift bestätigt. Ein Hinweis auf die Möglichkeit der Abschiebung sei nicht erforderlich. Bei einer Abschiebung handele es sich gerade nicht um eine Folge falscher oder unrichtiger Angaben, sondern vielmehr um eine Zwangsmaßnahme im Rahmen der Vollstreckung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht. Auch die vom Bevollmächtigten beanstandete fehlende Übermittelung des sicherheitsrechtlichen Standardfragebogens im Rahmen der Gewährung der Akteneinsicht gehe fehl. Auf die Nichtübermittlung des sicherheitsrechtlichen Standardfragebogens und auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in den sicherheitsrechtlichen Standardfragebogen in den Räumen der Ausländerbehörde sei ausdrücklich hingewiesen worden. Aufgrund falscher Angaben sei auch vom Vorliegen eines schwerwiegenden Ausweisungsinteresses im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt auszugehen. Ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F. sei zum Zeitpunkt der Ersterteilung der Aufenthaltserlaubnis am 18. Juni 2015 verwirklicht gewesen. Von einer Distanzierung des Klägers von der PKK könne nicht ausgegangen werden, da er sich nicht nach außen hin erkennbar distanziert habe. Das zitierte Schriftstück des Klägers vom 16. Dezember 2016 werde der Distanzierung nicht gerecht. Zum Zeitpunkt der Ersterteilung habe es einen zwingenden Versagungsgrund gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gegeben, den der Kläger erfüllt habe. Die Verfristung der Rücknahme gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 2 BayVwVfG liege nicht vor. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfülle der Kläger ebenfalls nicht.

Am 31. Januar 2017 übersandten die Prozessbevollmächtigten eine Stellungnahme des Klägers (Bl. 185 der GA).

Am ... Juli 2017 trug der Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen vor, der Kläger sei mit Urteil des Amtsgerichts München vom ... Februar 2017 vom Vorwurf des Erschleichens von Aufenthaltstiteln am 18. Juni 2015 und am 28. April 2016 freigesprochen worden (Bl. 190 ff. GA).

Die Vertreter des öffentlichen Interesses beantragen in der mündlichen Verhandlung, die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 21. November 2016, mit dem die dem Kläger am 18. Juni 2015 erteilte Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wurde (Nr. 1), der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28. April 2016 abgelehnt wurde (Nr. 2), festgestellt wurde, dass in Bezug auf den Kläger keine Zeiten vorliegen, in denen dem Kläger der Aufenthalt in Deutschland gestattet war (Nr. 3), der Kläger verpflichtet wurde, seine Fiktionsbescheinigung abzugeben (Nr. 4), er zur Ausreise bis 18. Dezember 2016 verpflichtet wurde (Nr. 5), ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise angedroht wurde (Nr. 6) und die Abschiebung nach Frankreich angedroht wurde (Nr. 7).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 21. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Zu Nr. 1 des Bescheides:

Die Rechtmäßigkeit der Nr. 1 des Bescheids, mit dem die Beklagte die befristete Aufenthaltserlaubnis des Klägers zurückgenommen hat, ist nicht wie bei der Rücknahme einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zu überprüfen, wie sie sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.2010 - 1 C 10.09 - juris Rn. 11 ff.; B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - juris Rn. 6). Denn diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Aufenthaltsrecht auch bei Entscheidungen über die Rücknahme oder den Widerruf eines unbefristeten Aufenthaltstitels beruht auf der Annahme, dass im Streit um das Fortbestehen eines Aufenthaltsrechts aus materiellrechtlichen Gründen auf einen möglichst späten Beurteilungszeitpunkt abzustellen ist, um die Berücksichtigung aktueller tatsächlicher Entwicklungen etwa im Lichte des Art. 8 EMRK oder des Art. 6 GG zu ermöglichen (BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - juris Rn. 6 m.w.N.). Liegt wie hier der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts allerdings nach dem Ablaufzeitpunkt des zurückgenommenen (befristeten) Aufenthaltstitels und können sich demgemäß nachträglich eingetretene Tatsachen auf den angegriffenen Verwaltungsakt nicht mehr auswirken, sondern Bedeutung lediglich für die Neuerteilung eines Titels oder die Verlängerung des abgelaufenen Titels haben, ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt des Ablaufs der ursprünglichen Geltungsdauer des (befristeten) Aufenthaltstitels abzustellen (BayVGH, U.v. 29. 11. 2016 - 10 B 14.2060 - juris).

Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der (ursprünglichen) Geltungsdauer des befristeten Aufenthaltstitels des Klägers am 1. Mai 2016 lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG, auf den die Beklagte den angefochtenen Bescheid zu Recht gestützt hat, vor. Auch die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden (Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO.

Gem. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), kann nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 und 4 des Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Rücknahme nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG liegen vor. Die dem Kläger am 18. Juni 2015 gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zum minderjährigen deutschen Kind (Bl. 28 BA) war von Anfang an rechtswidrig. Hieran hat sich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Fristendes am 1. Mai 2016 nichts geändert.

Der Kläger erfüllte nicht die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Nichtvorliegen eines Ausweisungsgrundes bzw. Ausweisungsinteresses).

Im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis lag ein Ausweisungsgrund bzw. zum Ablauf des Befristungszeitraums am 1. Mai 2016 ein Ausweisungsinteresse vor, da der Kläger aufgrund der Verurteilung des Tribunal Correctionel de Paris vom ... März 2015 wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und wegen vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache zu 1 Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Bl. 69 ff. BA). Damit erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung den Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er eine Vereinigung unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt; auf zurückliegende Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Im Zeitpunkt des Ablaufs des Befristungszeitraums am 1. Mai 2016 erfüllte der Kläger den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Danach liegt ein besonders schweres Ausweisungsinteresse vor, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er eine Vereinigung, die den Terrorismus, unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand.

Bei der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handelt es sich um eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - juris; VGH BW, U.v. 13.1.2016 - 11 S 889/15 - juris). Nachdem der Kläger wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung in Frankreich sogar verurteilt wurde, rechtfertigen Tatsachen die Schlussfolgerung, dass der Kläger die PKK unterstützt hat.

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels war demnach zwingend gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu versagen. Eine Ausnahme gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG konnte nicht zugelassen werden, weil sich der Kläger gegenüber den zuständigen Behörden weder offenbart noch glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat. Vielmehr hat der Kläger sowohl bei der Beantragung der Erteilung als auch der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis die Frage nach einem strafrechtlichen In-Erscheinung-Treten verneint und auch bei der Sicherheitsbefragung am 29. April 2016 seine Aktivitäten zugunsten der PKK nicht erwähnt, sondern lediglich angegeben, in Frankreich aus politischen Gründen in Haft gewesen zu sein. Von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln hat sich der Kläger weder vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis noch bis zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres zeitlichen Ablaufs am 1. Mai 2016 nach außen hin erkennbar und glaubhaft distanziert.

Darüber hinaus konnte nach § 55 Abs. 2 Nr. 1a) AufenthG a.F. ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG a.F. ausgewiesen werden bzw. lag ein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a) vor, wenn er in einem Verwaltungsverfahren im In- oder Ausland falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels gemacht hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde. Der Kläger hat am 18. Juni 2015 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt (Bl. 10 BA). Bei der unter 2. aufgeführten Frage im Formblattantrag: „Sind sie bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten oder wird derzeit wegen Verdachts auf eine Straftat gegen sie ermittelt?“ wurde „nein“ angekreuzt. Diese Angabe ist objektiv falsch, da der Kläger am ... März 2015 in Frankreich zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt wurde (siehe oben). Auf die Frage, wann die erstmalige Einreise ins Bundesgebiet stattfand, gab er an: 10.3.2015 (Bl. 10 BA). Damit erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung den Tatbestand der Ermessensausweisung gem. § 55 Abs. 2 Nr. 1a) AufenthG a.F. bzw. lag im Zeitpunkt des Fristablaufs ein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8a) AufenthG vor, weil er bei Antragstellung auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die o.g. Verurteilung und den Zeitpunkt der Ersteinreise ins Bundesgebiet im Jahr 2009 (Bl. 391 BA) nicht bzw. falsch angegeben hat (Bl. 10 BA).

Diese Falschangaben muss der Kläger auch gegen sich gelten lassen. Die Einlassung, seine Ehefrau habe den Antrag ausgefüllt und der Kläger habe keine ausreichenden Deutschkenntnisse gehabt, überzeugt nicht. Der Kläger hat die Richtigkeit der Angaben mit seiner Unterschrift bestätigt (Bl. 13 BA) und muss sich diese daher zurechnen lassen. Zudem ist auch nicht nachvollziehbar, wie man aus dem Wort „bereits“ hätte darauf schließen sollen, dass nur Strafverfahren in Deutschland gemeint sein können. Das Wort „bereits“ ist in diesem Zusammenhang eindeutig so zu verstehen, dass danach gefragt wird, ob der Kläger bis jetzt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Ehefrau und der Kläger nicht an die relativ kurz zuvor stattgefundene Verurteilung gedacht haben. Der Kläger wurde auch ausreichend auf die Folgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen (Bl. 13 BA).

Zudem erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung wegen der vorgenannten strafrechtlichen Verurteilung den Tatbestand der Ermessensausweisung gem. § 55 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. AufenthG a.F bzw. lag im Zeitpunkt des Ablaufs des Befristungszeitraums ein schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Danach konnte ein Ausländer ausgewiesen werden bzw. lag ein schweres Ausweisungsinteresse vor, wenn er außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist. Die vorsätzliche Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung stellt auch im Bundesgebiet eine Straftat dar, § 129a Abs. 5 StGB.

Bei der Prüfung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG reichte das Vorliegen eines abstrakten Ausweisungstatbestandes bzw. -interesses aus, ohne dass es darauf ankam, ob der Ausländer, speziell im Hinblick auf den besonderen Ausweisungsschutz, rechtsfehlerfrei ausgewiesen werden könnte (BVerwG, U.v. 16. 7. 2002 - 1 C 8.02 - juris).

Im Fall des Klägers lag auch keine Ausnahme vor, die ein Abweichen vom Regelfall rechtfertigte. Von einer solchen Ausnahme ist bei besonderen, atypischen Umständen auszugehen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen. Darüber hinaus liegt ein Ausnahmefall vor, wenn entweder aus Gründen höherrangigen Rechts wie Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels geboten ist. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerwG, U.v. 16.8.2011- 1 C 12.10 - juris). Nicht ausreichend sind Härten und Schwierigkeiten, die mit der Versagung eines Aufenthaltstitels gewöhnlich verbunden sind. Der Verlust des Lebensmittelpunktes in Deutschland, einer Arbeitsstelle oder die Unterbrechung des Zusammenlebens mit einem Familienangehörigen oder der Abbruch des Studiums sind keine Umstände, die einen atypisch gelagerten Fall darstellen (BayVGH v. 26.3.2007 - 24 CS 07-127 - juris). Dabei ist zwischen verschiedenen Regelerteilungsvoraussetzungen zu differenzieren. Je nach Gewicht der Erteilungsvoraussetzungen wird man höhere oder geringere Ansprüche an das Vorliegen besonderer Umstände, die eine Abweichung von der Regelerteilungsvoraussetzung rechtfertigen, stellen können. Steht die Regelerteilungsvoraussetzung des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen, so wird bei erheblichen Straftaten eine Ausnahme nur dann in Frage kommen, wenn die atypischen Umstände zu Gunsten des Ausländers ein solches Gewicht haben, dass sie entgegenstehende öffentliche Interessen, die in der Regelerteilungsvoraussetzung zum Ausdruck kommen, eindeutig überwiegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das AufenthG in zahlreichen Fällen bereits eine Regelung der Interessenlage in der Weise vorgenommen hat, dass nur unter bestimmten Voraussetzungen von den Regelerteilungsvoraussetzungen abzusehen ist oder nach Ermessen abgesehen werden kann. Sind die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben, so bedarf es besonderer Gesichtspunkte, um eine Ausnahme von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG zu rechtfertigen (Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, § 5, Rn. 12).

Davon ausgehend lagen weder im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis noch zum Zeitpunkt des Ablaufs des Befristungszeitraums besondere atypische Umstände vor, die unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr oder mit Blick auf die schutzwürdigen Belange des Klägers ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG hätten gebieten können.

Falsche Angaben im Rahmen der Beantragung eines Aufenthaltstitels betreffen einen Kernbereich des Aufenthaltsrechts und stellen einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen das öffentliche Interesse dar, dem ausländerrechtlich erhebliches Gewicht zukommt. Denn die Ausländerbehörden sind im Hinblick auf die große Anzahl der Verfahren und der Schwierigkeiten, gemachte Angaben zu überprüfen, auf wahrheitsgemäße Angaben angewiesen. Der Kläger hat in der Vergangenheit mehrfach falsche Angaben gemacht. Er ist wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden. Dabei handelt es sich um eine schwerwiegende gemeinschädliche strafrechtliche Verfehlung, die zum Bereich der schweren Kriminalität zählt. Diese schwerwiegende strafrechtliche Verfehlung hat der Kläger sowohl im Rahmen der Beantragung der Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als auch im Rahmen der Sicherheitsbefragung verschwiegen. Demgegenüber wiegen die durch Art. 6 GG und Art. 8 ERMK geschützten Interessen des Klägers nicht so schwer, dass das hinter § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG stehende öffentliche Interesse zurücktreten müsste.

Der Kläger kann der Rücknahme auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Aufenthaltstitels entgegenhalten, da er den Aufenthaltstitel durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren, Art. 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 BayVwVfG. Der Kläger hat im Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Frage, ob er strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, unrichtige Angaben gemacht (siehe oben). Hätte die Beklagte Kenntnis von der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers gehabt, hätte sie dem Kläger die Aufenthaltserlaubnis sicher nicht gewährt, zumindest nicht ohne weitere Ermittlungen anzustellen. Die Einlassung der Sachbearbeiterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, sie habe beim Ausfüllen der Formulare bereits Kenntnis von der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers gehabt, ändert daran nichts. Maßgeblich ist, dass der Kläger bei Antragstellung unrichtige Angaben macht. Es obliegt der Entscheidung der Beklagten - und nicht nur der zuständigen Sachbearbeiterin - welche Entscheidung anhand der im Antrag gemachten Angaben getroffen wird bzw. welche weiteren Ermittlungen anzustellen sind. Unerheblich ist auch, dass der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom ... Februar 2017 vom Vorwurf des Erschleichens eines Aufenthaltstitels freigesprochen wurde. Es besteht keine rechtliche Bindung von Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten an die tatsächlichen Feststellungen und die Beurteilung des Strafrichters, also auch nicht an ein freisprechendes Urteil (std. Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris; BayVGH, B.v. 27.12.2016 - 10 CS 16.2289 - juris). Vielmehr haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgerichte über das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes und einer hinreichenden Gefahr neuer Verfehlungen eigenständig zu entscheiden.

Die in Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG vorgesehene Jahresfrist ist vorliegend gewahrt. Mit Aktenvermerken des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 9. Februar und 15. März 2016 wurde der Ausländerbehörde bekannt, dass der Kläger in Frankreich wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verurteilt wurde. Das Ausländeramt hat im Laufe des Sommers 2016 versucht, die Umstände der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers in Frankreich zu klären. Der streitgegenständliche Bescheid vom 21. November 2016 wahrt die Jahresfrist.

Die Beklagte hat auch das ihr bei der Entscheidung über die Rücknahme zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, § 114 VwGO. Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Behörde nach ihrem Ermessen handeln darf, kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist oder ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind. Es ist nicht zu überprüfen, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre. Die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis steht nach Art. 48 BayVwVfG im Ermessen der Beklagten. Sie kann nur Bestand haben, wenn die Beklagte die öffentlichen Interessen und schutzwürdigen privaten Belange abgewogen und dabei die wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles berücksichtigt hat (BVerwG, U.v. 5.9.2006 - 1 C 20.05 - juris). Solch eine Abwägung ist auch im Fall des Erschleichens einer Aufenthaltserlaubnis durch unrichtige Angaben erforderlich (BayVGH, U.v. 11.6.2013 - 10 B 12.1493 - juris; BVerwG, U.v. 5.9.2006, a.a.O.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis des Klägers rechtmäßig. Die im Bescheid angestellten Ermessenserwägungen der Beklagten entsprechen dem Zweck der Ermächtigung und berücksichtigen die maßgeblichen Umstände hinreichend, so dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten sind. Die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis des Klägers mit Wirkung für die Vergangenheit ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil er einen Anspruch auf Erteilung eines gleichwertigen Aufenthaltstitels hätte. Ein solcher Anspruch ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 25 Abs. 5 AufenthG, da dem Kläger die Ausreise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht unmöglich ist. Der Kläger hat in Frankreich eine Aufenthaltserlaubnis, mit der er dorthin zurückreisen und sich in Frankreich aufhalten kann. Die Ehefrau des Klägers ist türkische Staatsangehörige, der es zuzumuten ist, in Frankreich zusammen mit dem Kläger im Wege des Familiennachzugs zu leben. Das Kind ist zwar deutscher Staatsangehöriger, allerdings ist ihm zuzumuten, zusammen mit seinen Eltern in einem europäischen Land (Frankreich) zu leben.

Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach tragen die Mitgliedsstaaten dafür Sorge, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann (Abs. 1). Unbeschadet des Abs. 1 können die Mitgliedsstaaten aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung die dort aufgeführten Leistungen verweigern, einschränken oder entziehen. Die Qualifikationsrichtlinie wurde durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (QRLUMSG) in nationales Recht umgesetzt, in Kraft getreten spätestens am 1. Dezember 2013. Gem. § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kann beim Familiennachzug vom Erfordernis des Nichtbestehens eines Ausweisungsgrundes bzw. eines Ausweisungsinteresses abgewichen werden. Die Behörde hat in ihrem Bescheid vom 21. November 2016 ausführlich zu der Frage Stellung genommen, ob im Rahmen des Ermessens vom Erfordernis des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes bzw. Ausweisungsinteresses abgewichen werden kann und kam zum nicht zu beanstandenden Ergebnis, dass dies nicht möglich ist (Bl. 103 GA). Weitergehendere Rechte, insb. einen Rechtsanspruch auf Absehen vom Erfordernis des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes bzw. Ausweisungsinteresses kann Art. 23 der Qualifikationsrichtlinie nicht einräumen.

Das Gericht war nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gem. § 267 AUEV herbeizuführen. Das Vorabentscheidungsverfahren dient dazu, es den nationalen Gerichten zu ermöglichen, dem EuGH Fragen bezüglich der Auslegung und Gültigkeit von Europarecht vorzulegen. Das Gericht hält die Beantwortung der vom Prozessbevollmächtigten gestellten Fragen zum Erlass des Urteils nicht für erforderlich (Art. 267 Satz 2 AUEV). Die Qualifikationsrichtlinie wurde in nationales Recht umgesetzt. In § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist der streitgegenständliche Fall erfasst, dass der Nachziehende einen Ausweisungsgrund bzw. Ausweisungsinteresse verwirklicht hat und dass im Interesse des Art. 6 GG vom Erfordernis des Nichtvorliegens eines solchen im Rahmen des Ermessens abgewichen werden kann. Weitergehendere Rechte hat der Kläger nicht; auf die Fragen des Prozessbevollmächtigten kommt es daher für die vom Gericht zu treffende Entscheidung nicht an.

Zu Nr. 2 des Bescheides:

Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3, § 27 Abs. 3 Satz 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Der Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis steht das Ausweisungsinteresse gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen.

Danach setzt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht.

Vorliegend erfüllt der Kläger den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (s.o.). Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist demnach zwingend gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu versagen. Eine Ausnahme gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann nicht zugelassen werden, weil sich der Kläger auch nach Ablauf des Befristungszeitraums gegenüber den zuständigen Behörden nicht offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat. Letzteres ergibt sich insbesondere weder aus dem Schreiben des Klägers vom … Dezember 2016 (Bl. 185 der Gerichtsakte - GA) noch aus dem vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angefertigten und vorgelegten Schreiben des Klägers vom ... September 2017. In dem Schreiben vom … Dezember 2016 erklärt der Kläger lediglich, wie es zu der Verurteilung in Frankreich gekommen ist und dass er in Frankreich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Deshalb wolle er nicht mehr in Frankreich leben, sondern wolle sich ein Leben in Ruhe und Frieden in Deutschland aufbauen. Er zahle Steuern und halte sich an deutsche Gesetze. Er versichert, er habe weder in der Türkei noch heute mit von der PKK organisierten Straftaten zu tun und dass er seine Familie liebe. Er sei es „müde“, dass ihn seine Vergangenheit immer wieder einhole. Der Kläger setzt sich mit keinem Wort mit der gegen ihn erfolgten Verurteilung wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung in Frankreich auseinander, sondern bemitleidet sich eher selbst und wünscht sich für die Zukunft Ruhe. Dabei handelt es sich nicht um eine glaubhafte, überzeugende Distanzierung von der Unterstützung der terroristischen Vereinigung. Dasselbe gilt von der in der mündlichen Verhandlung übergebenen handschriftlichen Erklärung vom ... September 2017. Der Kläger erklärt, er sei in die psychische Unterstützung der PKK „hineingeraten“, was seine eigene Beteiligung relativiert und verharmlost. Er erklärt zwar, er lehne die PKK-Ideologie ab, allerdings erfolgtet dies unter dem Druck des gerichtlichen Verfahrens, was nicht für eine zweifelsfreie, überzeugende und glaubhafte Distanzierung spricht. Im Übrigen widersprechen sich beide Schreiben darin, ob der Kläger für die PKK tätig war oder nicht. Im Schreiben vom … Dezember 2016 erklärt er, er habe nichts mit von der PKK organisierten Straftaten zu tun gehabt. In der Erklärung vom ... September 2017 erklärte er dagegen, er sei in die Unterstützung der PKK hineingeraten. Alles dies zeigt, dass sich der Kläger nicht unter Angabe von Einzelheiten zu seiner Unterstützung einer terroristischen Vereinigung von der Ideologie distanziert, sondern lediglich versucht, sich in einem positiven Licht darzustellen, um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten.

Darüber hinaus ist vorliegend ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gem. § 54 Abs. 2 Nr. 8a) AufenthG gegeben, da der Kläger in seinem Formblattantrag vom 29. April 2016 die Frage, ob er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, wieder mit „nein“ beantwortet hat (Bl. 147 BA). Daneben hat er auch wieder angegeben, erstmals im März 2015 ins Bundesgebiet eingereist zu sein. Dabei handelt es sich um falsche Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels (vgl. obige Ausführungen). Das Vorbringen des Klägers, die Ehefrau habe den Formblattantrag wieder ausgefüllt und sie habe beim Ausfüllen einen Fehler gemacht, überzeugt nicht. Der Kläger hat mit seiner Unterschrift bestätigt, dass die Angaben der Richtigkeit entsprechen, so dass er die Angaben gegen sich gelten lassen muss (Bl. 153 BA).

Daneben liegt auch ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gem. § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG vor. Danach liegt ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor, wenn ein Ausländer in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Auslandsbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde.

Der Kläger hat in der sicherheitsrechtlichen Befragung vom 29. April 2016 (Bl. 78 ff. BA) bei der Frage unter „11. Sind sie jemals verurteilt worden wegen terroristischer Handlungen? Wenn ja, wo, weshalb und zu welcher Strafe wurden Sie verurteilt?“ „nein“ angekreuzt. Diese Angabe ist falsch, da der Kläger vom Tribunal Correctionel de Paris mit Urteil vom ... März 2015 wegen vorsätzlicher Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung und wegen vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung einer Sache verurteilt wurde (Bl. 69 ff. BA). Der Kläger wurde in der Sicherheitsbefragung auch auf die Folgen falscher bzw. unvollständiger Angaben hingewiesen (Bl. 80 BA). Nicht erforderlich war es, den Kläger auch auf eine mögliche Abschiebung infolge der Ausweisung hinzuweisen. Dabei handelt es sich lediglich um eine Vollstreckungsmaßnahme einer Ausweisung.

Nicht erforderlich war bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes, dass der Ausländer ermessensfehlerfrei ausgewiesen werden konnte (BVerwG v. 28. 9. 2004, NVwZ 2005, 460). Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Gesetzes zur Neuregelung des Bleiberechts deuten darauf hin, dass sich an diesem Befund nichts geändert hat. Zwar hat das neue Ausweisungsrecht den Begriff der Ausweisungstatbestände der §§ 53 ff. a.F. durch einen einheitlichen Ausweisungstatbestand des § 53 AufenthG ersetzt, in dem die bisherigen Ausweisungstatbestände nunmehr als schwerwiegend bzw. besonders schwerwiegend zu berücksichtigen sind und mit dem Bleibeinteresse des Ausländers abzuwägen sind (Hailbronner, Ausländerrecht, Mai 2017, § 5 Rn. 26). Für eine inhaltliche Änderung derart, dass die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung mittels einer umfassenden Entscheidung hypothetisch festgestellt werde müsste, um einen Regelversagungsgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG annehmen zu können, ergeben sich keine sachlichen Gründe. Vielmehr besteht unverändert ein sachlicher Grund, in der Regel Ausländern einen Aufenthaltstitel zu versagen, deren Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, weil ein Ausweisungsinteresse besteht (Hailbronner, a.a.O.). Für die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG reicht ein abstraktes Ausweisungsinteresse aus, ohne dass festgestellt werden müsste, dass im konkreten Fall eine Ausweisungsentscheidung erlassen werden könnte (BayVGH v. 16. 2. 2016, 10 ZB 14.2634 - juris). Grundsätzlich reichen hierfür alle besonders schwerwiegenden oder schwerwiegend bezeichneten Ausweisungsinteressen aus. Erforderlich ist nach Auffassung des BayVGH allerdings, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 53 AufenthG besteht (BayVGH v. 29. 8. 2016, 10 AS 16.1602 - juris). Ist die Gefahr zweifelsfrei entfallen, soll auch kein Ausweisungsinteresse mehr angenommen werden. Allerdings ist bei Verwirklichung einer der in § 54 Abs. 1 oder 2 AufenthG genannten Tatbestände bereits die Annahme einer Beeinträchtigung der in § 53 AufenthG genannten öffentlichen Interessen indiziert (Hailbronner, Aufenthaltsgesetz, § 5 Rn. 37). Für ein Entfallen der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gibt es keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat sich in Frankreich einer schweren Straftat schuldig gemacht; er hat vorsätzlich eine terroristische Vereinigung unterstützt. Nur wenige Monate danach hat der Kläger beim Ausfüllen des Formblatts für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis diese Verurteilung nicht angegeben und damit der Ausländerbehörde nicht bekannt gegeben. Der Kläger hat damit gezeigt, dass er sich nicht nur an allgemeinschädlichen schwerwiegenden terroristischen Handlungen beteiligt, sondern diese auch noch gegenüber den Behörden verschweigt, um sich ein Aufenthaltsrecht zu sichern. Zudem hat der Kläger auch im Zuge der beantragten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis seine Unterstützungshandlungen für eine terroristische Vereinigung weder im Antrag noch bei der Sicherheitsbefragung angegeben. Angesichts dessen, dass sich der Kläger nicht überzeugend von der Unterstützung der terroristischen Vereinigung distanziert hat (vgl. oben) und in der Folge gegenüber der Ausländerbehörde diesbzgl. falsche Angaben gemacht hat, ist eine Gefahr gegenwärtig noch gegeben. Alles dies zeigt, dass der Kläger seine eigene Mitwirkung an der Unterstützung der terroristischen Vereinigung bis zuletzt verschleiern wollte und keinesfalls die Umstände offengelegt hat, was ein Schritt zur Distanzierung hätte sein können.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG, da es dem Kläger sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen möglich ist, nach Frankreich auszureisen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Duldung gem. § 60a AufenthG, da es dem Kläger sowohl aus tatsächlichen als auch rechtlichen Gründen nicht unmöglich ist, nach Frankreich auszureisen.

Zu Nr. 3 des Bescheides:

Infolge der rechtmäßigen Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis und der Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat der Kläger keine rechtmäßigen Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit konnte die Behörde diese Feststellung treffen.

Zu Nr. 4 des Bescheides:

Die dem Kläger ausgestellte Fiktion verliert durch die Ablehnung des Verlängerungsantrags ihre Gültigkeit, § 81 Abs. 4 AufenthG. Um einer missbräuchlichen Verwendung vorzubeugen, hat der Kläger die Fiktionsbescheinigung zurückzugeben.

Zu Nr. 5 des Bescheides:

Der Kläger ist gem. § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, da er keinen Aufenthaltstitel mehr besitzt und auch kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass er ein Recht gem. Art. 6 oder 7 ARB 1/80 erworben hätte. Nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist die Ausreisepflicht auch vollziehbar, da die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist.

Zu Nr. 6 des Bescheides:

Rechtsgrundlage für die Androhung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots bei erheblicher Überschreitung der Ausreisefrist für die Dauer eines Jahres ist § 11 Abs. 6 AufenthG.

Zu Nr. 7 des Bescheides:

Die Abschiebungsandrohung gründet sich auf §§ 50 Abs. 3, 59 AufenthG.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 ff. VwGO i.V.m §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.