Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Sept. 2015 - M 12 E 15.3290

Gericht
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Erteilung von Wohnungsvorschlägen für eine öffentlich geförderte Wohnung im Landkreis München.
Der am ... geborene Antragsteller stellte am
Mit Bescheid vom
Am
Hierauf wurde der Antragsteller mit Bescheid vom
Am
Am ... August 2015 hat der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München einen Eilantrag gemäß § 123 VwGO zur Niederschrift des Gerichts gestellt und beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm entsprechend dem Bescheid vom
Zur Begründung trug er vor, dass er mit Bescheid vom
Mit Schreiben vom
Auf der aktuellen Vormerkliste für den Landkreis München befänden sich neben dem Antragsteller 108 weitere Ein-Personen-Haushalte in der höchsten Dringlichkeitsstufe 1. Der Antragsteller sei nach seiner erstmaligen Vormerkung in der höchsten Dringlichkeitsstufe 1 mit Bescheid vom 2. März 2015 bereits am 1. Juni 2015 dem Verfügungsberechtigten einer als freiwerdend gemeldeten öffentlich geförderten Wohnung in ... mit weiteren sechs berechtigten Wohnungsbewerbern vorgeschlagen worden. Er sei allerdings vom Verfügungsberechtigten nicht ausgewählt worden. Die Mieterfluktuation bei den geförderten Wohnungen im Landkreis München sei zudem gering. So seien dem Antragsgegner ab dem Zeitpunkt der Vormerkung des Antragstellers am 2. März 2015 bis dato sieben geförderte Ein- bzw. Eineinhalbzimmerwohnungen mit einem Benennungsrecht des Landratsamts München als freiwerdend gemeldet worden. Darunter habe sich auch die Wohnung befunden, für die der Antragsteller am 1. Juni 2015 vorgeschlagen worden sei. Zudem gebe es im Landkreis München zusehends weniger geförderte Wohnungen durch Bindungsablauf und den seit Jahren fehlenden Bau von neuen geförderten Wohnungen. So gebe es in der Wohnortgemeinde des Antragstellers, die zu den Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf nach Art. 5 BayWoBindG i. V. m. der Anlage zu § 3 DVWoR gehöre, überhaupt keine gebundenen geförderten Wohnungen mehr. Der Hauptteil der geförderten Wohnungen im Landkreis München seien öffentlich geförderte Wohnungen im 1. Förderweg. Das Benennungsrecht für die Belegung von öffentlich geförderten Wohnungen im 1. Förderweg im Landkreis München beruhe auf gesetzlichen Vorgaben (Art. 5 BayWoBindG) bzw. von einkommensorientiert geförderten Wohnungen der Einkommensstufe 1 auf einer entsprechenden Vorgabe im zugrundeliegenden Bewilligungsbescheid der Regierung von Oberbayern. Der Antragsgegner sei lediglich verpflichtet, dem Verfügungsberechtigten einer solchen freiwerdenden Wohnung einen Fünfer-Vorschlag beim 1. Förderweg bzw. einen Dreier-Vorschlag bei der einkommensorientierten Förderung (EOF) mit bei dem Antragsgegner vorgemerkten Wohnungsbewerbern zu unterbreiten. Wohnberechtigte Bewerber würden nach der Dringlichkeit ihrer Bewerbung, bei gleicher Dringlichkeit nach der Dauer der Bewerbung vorgeschlagen (§ 3 DVwoR). Im Übrigen sei das Benennungsverfahren in Art. 5 BayWoBindG bzw. Art. 14 BayWoFG i. V. m. § 3 DVWoR und Nrn. 6 sowie 22 VVwoBindR geregelt. Der Verfügungsberechtigte würde einen Bewerber aus dem Vorschlag des Antragsgegners auswählen, der dann vom Antragsgegner für die betreffende Wohnung benannt werde. Danach könne der Verfügungsberechtigte mit dem von ihm ausgewählten und vom Antragsgegner benannten Wohnungsbewerber einen Mietvertrag abschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr ihrer Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hat vorliegend keinen Erfolg. Zum einen würde mit der begehrten Anordnung die Hauptsache vorweggenommen werden. Zum anderen besteht nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage kein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf Unterbreitung von Wohnungsvorschlägen.
Freie oder bezugsfertig werdende Sozialwohnungen dürfen nach Art. 5 Satz 1 Bayerisches Wohnungsbindungsgesetz (BayWoBindG) i. V. m. § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsrechts (DVWoR) in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf nur einem Wohnungssuchenden überlassen werden, der zuvor von der zuständigen Stelle hierfür benannt worden ist. Ein solches Benennungsrecht hat das Landratsamt München als zuständige Stelle in den in der Anlage zu § 3 DVWoR aufgeführten Gemeinden des Landkreises München, die zu den Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf gehören. Das Benennungsrecht ermächtigt den Antragsgegner aus Gründen der Praktikabilität auch, vor der eigentlichen Benennung eine rechtlich verbindliche Vorentscheidung über die Voraussetzungen der Wohnberechtigung und über den Grad der sozialen Dringlichkeit zu treffen. Hierzu nimmt das Landratsamt München die Wohnungssuchenden in eine nach Dringlichkeitsstufen differenzierte Vormerkkartei auf, wobei es sich um einen im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakt handelt (BayVGH
Als Folge dieser Dringlichkeitseinstufung ist der Antragsgegner verpflichtet, Wohnungsangebote in der damit erstellten Reihenfolge der Dringlichkeit zu erteilen. Bei gleicher Dringlichkeit entscheidet die Dauer der Bewerbung. Der Antragsteller hat vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass es der Antragsgegner ermessensfehlerhaft unterlassen hat, ihn für eine freigewordene, seinem Wohnbedarf entsprechende Wohnung zu benennen (BayVGH
Die Benennung hängt von der Zahl der tatsächlich freiwerdenden Wohnungen ab, die dem festgestellten Wohnbedarf entsprechen, von der Anzahl vorgemerkter Bewerber mit entsprechendem Wohnbedarf sowie der Dringlichkeit und Dauer der Bewerbung. Ein Anordnungsanspruch wäre deshalb nur dann glaubhaft gemacht, wenn tatsächlich eine bedarfsgerechte Wohnung frei wäre und keine anderen Bewerber dem Antragsteller vorgingen. Hierfür sind im vorliegenden Fall jedoch keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Im Landkreis München bilden Sozialwohnungen den Hauptanteil der geförderten Wohnungen. Die Zahl der vorgemerkten Haushalte übersteigt derzeit die Anzahl der freien bzw. freiwerdenden Sozialwohnungen im Landkreis München jedoch bei weitem. Nach den Angaben des Antragsgegners sind aktuell neben dem Antragsteller 108 weitere Ein-Personenhaushalte in der höchsten Dringlichkeitsstufe 1 vorgemerkt. Die Mieterfluktuation ist demgegenüber bei den Sozialwohnungen im Landkreis München äußerst gering. Seit der Vormerkung des Antragstellers wurden dem Antragsgegner lediglich sieben freiwerdende Sozialwohnungen gemeldet, die dem Wohnbedarf des Antragstellers entsprachen. Durch den Bindungsablauf geförderter Wohnungen und dem fehlenden Bau neuer Sozialwohnungen wird die Wohnungsknappheit im Landkreis München zudem weiter verschärft. In der Wohnortgemeinde des Antragstellers befinden sich nach den Angaben des Antragsgegners derzeit überhaupt keine gebundenen geförderten Wohnungen mehr. Angesichts dieses Mangels an freien bzw. freiwerdenden Sozialwohnungen können Wohnungsvorschläge daher nicht ohne weiteres an alle Antragsteller unmittelbar nach deren Registrierung vermittelt werden. Darüber hinaus wurde dem Antragsteller bereits am 1. Juni 2015 ein Wohnungsvorschlag für eine der frei gewordene Sozialwohnungen unterbreitet. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Antragsteller seitens des Antragsgegners vom Benennungsverfahren entsprechend seiner Dringlichkeit ausgeschlossen wird. Eine bevorzugte Benennung des Antragstellers würde zudem gegen Art. 3 GG verstoßen. Ein Anspruch des Antragstellers auf sofortige Erteilung von Wohnungsvorschlägen besteht somit nicht.
Soweit der Antrag dahingehend ausgelegt werden könnte, dass der Antragsteller die zur Verfügungstellung einer Sozialwohnung begehrt, ist er zulässig, aber unbegründet. Der Antragsteller hat gegenüber dem Antragsgegner keinen Anspruch auf unmittelbare Zuteilung einer Sozialwohnung. Der Antragsgegner hat nach der Regelung im BayWoBindG keine Befugnis, einem Wohnungssuchenden eine freie oder frei werdende Sozialwohnung zuzuweisen oder den Verfügungsberechtigten einer solchen Sozialwohnung zu verpflichten, mit einem von der Behörde konkret benannten Wohnungssuchenden einen entsprechenden Mietvertrag abzuschließen. Die zuständige Stelle stellt dem Wohnungssuchenden grundsätzlich nur einen Wohnberechtigungsschein aus (Art. 4 BayWoBindG), mit dem der Wohnungssuchende bei dem Verfügungsberechtigten einer Sozialwohnung vorstellig werden und sich darum bemühen kann, dass ihm die Wohnung überlassen, d. h. zwischen ihm und dem Verfügungsberechtigten ein zivilrechtlicher Mietvertrag geschlossen wird (vgl. Art. 3 Abs. 2 BayWoBindG). Die zuständige Stelle kann nicht erzwingen, dass der Verfügungsberechtigte einer Sozialwohnung mit einer bestimmten Person einen Mietvertrag schließt. Auch in Gebieten mit den erhöhtem Wohnungsbedarf, zu denen die in der Anlage zu § 3 DVWoR aufgeführten Gemeinden des Landkreises München gehören, beschränkt sich nach der Regelung in Art. 5 Satz 2 BayWoBindG und § 3 Abs. 2 DVWoR die Befugnis der zuständige Stelle darauf, dass sie dem Verfügungsberechtigten einer bezugsfertig oder frei werdenden Sozialwohnung mindestens fünf wohnberechtigte Wohnungssuchende zur Auswahl zu benennen hat. Welcher Wohnungssuchende aus dem Kreis der Benannten ausgewählt wird, entscheidet nicht die zuständige Stelle, sondern der Vermieter der Sozialwohnung. Eine hoheitliche Zuweisung einer Sozialwohnung durch den Antragsgegner ist nicht möglich (BayVGH
Der Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

moreResultsText
Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.