Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Mai 2014 - M 10 S 14.50134

bei uns veröffentlicht am30.05.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Verfahren M 10 S 14.50134, M 10 S 14.50136 und M 10 S 14.50138 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die Bescheide des Bundesamts ... vom ... März 2014 wird angeordnet.

III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1) (aus Sierra Leone) und zu 2) (aus Nigeria) sind die Eltern der am ... Juni 2013 in ... geborenen Antragstellerin zu 3).

Die Antragsteller zu 1) und 2) reisten nach eigenen Angaben über u.a. Griechenland und Ungarn in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 9. Juli bzw. am 6. Juni 2013 Asylanträge. Für die Antragstellerin zu 3) wurde am 2. September 2013 Asylantrag gestellt.

Aufgrund von EURODAC-Treffern wurden am 6. Dezember (für den Antragsteller zu 1) bzw. am 29. November 2013 (für die Antragstellerinnen zu 2) und 3)) Übernahmeersuchen an Ungarn gerichtet. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. Dezember bzw. 6. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge.

Mit Bescheiden vom ... März 2014 wurden die Asylanträge der Antragsteller für unzulässig erklärt und jeweils die Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Aufgrund dort bereits gestellter Asylanträge sei Ungarn für die weitere Behandlung zuständig; für die in ... geborene Antragstellerin zu 3) ergebe sich die ungarische Zuständigkeit aus Art. 4 Abs. 3 Dublin-II-VO. Außergewöhnliche humanitäre Gründe für ein Selbsteintrittsrecht der Antragsgegnerin seien nicht ersichtlich. Die Bescheide wurden am 2. April 2014 zugestellt.

Die Antragsteller haben jeweils am 8. April 2014 Klage gegen die Bescheide vom ... März 2014 erhoben und zugleich beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Asylverfahren in Ungarn wiesen systematische Mängel auf. So würden überstellte Asylbewerber zunächst ausgewiesen und infolge der Ausweisung in besonderen Haftzentren inhaftiert. Gegen die Inhaftierung kenne das ungarische Gesetz keine effektiven Rechtsmittel. In den Haftanstalten seien Misshandlungen durch die Polizei an der Tagesordnung. Zudem würden die Häftlinge systematisch mit Medikamenten und Beruhigungsmitteln sediert. Dies stelle eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dar. Die Antragstellerin zu 3) sei nicht einmal ein Jahr alt, sie sei bislang von ihren Eltern gemeinsam umsorgt worden. Eine Rückführung nach Ungarn hätte unweigerlich die Trennung vom Vater der Antragstellerin zur Folge. Die Trennung vom Vater und die elende Unterbringung von Mutter und Kind gefährdeten offensichtlich das Kindeswohl.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Anträge haben in der Sache Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die Bescheide des Bundesamts vom ... März 2014 wird angeordnet, da eine Interessenabwägung für den vorläufigen Verbleib der Antragsteller im Bundesgebiet spricht.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zwischen dem sich aus der Regelung des § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids und dem Interesse des jeweiligen Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden Dublin-III-VO) kommt im vorliegenden Fall noch die Vorgängerregelung der VO (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden Dublin-II-VO) zur Anwendung. Sowohl der Antrag der Antragsteller auf Gewährung von internationalem Schutz als auch das Gesuch der Antragsgegnerin an Ungarn um Aufnahme oder Wiederaufnahme der Antragsteller wurden vor dem 1. Januar 2014 gestellt.

Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt. Abweichend hiervon kann nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO ein Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Selbsteintritt). Ein insoweit bestehendes Ermessen hinsichtlich eines Selbsteintritts ist jedenfalls dann auf Null reduziert, wenn der nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-II-VO zuständige Mitgliedstaat die Durchführung eines richtlinienkonformen Asylverfahrens nicht gewährleistet. Denn anderenfalls läge ein Verstoß gegen Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vor. Nach Art. 18 der Charta wird das Recht auf Asyl nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet. Aus diesem Grund muss jeder Mitgliedstaat das Asylverfahren selbst durchführen, wenn das in Richtlinien statuierte formelle oder materielle Asylrecht in einem Mitgliedstaat nicht zur Anwendung gelangt (vgl. ausführlich: VG Magdeburg, GB.v. 21.11.2011 - 9 A 100/11; U.v. 26.07.2011 - 9 A 346/10 MD mit Verweis auf VG Frankfurt, U.v. 8.7.2009 - 7 K 4376/07; alle juris). Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011 (C-411/10 und C-493/10; juris). Danach ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden.

Ein Asylbewerber darf demzufolge nur dann nicht an den nach der Dublin-II(III)-O zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d.h. regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris LS).

Nach der inzwischen in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung bestehen in Ungarn derzeit keine systemischen Mängel (VG Ansbach, B.v. 27.3.2014 – AN 1 S 14.30355; VG Regensburg, B.v. 2.5.2014 – RN 8 S 14.50079; VG Würzburg, GB.v. 14.4.2014 W 6 K 14.30159; VG Augsburg, B.v. 24.3.2014 – Au 7 S 14.30209 – jeweils juris). Andererseits wird in der Rechtsprechung auch die Auffassung vertreten, die Lage in Ungarn sei in einem Hauptsacheverfahren weiter aufklärungsbedürftig (z.B. VG München, B.v. 5.3.2014 - M 23 S 14.30401; VG München, B.v. 11.2.2014 – M 24 S 13.31330 – juris).

Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand stellt sich die Lage wie folgt dar: In seinem Bericht vom Dezember 2012 hatte der UNHCR (UN High Commissioner for Refugees, Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia – update, December 2012) ausgeführt, dass das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet habe, dem zufolge Asylbewerber nicht ohne sachliche Prüfung des Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert würden, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. Dublin-Rückkehrer würden nicht inhaftiert und erhielten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Ausgehend von diesen Äußerungen des UNHCR war zunächst eher davon auszugehen, dass das Asylverfahren in Ungarn nicht unter systemischen Mängeln leidet. Allerdings ist in Ungarn zum 1. Juli 2013 eine erneute Gesetzesänderung in Kraft getreten ist, bei der Inhaftierungen von Asylbewerbern für einen Zeitraum bis zu sechs Monaten vorgesehen sind. Sowohl UNHCR als auch der Europäische Flüchtlingsrat sowie das ungarische Helsinki Komitee warnen, dass die Rechtsgrundlagen für eine Inhaftierung von Personen, die internationalen Schutz suchen, zu weit seien und daher ein erhebliches Risiko einer umfassenden Inhaftierung von Asylbewerbern bestehe (vgl. UNHCR, UNHCR Comments and Recommendations on the Draft Modification of certain migration-related Legislative Acts for the Purpose of Legal Harmonisation, 12.4.2013, S. 7 f, S. 10; European Council on Refugees and Exiles – ECRE Weekly Bulletin, 14.6.2013, S. 3; Hungarian Helsinki Committee, Brief Information Note on the Main Asylum-Relates Legal Changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 2 unter www.helsinki.hu). Die Gesetzesänderung sieht – neben anderen Gründen – als Grund für die Inhaftierung von Asylbewerbern die Feststellung ihrer Identität oder Nationalität vor, und wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Asylsuchende das Asylverfahren verzögert oder vereitelt oder Fluchtgefahr bei ihm besteht (vgl. Hungarian Helsinki Committee, a.a.O., S. 2). Der UNHCR äußert dabei in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf die Vermutung, dass Hauptziel dieser (zeitlich vorgezogenen) Gesetzesänderung eine Senkung der Zahl der Asylanträge sei. Inhaftierung würde als Instrument zur Kontrolle von Migration eingesetzt, um illegale Einreise zu pönalisieren und unrechtmäßige Weiterwanderung zu verhindern (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 7 f). Weiterhin berichtet das ungarische Helsinki Komitee davon, dass im Hinblick auf die steigende Zahl der Asylsuchenden in Ungarn (mehr als 10.000 Asylbewerber seien im Zeitraum von Januar bis Juni 2013 registriert worden) die Hauptaufnahmeeinrichtung in Debrecen deutlich überbelegt sei (über 1.300 Asylsuchende Mitte Juni), was zu ernsthaften Problemen geführt habe, insbesondere zu einer eklatanten Verschlechterung der hygienischen Bedingungen. Auch der aktuelle Bericht der Arbeitsgruppe über willkürliche Inhaftierungen des „United Nations Human Rights Office of the High Commissioner“ über einen Besuch in Ungarn vom 23. September bis 2. Oktober 2013 kritisiert die Inhaftierungspraxis in Ungarn, insbesondere auch die fehlenden effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten und mahnt solide Verbesserungen an (vgl. United Nations Human Rights Office of the High Commissioner – Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon conclusion of its visit to Hungary – 23 September – 2 October 2013 – S. 4, unter http://www.ohchr.org).

Ebenso kommt der aktualisierte und ergänzte Bericht von Pro Asyl „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, zu dem Ergebnis, dass in Ungarn derzeit von „systematischen Mängeln“ in den Aufnahmeeinrichtungen auszugehen sei. Es sei aufgrund des massiven Anstiegs von Asylanträgen davon auszugehen, dass die „systemischen Mängel“ noch weiter zunehmen würden. Sollte der Großteil der Asylantragsteller, die sich derzeit in anderen EU-Staaten aufhielten, zurück nach Ungarn überstellt werden, so wären die vorhandenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende keinesfalls in der Lage, eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten (vgl. Pro Asyl, Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, Stand Oktober 2013, http://bordermonitoring.eu/files/2013/10/Ungarn_Update_Oktober_2013. pdf, S. 35f).

Zwar sieht das Gericht hierin noch keine hinreichenden Belege für die Bejahung einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung von Asylbewerbern aufgrund „systemischer Mängel“ des Asylverfahrens in Ungarn. Denn diese Befürchtungen und vorläufigen Schlussfolgerungen sind auch unter Berücksichtigung der früheren Praxis in Ungarn noch kein hinreichender Beleg für eine systemische unionsrechtswidrige Asylpraxis in Ungarn. Selbst wenn es infolge der zum 1. Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretenen Neuregelung des Asylverfahrens zu einzelnen Missständen gekommen sein sollte, ergeben sich daraus nicht nachweislich „systemischen Mängel“ der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber in Ungarn.

Im Ergebnis sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren deshalb als offen zu betrachten. Somit ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, die hier zugunsten der Antragsteller ausfällt.

Für das öffentliche Vollzugsinteresse spricht, dass das europäische Recht effektiv durchgesetzt werden soll. Den Regelungen der Dublin-II- und Dublin-III-Verordnungen liegt nämlich zunächst der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zugrunde, der vorliegend nicht mit derart hinreichender Wahrscheinlichkeit erschüttert ist, dass er zum Erfolg des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage führen würde. Dieser Grundsatz kann auch nicht mittels jedweder Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat außer Kraft gesetzt werden mit der Folge, dass die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin-II- bzw. Dublin-III-Verordnungen außer Kraft gesetzt würden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 82). Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 85).

Hinsichtlich des Interesses der Antragsteller ist vorliegend konkret darauf abzustellen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der gesamten Familie in Ungarn eine Inhaftierung droht. Dies erscheint insbesondere mit Blick auf Antragstellerin zu 3), die noch kein Jahr alt ist, völlig unverhältnismäßig.

Vorliegend sind die Antragsteller kurz nach Asylantragstellung aus Ungarn nach Deutschland weitergereist. Es kann daher nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die ungarischen Behörden dies als Verzögerung oder Vereitelung des Asylverfahrens in Ungarn ansehen und die Antragsteller aufgrund der neuen Regelung im ungarischen Ausländergesetz im Falle der Rücküberstellung in Haft nehmen. Hinzu kommt, dass die Antragsteller keine Ausweisdokumente vorlegen können, so dass auch eine Inhaftierung zur Feststellung der Identität nicht auszuschließen ist.

Während eine solche (u.U. nur kurzzeitige) Inhaftierung bei erwachsenen Asylbewerbern noch anders zu bewerten sein mag, stellt die Gefahr einer Inhaftierung der Familie insbesondere für die Antragstellerin zu 3) – gemessen an ihrem Alter – die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne der Art. 4 EU-Grundrechte-charta und Art. 3 EMRK dar. Unter Beachtung des Schutzgedankens des Art. 6 GG ist auch bei den Antragstellern zu 1) und 2) als Eltern derzeit ein überwiegendes Interesse an der Aussetzung der Rückführung nach Ungarn zu sehen (vgl. VG München, B.v. 3.7.2013 - M 10 S 13.30613 - juris; VG München, U.v. 10.10.2013, M 10 K 13.30611 – juris).

Die Anträge haben daher insgesamt Erfolg. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller wurde am ... in Bad K. geboren.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.