Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2014 - 16 S 14.50059

bei uns veröffentlicht am11.04.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 3. Dezember 2013 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 10. Dezember 2013 Asyl.

Im Rahmen einer Eurodac-Anfrage wurde jeweils ein Treffer für Ungarn der Kategorie 1 und für Bulgarien der Kategorie 2 erzielt. Nach der Eurodac-Datei hat der Antragsteller am 2. Dezember 2013 einen Asylantrag in Ungarn gestellt.

Auf das Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 14. Januar 2014 erklärten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 20. Januar 2014, der Antragsgegnerin zugegangen am 27. Januar 2014, ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-Verordnung. Sein Verfahren sei am 16. Dezember 2013 eingestellt worden, da er das Land verlassen habe.

In der Befragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) am 14. Februar 2014 gab der Antragsteller an, dass er nicht verheiratet sei. Er habe Afghanistan vor ca. vier Monaten (Mitte Oktober 2013) verlassen. Er sei in Pakistan, im Iran und in der Türkei gewesen. In Bulgarien habe er ca. einen Monat verbracht. Zu dieser Zeit sei er in drei Flüchtlingslagern untergebracht gewesen. Durch Mazedonien sei er in zwei Tagen, durch Serbien in einem Tag durchgereist. In Ungarn habe er drei Tage verbracht und sei dort erkennungsdienstlich behandelt worden. Er habe seitdem das Gebiet der Dublin-Mitgliedstaaten nicht verlassen. In Bulgarien seien ihm auch Fingerabdrücke abgenommen worden. Er wolle nicht zurück nach Bulgarien, da die Bulgaren selbst ihr Heimatland verlassen würden. Die ungarische Flüchtlingsbehandlung und -unterstützung sei mit der in Deutschland nicht zu vergleichen.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014, dem Antragsteller zugestellt am 18. März 2014, erklärte das Bundesamt den Asylantrag für unzulässig. Die Abschiebung nach Ungarn wurde angeordnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Asylantrag nach § 27 a AsylVfG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-Verordnung für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Nach einem Abgleich der Fingerabdrücke mit der Eurodac-Datei lägen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates vor. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Vortrag des Antragstellers, die Behandlung und Unterstützung der Flüchtlinge in Ungarn sei mit derjenigen in Deutschland nicht vergleichbar, führe zu keinem anderen Ergebnis. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorlägen. Diese Beurteilung werde von verschiedenen Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten geteilt. Die zurzeit vorliegenden Berichte verschiedener Nichtregierungsorganisationen zum Asylverfahren und zu den Aufnahmebedingungen in Ungarn würden zu keiner anderen Einschätzung führen. Weder das UNHCR noch das Hungarian Helsinki Commitee bzw. der European Refugee Council hätten auch unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung des ungarischen Asylgesetzes zum 1. Juli 2013 eine generelle Empfehlung ausgesprochen, Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht nach Ungarn zu überstellen.

Mit bei Gericht am 24. März 2014 eingegangenem Schreiben vom selben Tag erhob die Bevollmächtigte des Antragstellers Klage (M 16 K 14.50058), beantragte zeitgleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten und stellte den Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts aus humanitären Gründen nach Art. 3, 15 Dublin II-Verordnung habe. Das Ermessen sei auf Null reduziert. Nach einem Bericht von bordermonitoring.eu und Pro Asyl in Ergänzung des Berichts vom März 2012 vom Oktober 2013, „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, verschärfe sich die Lage für Flüchtlinge in Ungarn zunehmend. Dort werde geschildert, dass systemische Mängel im ungarischen Asyl- und Aufnahmesystem fortbestünden bzw. sich verschärft hätten, etwa drohe Obdachlosigkeit oder rechtswidrige Inhaftierung. Die zum 1. Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderung sehe weit gefasste Haftgründe vor, insbesondere den der Behinderung des Asylverfahrens. Von Inhaftierung bedroht seien voraussichtlich Dublin-Rückkehrer ohne Aufenthaltstitel, da ihnen vorgeworfen würde, ihr Asylverfahren durch ihre Ausreise behindert zu haben. Hierzu werde auch auf Nummer 7.1 des Briefing Paper des ungarischen Helsinki Komitees vom 8. Oktober 2013 verwiesen. Die Arbeitsgruppe der UN-Kommission für Menschrechte habe im September/Oktober 2013 Ungarn besucht. Ihrem Bericht sei zu entnehmen, dass es in der Anwendung des seit 1. Juli 2013 geltenden Rechts zu Defiziten, etwa in der Information der Asylbewerber über Rechtsschutz gegen Inhaftierungen, komme. Die Zahl der Asylanträge sei von rund 2.200 im Jahr 2012 auf fast 12.000 im ersten Halbjahr 2013 angestiegen. Schätzungsweise 7.000 Flüchtlinge seien aus Ungarn ausgereist und in andere Mitgliedstaaten weitergewandert, was voraussichtlich zu einem massiven Anstieg der Dublin-Rücküberstellungen führen werde. Dies werde voraussichtlich das ungarische Flüchtlingssystem kollabieren lassen. Aufgrund der verschärften Situation hätten immer mehr Verwaltungsgerichte die Rückführung gestoppt. Die zuvor ergangene Rechtsprechung des österreichischen Asylgerichtshofs vom 9. Juli 2013 und des EGMR vom 6. Juni 2013 hätten nicht oder nur zum Teil die zwischenzeitlich nach dem 1. Juli 2013 eintretenden Erkenntnisse berücksichtigen können und seien daher nicht mehr geeignet, systemische Mängel auszuschließen. Es sei auch ein Anordnungsgrund gegeben, da die Abschiebung nach Ungarn unmittelbar drohe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren M 16 K 14.50058 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der mit Schriftsatz vom 24. März 2014 erhobenen Klage (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) ist zulässig.

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) ist der seit 6. September 2013 in Kraft getretene § 34 a Abs. 2 AsylVfG (BGBl I 2013 S. 3474; Art. 7 Satz 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.8.2013) anzuwenden. Danach sind Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die angeordnete Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Diese Frist ist vorliegend gewahrt. Der nach alter Rechtslage vorgesehene Ausschluss des Eilrechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung ist nunmehr entfallen.

Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg, da nach der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keine Bedenken gegen die Zuständigkeit Ungarns für die Durchführung des Asylverfahrens und die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach Ungarn bestehen.

Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylantrags zuständig ist. Gem. § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Es kann dahinstehen, ob Ungarn nach den in Kapital III der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 -Dublin II-VO- festgelegten Kriterien für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO), weil die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 20. Januar 2014 aufgrund des nachgewiesen Eurodac-Treffers die Übernahme des Antragstellers erklärt haben und damit jedenfalls konkludent ihr Selbsteintrittsrecht ausgeübt haben. Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags sind gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 -Dublin III-VO- für Anträge auf internationalen Schutz, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2014 eingereicht worden sind, weiterhin die in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien. Hierzu zählen alle Vorschriften, welche die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaates festlegen, d. h. neben den in Kapitel III normierten Kriterien auch sonstige Bestimmungen, welche die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates regeln, wie etwa Art. 3 Abs. 2 und Art. 15 Dublin II-VO. Soweit wie vorliegend das Gesuch um Wiederaufnahme nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), ist hinsichtlich der Verfahrensregelungen, etwa der einzuhaltenden Fristen, die Dublin III-VO anzuwenden. Aufgrund des Eurodac-Treffers ist vorliegend nachgewiesen, dass der Antragsteller im Dezember 2013 einen Asylantrag in Ungarn gestellt hat. Aus dem Treffer der Kategorie 1 ist ersichtlich, dass der Antragsteller dort Asyl beantragt hat (vgl. Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11.12.2000 i. V. m. Art. 2 Abs. 3 Satz 5 Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28.2.2002).

Im Übrigen stellt die Dublin II-VO wie die Dublin III-VO eine zwischenstaatliche Regelung dar, die grundsätzlich nicht darauf gerichtet ist, Rechte des Einzelnen, etwa einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts, zu begründen, sondern Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. zur Dublin II-VO EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 49 ff.; U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - juris Rn. 29; VG Berlin, B. v. 27.11.2013 - 33 L 500.13 A - juris; VG Augsburg, B. v. 26.2.2014 - Au 7 S 14.30131 - juris Rn. 23; VG Regensburg, B. v. 7.3.2014 - RN 5 S 14.30199 - juris Rn. 18). Ist der ersuchte Mitgliedstaat mit der Aufnahme des Asylbewerbers einverstanden, kann dieser einer Überstellung dorthin nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - C -394/12 - juris Rn. 60).

Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht, etwa nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO, gehalten, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.

Ungarn gilt kraft Gesetzes als sicherer Drittstaat im Sinn des Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a AsylVfG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris) kann eine Ausnahme von der Abschiebung in den für das Asylverfahren zuständigen Staat ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn in dem Staat bestimmte konkrete Gefahrenlagen bestehen (BVerfG a. a. O. Rn. 189). An die Darlegung eines solchen ausnahmsweise anzunehmenden Hinderungsgrundes sind strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG a. a. O. Rn. 190). Eine Prüfung, ob der Abschiebung in den für das Asylverfahren zuständigen anderen Staat der Europäischen Union ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann nur dann erreicht werden, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der betreffende Ausländer von einem der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist (BVerfG a. a. O. Rn. 190).

Der Unionsgesetzgeber hat die Dublin II-VO und Dublin III-VO gerade aufgrund des Prinzips des gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention finden, erlassen. Aufgrund dessen wird vermutet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit diesen Erfordernissen steht. Eine Widerlegung der Vermutung wird wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht aus jeder Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat kann geschlossen werden, dass die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Regelungen der Dublin II-VO bzw. Dublin III-VO berührt würden (vgl. zur Dublin II-VO EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a., NVwZ 2012, 417 ff.). Die Widerlegung der Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14).

Ein derartiger Ausnahmefall vom Verbot der Aussetzung der Abschiebung ist vorliegend nicht gegeben. In Bezug auf Ungarn ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Ungarn eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihm als Dublin-Rückkehrer eine Existenzgefahr im Sinne einer Verelendung droht und damit die Vermutung widerlegt ist. Denn nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden. Womöglich vorkommende Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage, zumal sich nach der benannten obergerichtlichen Rechtsprechung ein solcher Ausnahmefall in der Gesamtschau aller Umstände aufdrängen muss.

Die Kritik über die Situation in Ungarn im Jahr 2012 ist so nicht mehr aktuell zutreffend. Das Auswärtige Amt hat sich 2013 in zwei umfangreichen Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (an das VG Augsburg am 23.5.2013 und an den BayVGH am 9.7.2013). Danach hat sich die Situation in Ungarn erheblich verbessert. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (Brief information note on the main asylumrelated legal changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 1). Jedenfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.

Gleiches gilt für den Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23 September - 2 October 2013“. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich aufgrund ihres Mandats nicht mit dem Asylverfahren speziell, sondern allgemein mit „willkürlicher Haft“ („arbitrary detention“). Der Bericht kritisiert demzufolge in erster Linie den exzessiven Gebrauch und Mängel bei der Zugänglichkeit von Rechtsbeiständen bei der Untersuchungshaft in Ungarn. In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen, auch wenn diese in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse. Aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Az. 2238/12; Mohammed gegen Österreich, zitiert nach der inoffiziellen Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration) festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet.

Schließlich hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Az. C-394/12 - juris Rn. 60 f.) im Hinblick auf eine Rücküberstellung der dortigen Beschwerdeführerin nach Ungarn festgestellt, dass, wie sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergebe, kein Anhaltspunkt die ernsthafte und durch Tatsachen begründete Annahme erlaube, dass die dortige Beschwerdeführerin aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn tatsächlich Gefahr laufe, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden.

Auch soweit diesen gerichtlichen Entscheidungen Fälle vor den Änderungen der asylrechtlichen Regelungen in Ungarn zum 1. Juli 2013, wonach in Ungarn die Haft für Asylbewerber in bestimmten Fällen wieder eingeführt wurde, zugrunde liegen, ist diese Änderung nicht geeignet die vorstehenden Ausführungen in Frage zu stellen.

In Anlehnung an die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 96) wurden in Ungarn zum 1. Juli 2013 neue Regelungen für die Inhaftierung von Asylsuchenden eingeführt. Nach den neuen Regelungen können Asylantragsteller in Ungarn u. a. inhaftiert werden (vgl. § 31/A Abs. 1a - f für die Inhaftierungsgründe), um ihre Identität bzw. Staatsangehörigkeit festzustellen (§ 31/A Abs. 1a), wenn sie sich den Behörden entziehen oder die Durchführung des Asylverfahrens auf andere Art und Weise behindern (§ 31/A Abs. 1b) oder eine begründete Annahme besteht, dass sie die Durchführung des Asylverfahrens verzögern oder vereiteln bzw. Fluchtgefahr besteht, zwecks Feststellung der erforderlichen Daten zur Durchführung des Asylverfahrens (§ 31/A Abs. 1c). Darüber hinaus kann die Haft aus Gründen der nationalen bzw. öffentlichen Sicherheit (§ 31/A Abs. 1d), bei der Einreichung des Asylantrags im Rahmen eines Flughafenverfahrens (§ 31/A Abs. 1e) und bei Verstößen gegen die vorgeschriebene Erscheinungspflicht nach Aufforderung angeordnet werden (§ 31/A Abs. 1f). Gemäß § 31/B Abs. 1 des Asylhaftgesetzes darf die Asylhaft nicht ausschließlich aus dem Grund erfolgen, dass der Antragsteller einen Anerkennungsantrag eingereicht hat. Darüber hinaus wird Asylhaft nach Ermessen und vorheriger Abwägung ausschließlich dann angeordnet, wenn deren Zweck durch die Anwendung der zur Verfügung stehenden Maßnahmen der Sicherung nicht gewährleistet ist (§ 31/A Abs. 2 und 3).

Zwar trifft zu, dass im Hinblick auf die für eine Inhaftierung von bis zu 6 Monaten geltenden Haftgründe der Feststellung der Identität oder Nationalität sowie des weit gefassten Haftgrundes des Bestehens ernstlicher Gründe für die Annahme, der Asylsuchende werde das Asylverfahren verzögern oder vereiteln, Befürchtungen geäußert wurden, es könne zu einer massenhaften Inhaftierung kommen (s. etwa Brief information note on the main asylumrelated legal changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 2). Das Gericht geht jedoch davon aus, dass diese Kritik vor allem auf Erfahrungen aus der Vergangenheit beruht (ebenso VG Potsdam v. 29.1.2014 - 6 L 29/14.A - juris; VG Ansbach, U. v. 9.1.2014 - AN 2 K 13.30581 - juris). Hinweise, dass sich diese Befürchtungen bislang tatsächlich bestätigt hätten, bestehen aber nach Auffassung des Gerichts nicht. Wie sich der aktuellen Lageeinschätzung des Vereins „bordermonitoring.eu“ vom 20. August 2013 entnehmen lässt, erfolgen Inhaftierungen von Asylbewerbern in Ungarn lediglich in Einzelfällen. Auch aus der zwischenzeitlichen Berichterstattung von Pro Asyl, bordermonitoring.eu oder dem UNHCR hat sich nicht ergeben, dass nach dem neuen Asylhaftgesetz in Ungarn Dublin-II-bzw. Dublin III-Rückkehrer automatisch inhaftiert würden und deren Asylverfahren gefährdet seien. Eine maßgebliche Änderung der Sachlage hat sich daher zwischenzeitlich nicht ergeben, jedenfalls erscheint eine solche als nicht ausreichend dokumentiert, wobei insbesondere darauf abgestellt wird, dass hierfür kompetente Stellen wie des UNHCR und das EASO systemische Mängel im Asylsystem in Ungarn feststellen müssten. Dies ist soweit ersichtlich aber - auch nach der vorgetragenen Gesetzesänderung in Ungarn - nicht geschehen.

Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem von der Bevollmächtigten des Antragstellers benannten Update von Pro Asyl von Oktober 2013 zum Bericht von März 2012, „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“. Soweit dort Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt werden, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche ebenfalls noch keine systemischen Mängel dar. Im Übrigen wird dort auch noch keine endgültige Bewertung zu den Gesetzesänderungen abgegeben. Vielmehr basieren die dortigen Überlegungen, etwa soweit hier argumentiert wird, dass davon auszugehen sei, dass die angenommenen systemischen Mängel in Ungarn deshalb noch weiter zunehmen würden, weil die vorhandenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende keinesfalls in der Lage wären, eine menschenwürdige Unterbringung für den Fall zu gewährleisten, dass ein Großteil der Asylantragsteller, die sich derzeit in anderen EU-Staaten aufhalten, zurück nach Ungarn überstellt würde, auf Annahmen und sind keine Darstellung der gegenwärtigen Situation. Daher greifen auch die dahingehenden Einwände der Bevollmächtigten des Antragstellers nicht durch, zumal aus dem Vortrag deutlich wird, dass die geäußerten Bedenken auf Vermutungen beruhen („voraussichtlich“).

Gleiches gilt für den aktuellen Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom 8. Oktober 2013 („Briefing paper of the Hungarian Helsinki Committee for the Arbitrary Detention UN Commission of Human Rights“, abrufbar unter: http://helsinki.hu/wpcontent/uploads/HHC_briefingpaper_UNWGAD_8_Oct_2013.pdf). Auch darin werden Mängel im ungarischen Asylverfahren, insbesondere, dass im ungarischen Asylgesetz kein umfassender Haftausschluss für besonders schutzbedürftige Personengruppen aufgenommen wurde (S. 17), dargelegt. Jedoch wurde positiv erwähnt, dass die Einführung des Haftausschluss für unbegleitete Minderjährige sogar über die Regelungen der Richtlinie 2013/33/EU hinausgeht. Insgesamt lassen sich jedoch auch hieraus jedenfalls für Personen, die keiner der besonders schutzwürdigen Gruppe angehören (vgl. National Country Report Hungary der Asylum Information Database vom 13.12.2013, S. 44 ff.), keine systemischen Mängel im ungarischen Asylverfahren erkennen, da es sich darin vorwiegend um einzelfallbezogene Ausführungen handelt.

Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten (zu diesem Ergebnis gelangen auch VG Regensburg, B. v. 14.2.2014 - Rn. 5 S 14.30112 - juris; VG Augsburg, B. v. 5.12.2013 - Au 7 S 13.30454 - juris; VG Ansbach, B. v. 3.12.2013 - AN 11 S 13.31074; B. v. 10.2.2014 - AN 1 S 14.30086; VG Augsburg, B. v. 26.2.2014 - Au 7 S 14.30131 - juris; VG München, B. v. 5.2.2014 - M 21 S 14.30105; a.A. VG München, B. v. 23.12.2013 - M 23 S 13.31303; B. v. 6.12. 2013 - M 22 S 13.31235; jeweils mit der Feststellung, dass die Verhältnisse in Ungarn nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen seien).

Nach alldem ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Mangels Erfolgsaussichten ist auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

...

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 14. Feb. 2014 - 5 S 14.30112

bei uns veröffentlicht am 14.02.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine Abschiebungsanordnung in einem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt).

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge senegalesischer Staatsangehöriger. Im Juli 2013 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 25.7.2013 einen Asylantrag stellte.

In einer Befragung zur Vorbereitung der Anhörung durch das Bundesamt am 13.12.2013 gab der Antragsteller an, er habe Senegal schon vor längerer Zeit verlassen. Er habe zunächst etwa viereinhalb Jahre in Griechenland gelebt. Von dort aus sei er nach Mazedonien gereist und dann über Serbien nach Ungarn. Sowohl in Griechenland als auch in Ungarn seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden. In Ungarn sei er einen Tag lang inhaftiert und dann in ein Camp gebracht worden. Ungarn habe er als Mitfahrer in einem Auto verlassen.

Da ein EURODAC-Datenabgleich einen Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarn ergab, stellte das Bundesamt am 19.12.2013 ein Übernahmeersuchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 (ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1 ff. - im Folgenden: Dublin-II-VO) an Ungarn. Mit Schreiben vom 2.1.2014 akzeptierten die ungarischen Behörden das Wideraufnahmegesuch und erklärten sich bereit, den Antragsteller gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) Dublin-II-VO aufzunehmen.

Mit Bescheid vom 20.1.2014, dem Antragsteller zugestellt am 27.1.2014, entschied das Bundesamt, dass der Asylantrag unzulässig sei. Aufgrund des seitens des Antragstellers bereits in Ungarn gestellten Asylantrages sei dieses Land für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auslösen könnten, seien nicht ersichtlich. In Ziffer 2 des Bescheides wurde die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet.

Am 3.2.2014 ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.30110 geführt wird. Zugleich ließ er in Bezug auf die Abschiebungsanordnung vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts, weil die Umstände in Ungarn für Asylbewerber untragbar seien. Sie würden dort in besonderen Haftanstalten inhaftiert. Die Situation, die in verschiedenen Berichten geschildert werde, werde zusätzlich durch eine Gesetzesänderung vom 1.7.2013 verschärft. Durch die Gesetzesänderung seien die Gründe für eine Inhaftierung von Asylsuchenden massiv erweitert worden. Ferner müsse befürchtet werden, dass eine Rückschiebung in den Herkunftsstaat erfolge, ohne dass vorher ein rechtmäßiges Asylverfahren durchgeführt werde. In vielen Fällen könnten Dublin-II-Rückkehrer auch keine Unterkunft oder Unterstützungsleistungen beanspruchen, weshalb verschiedene deutsche Gerichte systematische Mängel in der Durchführung des Asylverfahrens in Ungarn erkennen würden und eine Überstellung nach Ungarn als unzulässig ansehen würden.

Ferner müsse bedacht werden, dass Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens überhaupt nicht zuständig sei, da sich der Antragsteller bereits über einen langen Zeitraum in Griechenland aufgehalten habe, bevor er nach Ungarn gereist sei.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20.1.2014 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides,

den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf das den Antragsteller betreffende Aktengeheft des Bundesamtes, das dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.

Grundsätzlich kann das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes durch Gesetz angeordnet ist, wie dies vorliegend der Fall ist (vgl. §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 75 Satz 1 AsylVfG). Seit dem 6.9.2013 gilt dies auch für nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebungen. Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO sind in derartigen Fällen nach § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen.

Vorliegend hat das Bundesamt die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützt. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Hier hat das Bundesamt die Abschiebung nach Ungarn angeordnet, weil die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 24.9.2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) Dublin-II-VO erklärt haben. Somit steht fest, dass die Abschiebung nach Ungarn - als EU-Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat im Sinne des § 26 a AsylVfG - durchgeführt werden kann.

Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens sei zunächst auf zweierlei hingewiesen.

Für die Bestimmung des zur Prüfung des Asylbegehrens zuständigen Mitgliedstaates gelten im vorliegenden Fall allein die Bestimmungen der Dublin-II-VO. Zwar ist die Nachfolgeregelung - die sog. Dublin-III-VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 - ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 ff.) bereits im Juli 2013 in Kraft getreten. Allerdings bestimmt Art. 49 Abs. 2 Dublin-III-VO, dass auf Asylanträge, die vor dem 1.1.2014 gestellt worden sind, weiterhin die Zuständigkeitskriterien der Dublin-II-VO anwendbar sind.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den europarechtlichen Zuständigkeitsvorschriften um reine zwischenstaatliche Regelungen handelt, die grundsätzlich keine subjektiven Rechten von Asylbewerbern begründen, wonach das Asylverfahren in einem bestimmten Mitgliedstaat durchgeführt werden muss. Die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das europäische Zuständigkeitssystem lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens eines Drittstaatsangehörigen gewährleistet sein muss. Demgemäß sind die in der Dublin-II-VO niedergelegten Zuständigkeitsregeln an die Mitgliedstaaten adressiert und sehen Rechte und Pflichten für die EU-Mitgliedstaaten vor. Ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat besteht daher grundsätzlich nicht (VGH BW vom 6.8.2013, Az. 12 S 675/13 ; VG Regensburg vom 18.7.2013, Az. RN 5 K 13.30027 und Az. RN 5 K 13.30029 ; VG Trier vom 30.5.2012, Az. 5 K 967/11 TR ; VG Freiburg vom 4.10.2010, Az. A 4 K 1705/10 ; Hailbronner, AuslR, Bd. 3, § 27 a AsylVfG, Rn. 26 ff. m. w. N.).

Deshalb spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob Ungarn tatsächlich für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder ob - wie der Antragsteller meint - Griechenland der zuständige Mitgliedstaat ist. Auch § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG lässt schließlich nicht nur die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu, sondern auch eine Abschiebung in einen sicheren Drittstaat im Sinne des § 26 a AsylVfG. Ungarn als Mitglied der Europäischen Union ist gemäß § 26 a Abs. 2 AsylVfG ein solcher sicherer Drittstaat.

Einen Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO hat das Bundesamt mit ausreichender Begründung dahingehend verneint, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe hierfür nicht ersichtlich seien. Auch der Antragsteller hat derartige außergewöhnliche humanitäre Gründe - mit Ausnahme der aus seiner Sicht systematischen Mängel des ungarischen Asylverfahrens (vgl. dazu unten) - nicht vorgetragen. Es fehlt somit schon an jeglicher Voraussetzung dafür, im Hinblick auf das Selbsteintrittsrecht überhaupt ein Ermessen auszuüben. Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO stellt einen Selbsteintritt nicht in das freie Ermessen des jeweiligen Mitgliedsstaats, da nämlich von einer - im Einzelfall widerlegbaren - Vermutung der Beachtung der Grundrechte durch den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaat auszugehen ist und das gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeitssystem nicht unterlaufen werden darf. Auch Gründe für eine Prüfung im Weg von Art. 15 Dublin-II-VO sind nicht ersichtlich. Es verbleibt somit zunächst bei der Zuständigkeit von Ungarn als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigem Staat (VG Ansbach, vom 30.9.2013, Az. AN 10 S 13.30742 ).

Der Regelung des § 34 a AsylVfG, wonach die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Grundlage und Rechtfertigung des gemeinsamen europäischen Asylsystems ist die Vermutung, dass das Asylverfahren und die Aufnahme der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat in Einklang steht mit den Anforderungen der Charta der Grundrechte der EU, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Deshalb ist davon auszugehen, dass dem Asylsuchenden im Zielstaat der Abschiebung keine politische Verfolgung droht (vgl. BVerfG vom 14.5.1996, BVerfGE 94,49 ff.).

Die Rechtsprechung lässt jedoch in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann mit der Folge durchbrochen, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, wenn - wie dies der Europäische Gerichtshof formuliert - ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systematische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (vgl. EuGH vom 21.12.2011, verbundene Rechtssachen C 411/10 und C 393/10, NVwZ 2012, 417).

Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin-II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin-II-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch machen muss. Mit anderen Worten muss in derartigen Fällen in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedsstaat ist unzulässig. Nur unter diesen Voraussetzungen hat der Asylbewerber ausnahmsweise ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland.

In Bezug auf Ungarn ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihm als Dublin-Rückkehrer eine Existenzgefahr im Sinne einer Verelendung droht. Denn nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist derzeit nicht (mehr) davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden. Womöglich vorkommende Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung jedenfalls nicht in Frage.

Mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Beschluss vom 6.8.2013, Az. 12 S 675/13 ) geht der zur Entscheidung berufene Einzelrichter davon aus, dass das ungarische Asylrecht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards steht und die wichtigsten Garantien enthält. Für die im Eilverfahren nur mögliche summarische Prüfung ist davon auszugehen, dass trotz möglicher Mängel in der Durchführung des Asylverfahrens durch die ungarischen Behörden diese Verpflichtungen jedenfalls soweit eingehalten werden, dass eine Rückführung nach Ungarn als zuständigen Staat zumutbar ist. Zwar ergibt sich aus dem vom Antragsteller zitierten Bericht des ungarischen Helsinki-Komitees vom April 2011, dass Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen in Ungarn beanstandenswert und teilweise unzureichend waren. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Auch in der Anwendungspraxis zeigten sich durchaus Mängel (UNHCR, Ungarn als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn, April 2012 - im Folgenden: UNHCR-Bericht). Unregelmäßigkeiten tauchten vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Ungarn rücküberstellt wurden. Der Zugang zum ungarischen Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer wurde als problematisch bewertet (UNHCR-Bericht, S. 9). Diese hätten nur eingeschränkt Zugang zu einem Asylverfahren, weil sie nicht automatisch als Antragsteller behandelt würden. Ihr Asylantrag würde nach der Rücküberstellung als Folgeantrag gewertet (UNHCR-Bericht, S. 9; Amnesty International, Positionspapier zur Rücküberstellung nach Ungarn vom 22.10.2012). In den meisten Fällen folge bei einer Rückkehr nach Ungarn die Verhängung von Verwaltungshaft (UNHCR-Bericht, S. 10). Die Asylsuchenden hätten im Verfahren zur Prüfung von Folgeanträgen keinen Anspruch auf die selben Leistungen wie Personen, die einen Erstantrag gestellt haben, selbst wenn ihre Anträge inhaltlich noch nicht geprüft worden seien (UNHCR-Bericht, S. 14).

Diese Erkenntnisse müssen zwischenzeitlich jedoch als überholt gelten. In einem aktuelleren Bericht vom Dezember 2012 führt der UNHCR nämlich aus, dass das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet hat. Dublin-Rückkehrer werden danach nicht inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen (UNHCR, Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia - update - UNHCR observations on Hungary as a country of Asylum, Dezember 2012). Diese Erkenntnisse decken sich mit den Angaben von Liaison-Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beim ungarischen Amt für Staatsbürgerschaft und Einwanderung, die sowohl vom OVG Magdeburg (Beschluss vom 31.5.2013, Az. 4 L 169/12 ) als auch vom VG Augsburg (Beschluss vom 22.4.2013, Az. Au 6 S 13.30099 ) angeführt werden. Ausgehend von der Äußerung des UNHCR ist im konkreten Fall des Antragstellers nicht zu erkennen, dass derart eklatante Missstände vorliegen, die derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass er in Ungarn der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt würde.

Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erkenntnis des Österreichischen Asylgerichtshofes vom 9.7.2013 (S 21 436096-1/2013 - abrufbar im Rechtsinformationssystem (RIS) des Österreichischen Bundeskanzleramtes: www.r...at). Dieser hat ausdrücklich festgestellt, dass in Ungarn am 1.1.2013 ein überarbeitetes Asylgesetz in Kraft getreten ist, das die nötigen Verbesserungen gebracht habe, weshalb nicht erkannt werden könne, „dass im Hinblick auf Asylbewerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, so dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde“.

Auch aufgrund der in Ungarn am 1.7.2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung im dortigen Asylgesetz, wonach die Möglichkeiten der Inhaftierung von Asylsuchenden erweitert worden sind, führen zu keiner anderen Einschätzung. Zu dieser Gesetzesänderung liegen dem Gericht drei Äußerungen von Nichtregierungsorganisationen vor (UNHCR, Comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts fort he purpose of legal harmonisation vom 12.4.2013; Hungarian Helsinki Committee, Brief Information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013; European Council of Refugees an Exiles, Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers), die in englischer Sprache verfasst sind und die keine generelle Empfehlung aussprechen, Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht nach Ungarn zu überstellen. Mit dem OVG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 31.5.2013, Az. 4 L 169/12) vermag der zur Entscheidung berufene Einzelrichter nicht zu erkennen, dass die Neuregelungen zu systematischen Mängeln des Asylverfahrens in Ungarn führen. Aus den zitierten Berichten ergibt sich nicht, dass eine mögliche Inhaftierung von Asylbewerbern nach den neuen Regelungen in Ungarn eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass Ungarn damit gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK verstoßen würde. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den neuen Regelungen um eine Verletzung des Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 vom 13.12.2005, S. 13 ff.) handelt, wonach die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam nehmen, weil sie ein Asylbewerber ist. Vielmehr wird in einem Bericht des UNHCR (Comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts fort the purpose of legal harmonisation vom 12.4.2013) gerade darauf verwiesen, dass Ungarn mit den Gesetzesänderungen teilweise Vorgaben einer (geplanten) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Asylbewerbern umsetzen wolle.

Auch ist nicht ersichtlich, dass in Ungarn Haftbedingungen bestehen, welche die aufgrund der geplanten Regelungen inhaftierten Asylbewerber einer erniedrigenden Behandlung aussetzen. Berichte zu Haftbedingungen aus der Vergangenheit bezogen sich auf Fälle der automatischen Inhaftierung von Asylbewerbern und Dublin-Rückkehrern. Eine solche automatische Inhaftierung findet aber gerade nicht mehr statt (OVG Sachsen-Anhalt vom 31.5.2013, Az. 4 L 169/12).

Nach alledem vermag das Gericht derzeit keine systematischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten (zu diesem Ergebnis gelangen auch: VGH Baden-Württemberg vom 6.8.2013, Az. 12 S 675/13 ; OVG Sachsen-Anhalt vom 31.5.2013, Az. 4 L 169/12; VG Ansbach vom 8.11.2013, Az. AN 11 S 13.30890 ; VG Potsdam vom 14.11.2013, Az. 6 L 787/13.A ; VG Augsburg vom 25.7.2013, Az. Au 7 S 13.30210 sowie vom 22.4.2013, Az. Au 6 S 13.30099 ; VG Regensburg vom 12.4.2013, Az. RO 9 S 13.30112 ; VG Trier vom 15.1.2013, Az. 5 L 51/13.Tr ).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.