Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 15. Juni 2012 - 11 A 21/11

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:0615.11A21.11.0A
15.06.2012

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, das durch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beteiligten zu 3. begründet worden ist.

2

Der Antragsteller ist das Land Sachsen-Anhalt, das gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – durch den Ministerpräsidenten gesetzlich vertreten wird. Dieser hat die Vertretungsbefugnis auf den jeweiligen Ressortchef (Minister) übertragen hat (Art. 68 Abs. 2 und 69 Abs. 1 Satz 2 LVerf, § 6 der Geschäftsordnung der Landesregierung). Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat mit seinem Schreiben vom 01. März 2011 den Präsidenten der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (LLFG) aufgefordert und – die Ermächtigung, Untervollmacht zu erteilen, eingeschlossen – bevollmächtigt, dem Weiterbeschäftigungsverlangen eines Jugend- und Auszubildendenvertreters entgegenzutreten und – wenn nötig – gerichtliche Verfahren einzuleiten.

3

Der Beteiligte zu 1. ist der Gesamtpersonalrat beim „“. Das ist durch § 26a des Waldgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 13. April 1994 (GVBl. LSA S. 520), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 16. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 715) errichtet worden und besteht seit dem 01. Januar 2010. Das ist die einzige (alleinige) Nachfolgeeinrichtung des Landesbetriebes für Privatwaldbetreuung und Forstservice (LPF). Alle Rechte und Pflichten, die der Landesbetrieb für Privatwaldbetreuung und Forstservice wahrgenommen hat, sind auf das übergegangen (Runderlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt vom 29. Dezember 2009, MBl. LSA S. 38).

4

Die Beteiligte zu 2. ist die D., die am 21. September 2010 gewählt wurde.

5

Der am 16. August 1991 geborene Beteiligte zu 3. ist Mitglied der D. .

6

Im Juli 2008 schlossen der Antragsteller und der Beteiligte zu 3. einen Berufsausbildungsvertrag. Auf dieser vertraglichen Grundlage wurde der Beteiligte zu 3. ab dem 01. August 2008 in dem damaligen Landesbetrieb für Privatwaldbetreuung und Forstservice (LPF) zum Fortwirt ausgebildet. Die Ausbildung war auf drei Jahre angelegt. Das Forstamt Harz, Außenstelle Elend, war die Ausbildungsdienststelle.

7

Zum 01. Januar 2010 ging der Landesbetrieb für Privatwaldbetreuung und Forstservice (LPF) in dem auf, das die Ausbildung des Beteiligten zu 3. fortführte. Im September 2010 fanden Wahlen zur Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung statt. Es waren fünf Vertreter zu wählen. 83 Stimmen wurden abgegeben. Der Beteiligte zu 3. ist einer von den fünf Vertretern, die gewählt wurden.

8

Mit Schreiben vom 01. März 2011 forderte der Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt den Präsidenten der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau auf, dem (potentiellen) Weiterbeschäftigungsverlangen der Jugend- und Auszubildendenvertreter entgegenzutreten. Gleichzeitig bevollmächtigte der Minister den Präsidenten mit der Maßgabe, Untervollmacht zu erteilen.

9

Der in dieser Weise angewiesene und ermächtigte Präsident der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau forderte mit Schreiben vom 10. März 2011 den Betriebsleiter des Landeszentrums Wald auf, dem (potentiellen) Weiterbeschäftigungsverlangen der Jugend- und Auszubildendenvertreter entgegenzutreten.

10

Unter dem 07.04.2011 teilte der Betriebsleiter des Landeszentrums Wald dem Beteiligten zu 3. mit, dass – nach bestandener Abschlussprüfung – eine Weiterbeschäftigung in der Landesforstverwaltung nicht möglich sei.

11

Mit Schreiben vom 21. April 2011 übersandte das A. dem Betriebsleiter des Landeszentrums Wald „eine Übersicht über die Planstellen und Stellen, die im Haushaltsjahr 2011 dem LZW im Rahmen der im Wirtschaftsplan veranschlagten Haushaltsmittel zur Verfügung stehen“. Danach soll das 121 Waldarbeiter (121 Vollbeschäftigteneinheiten, VbE) beschäftigen. Es beschäftigt aber 264 Waldarbeiter. 143 Waldarbeiter sollen bis zum Jahr 2020 „abgeschmolzen“ werden; sie werden haushaltsrechtlich in der Titelgruppe 96 geführt und als Personalüberhang bezeichnet.

12

Mit seinem Schreiben vom 27. Juli 2011 beantragte der Beteiligte zu 3. seine Weiterbeschäftigung nach bestandener Abschlussprüfung. Am 29. Juli 2011 legte der Beteiligte zu 3. die Abschlussprüfung zum „Forstwirt“ mit Erfolg ab.

13

Mit Schreiben vom 10. August 2011 – eingegangen am selben Tage – hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschussverfahren mit dem Ziel eingeleitet, dass durch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beteiligten zu 3. vom 27.07.2011 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen. Der Antragsteller führte zur Begründung aus, dass das Auflösungsverlangen zulässig und begründet sei. Es lägen Tatsachen vor, aufgrund derer ihm, dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 3. nicht zuzumuten sei. Eine Weiterbeschäftigung eines (ehemaligen) Jugend- und Auszubildendenvertreters sei unzumutbar, wenn die Weiterbeschäftigung auf rechtliche und tatsächliche Hindernisse stoße, weil z. B. kein ausbildungsgerechter Dauerarbeitsplatz zur Verfügung stehe. Diese Voraussetzung sei hier gegeben. In dem als Anlage zum Wirtschaftsplan 2011 geführten Bedarfsplan seien für das finanzielle Mittel für insgesamt 121 Waldarbeiter (Vollbeschäftigteneinheiten = VbE) veranschlagt. Für das so genannte Überhangpersonal (143 Waldarbeiter) seien zusätzliche Mittel aufzubringen. Da der Wirtschaftsplan Bestandteil des Haushaltsplans sei, bestünden Einsparzwänge, die Neueinstellungen im Bereich der Waldarbeiter ausschlössen.

14

Der Antragsteller beantragt,

15

das durch das Weiterbeschäftigungsverlangen vom 27.07.2011 begründete Arbeitsverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten zu 3. aufzulösen.

16

Die Beteiligten zu 1. und 3. beantragen,

17

den Antrag abzulehnen.

18

Der Beteiligte zu 1. weist darauf hin, dass in dem Jugendwaldheim in Arendsee eine Stelle für einen Forstwirt frei sei. Diese Stelle sei schon im Jahre 2010 ausgeschrieben gewesen. Die Ausschreibung sei in den Jahren 2011 und 2012 wiederholt worden. Sie habe immer noch keinen Erfolg gehabt. Diese Stelle sollte dem Beteiligten zu 3. angeboten werden.

19

Der Beteiligte zu 3. schließt sich diesem Vortrag an.

20

Der Antragsteller repliziert, dass er ausschließen könne, dass es sich bei der angesprochenen freien Stelle um eine externe Ausschreibung handele. Es könne sich allenfalls um eine interne Ausschreibung handeln. Eine interne Ausschreibung würde zu keinem Aufwuchs der Personalkosten führen. Wenn der Beteiligte zu 3. in Arendsee beschäftigt würde, käme es zu einem Aufwuchs der Personalkosten.

21

Die Vertreter des Beteiligten zu 2. bemängeln die Aussagekraft der von dem Antragsteller vorgelegten Anlagen 8 und 9. Der Begriff „Kopftausch“ sei in keinem Kommentar zum Bundes- oder Landespersonalvertretungsgesetz zu finden. Die vorletzte Spalte der Anlage 9 („Bereinigt Personal LPF“) sei überholt, da der Landesbetrieb für Privatwaldbetreuung und Forstservice zum 31.12.2009 abgewickelt worden sei. Außerdem weisen die Vertreter des Beteiligten zu 2. darauf hin, dass dem neue Aufgaben zugewiesen worden seien und der Altersdurchschnitt bei den Waldarbeitern bei ca. 56 Jahren liege.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte.

II.

23

Der Antrag ist zulässig (1.) und auch begründet (2.).

24

Der Antrag des Antragstellers, das durch das Weiterbeschäftigungsverlangen vom 27.072011 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, ist an § 9 BPersVG zu messen, der gemäß § 107 Satz 2 BPersVG zu den Vorschriften gehört, die in den Bundesländern unmittelbar gelten (Beschluss des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. Dezember 2003, Az.: 6 P 11.03, BVerwGE 119, 270, 271).

25

1. Der Antrag ist form- und fristgerecht gestellt worden.

26

Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG kann der Arbeitgeber spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht beantragen, festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis nach den Absätzen 2 oder 3 nicht begründet wird oder dass das bereits begründete Arbeitsverhältnis wieder aufzulösen ist, weil Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

27

Das antragstellende Land ist Arbeitgeber im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG. Arbeitgeber ist derjenige, der beim Vertragsschluss Vertragspartner des Arbeitnehmers wäre. Für den Arbeitgeber handelt derjenige, der den Arbeitgeber im gerichtlichen Verfahren zu vertreten hat (Beschluss des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. Dezember 2003, a. a. O., S. 272). Wer das Land Sachsen-Anhalt vertreten darf, ist in Art. 69 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt geregelt. Danach wird das Land durch den Ministerpräsidenten vertreten, der diese Befugnis delegieren darf. Er kann – wie geschehen – die Vertretungsbefugnis auf die Ressortchefs, die Minister, die gemäß Art. 68 Abs. 2 LVerf ihren Geschäftsbereich selbstständig und in eigener Verantwortung leiten, übertragen.

28

Hier hat der Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt mit Schreiben vom 01. März 2011 den „nachgeordneten Bereich“, den Präsidenten für Landwirtschaft, Forst und Gartenbau (LLFG) angewiesen, ermächtigt und bevollmächtigt, dem (potentiellen) Weiterbeschäftigungsverlangen der Jugend- und Auszubildendenvertreter entgegenzutreten. Mit Schreiben vom 10.03.2011 hat der Präsident der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forst und Gartenbau die genannte Aufgabe auf den Betriebsleiter des Landeszentrums Wald delegiert, der den Auflösungsantrag innerhalb von 14 Tagen nach Ausbildungsabschluss (29.07.2011) bei Gericht eingereicht hat.

29

2. Der – kraft wirksamer Vertretung – fristgerecht gestellte Auflösungsantrag ist begründet. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG ist ein Auflösungsbegehren begründet, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

30

Nach der Rechtsprechung des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts, die sich die beschließende Kammer zu eigen macht, ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses insbesondere dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber dem Jugendvertreter zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz bereitstellen kann, der dessen Ausbildung entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch der Vergütung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der vom Arbeitgeber für eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und eingestellt worden ist.

31

Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für einen Jugend- und Auszubildendenvertreter zur Verfügung steht, kommt es grundsätzlich allein auf den Bereich der Ausbildungsdienststelle an. Für die Dienststellenbezogenheit des Weiterbeschäftigungsanspruchs spricht, dass auch die in § 9 BPersVG geschützten personalvertretungsrechtlichen Funktionen dienststellenbezogen sind. Personalräte und Jugend- und Auszubildendenvertretungen werden in Dienststellen gebildet. Aus diesem Grund erstreckt sich der Schutzbereich des § 9 BPersVG auf diejenige Dienststelle, bei welcher die personalvertretungsrechtlichen Funktionen wahrgenommen wird (Beschluss des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. November 2005, Az.: 6 P 3.05, Rdnr. 22 und 23, veröffentlicht in juris).

32

Der gesetzlich verbürgte Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 9 Abs. 2 und 3 BPersVG) bezweckt, Auszubildenden vor Personalmaßnahmen zu bewahren, die sie an der Ausübung ihrer Personalrats- und Jugendvertreterarbeit hindern oder ihre Unabhängigkeit in dieser Arbeit beeinträchtigen können. Indem § 9 BPersVG die amtierende Personalvertretung bzw. Jugend- und Auszubildendenvertretung von dauernden oder vorübergehenden Änderungen ihrer Zusammensetzung schützt, dient er zugleich der Kontinuität der Gremienarbeit. Das kollektivrechtliche Element des Schutzes wird nicht erreicht, wenn der Ausbildende in einer anderen Dienststelle weiterbeschäftigt wird. Denn dadurch würde seine Mitgliedschaft im Personalrat bzw. in der Jugend- und Auszubildendenvertretung erlöschen.

33

Die Dienststellenbezogenheit des Weiterbeschäftigungsanspruchs bewirkt, dass sich das Schutzniveau der Gesamtjugend- und Gesamtauszubildendenvertreter erhöht. Für diese Vertreter ist zu prüfen, ob in der (Gesamt-)Dienststelle, der sie zugeordnet sind, ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz zur Verfügung steht.

34

Ein freier unbesetzter ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz stand im in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (29. Juli 2011) beziehungsweise Zeitraum (April bis August 2011) aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung.

35

Das Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2010 und 2011 – HG 2010/2011 – vom 17. Februar 2010 in der Fassung vom 26. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 56 ff) verpflichtet zur Haushaltskonsolidierung (§ 1 Abs. 2 HG 2010/2011) und ermächtigt den Minister der Finanzen, den einzelnen Ressorts Sparziele vorzuschreiben.

36

Von dieser Ermächtigung hat der Minister der Finanzen mit dem Haushaltsführungserlass vom 29. Dezember 2010 (MBl. LSA 2011, 49) Gebrauch gemacht. So hat er unter der Überschrift „Allgemeines zur Haushalts- und Wirtschaftsführung“ (I. 1.) angeordnet, dass „sämtliche Maßnahmen von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung“ seiner Einwilligung bedürfen. Unter der Überschrift „Hinweise zur Bewirtschaftung“ (II. 1.3) hat er „Neueinstellungen (auch befristete Neueinstellungen)“ grundsätzlich verboten und nur für den Fall für zulässig erklärt, dass „nachweislich kein geeigneter Personalüberstand in den Titelgruppen zur Verfügung steht und das PersonalServiceCenter eine Negativbescheinigung ausgestellt hat“. Die Übernahme von Auszubildenden, Anwärtern und Referendaren sei zustimmungsbedürftig, bedarfsabhängig und an dem Personalentwicklungskonzept 2009 auszurichten.

37

Zudem hat der Minister der Finanzen angeordnet, dass alle nicht benötigten Mittel den veranschlagten globalen Minderausgaben in Höhe von 176 155 600 Euro zuzuführen sind (II. 2), und vorgeschrieben, dass alle Landesbetriebe – also auch das – eine globale Minderausgabe von 5 Millionen Euro erwirtschaften müsse (II. 4). Außerdem ist dem A. aufgegeben worden, im Rahmen des Vollzugs des Zweiten Funktionalreformgesetzes, das zur Errichtung des Landeszentrums Wald (§ 26a WaldG LSA) geführt hat, weitere 1,8231 Millionen Euro einzusparen.

38

In Anbetracht dieser haushaltsrechtlichen Vorgaben und dem – unbestrittenen – Personalüberhang im – praktisch jeder zweite Waldarbeiter wird in der Titelgruppe 96 geführt und gehört somit zu dem Personal, das im Geschäftsbereich des Landeszentrums Wald nicht mehr benötigt wird – ist es dem Antragsteller nicht zuzumuten, den Beteiligten zu 3. in ein unbefristetes ausbildungsadäquates Arbeitsverhältnis zu übernehmen.

39

Die bei dem Jugendwaldheim in Arendsee für einen Forstwirt ausgeschriebene Stelle rechtfertigt keine andere Entscheidung, weil es sich – nach den überzeugenden Bekundungen des Vertreters des Antragstellers – um eine Stelle handelt, die nur intern ausgeschrieben worden ist und nur mit Überhangpersonal besetzt werden darf.

40

Zum Überhangpersonal gehört der Beteiligte zu 3. nicht. Er war bis zum 29. Juli 2011 Auszubildender und steht – ungeachtet der Fiktion des § 9 Abs. 2 BPersVG – einem externen Bewerber gleich, weil seine (unbefristete) Übernahme in den Landesdienst zu einem Personalkostenaufwuchs führen würde, was bei der Besetzung der Stelle mit einem Beschäftigten aus der Gruppe des Überhangpersonals (Titelgruppe 96) nicht der Fall wäre.

41

Eine „Bewerbung“ des Beteiligten zu 3. um die bei dem Jugendwaldheim in Arendsee (intern) ausgeschriebene Stelle eines Forstwirts hätte auch keinen Vorrang vor deren Besetzung mit einem Beschäftigten im Personalüberhang. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat diese Frage bereits entschieden und in seinem Beschluss vom 04. Juni 2009, 6 PB 6/09, veröffentlicht in juris, ausgeführt:

42

„Der Senat entnimmt den Ausführungen in der Beschwerdebegründung – insbesondere auch mit Blick auf die Bemerkung in ihrem letzten Absatz –, dass es den Beteiligten letztlich um die Klärung der Frage geht, ob die Weiterbeschäftigung eines Jugendvertreters auf einer freien Stelle Vorrang hat vor deren Besetzung mit einem Beschäftigten im Personalüberhang. Diese Frage ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu verneinen, so dass es der Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

43

Der Senat hat bereits entschieden, dass der öffentliche Arbeitgeber einen Mitarbeiter nicht kündigen muss, um dem Jugendvertreter einen Arbeitsplatz zu verschaffen (vgl. Beschluss vom 1. November 2005 – BVerwG 6 P 3.05 – BVerwGE 124, 292 <308> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 43), und dass er eine im Zeitpunkt des Ausbildungsendes unbesetzte Stelle für eine aus dem Erziehungsurlaub zurückkehrende Mitarbeiterin freihalten darf (vgl. Beschluss vom 11. März 2008 – BVerwG 6 PB 16.07 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 30 Rn. 4). Durch derartige Vorgänge wird nämlich der Normzweck des §9 BPersVG nicht berührt. Dieser geht dahin, den Jugendvertreter vor nachteiligen Folgen seiner Amtsausübung zu schützen (vgl. Beschlüsse vom 1. November 2005 a.a.O. S. 297 bzw. Rn. 23 und vom 19. Januar 2009 – BVerwG 6 P 1.08 – juris Rn. 26 und 30). Der Jugendvertreter kann dadurch diskriminiert werden, dass statt seiner andere Absolventen der Berufsausbildung weiterbeschäftigt oder externe Bewerber eingestellt werden. Hingegen liegt eine Benachteiligung typischerweise nicht vor, wenn der öffentliche Arbeitgeber lediglich gegenüber dem Stammpersonal seiner Weiterbeschäftigungspflicht nachkommt.

44

Ebenso verhält es sich, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber zu einem sozialverträglichen Personalabbau entschlossen hat. Dieser geht dahin, frei werdende Stellen nach Möglichkeit mit Beschäftigten zu besetzen, die sich im Personalüberhang befinden. Eine solche Verfahrensweise richtet sich nicht gegen den Jugendvertreter, der an seiner Weiterbeschäftigung interessiert ist. Sie dient vielmehr ihrerseits dem sozialstaatlich anzuerkennenden Zweck, solche Mitarbeiter sinnvoll weiterzubeschäftigen, die auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht mehr benötigt werden. Dem entspricht die Grundsatzentscheidung des Haushaltsgesetzgebers (§18 HG 2008).“

45

Das weitere Argument, dass die Stelle in Arendsee seit nunmehr zwei Jahren unbesetzt ist und auch in überschaubarer Zukunft noch unbesetzt bleiben wird, verhilft dem Anliegen des Beteiligten zu 3. zu keinem Erfolg, weil es für den in Rede stehenden Diskriminierungsschutz auf den Zeitpunkt des Ausbildungsendes ankommt.

46

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

47

Eine weitergehende Kostenentscheidung ergeht in landespersonalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten nicht, weil die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten keine Frage des Obsiegens oder Unterliegens, keine Frage des Prozessrechts, sondern des materiellen Rechts ist.

48

Der Wert des Gegenstandes ist in entsprechender Anwendung des Streitwertkataloges (Nr. 31) auf 5.000 Euro festgesetzt worden.


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Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG 2021 | § 9 Stellung der Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen


(1) Dienststelle und Personalvertretung arbeiten mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Beschäftigten und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben vertrauensvoll zusammen. (

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG 2021 | § 107 Stufenvertretungen


(1) Für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen werden, soweit Stufenvertretungen bestehen, bei den Behörden der Mittelstufen Bezirks-Jugend- und -Auszubildendenvertretungen und bei den obersten Dienstbehörden Haupt-Jugend- und -Auszubildenden

Referenzen

(1) Dienststelle und Personalvertretung arbeiten mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Beschäftigten und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben vertrauensvoll zusammen.

(2) Den Beauftragten der in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften ist zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse nach Unterrichtung der Dienststelle Zugang zu der Dienststelle zu gewähren, soweit dem nicht zwingende dienstliche Gründe, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Dienstgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Auf Verlangen einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung der Arbeitgeber hat die Dienststelle in ihrem Intranet auf den Internetauftritt der Gewerkschaft oder der Arbeitgebervereinigung zu verlinken.

(4) Beschäftigte, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, werden in der Betätigung für ihre Gewerkschaft auch in der Dienststelle nicht beschränkt.

(5) Die Personalvertretung hat sich für die Wahrung der Vereinigungsfreiheit der Beschäftigten einzusetzen.

(1) Für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen werden, soweit Stufenvertretungen bestehen, bei den Behörden der Mittelstufen Bezirks-Jugend- und -Auszubildendenvertretungen und bei den obersten Dienstbehörden Haupt-Jugend- und -Auszubildendenvertretungen gebildet. Für die Jugend- und Auszubildendenstufenvertretungen gelten § 89 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 99 bis 105 entsprechend.

(2) In den Fällen des § 7 wird neben den einzelnen Jugend- und Auszubildendenvertretungen eine Gesamt-Jugend- und -Auszubildendenvertretung gebildet. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Dienststelle und Personalvertretung arbeiten mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Beschäftigten und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben vertrauensvoll zusammen.

(2) Den Beauftragten der in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften ist zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse nach Unterrichtung der Dienststelle Zugang zu der Dienststelle zu gewähren, soweit dem nicht zwingende dienstliche Gründe, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Dienstgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Auf Verlangen einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung der Arbeitgeber hat die Dienststelle in ihrem Intranet auf den Internetauftritt der Gewerkschaft oder der Arbeitgebervereinigung zu verlinken.

(4) Beschäftigte, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, werden in der Betätigung für ihre Gewerkschaft auch in der Dienststelle nicht beschränkt.

(5) Die Personalvertretung hat sich für die Wahrung der Vereinigungsfreiheit der Beschäftigten einzusetzen.