Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. März 2015 - B 3 K 14.30447

bei uns veröffentlicht am18.03.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am geborene Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 16.10.2010 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 05.11.2010 seine Anerkennung als asylberechtigt.

Gegenüber der Regierung von …, Zentrale Rückführungsstelle , Außenstelle , gab der Kläger am 29.10.2010 an (Beiakt I, Seite 32 ff.), er habe keinerlei Dokumente dabei, besitze aber einen Personalausweis, den er in Kürze nachreichen werde. Er habe einen Reisepass besessen. Als er im August 2008 von China nach Äthiopien zurückgekehrt sei, habe er ihn am Flughafen ... abgeben müssen. Er sei in ... geboren und habe bis 2004 dort gelebt, von 2004 bis 2008 in der Stadt Debrezeit und seit 2008 bis zur Ausreise in der Stadt A. Der Vater sei ca. 53 Jahre alt und lebe derzeit in Eritrea. Die Mutter sei ca. 50 Jahre alt und lebe noch in der Hauptstadt ... Er sei Maschinenbauingenieur und habe als Ingenieur bei einer militärischen Waffenfabrik in A. gearbeitet. In A. gebe es nur eine Hauptstraße. Er sei am 16.10.2010 nach Deutschland eingereist. Der Vater seiner Freundin habe ihm einen somalischen Schleuser besorgt und dafür die Zahlung von 130.000 Birr/umgerechnet 6.500,00 EUR vereinbart. Er habe sich einen gefälschten äthiopischen Reisepass, ein Visum und ein Flugticket besorgt. Am 15.10.2010 sei er zusammen mit dem Schleuser von ... aus direkt nach Frankfurt geflogen. Er habe keine Probleme bei der Einreise gehabt und die Fälschung sei bei der Passkontrolle nicht bemerkt worden. Der Schleuser habe ihm den gefälschten Reisepass und alle Flugunterlagen abgenommen. Am Flughafen habe er einen äthiopischen Asylbewerber getroffen, der ihm erklärt habe, wo er einen Asylantrag stellen könne und wie er dort hin gelange. Er habe sich ein Zugticket gekauft und sei nach G. gefahren und anschließend mit dem Taxi zur Aufnahmeeinrichtung in G.

Bei seiner vorbereitenden Anhörung am 05.11.2010 gab der Kläger insbesondere auch an, er habe einen Dienstausweis und einen Studentenausweis. Diese könne er nicht vorlegen, da er schnell das Land verlassen habe. In A. habe er in der Kaserne Hormat gewohnt.

Bei seiner Anhörung am 15.11.2010 gab der Kläger zu seinem Verfolgungsschicksal an, er sei Student an der Universität für Verteidigung in Bischoftu gewesen und habe Ingenieurwesen studiert, alle Studenten seien Soldaten gewesen. Das Studium habe er 2008 abgeschlossen. Wegen seiner Volkszugehörigkeit sei er zwei Wochen ab 22.09.2006 in Haft gewesen und gegen Auflage wieder freigelassen worden. Haftgrund sei gewesen, dass man ihn verdächtigt habe, wie der Vater, der Soldat gewesen sei und sich am 16.09.2006 nach Eritrea abgesetzt habe, Anhänger der OLF zu sein. Die Auflage sei gewesen, dass er wieder verhaftet werde, wenn in seiner Familie irgendeiner politisch auffalle. Er habe dann sein Studium abschließen können. Anschließend sei er nach A. gekommen, wo er in einer Munitionsfabrik Designer und Produktionskontrolleur gewesen sei. Er habe alle Dokumente zurückgelassen, außer einer Urkunde für einen Lehrgang in China. Am 23.05.2010 sei er zu einer Veranstaltung der OPC (O. Peoples Congress) eingeladen worden. Die Versammlung sei am 09.04.2010 gewesen. Durch Spitzel habe die Regierung offenbar erfahren, dass er an der Versammlung teilgenommen habe. Eigentlich bestehe laut Gesetz die Erlaubnis, sich auch als Soldat zu organisieren und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, er sei kein Unterstützer, er habe sich das nur anhören wollen. Als er dann wieder zur Arbeit gegangen sei, seien am 18.04.2010 zwei Offiziere gekommen und hätten ihn festgenommen. Ihm sei die Teilnahme an der Versammlung vorgeworfen worden und er habe dann fünf Monate im Militärgefängnis Tatek gesessen. Ohne Verurteilung habe man ihn am 05.09.2010 wieder freigelassen. Er wisse nicht, warum man ihn so lange festgehalten habe, man habe ihn während der Haftzeit nicht verhört und ihn nach fünf Monaten ohne Kommentar wieder freigelassen. Als er zu seiner Arbeitsstelle zurückgekommen sei, habe er seinen alten Job nicht mehr ausüben dürfen. Man habe ihm eine Art Pförtnerjob gegeben, den er zwei Wochen gemacht habe. Nach zwei Wochen habe man ihn als Spion im Nachbarort Guder einsetzen wollen. Ein Hotel namens Mecha Tulema in Guder sei bekannt dafür, dass dort viele Oppositionelle Oromas übernachteten. Er habe dann dort einen Tee getrunken und die Leute belauscht. Später habe er die Leute dann verraten sollen. Auf Nachfrage, dass er beim Belauschen der Leute deren Namen doch nicht erfahren habe, gab der Kläger an, sein Job sei darauf ausgerichtet gewesen, die Besitzer des Hotels zu bespitzeln. Diesen Auftrag habe er von seinem Vorgesetzten namens erhalten. Nach einer Woche habe er diese Spitzeldienste nicht mehr machen wollen und habe seine Freundin in ... angerufen. Deren Vater sollte ihm helfen. Der Vater riet ihm auszureisen, so lange solle er zum Schein die Spitzeldienste weiter leisten. Nach etwa drei Wochen sei die Ausreise organisiert gewesen. Der Vater habe ihn angerufen, habe ihn mit dem Schleuser bekannt gemacht und sie seien gemeinsam am 15.10.2010 in der Nacht nach Frankfurt abgeflogen, wo sie am nächsten Tag früh morgens angekommen seien. Zuvor habe er ihm ein Passfoto gegeben, so dass der Pass habe besorgt werden können. Der Vater habe den Schleuser bezahlt (130.000 Birr/ca. 6.000,00 EUR), sein Geld habe nicht gereicht, der Vater sei Händler und habe genug Geld. Er wisse nicht, ob seine Personalien in dem Pass gewesen seien und er habe sich nicht gefragt, was er machen werde, wenn man ihn bei der Kontrolle nach dem Namen frage. Seine Freundin sei in Äthiopien geblieben. Sie habe kein Problem und er habe schnell ausreisen müssen. Auf die Frage, warum er schnell habe ausreisen müssen, da er doch Spitzeldienst geleistet habe und nicht weiter aufgefallen wäre, gab der Kläger an, man habe ihm aber nicht vertraut und er habe jederzeit festgenommen oder getötet werden können.

Als Soldat habe er sechs Monate Grundausbildung gemacht und anschließend als Soldat in der militärischen Firma gearbeitet. Nach dem Gefängnisaufenthalt sei er nicht entlassen worden, da dieser nur fünf Monate angedauert habe. Nach sechs Monaten hätten sie ihn entlassen müssen. Er hätte beim Militär nicht kündigen können. Er habe sich zwar nicht länger verpflichtet, aber man könne nicht einfach vom Militär-/Arbeitsplatz wegbleiben. Normal müsse man sieben Jahre als Soldat zur Verfügung stehen, das stehe aber nur auf dem Papier. Jedenfalls sei er bis zum Schluss Soldat gewesen und habe seinen Arbeitsplatz nicht verlassen dürfen. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien gelte er als Wehrdienstflüchtiger. Seinen Militärausweis könne er nicht vorlegen, der sei im Camp. Er habe ihn dort in seinem Zimmer gelassen, im Camp habe er ihn nicht gebraucht.

Er habe dort nicht mehr in Ruhe leben können und habe sich deshalb entschlossen, Asyl im Ausland zu beantragen. Ob er im Heimatland gesucht worden sei nach der Ausreise, wisse er nicht, gehe aber davon aus. Auf die Frage, ob er keinen Kontakt zu Familienangehörigen habe, gab der Kläger an, er habe Angst, dass man die Telefongespräche abhöre. Auch Mobiltelefone könne man abhören.

Mit Schreiben vom 15.04.2011 leitete der Kläger dem Unterlagen zur politischen Unterdrückung der O.s in Äthiopien zu (Beiakt I, Seite 50 ff.).

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen (Nrn. 1 bis 3). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht. Auf die Begründung des Bescheides, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Anschreiben vom 23.02.2012 zugestellt wurde, wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2012 legte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers eine hausärztliche Bestätigung für den Kläger vom 07.02.2012 vor, wonach sich dieser im November und Dezember vorherigen Jahres in dortiger Behandlung befand. Es wurde bei ihm eine chronische Hepatitis diagnostiziert, die aktuell aufgrund fehlender Symptomatik als nicht behandlungsbedürftig erachtet wurde. Weitere Kontrollen und medizinische Behandlung seien erforderlich, ca. einmal pro Quartal. Fänden diese Kontrollen und Behandlungen nicht regelmäßig statt, drohe eine Verschlechterung der Leberfunktion bis zur Leberzirrhose, die im weiteren Verlauf noch lebensbedrohlich sein könne. Deshalb sei ein Verbleib in Deutschland für den Patienten sehr wichtig. Der Patient solle sich demnächst in der Praxis zwecks weiterer Kontrollen vorstellen (Seite 72).

Bei den Akten befindet sich auch noch ein sogenanntes Training Certificate (Beiakt I, Seite 85), wonach der Kläger vier Wochen lang vom 19.07. bis 14.08.2008 „has been trained on the production line of 7.62mm ammunition“.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2012 wandte sich der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte,

die Beklagte unter vollumfänglicher Aufhebung ihres Bescheides vom 15.02.2012, Az …, eingegangen am 26.02.2012, zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (§ 60 Abs. 1 AufenthG) sowie festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2012 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen um Prüfung, ob im Hinblick auf die Erkrankung des Klägers (Schriftsatz vom 16.02.2012) eine Teilabhilfe in Frage komme. Dazu äußerte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.04.2012 dahingehend, dass die Möglichkeit einer Abhilfeentscheidung gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint werden müsse. Der Kläger gehöre offensichtlich zu den Personen mit einem sogenannten inaktiven Trägerstatus, die in der Regel keine Therapie benötigten; es sollten jedoch Kontroll-Blutentnahmen in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Dass sich in den nächsten Jahren daran etwas ändern könne und sich insbesondere eine sogenannte aggressive Verlaufsform entwickele, sei weder dem ärztlichen Attest, noch der Internetrecherche zu entnehmen. Eine solche Gefahr dürfe konkret und alsbald nicht zu befürchten sein. Zusätzliche Faktoren, die ein rasches Fortschreiten und somit die Entwicklung einer Leberzirrhose fördern könnte, liegen im Fall des Klägers nicht vor. Hepatitis B sei in Äthiopien weit verbreitet. Dies bedeute, dass Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken vor Ort hinreichend auf diese Erkrankung eingestellt sein dürften, insbesondere in der Hauptstadt ... Die ärztlicherseits als notwendig attestierten Laboruntersuchungen, die bei einem zu erwartenden symptomlosen Verlauf auch halbjährlich ausreichend sein dürften - selbst der attestierende Arzt beziehe sich bei der zeitlichen Empfehlung auf einen Zirkawert - sei nach vorliegenden Auskünften auch in Äthiopien möglich, insbesondere in der Hauptstadt, aus der der Kläger stamme. Allerdings sei aufgrund der Auskünfte davon auszugehen, dass der Kläger die Kosten für die Laboruntersuchungen selbst werde übernehmen müssen. Einer weiteren Auskunft der SFH-Länderanalyse Äthiopien vom 08.10.2008 sei zum Beispiel zu entnehmen, dass eine Laboruntersuchung (hier im Zusammenhang mit einer HIV-Erkrankung) umgerechnet ca. 100 Dollar koste. Da der Kläger jung und für äthiopische Verhältnisse sehr gebildet sei, er zudem aufgrund seiner Erkrankung körperlich nicht wesentlich eingeschränkt sein werde, sei er - unabhängig von einem leistungsfähigen Familienverband - durchaus selbst in der Lage, seine notwendigen Laboruntersuchungen zu finanzieren.

Mit Schriftsatz vom 27.03.2012 wurde die Klage begründet. Schon die seitens der Beklagten angegebenen Gründe könnten den Bescheid nicht tragen. Der Unglaube, mit so einer Wahlveranstaltung der OPCG, könne nicht aus diesem Grunde Probleme bekommen, speise sich aus der tatsächlichen oder behaupteten Unkenntnis der angeblich verwendeten Quellen. Insbesondere Personen, die wie der Kläger im Militär tätig seien und dort auch noch in einem sicherheitsrelevanten Bereich arbeiteten, seien bzw. würden allein aufgrund mutmaßlicher Sympathien für den OPC mindestens für unbestimmte Zeit in Haft genommen. Der Kläger sei zum fraglichen Zeitpunkt nach wie vor Angehöriger der äthiopischen Armee gewesen. Sein Absetzen stelle schon jenseits des politischen Hindergrundes eine Desertion dar und führe als solche mindestens zur Haft für unbestimmte Zeit. Der Kläger müsste weiterhin aufgrund von seiner besonderen Funktion als Ingenieur in einer Waffenfabrik, seiner Flucht und der Asylantragstellung sowie der dabei - nach Unterstellung der Behörden -preisgegebene Informationen mit einer Bestrafung wegen Hochverrates und Spionage rechnen. Der Kläger sei schon aufgrund seines Vaters, seines Interesses am OPC und seiner Flucht von der aufgegebenen Informantentätigkeit zwangsläufig in den Zusammenhang mit der OLF gestellt, da mit einer Organisation, die nicht nur selbst als terroristisch eingestuft werde. Seine hiesigen politischen Aktivitäten (vorgetragen ist die Unterstützung der UOSG, sowie die Teilnahme an einer Demonstration am 04.01.2012 in Bayreuth, Gerichtsakte Seite 41) bestätigten den Verdacht der Sicherheitskräfte. Sie führten zu einem weiteren, gewissermaßen gesteigerten „Politmalus“. Der Kläger erhalte in Gewahrsam auch eine besonders brutale Behandlung.

Die politischen Aktivitäten des Klägers seien den äthiopischen Behörden bekannt, da sie die O. im Exil, auch die UOSG und deren Umfeld genauestens beobachteten und die so gewonnenen Erkenntnisse akribisch festhielten. Auch alleine wegen ihrer exilpolitischen Tätigkeiten für die UOSG und der Mitgliedschaft in dieser Organisation müsse der Kläger im Falle der Rückkehr mindestens mit Haft für unbestimmte Zeit rechnen. Dies gelte schon gar vor dem Hintergrund seiner Vorbelastung. Hier sei die Sonderrolle zu berücksichtigen, die die OLF bzw. die Oromische Opposition in Äthiopien spiele und die das Verfolgungsrisiko für Personen, die diesem Umfeld zugerechnet würden, extrem erhöhe. Die Gefährdung treffe auch und gerade die UOSG/UOSE. Schon erstaunlich sei in diesem Zusammenhang, dass dem Auswärtigen Amt die Funktion der UOSG/UOSE in Deutschland als hiesiger Organisation der OLF unbekannt sein wolle, wenngleich der frühere deutsche Botschafter sich nicht nur sehr aktiv um die Vermittlung zwischen der OLF und der TPLF bemüht und sich ebenso aktiv für die Freilassung von Gefangenen O.s eingesetzt habe, sondern er auch noch die offiziellen Proteste der äthiopischen Regierungen gegen die Beherbergung der UOSG/UOSE als Organisationen der OLF in Deutschland entgegen nehmen habe müssen. Unabhängig davon stehe dem Kläger ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG zur Seite, da ihm die Kontrolle und Behandlung seiner Erkrankung, einer aktiven Hepatitis B-Infektion, in Äthiopien nicht zugänglich wäre, was in absehbarer Zeit zu einer irreversiblen Verschlimmerung der Erkrankung bis hin zum Tode führe.

Mit Beschluss vom 27.01.2014 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Schriftsatz vom 19.02.2014 wurde die Klage weiter begründet. Der Kläger sei weiterhin für die UOSG in Deutschland aktiv, nehme an Versammlungen teil, diskutiere mit seinen Landsleuten und dergleichen mehr. Außerdem wirke er weiterhin an den Protest- und Informationsveranstaltungen der Exilopposition in Deutschland mit (05.05.2012, 07.07.2012, 08.09.2012, 10.11.2012, 05.01.2013, 20.04.2013, 12.05.2013, 28.09.2013). Zur Vorlage kam eine Bestätigung der TBOJ/UOSG (Gerichtsakte Seite 78), wonach der Kläger an den Veranstaltungen vom 08.09.2012, 10.11.2012, 05.01.2013, 20.04.2013 und 12.05.2013 teilgenommen hat. Als O.-Volksangehöriger und aktives Mitglied der Organisation werde der Kläger somit Ziel der Agenten und Spitzel. Deshalb bestehe bei einer Rückkehr nach Äthiopien akute Gefahr für Leib und Leben. Zur Vorlage kam weiterhin auf gerichtliche Nachfrage vom 15.01.2014 hin das hausärztliche Attest von Dr. vom14.02.2014. Danach leidet der Kläger seit Jahren unter einer chronischen Hepatitis B, die bislang nicht medikamentös behandlungsbedürftig sei. Nach wie vor seien regelmäßige Laborkontrollen in drei Monaten Abständen erforderlich, außerdem die Vorstellung in der Lebersprechstunde in Erlangen alle sechs Monate. Auch die Ultraschalluntersuchungen der Leber alle sechs Monate seien notwendig. Die Verlaufskontrollen seien von größter Bedeutung für die weitere Entwicklung der Erkrankung, da eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine medikamentöse Therapie zur Folge habe. Es müsse auch gewährleistet sein, dass dies rechtzeitig erkannt und initiiert werde. Daher sollte die drohende Abschiebung des Patienten möglichst vermieden werden. Dem beigefügten Arztbericht des Universitätsklinikums Erlangen vom 30.09.2013 ist zu entnehmen, dass der Kläger dort am 23.07.2013 in der Sprechstunde war. Zum Verlauf der Krankheit ist ausgeführt: „Die vorgesehene Sonographie in unserem Haus wurde vom Patienten nicht wahrgenommen (jedoch war im Mai 2013 beim Hausarzt ein unauffälliger Ultraschall durchgeführt worden). Laborchemisch zeigte sich der niedrigste replekative HB-DNA bei minimal erhöhter GPT. Aktuell sehen wir keine dringliche Therapieindikation bei der chronischen Hepatitis B.“ Als Therapieempfehlung ist ausgesprochen die Wiedervorstellung in sechs Monaten, ein halbjährliches sonographisches HCC-Screening und eine drei- bis sechsmonatliche Kontrolle der Transaminase sowie HBV-DNA Quant., was einmal pro Quartal unter der Laborbefreiungsziffer 32005 abgerechnet werden könne.

Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 05.03.2014, in der der Prozessbevollmächtigte des Klägers sieben Beweisanträge stellte, wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Mit Datum vom 11.03.2014 erließ das Gericht einen Beweisbeschluss, auf den verwiesen wird (Gerichtsakte B 3 K 12.30043, Seite 135 ff.). Mit Beschluss vom 01.04.2014 wurde das Verfahren bis zum Abschluss der Beweisaufnahme ausgesetzt. Der Beweisbeschluss vom 11.03.2014 wurde durch Beschluss vom 06.05.2014 in dem Sinne erweitert, dass die Beweisfragen auch noch dem GIGA-Institut und der ...-Vertretung für Deutschland vorgelegt wurden.

Die Post an das ... kam unzustellbar zurück (Gerichtsakte Seite 147/152). Der Bundesnachrichtendienst teilte mit, dass ihnen zur angefragten Person samt deren Eltern keine Informationen vorliegen. Aufgrund nicht vorhandener Informationen könne zu den genannten Personen keine Angaben gemacht werden (Gerichtsakte Seite 161). Das Auswärtige Amt teilte mit Schreiben vom 29.04.2014 mit, die im Beweisbeschluss samt Bezugsschreiben erhobenen Fragen könnten ohne offizielle Einschaltung der äthiopischen Behörden nicht geklärt werden. Bei Involvierung der äthiopischen Behörden sei damit zu rechnen, dass - falls der Sachverhalt zutreffe -Familienangehörige des Betroffenen mit Benachteiligungen rechnen müssten. Andere Quellen stünden dem Auswärtigen Amt im vorliegenden Fall nicht zur Verfügung. Eine Beantwortung der Anfrage sei daher nicht möglich. Das GIGA-Institut teilte mit Schreiben vom 20.05.2014 mit, für das Verfahren könne leider kein Gutachten erstellt werden (Gerichtsakte Seite 173).

Mit Verfügung vom 24.11.2014 wurde das Verfahren unter dem Az. B 3 K 14.30447 wieder aufgenommen.

Die ...-Vertretung teilte mit Schreiben vom 18.12.2014 mit, die Anfrage könne inhaltlich nicht beantwortet werden. Vorrangige Aufgabe des ... sei, in Äthiopien den Rechtsschutz und die Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen. Für eine gezielte Recherche von Informationen bezüglich spezifischer Fragestellungen in Einzelfällen verbleibe vor diesem Hintergrund leider nur ein sehr begrenzter Spielraum. Für den überwiegenden Teil der vorliegenden Beweisfragen sei es auch für andere Organisationen kaum möglich, den geschilderten Sachverhalt zu recherchieren, ohne Informationen über den Asylbewerber gegenüber den Heimatbehörden preiszugeben. Es sei ein tragendes Prinzip des Flüchtlingsrechts, die Angaben im Asylverfahren vertraulich zu behandeln und nicht an die Heimatbehörden weiterzuleiten. Vor diesem Hintergrund seien Sachverhalte häufig nicht in allen Details durch Herkunftslandrecherchen aufklärbar. In diesem Fall müssten sich die Entscheidungen auf die Glaubhaftmachung in der Anhörung und allgemeine Herkunftslandinformationen (siehe Fußnote Nr. 2 zum Ort Tatek) zur Einschätzung der vorgetragenen Fluchtgründe gestützt werden.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2015 ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mitteilen, er sei weiterhin, wie geschildert, für die UOSG in Deutschland politisch aktiv. Auch nur einfache Angehörige der UOSG würden alleine aus diesem Grund im Falle der Rückkehr mindestens für unbestimmte Zeit in Haft genommen. Beigefügt ist eine Bestätigung der TBOJ/UOSG vom 19.02.2015, wonach dem Kläger eine Teilnahme an Veranstaltungen am 09.05.2014, 24.08.2014, 03.12.2014, 20.12.2014, 10.01.2015 und 21.01.2015 bestätigt wird. Als Volkszugehöriger der O. und aktives Mitglied der Organisation werde der Kläger Ziel der Agenten und Spitzel. Deshalb bestehe bei einer Rückkehr nach Äthiopien akute Gefahr für Leib und Leben.

Für den Ablauf der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung vom 18.03.2015 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten verwiesen.

Gründe

Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG in der durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/95/EU vom 28.08.2013, BGBl. I 3474, gemäß Art. 7 zum 01.12.2013 in Kraft getretenen Fassung. In seiner Person liegen auch nicht Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., noch sogenannte nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

1. Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3 c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3 c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3 c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylVfG).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Ergänzend ist zum gerichtlichen Verfahren auszuführen, dass die Einzelrichterin auch in der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2014 und vom 18.03.2015 und auch aufgrund der Beweisaufnahme nicht die erforderliche Überzeugung gewonnen hat, dass der Kläger sein Heimatland verfolgt verlassen hätte.

Die im Tatbestand eingehend dargestellte Beweisaufnahme führte im Ergebnis zu keinem Erkenntnisgewinn betreffend den Verfolgungsvortrag des Klägers. Seine Lebensumstände in Äthiopien (unter anderem Dauer der Militärzugehörigkeit des Klägers, Haft, Spitzeltätigkeit, Gesuchtwerden durch äthiopische Sicherheitsorgane) haben sich als einer Beweisaufnahme nicht zugänglich erwiesen, sodass für die Glaubwürdigkeit der klägerischen Fluchtgeschichte entscheidend auf die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens abzustellen ist.

Das fluchtrelevante Vorbringen des Klägers ist indes nach richterlicher Überzeugung in keiner Weise glaubhaft.

Der Kläger hat keine Personalpapiere vorgelegt, sodass seine Identität als ungeklärt betrachtet werden muss. Die vorgelegten Fotos, die den Kläger bei einer Abschlussveranstaltung seiner Studienzeit und als Soldat in Uniform zeigen und das Tanining Certificate (Beiakt I Seite 85) für die Zeit vom 19.07. - 14.08.2008 - sofern die Personalien tatsächlich die des Klägers sind - belegen allenfalls, dass der Kläger eine (militärische) Ausbildung absolviert hat und - möglicherweise jedenfalls bis 2008 - als Soldat in Uniform diente. Ein ursächlicher Zusammenhang des militärischen Dienstes des Klägers (als Ingenieur in einer Waffenfabrik) mit seiner Ausreise bzw. Flucht aus Äthiopien im Oktober 2010 ist indes in keiner Weise belegt oder glaubhaft gemacht. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung berichteten Umstände seines Fluchttages - 15.10.2010 - sind derart unglaubwürdig, dass sich dem Gericht der Eindruck aufdrängt, dass er sie frei erfunden hat.

Nach der Schilderung des Klägers (Niederschrift 18.03.2015 Seite 3) will er - nach dreiwöchiger Vorbereitung der Ausreise (Niederschrift 05.05.2014 Seite 8) - erst am 15.10.2010 morgens telefonisch in seiner Wohnung durch die Freundin von der an diesem Tag konkret bevorstehenden Ausreise bzw. den konkreten Fluchttermin erfahren haben. Es mag dahin stehen, ob die Buchung für einen schlepperorganisierten Flug derartig kurzfristig erfolgt. Es ist jedenfalls nicht glaubhaft, dass die Festlegung des Abflugtermins samt Buchung eines teuren Flugtickets für einen Langstreckenflug in der offenkundig von zahlreichen Unwägbarkeiten begleiteten Erwartung erfolgt sein soll, dass es der Kläger schafft, gerade an diesem Tag und rechtzeitig von dem Arzt im Camp untersucht, krankgeschrieben und von ihm auch umgehend am selben Tag rechtzeitig zum Militärhospital nach ... überwiesen zu werden, eine störungsfreie Reise zu haben und so rechtzeitig in der Hauptstadt anzukommen, um von der Familie das Gepäck und vom Schlepper am Flughafen den gefälschten Pass zu erhalten. Eine solche Handlungsweise ist mit dem Ziel des notwendigen Gelingens einer Ausreise unter - behauptetem -Verfolgungsdruck nicht in Einklang zu bringen.

Der Kläger äußerte bei seiner vorbereitenden Anhörung (05.11.2010 Beiakt I Seite 18), er habe einen Dienstausweis und einen Studentenausweis. Diese könne er nicht vorlegen, da er „schnell“ das Land verlassen habe. Bei seiner Anhörung am 15.11.2010 (Beiakt I Seite 41) gab er an, der Militärausweis sei im Camp; er habe ihn im Zimmer gelassen, im Camp habe er ihn nicht gebraucht. In der mündlichen Verhandlung am 05.03.2014 äußerte der Kläger (Niederschrift Seite 3), er habe bei der Ausreise einen kleinen Koffer mitgenommen und sei von der Wohnung in A.*mit dem Minibus nach ... gereist. Weiter (Niederschrift Seite 4) äußerte er, er habe den Militärdienstausweis und den Ausweis für die Arbeit in der Fabrik im Camp zurückgelassen. Er habe aus Vorsichtsgründen nur einen kleinen Koffer mitgenommen und in diesem Koffer habe seine Freundin das Zertifikat von China und die Bilder eingepackt, die ihn als Militär zeigten. Die anderen Ausweise habe er nicht mitgenommen, weil er keine Zeit gehabt habe und außerdem Angst, erwischt zu werden. Es sei nicht so leicht, Ausweise aus dem Camp zu bringen, die anderen Urkunden bzw. Fotos seien in ... gewesen, wo seine Freundin - was er aber nicht gesehen habe - sie in den Koffer gepackt habe. In der mündlichen Verhandlung am 18.03.2015 gab der Kläger auf Nachfrage, warum er den Militärausweis nicht mitgenommen habe, an, er habe Angst gehabt, außerdem führe er den Ausweis nicht mit, wenn er zur Arbeit gehe. Er habe das Land verlassen wollen und Angst vor der Regierung gehabt (Niederschrift 18.03.2015 Seite 5). Auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2015, warum er von der Krankenstation nicht in die Wohnung gegangen sei, um „das Zeug“ zu holen, antwortete der Kläger, er habe schnell nach ... gemusst, damit er bei der Arbeitsstelle nicht in Verdacht gerate und habe das Wesentliche schnell machen müssen (Niederschrift 18.03.2015 Seite 6).

Die Zusammenschau dieser Angaben ergibt - abgesehen schon davon, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2014 von seiner Wohnung in A. mit dem Minibus nach ... abgereist und nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2015 nicht mehr von der Krankenstation in die Wohnung gegangen sein will - einen widersprüchlichen und in keiner Weise nachvollziehbaren Vortrag des Klägers zu der Frage, warum er seinen Militärausweis nicht nach ... mitgenommen hat.

Da er morgens am 15.10.2012 in seiner Wohnung von dem Abflugtermin am selben Tag in ... erfuhr und sodann mit dem Plan zur Arbeit ging, mittels eines Attestes des Camparztes nach ... zu fahren, bestand schon keinerlei Notwendigkeit, in die Wohnung zurückzukehren, um den Ausweis mitzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch in keiner Weise plausibel, warum er die Ausweise wegen des Erfordernisses einer schnellen Ausreise bzw. aus Zeitmangel nicht mitgenommen haben will. Ebenso unplausibel und im Sinne einer Ausflucht zu werten ist das Argument, er habe den Militärausweis aus Angst bzw. aus Angst „erwischt“ zu werden nicht mitgenommen bzw. es sei nicht so leicht, Ausweise aus dem Camp zu bringen, wenn der Kläger andererseits angibt, Uniformierte hätten ohne weiteres das umzäunte Camp betreten und verlassen können (Niederschrift 05.03.2014 Seite 5). Wenn der Kläger - wie er selbst weiter angibt (Niederschrift 05.03.2014 Seite 4) - in Uniform nach ... gefahren ist, dann ist die Mitführung des Militärausweises als regulärer Normalfall anzusehen. Es kann dahinstehen, ob schon eine Uniform ohne Namensschild und sonstige Sonderzeichen glaubhaft ist; der Kläger riskierte außerhalb des Camps ohne Militärausweis allemal eher die Prüfung und Nachfrage, ob er sich erlaubt von der Truppe entfernt hatte, als mit Militärausweis und ärztlicher Überweisung. Die Zielsetzung größtmöglicher Unauffälligkeit im Hinblick auf die geplante Flucht hätte es bei einer Reise in Uniform außerhalb des Camps allemal geboten, den Militärausweis mitzuführen, um im Zusammenhang mit der Überweisung ins Militärhospital bei einer Kontrolle unproblematisch das - dem Kläger so wichtige - erlaubte Entfernen von der Truppe dokumentieren zu können.

Erstrebte der Kläger im Hinblick auf die organisierte Ausreise/Flucht größtmögliche Unauffälligkeit, kann der Wechsel der Uniform in Zivilkleidung in der Toilette eines öffentlichen Kaffees und das Zurücklassen der Uniform dort in einer Tüte (Niederschrift 18.03.2015 Seite 4) - vorsichtig formuliert - nicht gerade als sachdienlich angesehen werden; die Gefahr der Entdeckung der herrenlosen Uniform auf der Toilette durch Dritte und entsprechende Nachfragen liegt auf der Hand.

Eine solche Verhaltensweise ist umso weniger plausibel, als die Mutter nicht weit vom Stadtteil Gotera wohnt (Niederschrift 18.03.2015 Seite 3) und die Begründung, „bei den Eltern hätten sie sich nicht getroffen, weil er Angst gehabt hätte, dass etwas schief laufe“ nicht überzeugen kann (Niederschrift 18.03.2015 Seite 4). Wenn sich der Kläger zum Klinikbesuch legitimiert in ... aufhielt, war ein Familienbesuch keineswegs riskanter oder auffälliger, als der Besuch eines öffentlichen Kaffees mit oben genanntem Uniformwechsel auf der dortigen Toilette. In diesem Zusammenhang ist es auch im Übrigen nicht nachvollziehbar, dass der Kläger einerseits alles schnell machte und sicherstellen wollte, dass sie ihn nicht suchen (Niederschrift 18.03.2015 Seite 6), er sich andererseits abends nicht in der Basis meldete, weil ihm der Überweisungsschein genug (zeitliche) Sicherheit bot, und schließlich aber gerade für einen Besuch bei den Eltern befürchtete „das etwas schief laufe. .“

Jegliche Glaubhaftigkeit lässt sodann die Antwort des Klägers auf die Frage nach seinem (gefälschten) Pass und der Passkontrolle vermissen (Niederschrift 18.03.2015 Seite 5 f.): „In dem Pass war mein Lichtbild. Auf welchen Namen der Pass lautete, weiß ich nicht. (…) Der Schleuser hat gesagt, ich soll bei einer Kontrolle sagen, dass ich die Sprache nicht verstehe. Glücklicherweise bin ich aber nicht gefragt worden.“

Abgesehen davon, dass ein Schleuser schon zur Sicherung seines „Geschäftsmodells“ darauf bestehen wird, dass der zu Schleusende seinen falschen Namen (auch im vitalen Eigeninteresse) kennt, hätte es für den - angeblich verfolgt auf der Flucht befindlichen -Kläger offenkundig kaum eine verdächtigere und auffälligere Verhaltensweise gegeben, als auf die Frage eines äthiopischen Grenzbeamten nach dem Namen des Klägers in seinem äthiopischen Pass (in welcher Sprache?) zu antworten, dass er die Sprache nicht versteht.

Nachdem der Kläger das Geschehen an seinem Ausreise - bzw. Fluchttag mit einem massiv unglaubhaften Vortrag zu stützen sucht, kann ihm im Rückschluss auch nicht geglaubt werden, dass sein Vortrag über das fluchtauslösende Ereignis - Teilnahmen an einer Versammlung der OPC, Festnahme, 5 Monate Haft beim Militär, Spitzeltätigkeit - der Wahrheit entspricht.

In der Zusammenschau ist das Gericht deshalb der Überzeugung, dass der Kläger sein Heimatland unverfolgt verlassen hat.

Der demnach unverfolgt ausgereiste Kläger hat unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat auch nicht wegen seiner hier im Bundesgebiet ausgeübten Betätigungen für die TBOJ/UOSG mit einer Verfolgung zu rechnen.

Die exilpolitischen Tätigkeiten des Klägers bewegen sich in dem Rahmen, den äthiopische Asylbewerber nach den Erkenntnissen des Gerichts regelmäßig ausfüllen. Die Teilnahmen an Veranstaltungen und Demonstrationen sowie Veröffentlichungen von regierungskritischen Beiträgen in Exilzeitschriften sind zum Massenphänomen geworden. Mittlerweile scheint es keinen äthiopischen Asylkläger mehr zu geben, der sich nicht in der ein oder anderen genannten Form betätigt. Das Gericht geht aufgrund der aus anderen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse davon aus, dass sich die verschiedenen Exilorganisationen quasi darauf spezialisiert haben durch Ausstellung von Bescheinigungen, Organisation der Veröffentlichung von Beiträgen in Exilzeitschriften und Fertigung von Lichtbildern und Internetveröffentlichungen über Versammlungen/Demonstrationen, äthiopischen Asylklägern zu Nachfluchtgründen zu verhelfen. Das Gericht hat keine Zweifel, dass dieses massenhafte exilpolitische Treiben in der Bundesrepublik Deutschland zur Schaffung von Nachfluchtgründen auch dem äthiopischen Staat mittlerweile bekannt geworden worden ist.

Der Kläger stellt sich in der Gesamtschau als bloßer Mitläufer dar, der von einer Exponierung weit entfernt ist. Es gibt somit keinen Anlass zu der ernsthaften Annahme, dass er als ernsthafter Oppositioneller in das Blickfeld des im Bundesgebiet tätigen äthiopischen Geheimdienstes geraten wäre.

Zusammengefasst ist der Kläger nach Überzeugung des Gerichts nicht in einer Weise exilpolitisch tätig geworden, so dass er zu dem Personenkreis zählen würde, dem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung in seiner Heimat droht.

Dem vom Kläger hilfsweise gestellten Beweisantrag 4 (Verfolgung) war nicht nachzugehen. Dieser Beweisantrag betrifft die Verfolgungsgefahr des Klägers bei einer Rückkehr. Dies zu bewerten ist - wie oben geschehen - Aufgabe des Gerichts anhand der vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse und der zum Verfolgerland Äthiopien ergangenen Rechtsprechung. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat erst mit Beschluss vom 05.02.2015 (Az. 21 ZB 14.30468 Rn. 3) entschieden, dass die Beantwortung der Frage, ob der dortige Kläger wegen der Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Vereinigung politisch verfolgt werde eine rechtliche Wertung verlange, die dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich sei, da sie ausschließlich dem Gericht obliege.

Die auf Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes gerichtete Klage ist somit unbegründet.

Lediglich abrundend sei hinzugefügt, dass die vom Kläger angestrebte Integration, die durch das Schreiben des Berufs-Ausbildungs-Förderung e.V. vom 17.03.2015 belegt wird (Angebot einer Ausbildungsstelle für den Beruf des Mechatronikers, sobald ein Aufenthaltstitel vorliege), nicht Kriterium der originär asylspezifischen Prüfung ist, ob der Kläger aus zielstaatsbezogenen Gründen als Flüchtling anzuerkennen ist.

Die Klage ist weiterhin unbegründet, soweit der Kläger subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG und die Feststellung von (nationalen) Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt. Das Gericht verweist auf die entsprechenden zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 15.02.2012 (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Auch die Diagnose einer Hepatitis B führt zielstaatsbezogen bei dem Kläger nicht zum Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Die befürchtete Verschlimmerung einer Krankheit kann die Voraussetzung einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten begründen, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität zu erwarten ist. Dies wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Klägers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Nicht gravierende oder nicht hinreichend wahrscheinliche Gefahren sind dabei nicht ausreichend. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintreten würde, weil der Ausländer auf die dort unzureichende Möglichkeit der Behandlung angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte, wobei der Standard des deutschen Gesundheitssystems nicht gefordert werden kann. Für die Annahme einer konkreten Gefahr genügt nicht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr ist der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Ansatz kein anderer als der im asylrechtlichen Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für diesen Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation statuiert. Da der mittlerweile 26-jährige Kläger zwar an einer chronischen Hepatitis B mit „niedrig-replekativer HB-DNA mit minimal erhöhter GBT“ leidet, die zu keinem Zeitpunkt behandlungsbedürftig war und Jahre bzw. Jahrzehnte lang nicht überwacht wurde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass gerade im Zusammenhang mit einer Rückkehr des Klägers nach Äthiopien aus der chronischen Erkrankung alsbald eine konkrete Gefahr erwächst. Die Kontrollintervalle nach bundesrepublikanischen Maßstäben sind dafür auch kein Indiz. Weiterhin gilt, dass ein Attest, das die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, nicht nachvollziehbar darlegt, zur Glaubhaftmachung eines Abschiebungshindernisses nicht geeignet ist. Es besteht derzeit lediglich die theoretische Möglichkeit, dass der Kläger ohne den hiesigen Kontrollturnus in einem Maße gesundheitlich gefährdet sein könnte, wie er es bislang, weder in Äthiopien noch in der Bundesrepublik Deutschland war. Diese Hypothese ist ersichtlich nicht geeignet, das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszulösen.

Abgesehen davon ist Hepatitis B bei einem Durchseuchungsgrad der erwachsenen Bevölkerung von nahezu 100% in Äthiopien wegen der Übertragung der Krankheit von Mutter auf das Kind, allemal in ..., woher der Kläger stammt, zu kontrollieren und auch behandelbar. Regelmäßige Blutuntersuchungen können in nahezu allen Laboren in ... und den meisten Laboren außerhalb durchgeführt werden (Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 09.05.2006 an das VG München; Kosten für eine Blutuntersuchung zwischen 5,00 und 20,00 EUR). Die notwendigen Mittel für eine etwa anstehende Kontrolluntersuchung sind für den als Ingenieur ausgebildeten Kläger durch Arbeit erlangbar bzw. er kann auf unterstützende Strukturen zurückgreifen, was schon dadurch belegt ist, dass ihm der als Händler in ... tätige Vater seiner Freundin ohne weiteres gut 6.000,00 EUR für die Ausreise zur Verfügung gestellt hat.

3. Der Bescheid des gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 4, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylVfG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. März 2015 - B 3 K 14.30447 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2015 - 21 ZB 14.30468

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe 1. Der Antrag des Klägers au

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. November 2014 hat keinen Erfolg. Der insoweit ausschließlich geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

1.1 Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag abgelehnt hat, jeweils eine Auskunft des Auswärtigen Amtes und von Amnesty International dazu einzuholen, dass er „wegen seiner Mitgliedschaft in dieser Partei politischer Verfolgung ausgesetzt ist“.

Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag abgelehnt, ohne dem Kläger das rechtliche Gehör zu versagen. Die Ablehnung ist durch das Prozessrecht gedeckt (vgl. dazu BVerfG, B. v. 30.1.1985 - 1 BvR 393/84 - BVerfGE 69, 141/144). Der Beweisantrag zielt im Ergebnis darauf ab, durch Sachverständige klären zu lassen, ob der Kläger wegen der Mitgliedschaft in der UDJ politisch verfolgt wird. Eine solche Beweiserhebung hat das Verwaltungsgericht zu Recht mit der Begründung abgelehnt, das Beweisthema sei einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich. Die Beantwortung der unter Beweis gestellten Frage verlangt eine rechtliche Wertung, die ausschließlich dem Gericht obliegt.

1.2 Einen Gehörsverstoß sieht der Kläger auch darin, dass das Verwaltungsgericht die zu verschiedenen Tatsachen beantragte Zeugeneinvernahme seiner in Äthiopien lebenden Eltern abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht hat das unter anderem damit begründet, der Antrag sei verspätet und damit unzulässig. Das begegnet keinen prozessrechtlichen Bedenken.

Der Kläger hat seine Klage entgegen § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheids (22.11.2013) und auch nicht später begründet. Stattdessen hat er seine Eltern erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 2014 als Zeugen benannt. Das Verwaltungsgericht durfte mithin den Beweisantrag gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG i. V. m. § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO als verspätet zurückweisen. Die beantragte Zeugeneinvernahme der in Äthiopien lebenden Eltern hätte die Erledigung des entscheidungsreifen Rechtstreits ersichtlich verzögert. Der Kläger wurde im angegriffenen Bescheid ordnungsgemäß über die Folgen einer Fristversäumnis belehrt und hat einen Entschuldigungsgrund für die Verspätung nicht genannt.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. November 2014 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.