Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. März 2015 - Au 4 K 14.50156

published on 23/03/2015 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. März 2015 - Au 4 K 14.50156
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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Mai 2014 (Gesch-Z.: ...) wird in Ziffer 2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Parteien tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Rücküberstellung nach Ungarn.

Die Klägerin, nach ihren Angaben Staatsangehörige von Sierra Leone, reiste im Dezember 2013 in Deutschland ein und stellte am 16. Dezember 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle München (nachfolgend: Bundesamt) einen Antrag auf Anerkennung als Flüchtling.

Im Rahmen ihrer Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats am 22. Mai 2014 gab sie an, sie habe Sierra Leone im März 2010 verlassen. Sie sei in die Türkei geflogen, wo sie sich ungefähr 7 Monate aufgehalten habe. Danach habe sie ca. 3 Jahre in Griechenland gelebt. Über Mazedonien, Serbien und Ungarn sei sie dann nach Deutschland gereist.

Eine Überprüfung durch das Bundesamt hatte bereits am 14. Januar 2014 einen Eurodac-Treffer Kategorie 1 für Ungarn vom 6. Dezember 2013 ergeben. Unter dem 21. Februar 2014 bat das Bundesamt die zuständigen Behörden in Ungarn um Übernahme des Asylverfahrens. Unter dem 6. März 2014 erklärte die zuständige ungarische Behörde, dem Übernahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) zuzustimmen.

Im Laufe des Verfahrens wandte sich der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin an das Bundesamt und machte auf psychische Probleme der Klägerin aufmerksam. Dazu legte er ein Attest der Bezirkskliniken Schwaben vom 25. April 2014 vor, ausgestellt von Frau ..., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Danach bestünden bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10: F 33.1) und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1). Sie habe wohl bereits einen Suizid-Versuch in ihrem Heimatland hinter sich. Die Klägerin sei vom 13. März bis 2. April 2014 im Bezirkskrankenhaus Augsburg aufgrund eines depressiv-suizidalen Syndroms stationär-psychiatrisch behandelt worden. Seit 9. April 2014 befinde sie sich dort in ambulant-psychiatrischer Behandlung. Bei einem Abbruch der Behandlung müsse mit einer umgehenden Dekompensation mit erneuter unmittelbarer Suizidalität gerechnet werden. Reisefähigkeit sei derzeit nicht gegeben. Bei einer Abschiebung nach Ungarn wäre mit erheblicher gesundheitlicher Gefährdung zu rechnen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2014, der Klägerin zugestellt am 2. Juni 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin als unzulässig ab (Nr. 1.) und ordnete die Abschiebung der Klägerin nach Ungarn an (Nr. 2.). Der Asylantrag sei unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags für das Verfahren zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Für die medizinische Versorgung in Ungarn sei gesorgt. Die Abschiebung sei daher anzuordnen.

Am 10. Juni 2014 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben, zuletzt mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2015 gestellten Antrag,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Mai 2014 (Az.: ...) aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die Klägerin befinde sich weiterhin in psychiatrischer Behandlung und sei aufgrund ihrer Erkrankung reiseunfähig. Das Ermessen hinsichtlich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-VO) sei auf Null reduziert, da das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn an systemischen Mängeln litten und für die Klägerin die Gefahr bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Auch sei die erforderliche medizinische Versorgung in Ungarn nicht gegeben, vielmehr drohe der Klägerin eine rechtswidrige Inhaftierung.

Dem mit der Klage gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gab das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 26. Juni 2014 angesichts der glaubhaft vorgetragenen und durch ärztliche Stellungnahmen belegten psychischen Erkrankung der Klägerin statt (Au 7 S 14.50157).

Mit Beschluss vom 17. September 2014 übertrug die nunmehr zuständige 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.

Auf Anforderung des Verwaltungsgerichts Augsburg legte der Klägerbevollmächtigte ein weiteres ärztliches Attest des Bezirkskrankenhauses Augsburg (Frau ...) vom 7. Oktober 2014 vor.

In der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2015 wurde Frau ... als sachverständige Zeugin zum Gesundheitszustand der Klägerin und deren Behandlung im Bezirkskrankenhaus Augsburg vernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist insoweit begründet, als im Bescheid des Bundesamts vom 27. Mai 2014 in Ziffer 2 die Abschiebung der Klägerin nach Ungarn angeordnet wird. Diese Anordnung erweist sich im gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig; sie verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids weist hingegen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf.

1. Die Klage ist zulässig. Nach der Rechtsprechung u. a. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gegen Bescheide wie den vorliegenden, in denen das Bundesamt die Durchführung eines Asylverfahrens nach Maßgabe von § 27a AsylVfG ablehnt und eine Abschiebung nach § 34a AsylVfG angeordnet wird, die Anfechtungsklage statthaft (BayVGH, B. v. 11.03.2015 - 13a ZB 14.50043 - Rn. 6; U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - Rn. 15).

2. Bezüglich Ziffer 1 des Bescheids ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte in den Asylantrag der Klägerin gem. § 27 a AsylVfG für unzulässig erklärt, weil ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zuständig ist.

Maßgebend für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates sind im vorliegenden Fall wegen Art. 49 Abs. 3 der Dublin III-VO noch die Regelungen der Dublin II-VO, da der Antrag auf internationalen Schutz vor dem 1. Januar 2014 eingereicht wurden. Für Wiederaufnahmegesuche, die nach diesem Zeitpunkt gestellt werden gilt hingegen die Dublin III-VO.

Dass die Beklagte eine Zuständigkeit Ungarns für die Behandlung des von der Klägerin gestellten Asylantrags angenommen hat, ist nicht zu beanstanden.

Eine Überstellung der Klägerin nach Griechenland, dem gemäß Art. 5 Abs. 2, 10 Abs. 1 bzw. Art. 13 Dublin II-VO für ihren Asylantrag primär zuständigen Mitgliedstaat, kommt wegen der dort vorhandenen systemischen Mängel des Asylverfahrens nicht in Betracht. Die Beklagte war daher verpflichtet, die Prüfung der Zuständigkeitskriterien der Kapitel II und III der Dublin II-VO fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach einem dieser Kriterien oder ggf. nach Art. 13 Dublin-II-VO als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - Rn. 34). Die Beklagte hat sich für eine Anfrage an Ungarn auf Rückübernahme entschieden, wo die Klägerin bereits am 29. November 2013 einen Asylantrag gestellt hatte (Art. 13 Dublin II-VO). Die ungarischen Behörden haben auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 6. März 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags der Klägerin gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO erklärt.

Die grundsätzliche Zuständigkeit Ungarns für die Behandlung des Asylantrags wird auch von der Klägerin nicht bezweifelt. Sie macht allerdings systemische Mängel in Bezug auf die Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn und darauf aufbauend die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (Art. 4 EU-GR-Charta) im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geltend (EuGH, U. v. 21.11.2011 - C-411/10, C-493/10). Dem folgt das Gericht nicht.

In seinem Beschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 26. Juni 2014 hat das Gericht im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin ausgeführt, es sehe für Ungarn keine generellen Hinderungsgründe für Abschiebungen, die sich aus einem Verstoß gegen das Art. 16a Abs. 2 GG und den §§ 26a, 27a, 34a AsylVfG zugrunde liegende Konzept der sog. normativen Vergewisserung (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -BVerfGE 94, 49 ff.) ergeben. Es sei auch nicht vom Vorliegen systemischer Mängel des Asylverfahrens entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen.

Hieran ist nach nochmaliger Überprüfung für das vorliegende Hauptsacheverfahren festzuhalten (vgl. ebenso in jüngerer Zeit aus der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264; VG Ansbach, U. v. 6.2.2015 - AN 14 K 14.50206; in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes: VG Aachen, B. v. 26.2.2015 - 5 L 54/15.A; VG Augsburg, B. v. 2.2.2015 - Au 2 S 15.50041; VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120; vgl. auch EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12).

Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass hohe Anforderungen an die Annahme eines systemischen Mangels und der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta zu stellen sind. Denn die auf Ebene der EU vereinbarte Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (vgl. nunmehr Art. 78 Abs. 2 AEUV) gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden. Daraus hat der Europäische Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GR-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, U. v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - Rn. 80; vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - NVwZ 2014, 1039 - juris Rn. 6).

Diese Vermutung kann aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht schon dadurch angezweifelt oder gar widerlegt werden, dass eine EU-weit einheitliche Anwendung oder Umsetzung der auf EU-Ebene erlassenen Regelwerke zum gemeinsamen europäischen Asylsystem nicht sichergestellt ist oder in den Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bestehen, EU-Recht einzuhalten oder gar im Einzelfall dagegen verstoßen wird. Die Bedeutung der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Vermutung erhält erst und gerade deshalb besonderes Gewicht, weil auch innerhalb des „gemeinsamen europäischen Asylsystems“ die Durchführung selbst des unmittelbar verbindlichen EU-Rechts Sache der Mitgliedstaaten bleibt (Art. 291 Abs. 1 AEUV) und die erlassenen EU-Richtlinien der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bedürfen (Art. 288 Abs. 4 AEUV).

Ist aber der Europäische Gerichtshof im Angesicht der Möglichkeit einer unterschiedlichen Handhabung und Umsetzung der Regeln und der sonstigen Defizite des gemeinsamen europäischen Asylsystems von einer Vermutung zugunsten der Einhaltung der EU-GR-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK ausgegangen, kann vom Vorliegen systemischer Mängel nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Gerichtshof ausgeführt, dass aus der Möglichkeit, dass das Dublin-System in der Praxis „auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat“ stoßen kann, nicht zu schließen ist, dass jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin II-VO berühren würde. Wenn jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nachdem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, Rn. 82 ff.).

Vor diesem Hintergrund kann nach den von der Klägerin eingebrachten und den dem Gericht sonst vorliegenden Erkenntnisquellen nicht davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf die Situation von Asylbewerbern in Ungarn von systemischen Mängeln auszugehen ist und die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta konkret bestünde, so dass die vom EuGH aufgestellte Vermutung widerlegt wäre.

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist in letzter Zeit vor allem die auch von der Klägerin gerügte Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade von sog. „Dublin-Rückkehrern“, Grund für unterschiedliche Auffassungen gewesen, ob von systemischen Mängeln in Bezug auf das Asylverfahren in Ungarn auszugehen ist.

Zu diesem Aspekt hat das Auswärtige Amt in seiner Antwort an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 auf dessen Frage, ob „rücküberstellte Dublin-Rückkehrer nach der Einreise immer, also regelhaft, in Haft genommen werden“, geantwortet, dies könne nicht bestätigt werden. Grundlegend anderes wird auch in der Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht München vom 31. Oktober 2014 nicht ausgeführt, wonach Dublin-Rückkehrer zwar „regelmäßig“, andererseits aber „nicht sämtliche“ Rückkehrer inhaftiert würden. Übereinstimmend berichten das Auswärtige Amt und Pro Asyl, dass für diese Inhaftierungen in Art. 31 A des ungarischen Asylgesetzes eine gesetzliche Grundlage existiert. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die dortigen tatbestandlichen Voraussetzungen weit gefasst sind und gerade für Dublin-Rückkehrer häufig herangezogen werden können (Feststellung der Identität; Asylbewerber hat sich Feststellungen der Behörde entzogen; Fluchtgefahr; vgl. Antworten des Auswärtigen Amts und von Pro Asyl auf Frage 4 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf). Allerdings ist auch insoweit eine Inhaftierung keine automatische Folge, da - wiederum nach übereinstimmenden Auskünften - nach den gesetzlichen Bestimmungen auch geprüft werden muss, ob durch andere Maßnahmen die Verfügbarkeit des Asylsuchenden gesichert werden kann.

Wenn in den vorliegenden Erkenntnisquellen allerdings teilweise geltend gemacht wird, von den Alternativen zur Haft werde in der Praxis kaum Gebrauch gemacht, ist diesbezüglich - wie auch generell zum Vollzug des ungarischen Asylgesetzes - festzustellen, dass deutsche Verwaltungsgerichte weder dafür zuständig noch in der Lage sind, die Ordnungsgemäßheit des Vollzugs des Gesetzes eines anderen Mitgliedstaats zu prüfen. Die gegenseitige Kontrolle des Vollzugs der jeweiligen mitgliedstaatlichen Asylgesetze durch die Gerichte anderer Mitgliedstaaten würde das genannte Ziel des Dublin-Systems konterkarieren, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. In Bezug auf die Frage der systemischen Mängel im Asylverfahren ist daher darauf zu verweisen, dass gem. Art 52 Abs. 1 EU-GR-Charta Eingriffe in die durch die Charta gewährten Rechte (hier: Art. 6 EU-GR-Charta) einer gesetzlichen Grundlage sowie der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedürfen. Diese Voraussetzungen sind durch die von Ungarn geschaffene und auch hinsichtlich der Ausnahmen aus Verhältnismäßigkeitsgründen im Grundsatz vollzogene Gesetzeslage eingehalten.

Hinzu kommt, dass die Inhaftierungs-Entscheidungen nach übereinstimmenden Auskünften des Auswärtigen Amts und Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bzw. dem Verwaltungsgericht München einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen, wie ebenfalls in der EU-GR-Charta (Art. 47) normiert. Über die vom Auswärtigen Amt diesbezüglich geschilderten abstrakten rechtlichen Rahmenbedingungen hinaus führt Pro Asyl näheres zu der aus seiner Sicht mangelhaften Praxis aus, wonach die Haftprüfungen ineffektiv seien. Insofern gilt jedoch insbesondere angesichts der auch in Art. 47 EU-GR-Charta normierten Unabhängigkeit der Gerichte, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats nicht zur Kontrolle der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats berufen sind, zumal nach der Konzeption der europäischen Verträge der Einklang des mitgliedstaatlichen Rechts mit dem EU-Recht von jedem Gericht dieses Mitgliedstaats durch Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Europäischen Gerichtshof gem. Art. 267 AEUV geklärt werden kann.

In Bezug auf die konkreten Bedingungen in den Einrichtungen, in denen inhaftierte Asylbewerber untergebracht werden, geht das Gericht nicht von einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aus. Den Antworten des Auswärtigen Amtes und von Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht München und dem Verwaltungsgericht Düsseldorf lässt sich übereinstimmend entnehmen, dass sich die Belegungssituation in den Einrichtungen im Vergleich zu Mitte 2013 im Laufe des Jahres 2014 entspannt hat (Pro Asyl gibt Belegungsquoten im Februar 2014 zwischen 43% und 83% an). Tagsüber können sich die Insassen in den Einrichtungen frei bewegen, auch auf dem jeweiligen Freigelände. Eine ärztliche Grundversorgung ist sichergestellt, ebenso die Versorgung mit Lebensmitteln.

Insgesamt ist - wie schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt - sicherlich nicht zu verkennen, dass die Aufnahme- und Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Ungarn oft beanstandenswert und teilweise unzureichend sind. Die - wie ausgeführt hohe - Schwelle für das Vorliegen von systemischen Mängeln, die die Annahme der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta rechtfertigen könnten, ist jedoch aus Sicht des Gerichts nicht überschritten.

Auch soweit die Klägerin eine Abschiebung von Ungarn nach Serbien ohne weitere Prüfung ihres Asylantrags befürchtet, vermag das Gericht systemische Mängel nicht zu erkennen. Es folgt auch insoweit der Beurteilung anderer Verwaltungsgerichte, dass sich eine derartige Praxis jedenfalls seit Ende 2012 nicht mehr feststellen lässt (aus jüngerer Zeit: VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 35; VG Augsburg, B. v. 26.1.2015 - Au 7 S 15.50015 - juris Rn. 26). Dass in Ungarn die Prüfung von Asylanträgen auch von Dublin-Rückkehrern erfolgt, ergibt sich darüber hinaus aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 (dort zu Frage 9).

Die Klägerin kann auch sonst keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Beklagten gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO geltend machen. Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen gebliebene Frage, ob aufgrund der psychischen Erkrankung der Klägerin ein Selbsteintrittsrecht in Betracht kommt, ist dahin gehend zu beantworten, dass insoweit kein einklagbares Recht der Klägerin besteht.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der Dublin II-VO kann der Asylbewerber in dem Fall, dass ein Mitgliedstaat seiner Aufnahme zustimmt, der Überstellung „nur“ damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 - juris Rn. 60). Dies hat der Europäische Gerichtshof für den Fall, dass sich die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 10 Dublin II-VO richtet, ausdrücklich entschieden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb anderes gelten sollte, wenn - wie hier - der zuständige Mitgliedstaat nach Art. 13 Dublin II-VO bestimmt wurde. Zudem entspricht das Vorgehen der Beklagten der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - C-4/11), im Falle der fehlenden Möglichkeit einer Überstellung wegen systemischer Mängel in Griechenland zunächst anhand weiterer Kriterien der Dublin II-VO - nötigenfalls nach Art. 13 Dublin II-VO - zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrag zuständig ist.

Jenseits der Geltendmachung von - hier aus Sicht des Gerichts zu verneinenden - systemischen Mängeln kann sich also der Asylbewerber nicht darauf berufen, dass von den Möglichkeiten der Dublin II-VO (hier: dem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2) Gebrauch gemacht wird. Dies entspricht der in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach die Vorschriften der Dublin-Verordnungen organisatorischer Art sind und keinen Drittschutz vermitteln (vgl. BayVGH, U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - Rn. 20 [zur Klagebefugnis]; VGH BW, U. v. 26.2.2014 - A 3 S 698/13 - juris Rn. 31 f; aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung etwa VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 52).

Nach allem weist Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides keine Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf.

3. Als rechtswidrig erweist sich hingegen die auf § 34 a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids. Weil sie die Klägerin in ihren Rechten verletzt, war sie gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.

Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet die Beklagte die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. An Letzterem fehlt es hier.

Zwar haben die ungarischen Behörden ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Klägerin erklärt. Jedoch steht der Abschiebung der Klägerin ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis entgegen.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen hat. Daneben verbleibt für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum (BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4 m. w. N.). Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn; vgl. zum Ganzen BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341 mit Nachweisen aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung).

Dieser Fall ist hier wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin gegeben. Ausweislich der ärztlichen Atteste vom 25. April 2014 (im Verfahren vor dem Bundesamt) und vom 7. Oktober 2014 (gegenüber dem Verwaltungsgericht) besteht bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung (ICD-10: F.33.1) und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1). Zwar knüpft die Rechtsprechung die Anerkennung insbesondere der hier geltend gemachten Posttraumatischen Belastungsstörung angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik an etliche Voraussetzungen. So ist regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests erforderlich. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 17/07 - juris Rn. 15). Ferner muss dem Attest u. a. zu entnehmen sein, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen (BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21).

Im vorliegenden Fall erfüllen die von der Fachärztin Frau ... ausgestellten Atteste jedoch diese strengen Anforderungen. Ferner hat die Fachärztin in der mündlichen Verhandlung ihre Beurteilung für das Gericht nachvollziehbar erläutert und insbesondere dargelegt, dass die Aussagen ihres Attests vom 7. Oktober 2014 nach wie vor zutreffen. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb schlüssig, weil sich die behandlungsbedürftige Erkrankung der Klägerin „wie ein roter Faden“ durch das gesamte Verfahren vor dem Bundesamt und dem Verwaltungsgericht zieht. Die Klägerin war im Bezirkskrankenhaus Augsburg zunächst im Frühjahr 2014 mehrere Wochen stationär untergebracht und konnte deswegen etwa den zunächst angesetzten Termin zur persönlichen Befragung vor dem Bundesamt nicht wahrnehmen. Daran schloss sich unmittelbar und durchgehend eine ambulant-psychiatrischer Behandlung an. Die Fachärztin hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, die Schilderungen der Klägerin hinsichtlich einer akuten Suizidalität im Falle einer Abschiebung nach Ungarn für glaubhaft zu halten, zumal sie den Leidensweg der Klägerin mehrfach nachgefragt hat und das Vorbringen der Klägerin auch konsistent war.

Das Gericht hat keinen Anlass, an diesen Schilderungen der Fachärztin zu zweifeln, insbesondere, weil die ambulante Behandlung der Klägerin durchgehend von ihr vorgenommen wurde, sie also Persönlichkeit der Klägerin und das Krankheitsbild sehr gut kennt. Ihre Beurteilung, dass im Falle des Abbruchs der Behandlung von einer umgehenden Dekompensation auszugehen sei und bei einer Abschiebung nach Ungarn mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung und erneuter akuter Suizidalität zu rechnen sei, weshalb aus psychiatrischer Sicht keine Reisefähigkeit gegeben sei, erscheint daher schlüssig.

Dieser fachärztlichen Beurteilung ist die Beklagte zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten. Vielmehr scheint die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 29. Dezember 2014 zum ärztlichen Attest vom 7. Oktober 2014 die Einschätzung fehlender Reisefähigkeit zu teilen. Sie hat dort - rechtlich zutreffend - lediglich darauf hingewiesen, dass es für die Frage der Reisefähigkeit nicht auf das Datum des Attests, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankomme. Fachlich-inhaltliche Einwendungen hat sie nicht erhoben. Allein die Rüge mangelnder Aktualität vermag keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich dieses Attests zu begründen, zumal die dortige Formulierung „derzeit keine Reisefähigkeit“ - angesichts des Gesamtkontextes und etwa des Hinweises, es sei eine „jahrelange Behandlung“ erforderlich - ersichtlich nicht als reine Momentaufnahme, sondern auch prognostisch zu verstehen war. Jedenfalls aber ist durch die Einvernahme der Fachärztin in der mündlichen Verhandlung geklärt, dass die im Attest vom 7. Oktober 2014 zum Ausdruck kommende Beurteilung auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gilt.

Angesichts dieser Feststellungen sieht das Gericht im vorliegenden Fall auch keine Anhaltspunkte, dass die Gesundheitsgefährdung durch begleitende Maßnahmen beim Abschiebungsvorgang verhindert werden könnte.

Nach allem war die Abschiebungsanordnung aufzuheben. Das Gericht weist klarstellend darauf hin, dass diese Entscheidung auf dem vorliegenden Einzelfall eines schlüssigen Gesamtbildes insbesondere hinsichtlich der fachärztlichen Behandlung und der gesundheitlichen Folgen einer Abschiebung beruht.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

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published on 18/05/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. 1. Die Antragsteller zu 1) und 2) (geboren .
published on 01/07/2015 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 10. Januar 2014 (Az. M 21 S 13.31382) wird geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid des Bundesamts für
published on 01/07/2015 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 10. Januar 2014 (Az. M 21 S 13.31363) wird geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migrat
published on 06/07/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt, a) dass vor der Durchführung der Abschiebung des Antragstellers nach U. eine Stellungnahme des zuständigen Gesundheitsamtes unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Bes
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.