Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 25. Apr. 2017 - Au 3 K 16.1457

25.04.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, ein Asylbewerber, ist nach seinen Angaben afghanischer Staatsangehöriger aus der Ortschaft ... in der Provinz ... Das in der Erstaufnahmeeinrichtung handschriftlich ausgefüllte, vom Kläger unterschriebene zweisprachige Formular „Registrierung der persönlichen Daten“ vom ... 2016 enthält in der Rubrik Geburtsdatum die Eintragung „... 1993“. Entsprechendes gilt für den Aufnahmeschein „White Paper“ vom ... 2016, die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender vom ... 2016 und ein am ... 2016 in Mazedonien auf den Namen „...“ ausgestelltes Dokument.

Am ... 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII als angeblich 15 Jahre alter unbegleiteter Flüchtling. Zwei Mitarbeiterinnen des Jugendamts führten daraufhin eine Altersfeststellung durch. Insbesondere aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes (markante männliche Gesichtszüge, tiefe Halsfalten) kamen sie zu dem Ergebnis, dass die Altersangabe des Klägers unglaubwürdig und dieser volljährig sei.

Gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 legte die mit Beschluss des Amtsgerichts ....- Familiengericht - vom 12. Februar 2016 zum Vormund bestimmte Rechtsanwältin am 23. Februar 2016 Widerspruch ein. Eine erneute Altersfeststellung durch zwei andere Fachkräfte des Jugendamts kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Kläger volljährig sei. Er habe ausgeprägte Falten um die Augen und am Hals. Er habe angegeben, er sei 15 oder 16 Jahre alt, wisse aber kein genaues Datum. Seine Eltern hätten ihm gesagt, dass er ca. 15 Jahre alt sei. Auch diese Alterseinschätzung wurde gemäß den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom Mai 2014 unter Heranziehung eines Dolmetschers durchgeführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2016 wies die Regierung von ... den Widerspruch als unbegründet zurück. Aufgrund der äußeren Merkmale (u.a. markante Gesichtszüge, Bartwuchs, tiefe Hals- und Augenfalten, reine Haut), seines Verhaltens und der Angaben zu seinem biografischen Lebenslauf seien alle Fachkräfte übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger volljährig sei. Er habe keine konkreten Umstände benannt, die diese fachliche Einschätzung in Zweifel ziehen könnten. Die von ihm während der beiden persönlich geführten Gespräche genannten biografischen Daten wichen hinsichtlich Anzahl und Alter seiner Geschwister (zuerst zwei im Alter von 10 und 6 Jahren, dann drei Geschwister im Alter von 6, 7 und 8 Jahren) und einer ausgeübten Berufstätigkeit (zuerst keine, dann Verkäufer im Einzelhandel) voneinander ab, was die Glaubwürdigkeit seiner Angaben insgesamt eher erschüttere als stütze.

Der Widerspruchsbescheid wurde gegen Empfangsbekenntnis an die damalige gesetzliche Vertreterin versandt, doch wurde dieses nicht an die Regierung zurückgesandt. Nach eigenen Angaben ist der Widerspruchsbescheid nicht bei der Rechtsanwältin eingegangen. Wegen verschiedener Unregelmäßigkeiten wurde diese mit Beschluss des Amtsgerichts ... - Familiengericht - vom 2. September 2016 als Vormund entlassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts ... - Familiengericht - vom 8. September 2016 wurde der (derzeitige) gesetzliche Vertreter als neuer Vormund ausgewählt. Dieser erhielt den Widerspruchsbescheid am 28. September 2016.

Am 17. Oktober 2016 erhob der Vormund Klage. Er beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 23. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger gemäß § 42 Sozialgesetzbuch VIII in Obhut zu nehmen.

Der Kläger sei ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, der am ... 2001 geboren sei. Nach dem unabhängig voneinander gewonnenen persönlichen Eindruck von vier verschiedenen Personen sowie der Berufsschule sowie zusätzlich nach seinem persönlichen Eindruck sei der Kläger minderjährig. Rechtsanwalt ... habe als Verfahrensbeistand mit Stellungnahme vom 3. Februar 2016 und Rechtsanwältin ... als Verfahrensbeistand mit Schreiben vom 12. August 2016 gegenüber dem Familiengericht mitgeteilt, dass der Kläger minderjährig sei. Dies habe auch seine Vorgängerin im Amt des Vormunds mitgeteilt. Die Koordinatorin für berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge bei der Regierung von ... habe im Gespräch mitgeteilt, dass sie der Überzeugung sei, der Kläger sei minderjährig. Dem Kindeswohl sei nicht entsprochen, wenn sich ein Jugendlicher in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber aufhalte. Wenn ein Minderjähriger ohne familiäre Bezugspersonen keine Hilfe durch Pädagogen und andere Helfer im Rahmen einer festen Einrichtung erhalte, könne auch von einer anhaltenden Gefährdung des Kindeswohls ausgegangen werden.

Am 24. Oktober 2016 beantragte der Vormund zusätzlich,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Kläger in Obhut zu nehmen und Hilfen zur Erziehung zu gewähren.

Am 31. Oktober 2016 legte der Vormund ein aktuelles Lichtbild des Klägers vor.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Vortrag, verschiedene Personen (Verfahrensbeistände, ehemalige Vormündin, Mitarbeiterin der Regierung von ..., Berufsschule) hätten unabhängig voneinander den Eindruck erhalten, der Kläger sei minderjährig, könne die fachliche Einschätzung der speziell für die Altersfeststellung geschulten und erfahrenen Mitarbeiter der Beklagten nicht in Zweifel ziehen. Die Altersfeststellung sei zweimal durch jeweils zwei Mitarbeiter durchgeführt worden. Alle vier Mitarbeiterinnen seien zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger bereits volljährig sei.

Laut Schreiben der Regierung von ... vom 3. November 2016 äußerte sich die Koordinatorin für berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge zu ihrem Kontakt mit dem Kläger und seinem Vormund so, ersterer habe sie am 13. September 2016 bei der Asylberatung des ... Werks aufgesucht, um sich über Spracherwerbsmöglichkeiten und einen Schulbesuch zu informieren. In diesem Zusammenhang habe er eine familiengerichtliche und eine ausländerrechtliche Bescheinigung vorgelegt, die ein unterschiedliches Alter von 15 bzw. 23 Jahren ausgewiesen hätten. Aufgrund seiner optischen Erscheinung und weil es sich bei der ersten Bescheinigung um ein Schreiben des Vormundschaftsgerichts gehandelt habe, sei es ihr wahrscheinlicher erschienen, dass ein Alter von 15 Jahren zutreffend sei. Deshalb habe sie ihn an die Berufsschule VI verwiesen und den Kontakt zur Aufnahme in eine Berufsintegrationsklasse hergestellt. Da für die Anmeldung an der Berufsschule die Unterschrift des Erziehungsberechtigten nötig sei, habe sie sich mit dem Vormund telefonisch in Verbindung gesetzt. Im Anschluss daran seien mit ihm weitere Telefonate geführt worden.

Die persönliche Anhörung des Klägers beim Bundesamt für ... erfolgte am 24. Oktober 2016 durch einen Sonderbeauftragten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dieser hielt in einem Vermerk vom 24. Oktober 2016 fest, der Kläger sei aus seiner Sicht eindeutig volljährig. Er habe bereits ausgeprägte Augenfalten und scheine eher 25 als 15 Jahre alt zu sein. Auch die Dolmetscherin schätze ihn erheblich älter als 20 Jahre ein. Dementsprechend wird der ablehnende Bescheid des Bundesamts vom 14. März 2017 insbesondere darauf gestützt, dass der Kläger sich durch die Falschangabe seines Geburtsdatums Vorteile als Minderjähriger habe verschaffen wollen. Der Kläger sei ohne Zweifel volljährig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Akten des Jugendamts, des Familiengerichts und des Bundesamts sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist zur Überzeugung der Kammer zweifelsfrei volljährig und hat daher keinen Anspruch nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII auf Inobhutnahme durch das Jugendamt. Das Ergebnis der nach den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom Mai 2014 durchgeführten (zweifachen) qualifizierten Inaugenscheinnahme durch insgesamt vier erfahrene Mitarbeiterinnen des Jugendamts der Beklagten wird durch zahlreiche Widersprüche im Vortrag des Klägers, das vorgelegte Lichtbild und den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen unmittelbaren Eindruck gestützt und bestätigt. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die qualifizierte Inaugenscheinnahme jedenfalls dann keinen Anlass zur Annahme eines eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung erforderlich machenden Zweifelsfalls im Sinne des § 42f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bietet, wenn - wie hier - weitere die Volljährigkeit bestätigende Umstände hinzutreten (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.4.2016 - OVG 6 S. 7.16, OVG 6 M 20.16 - NVwZ-RR 2016, 594).

Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck ist der Kläger in Übereinstimmung mit dem von ihm in der Erstaufnahmeeinrichtung mehrfach mit seiner Unterschrift bestätigten Geburtsdatum „... 1993“ mindestens 24 Jahre alt. Das handschriftlich ausgefüllte, zweisprachige Formular „Registrierung der persönlichen Daten“ vom 11. Januar 2016, der Aufnahmeschein („White Paper“) gleichen Datums und die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender vom 19. Januar 2016, die jeweils das Geburtsdatum „... 1993“ enthalten, wurden jeweils vom Kläger unterschrieben. Mit seiner Unterschrift hat er ausdrücklich die Richtigkeit der aufgenommenen Daten bzw. der gemachten Angaben bestätigt. Das zweisprachige Formular „Registrierung der persönlichen Daten“ enthält auch den Zusatz „Mit meiner Unterschrift bestätige ich die Richtigkeit der Daten und stimme deren Aufnahme in das Melderegister zu“ auf Dari in afghanischer Schrift. Der Kläger hat ausdrücklich bestätigt, dass er diese Schrift lesen kann, so dass ausgeschlossen werden kann, dass der Eintrag „... 1993“ ohne sein Wissen bzw. ohne sein Einverständnis erfolgt ist. Die in diesem Formular vorgenommene Korrektur des Familiennamens zeigt vielmehr, dass der Kläger die Richtigkeit seiner persönlichen Daten überprüft hat. Auch zeigt ein Vergleich mit dem am 5. Januar 2016 in Mazedonien ausgestellten Dokument, dass die Daten hieraus nicht ungeprüft übernommen wurden, weil dort als Name des Klägers noch „...“ aufgenommen wurde.

Die späteren Angaben des Klägers zu seinem Alter entsprechen offenkundig nicht den Tatsachen. Seine Einlassungen bei der behördlichen Altersfeststellung, seine Mutter bzw. seine Eltern hätten ihm gesagt, dass er (ca.) 15 Jahre alt sei (Bl. 6, 19, 20 der Akte des Jugendamts) sind unvereinbar mit der Aussage beim Bundesamt, seine Mutter sei bereits seit sieben bis acht Jahren verstorben. Auch die Angaben, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung zu seinem Alter gemacht hat, sind widersprüchlich. Zunächst wiederholte er die Behauptung, seine Eltern hätten ihm gesagt, er sei 15 oder 16 Jahre alt. Davon rückte er aber immer weiter ab und behauptete schließlich, er habe von seinen Eltern immer wieder verschiedene Antworten bekommen, mal 14, mal 15 Jahre. Dies lässt sich mit dem behaupteten „ganz frühen“ Tod der Mutter auch dann nicht vereinbaren, falls die Mutter erst vor etwa drei bis vier Jahren verstorben sein sollte. Ohnehin hat der Kläger bei der Altersfeststellung durch das Jugendamt erwähnt, seine ca. 40 Jahre alten Eltern seien mit seiner Ausreise einverstanden gewesen und hätten die Flucht organisiert und auch bezahlt (Bl. 14 ff., 21 der Akte des Jugendamts). Zuvor hatte der Kläger gegenüber seinem Verfahrensbeistand Rechtsanwalt ... erklärt, dass sein Vater noch in Afghanistan in der Provinz ... lebe und seine Mutter vor ca. einem Jahr verstorben sei. Dementsprechend wurde in dem Beschluss des Familiengerichts vom 9. Februar 2016 festgestellt, dass die elterliche Sorge des Vaters bezüglich des Kindes ... ruhe, da der Vater auf längere Zeit die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausüben könne. In eklatantem Widerspruch hierzu gab der Kläger bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 24. Oktober 2016 an, sein Vater sei vor ca. einem Jahr und zwei Monaten von den Taliban zu Tode gefoltert worden, er selbst sei bei der Beerdigung seines Vaters ganz allein gewesen und nach dessen Ermordung noch fünf Tage im Land geblieben.

Auch hinsichtlich seiner Geschwister hat sich der Kläger sehr unterschiedlich geäußert. Bei der ersten Altersfeststellung am 26. Januar 2016 erwähnte er einen ca. 10 Jahre alten Bruder und eine ca. 6 Jahre alte Schwester, in dem Widerspruch vom 22. Februar 2016 zwei Geschwister im Alter von 8 und 12 Jahren und bei der zweiten Altersfeststellung am 3. März 2016 zwei Brüder im Alter von ca. 7 und 8 Jahren sowie eine Schwester im Alter von ca. 6 Jahren. Dagegen behauptete er bei den Anhörungen durch das Bundesamt am 24. Oktober 2016 und das Verwaltungsgericht am 25. April 2017, er habe nur einen ca. 23 Jahre alten Bruder, der Soldat bei der afghanischen Armee (gewesen) sei. Seine Einlassung, die beim Jugendamt erwähnten Geschwister seien seine Stiefgeschwister aus der zweiten Ehe seines Vaters, da dieser nach dem Tod seiner Mutter nochmal geheiratet habe, stellt eine klare Schutzbehauptung dar. Er hat auch zum angeblichen Tod seiner Mutter sehr unterschiedliche Angaben gemacht (vor ca. einem Jahr verstorben gegenüber dem Familiengericht, vor sieben bis acht Jahren verstorben gegenüber dem Bundesamt, vor etwa drei bis vier Jahren verstorben gegenüber dem Verwaltungsgericht, ca. 40 Jahre alt gegenüber dem Jugendamt). Selbst bei einem schon sieben bis acht Jahre zurückliegenden Tod der Mutter könnte die zweite Ehe des Vaters allenfalls vor acht Jahren geschlossen worden sein, so dass ein ca. 10 oder 12 Jahre alter Stiefbruder hiermit nicht in Einklang gebracht werden kann.

Auch für den Sonderbeauftragten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, der die persönliche Anhörung des Klägers beim Bundesamt durchgeführt hat, und die hierbei hinzugezogene Dolmetscherin ist der Kläger eindeutig volljährig (vgl. Vermerk vom 24.10.2016, S. 40 der Bundesamtsakte; Bescheid des Bundesamts vom 14.3.2017, S. 3).

Die abweichende Einschätzung der in der Klagebegründung genannten Personen führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Insoweit ist richtigzustellen, dass diese Personen nicht geäußert haben, der Kläger sei minderjährig, sondern (sinngemäß) der Kläger könnte minderjährig sein. So schreibt Rechtsanwalt ... in seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2016 gegenüber dem Familiengericht, der Betroffene sei nach seiner Einschätzung „wohl noch minderjährig“. Rechtsanwältin ... trägt in ihrem Schreiben vom 8. März 2016 an das Familiengericht vor, ihr Eindruck von dem betroffenen Jugendlichen sei, dass dieser „noch minderjährig sein dürfte“. Rechtsanwältin ... äußert in ihrem Schreiben vom 12. August 2016 an das Familiengericht, auch ihres Erachtens scheine der Jugendliche noch minderjährig zu sein. Sämtliche Rechtsanwälte haben dabei - ebenso wie der aktuelle Vormund des Klägers - als amtlich bestellte Interessenvertreter des Klägers gehandelt, so dass es in der Natur der Sache liegt, dass sie das Ergebnis der Altersfeststellung des Jugendamts angezweifelt haben. Soweit der Koordinatorin für berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge bei der Regierung von ... ein Alter von 15 Jahren wahrscheinlicher erschienen ist als ein Alter von 23 Jahren, ist dies offenbar darauf zurückzuführen, dass sie der entsprechenden familiengerichtlichen Bescheinigung mehr vertraute als der ein Alter von 23 Jahren ausweisenden ausländerbehördlichen Bescheinigung.

Das Familiengericht hat sich jedoch vor Erlass der maßgeblichen Beschlüsse vom 26. Januar 2016 (Bestellung eines Verfahrensbeistands im Verfahren wegen elterlicher Sorge), 9. Februar 2016 (Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge des Vaters) und 12. Februar 2016 (Anordnung der Vormundschaft) keinen persönlichen Eindruck vom Kläger verschafft. Die Beschlüsse ergingen im Bürowege, wobei in dem zuerst genannten Beschluss als Geburtsdatum des Klägers der ... 2001 abweichend von der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender allein deshalb angegeben wurde, weil der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten angegeben hatte, erst 15 Jahre alt zu sein. Das (fiktive) Geburtsdatum „... 2001“ wurde dann ungeprüft in alle weiteren familiengerichtlichen Beschlüsse und Bescheinigungen übernommen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Kostenentscheidung war gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 42 Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen


(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn 1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhut

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 42f Behördliches Verfahren zur Altersfeststellung


(1) Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person gemäß § 42a deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzusc

Referenzen

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person gemäß § 42a deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. § 8 Absatz 1 und § 42 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen hat das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen. Ist eine ärztliche Untersuchung durchzuführen, ist die betroffene Person durch das Jugendamt umfassend über die Untersuchungsmethode und über die möglichen Folgen der Altersbestimmung aufzuklären. Ist die ärztliche Untersuchung von Amts wegen durchzuführen, ist die betroffene Person zusätzlich über die Folgen einer Weigerung, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, aufzuklären; die Untersuchung darf nur mit Einwilligung der betroffenen Person und ihres Vertreters durchgeführt werden. Die §§ 60, 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(3) Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung des Jugendamts, aufgrund der Altersfeststellung nach dieser Vorschrift die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a oder die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abzulehnen oder zu beenden, haben keine aufschiebende Wirkung. Landesrecht kann bestimmen, dass gegen diese Entscheidung Klage ohne Nachprüfung in einem Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung erhoben werden kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.