Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Okt. 2017 - Au 1 K 17.883

published on 24/10/2017 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Okt. 2017 - Au 1 K 17.883
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, einen in die Tiernahrung für Katzen untergemischten Phosphatbinder in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden.

Die Klägerin produziert und vertreibt Nahrungsergänzungsmittel, sogenannte Nutrazeutika. Mit Schreiben vom 8. Februar 2017 informierte sie den Beklagten darüber, dass sie beabsichtige, einen Phosphatbinder mit dem Wirkstoff Eisen-III-Oxyhydroxid als Medizinprodukt für Tiere (hier: Katzen) auf den Markt zu bringen. Es handle sich um ein Pulver, das unter das Katzenfutter gemischt werde und das dazu diene, die Aufnahme des im Futter enthaltenen Phosphors zu reduzieren. Sie teilte weiter mit, dass dieses Produkt ihrer Meinung nach einem gesetzlich ungeregelten Bereich unterliege, weil es weder als Futtermittel noch als Arzneimittel einzustufen sei. Es unterliege daher auch nicht der Futtermittelüberwachung.

Das vom Beklagten daraufhin eingeschaltete Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kam in einem Gutachten zur Qualifizierung des von der Klägerin benannten Produkts zu dem Ergebnis, dass es sich um einen derzeit nicht zugelassenen Futtermittelzusatzstoff handle. Mit dem Stoff Lanthancarbonat-Oktahydrat sei aktuell ein Phosphatbinder als Futtermittelzusatzstoff in der Funktionsgruppe 4d „sonstige zootechnische Zusatzstoffe“ nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung zugelassen. Da Einsatzzweck und Wirkmechanismus dieses bereits zugelassenen Phosphatbinders dem von der Klägerin verwendeten Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid entspreche, sei der von der Klägerin verwendete Stoff im Sinne der Gleichbehandlung ebenfalls als Futtermittelzusatzstoff einzustufen. Eine entsprechende Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 liege für den Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht vor.

Nach vorheriger Anhörung untersagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 2. Juni 2017, Eisen-III-Oxyhydroxid als Phosphatbinder für Katzenfutter ohne entsprechende Zulassung als Futtermittelzusatzstoff nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden (Ziffer 1). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziffer 2). Bei Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 festgelegte Pflicht wurde ein Zwangsgeld in Höhe von je 5.000,- EUR zur Zahlung fällig erklärt (Ziffer 3). Zur Begründung ist ausgeführt, dass nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 niemand einen Futtermittelzusatzstoff in Verkehr bringen, verarbeiten oder verwenden dürfe, sofern nicht eine entsprechende Zulassung nach der genannten Verordnung erteilt worden sei. Bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid handle es sich gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a) i.V.m. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 um einen Futtermittelzusatzstoff, weil er zumindest eine der in Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen erfülle. Er werde bewusst Futtermitteln zugesetzt, um jedenfalls das Wohlbefinden der Tiere positiv zu beeinflussen. Durch den mit dem Zusatzstoff vorgesehenen Verwendungszweck, nämlich die Vorbeugung bzw. Minderung einer chronischen Niereninsuffizienz durch Reduzierung der Phosphoraufnahme, soll die Gesunderhaltung insbesondere von älteren Katzen dadurch gefördert werden, dass die Verdaulichkeit des Futterphosphors gesenkt werde. Der aktuell unter der Kennnummer 4d1 als Phosphatbinder zugelassene Futtermittelzusatzstoff Lanthancarbonat-Oktahydrat mit vergleichbarem Einsatzzweck und Wirkmechanismus gebe einen Hinweis darauf, dass es sich bei Produkten mit dem Ziel der Vorbeugung bzw. Minderung chronischer Niereninsuffizienz um Futtermittelzusatzstoffe handle. Die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff setze nicht voraus, dass der Stoff die Voraussetzungen der Definition eines „Futtermittel“ nach Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfülle, weil die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 für das Inverkehrbringen von Futtermittelzusatzstoffen die speziellere Vorschrift sei. Somit sei für die Definition als Futtermittelzusatzstoff auch nicht notwendig, dass der Stoff dazu diene, den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken. Da eine entsprechende Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 für den Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht vorliege, sei es im Hinblick auf einen vorbeugenden und effektiven Verbraucherschutz notwendig, ab sofort zu untersagen, dass dieser Stoff ohne die entsprechende Zulassung in den Verkehr gebracht, verarbeitet oder verwendet wird. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin berücksichtigt worden.

Am 9. Juni 2017 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Klage und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Bescheid bereits deswegen rechtswidrig sei, weil er auch die direkte Verfütterung des streitgegenständlichen Produkts, z.B. im Wege des Top-Dressings (d.h. das Produkt wird über das Futter gestreut), verbiete. Es wäre nur zulässig gewesen, das Inverkehrbringen des Produktes im Katzenfutter zu untersagen. Denn die Eigenschaft als Futtermittelzusatzstoff scheide aus, wenn der Stoff zur direkten Verfütterung bestimmt sei, was auch dann der Fall sei, wenn der Stoff als sog. Top-Dressing auf Futtermittel gestreut werde. Die Untersagungsverfügung sei außerdem rechtswidrig, weil es sich bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht um einen Futtermittelzusatzstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 handle. Die Voraussetzungen für eine Untersagung nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 lägen somit nicht vor. Zur Bestimmung des Begriffs Futtermittelzusatzstoff sei neben der Definition in Art. 2 Abs. 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 ergänzend Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 i.V.m. Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 heranzuziehen. Um als Futtermittelzusatzstoff gelten zu können, müsse daher das entsprechende Produkt das Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ erfüllen, was voraussetze, dass durch das Produkt der Nahrungsbedarf des Tieres gedeckt oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechterhalten wird. Beide Voraussetzungen würden bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht vorliegen. Denn das Produkt diene gerade nicht dazu, den Nahrungsbedarf zu decken, sondern solle sogar die Zufuhr von Nährstoffen (Phosphataufnahme) vermeiden. Auch das Merkmal „Aufrechterhaltung der Produktivität von normal gesunden Tieren“ sei nicht gegeben, da die Tiere (hier: Katzen) als Heimtiere keine Produktivität entfalten würden und es sich bei der Zielgruppe nicht um gesunde Tiere handle. In der Begriffsbestimmung „Futtermittelzusatzstoff“ in Art. 2 Abs. 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 sei außerdem bestimmt, dass ein Futtermittelzusatzstoff insbesondere eine oder mehrere der in Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen erfüllen müsse. Die in dieser Vorschrift genannten Wirkungsfelder ließen sich den beiden Zweckbestimmungen im Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ zuordnen, woraus zu schließen sei, dass auch im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff die Begriffsbestimmung für Futtermittel in Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Geltung beanspruche. Selbst wenn man zu Unrecht davon ausgehen wollte, dass es für das Vorliegen eines Futtermittelzusatzstoffes nicht auf die Begriffsbestimmung „Futtermittel“ und somit nicht auf das Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ ankäme, läge bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid kein Futtermittelzusatzstoff vor, da das streitgegenständliche Produkt keiner der derzeit bestehenden Futtermittelzusatzkategorien zuzuordnen sei. Um als Futtermittelzusatzstoff gelten zu können, müsse der Stoff sowohl einer in Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktion als auch einer in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 aufgeführten Kategorie zugewiesen werden können, andernfalls sei die Anwendung der Futtermittelzusatzstoffverordnung ausgeschlossen. Das sei auch folgerichtig, weil die Zuordnung zu einer Kategorie gemäß Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 zwingender Bestandteil der Zulassung eines Futtermittelzusatzstoffes sei. Der verfahrensgegenständliche Stoff erfülle aber nicht die Voraussetzungen für eine Zuordnung im Sinne von Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003, insbesondere liege kein zootechnischer Zusatzstoff im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 vor. Der Hinweis auf die Einordnung des Vergleichsstoffes Lanthancarbonat-Oktahydrat sei unbehelflich, weil dieser Stoff nicht die Definition eines „zootechnischen Zusatzstoffes“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 erfülle. Es handle sich bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid aber auch nicht um ein Tierarzneimittel, weil es nicht pharmakologisch, sondern physikalisch wirke und daher keine arzneimittelrechtliche Zulassung erlangen könne. Da der streitgegenständliche Phosphatbinder somit weder der Ernährung von normal gesunden Tieren diene noch pharmakologisch wirke, handle es sich um ein Medizinprodukt für Tiere, für das weder im Unionsrecht noch im deutschen Recht spezielle Rechtsvorschriften existierten. Das Produkt würde daher nur den Regelungen des Produktsicherheitsgesetzes unterliegen und sei zulassungsfrei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei dem Stoff „Eisen-III-Oxyhydroxid“ als Phosphatbinder für Katzenfutter handele es sich nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) i.V.m. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 um einen Futtermittelzusatzstoff. Da dieser keine Zulassung besitze, sei auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 die Verwendung zu untersagen gewesen. Die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung stelle eine speziellere Vorschrift zu der Futtermitteldefinition in Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dar und enthalte eine eigene Definition der Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung. Für Futtermittelzusatzstoffe und Vormischungen gälten die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 und nicht die Begriffsbestimmung „Futtermittel“ nach Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 in Verbindung mit der für Einzel- und Mischfuttermittel gefassten Verordnung (EG) Nr. 767/2009, die als zusätzliches Merkmal für ein Futtermittel vorsehe, dass dieses zur oralen Tierfütterung bestimmt sein müsse. Zielsetzung dieser Futtermitteldefinition sei, auch Zusatzstoff-Hersteller bzw. Händler unter das Futtermittelrecht fassen zu können. Die Definition „zur oralen Tierfütterung bestimmt“, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 definiert sei, gelte gerade nicht für Futtermittelzusatzstoffe. Da der von der Klägerin verwendete Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid in das Futtermittel eingemischt werde, sei es außerdem auch geeignet, den Ernährungsbedarf der Tiere zu decken. Auch andere in der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 aufgelistete Futtermittelzusatzstoffe würden im Einzelnen nicht der Deckung des Nahrungsbedarfes dienen, sondern lediglich mittelbar über die Einmischung in Einzelbzw. Mischfutter. Der streitgegenständliche Phosphatbinder sei geeignet, nach Art. 5 Abs. 3 lit. f) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 das Wohlbefinden der Tiere positiv zu beeinflussen, denn er werde entsprechend dem vorgesehenen Einsatzzweck und dem zugrunde liegenden Wirkmechanismus hierzu bewusst Futtermitteln zugesetzt. Da die tatsächliche Verwendungsform als Phosphatbinder für Katzenfutter einem Futtermittelzusatzstoff entspreche, handle es sich auch nicht um ein nicht reguliertes Medizinprodukt für Tiere. Als Futtermittelzusatzstoff sei eine direkte Verfütterung gerade nicht erlaubt, sondern der Phosphatbinder sei, ebenso wie andere Futtermittelzusatzstoffe, nur in Beimischung zu Futtermitteln oder Wasser zu verfüttern. Entsprechend der vorgelegten Produktbeschreibung könne der Phosphatbinder die gewünschte Wirkung auch nur erreichen, wenn er Futtermitteln beigemischt werde. Da er nur in sehr kleinen Mengen zugesetzt werde, sei er auch zur Direktfütterung nicht geeignet. Ob der Stoff einer Kategorie in Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 zuzuweisen sei, sei unerheblich, da für die Begriffsbestimmung von Futtermittelzusatzstoffen in Art. 2 Abs. 2 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 auf diesen Artikel gerade nicht Bezug genommen werde. Die Zuordnung zu einer Zusatzstoffkategorie sei im Übrigen nicht verfahrensgegenständlich, da diese nicht die Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung, sondern Fragestellungen im Rahmen eines Zulassungsverfahrens betreffe.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Der Beklagte stützt das Verbot, Eisen-III-Oxyhydroxid als Phosphatbinder für Katzenfutter ohne entsprechende Zulassung in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden zutreffend auf Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl EG Nr. L 165 S. 1-141) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 882/2004 – i.V.m. § 39 Abs. 1 und 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung (ABl. EG Nr. L 268 S. 29-43) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 1831/2003.

Nach Art. 54 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gilt Art. 54 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 unmittelbar und verdrängt andere nationale Vorschriften. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 enger als der Anwendungsbereich von § 39 LFGB, da Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 voraussetzt, dass die zuständige Behörde bereits einen Verstoß festgestellt hat. Demgegenüber berechtigt § 39 Abs. 2 LFGB die zuständigen Behörden dazu, notwendige Anordnungen und Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts auf einen Verstoß als auch zur Verhütung künftiger Verstöße zu treffen (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. 2 (Stand Juli 2016), § 39 LFGB Rn. 10; BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris Rn. 42). Welche der beiden im streitgegenständlichen Bescheid genannten Rechtsgrundlagen maßgeblich ist, kann allerdings offen bleiben, weil Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 und § 39 LFGB eine identische Zielrichtung haben und hinsichtlich des Befugnisrahmens und der Rechtsfolgen gleich sind. Beide Rechtsgrundlagen stellen generalklauselartige Befugnisnormen dar, welche bei Eröffnung des jeweiligen Anwendungsbereiches der Norm und der Zugrundelegung des streitgegenständlichen Sachverhaltes die getroffenen Anordnungen decken können. Angesichts der Ankündigung der Klägerin, das Produkt – zukünftig – auf den Markt bringen zu wollen, spricht einiges dafür, dass insoweit die streitgegenständliche Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 LFGB zu stützen ist.

2. Nach Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 bzw. § 39 Abs. 1 und 2 LFGB treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie können insbesondere das Herstellen, Behandeln oder In den Verkehr bringen von Erzeugnissen verbieten (Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 bzw. § 39 Abs. 2 Nr. 3 LFBG).

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 darf niemand einen Futtermittelzusatzstoff in Verkehr bringen, verarbeiten oder verwenden, sofern nicht eine entsprechende Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 erteilt und die in der Verordnung festgelegten Bedingungen für die Verwendung sowie die Kennzeichnungsvorschriften erfüllt sind. Die Klägerin beabsichtigt, den Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid als Phosphatbinder für Katzenfutter auf den Markt zu bringen. Bei diesem Stoff – für den derzeit unstreitig keine Zulassung nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 vorliegt – handelt es sich um einen Futtermittelzusatzstoff, so dass die Voraussetzungen für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung vorliegen.

a) Bei dem Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid handelt es sich um einen Futtermittelzusatzstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003.

Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 sind „Futtermittelzusatzstoffe“ Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder Vormischungen sind und bewusst Futtermitteln oder Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder mehrere der in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen zu erfüllen.

aa) Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass es sich bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht um einen Futtermittelausgangsstoff handelt. Bei dem von der Klägerin zur Markteinführung vorgesehenen Phosphatbinder handelt es sich um ein weißes Pulver, das in Katzenfutter eingerührt oder über das Katzenfutter gestreut wird. Er wird somit bewusst einem (anderen) Futtermittel zugesetzt und von der Katze gemeinsam mit dem Futtermittel gefressen. Nach Aussage der Klägerin beeinflusst Eisen-III-Oxyhydroxid den Verdauungsvorgang im Darm mit der Folge, dass das im Katzenfutter vorhandene Phosphat vom Tier nicht aufgenommen, sondern ausgeschieden wird.

Auf Grund dieser Wirkungsweise erfüllt es auch eine der in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 unter a) bis g) alternativ aufgeführten Funktionen. Einschlägig ist vorliegend Art. 5 Abs. 3 lit. f) VO (EG) Nr. 1831/2003 (Positive Beeinflussung der Tierproduktion, der Leistung oder des Wohlbefindens der Tiere, insbesondere durch Einwirkung auf die Magen- und Darmflora oder die Verdaulichkeit der Futtermittel). Da nach eigenen Angaben der Klägerin durch die Beigabe des Phosphatbinders die Verdaulichkeit des Futter-Phosphors gesenkt, die Belastung auf das Ausscheideorgan Niere reduziert und somit die Entwicklung einer klinischen Niereninsuffizienz verzögert wird bzw. deren Symptome abgeschwächt werden, beeinflusst das streitgegenständliche Produkt das Wohlbefinden der Tiere.

bb) Zwischen den Beteiligten ist jedoch streitig, ob für die Anwendbarkeit der Verordnung auf das streitgegenständliche Produkt Voraussetzung ist, dass zusätzlich zu den in Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 aufgeführten Begriffsmerkmalen eines Futtermittelzusatzstoffes auch die Begriffsmerkmale eines Futtermittels im Sinne von Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl EG Nr. L 31 S. 1-24) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 178/2002 erfüllt sein müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Art. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003 enthält die für die Anwendung dieser Verordnung maßgeblichen Begriffsbestimmungen. In Abs. 1 dieses Artikels ist bestimmt, dass für „Futtermittel“ die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gelten. In Abs. 2 des Artikels sind weitere Begriffe, u.a. der Begriff „Futtermittelzusatzstoff“ näher definiert. Die Klägerin zieht aus der Regelung in Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1831/2003 den Schluss, dass die Einordnung eines Stoffes als „Futtermittelzusatzstoff“ voraussetzt, dass dieser Stoff neben den in Art. 2 Abs. 2 lit a) VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Voraussetzungen zusätzlich auch die Begriffsbestimmungen und Voraussetzungen für die Qualifizierung als „Futtermittel“ im Sinne von der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfüllen muss, d.h. auch das Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ nach Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 lit. b) VO (EG) Nr. 767/2009 vorliegen muss. Dieses Merkmal sei nach der letztgenannten Vorschrift nur gegeben, wenn der Stoff auch den Nahrungsbedarf der Tiere deckt oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechterhält. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden.

Gegen diese Auffassung spricht schon der eindeutige Wortlaut in Art. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003, der in seinem Absatz 1 für die Begriffsbestimmung eines „Futtermittels“ auf die Definition in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist und in Absatz 2 lit. a) für den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 eine eigenständige Begriffsbestimmung „Futtermittelzusatzstoff“ enthält. Diese Begriffsbestimmung nimmt in keiner Weise Bezug auf die in Abs. 1 enthaltene Definition. Gleiches gilt auch für die übrigen in Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003 unter b) bis n) aufgeführten Begriffsbestimmungen, die jeweils eigenständige Definitionen ohne Rückgriff auf Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1831/2003 enthalten.

Auch der Verordnungszweck spricht gegen die Auffassung der Klägerin. Nach Art. 1 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1831/2003 ist Zweck der Verordnung die Einführung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Zulassung und Verwendung von Futtermittelzusatzstoffen, um ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit des Menschen, der Tiere und der Umwelt im Zusammenhang mit Futtermittelzusatzstoffen zu schaffen. Es handelt sich somit bei dieser Verordnung um eine spezielle Regelung für das In-Verkehr-Bringen von Futtermittelzusatzstoffen. Welche Stoffe dem Zulassungsverfahren dieser Verordnung unterliegen, ist in Art. 2 dieser Verordnung geregelt. Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 enthält somit für den Anwendungsbereich dieser Verordnung eine spezielle Definition von „Futtermittelzusatzstoffen“, die gerade nicht voraussetzt, dass es sich um ein Futtermittel im Sinne von Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 handelt. Entscheidend und ausreichend ist, dass es sich um Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen handelt, die einem Futtermittel (im Sinne von Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002) zugesetzt werden. Diese eigenständige Futtermittelzusatzstoffdefinition in Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 setzt somit gerade nicht voraus, dass der Stoff dem Nahrungsbedarf der Tiere dient.

Nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 ist lediglich zusätzlich darauf abzustellen, ob der Zusatzstoff eine der in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen erfüllt. Wie der Aufzählung in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 zu entnehmen ist, kann ein Futtermittelzusatzstoff verschiedene Funktionen erfüllen. So liegt ein Futtermittelzusatzstoff z.B. vor, wenn die Beschaffenheit des Futtermittels (a) oder der tierischen Erzeugnisse (b) oder die Farbe von Zierfischen und Ziervögeln positiv beeinflusst wird (c). Gerade aus der letztgenannten Funktion wird deutlich, dass es für die Qualifizierung als Futtermittelzusatzstoff nicht darauf ankommen kann, dass dieser zusätzlich auch die Begriffsbestimmungen des Futtermittels („den Nahrungsbedarf der Tiere deckt oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechterhält“) erfüllt. Auch die unter Art. 5 Abs. 3 lit. d) VO (EG) Nr. 1831/2003 aufgelistete Funktion „den Ernährungsbedarf der Tiere decken“ ergibt nur einen Sinn, wenn dieses Kriterium nicht bereits bei der Einordnung als Futtermittelzusatzstoff vorliegen muss. Aus dieser Auflistung, die im Übrigen nicht abschließend ist, ist der Schluss zu ziehen, dass ein Futtermittelzusatzstoff auch dem Ernährungsbedarf der Tiere dienen kann, dies aber nicht Voraussetzung für die Definition dieses Begriffs ist.

cc) Für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff ist auch nicht Voraussetzung, dass zusätzlich eine der in Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003 aufgeführten Kategorien erfüllt wird. Zum einen verweist Art. 2 Abs. 2 lit a) VO (EG) Nr. 1831/2003 für die Begriffsbestimmung „Futtermittelzusatzstoff“ nicht auf Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003, zum anderen betrifft diese Vorschrift das Zulassungsverfahren selbst. In Art. 7 VO (EG) Nr. 1831/2003 ist das Zulassungsverfahren geregelt und bestimmt, dass ein Antrag auf Zulassung an die Kommission der Europäischen Union zu richten ist und bei der Antragstellung neben weiteren Angaben auch ein Vorschlag für die Zuordnung des Futtermittelzusatzstoffes zu einer in Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Kategorie zu machen ist. Diese Kategorien dienen daher der Einordnung von (zugelassenen) Futtermittelzusatzstoffen; sie sind nicht Voraussetzung für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem entsprechenden Stoff überhaupt um einen Futtermittelzusatzstoff handelt. Wenn die Klägerin vorträgt, dass der von ihr verwendete Stoff keiner der Kategorien zuzuordnen sei, so ist diese Frage Gegenstand des Zulassungsverfahrens. Sollte die Zulassungsbehörde zu dem Ergebnis kommen, dass der streitgegenständliche Phosphatbinder keiner der in Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Kategorien zuzuordnen ist, kann sie eine weitere Kategorie festlegen (Art. 6 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003).

dd) Da somit nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003 für die Klassifizierung des streitgegenständlichen Stoffes als Futtermittelzusatzstoff nicht zusätzlich Voraussetzung ist, dass dieser Stoff die Begriffsbestimmung als „Futtermittel“ im Sinne von Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 b VO (EG) Nr. 767/2009 erfüllt, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob dieser Stoff „zur oralen Tierfütterung“ eingesetzt wird bzw. dazu dient, den Nahrungsbedarf oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechtzuerhalten.

b) Da für den Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid die notwendige Zulassung als Futtermittelzusatzstoff gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 nicht vorliegt, sind die Voraussetzungen nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung gegeben. Denn das In-Verkehr-Bringen, Verarbeiten oder Verwenden des streitgegenständlichen Futtermittelzusatzstoffes setzt ein Zulassungsverfahren voraus, in dem überprüft wird, ob durch die Verwendung des Stoffes u.a. die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere gewährleistet ist. Die Untersagung, den Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid ohne entsprechende Zulassung als Futtermittelzusatzstoff nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden, ist daher rechtmäßig.

3. Die Zwangsgeldandrohung wurde zutreffend auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG gestützt. Auch hinsichtlich der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bestehen keine rechtlichen Bedenken.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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published on 09/07/2015 00:00

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München 20 BV 14.1490 Im Namen des Volkes Urteil vom 9. Juli 2015 (VG Augsburg, Entscheidung vom 13. Mai 2014, Az.: Au 1 K 13.869) 20. Senat Sachgebietsschlüssel:
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.