Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 09. Jan. 2014 - 6 M 13.30441

bei uns veröffentlicht am09.01.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat Namens und in Vollmacht des Antragstellers am 24. Juli 2012 beim Verwaltungsgericht München Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Juni 2012 erhoben, die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 1. August 2012 an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen wurde. Mit Urteil vom 6. Februar 2013 wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt (Au 6 K 12. 30276).

Am 6. November erließ der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts Augsburg auf Antrag des Bevollmächtigten des Antragstellers einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss und setzte gem. § 11 RVG den gesetzlichen Vergütungsanspruch des Antragstellers gegenüber seinem Bevollmächtigten auf 586,08 Euro fest. Der Betrag ist ab 26. August 2013 mit 4,62% zu verzinsen. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 7. November 2013 zugestellt.

Mit Schreiben vom 13. November 2013, beim Verwaltungsgericht Augsburg eingegangen am 15. November 2013, legte der Antragsteller gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss Erinnerung ein und trug zur Begründung vor, er habe seinem Anwalt keinen Auftrag erteilt. Dieses Schreiben enthielt keine Unterschrift des Antragstellers. Im Rahmen des Erinnerungsverfahrens legte der Bevollmächtigte des Antragstellers eine auf den 18. Mai 2012 datierte Vollmacht des Antragstellers für dessen gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten vor. Der Kostenbeamte half der Erinnerung nicht ab und legte die Sache dem Gericht zur Entscheidung vor.

Am 20. November 2013 wies das Gericht den Antragsteller auf die fehlende Unterschrift in seinem Erinnerungsschreiben hin. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte der Antragsteller mit, dass er seine Abschiebung in die Türkei erstrebe und keine Kosten begleichen könne. Bei der Vollmacht für seinen Anwalt handele es sich um die Bevollmächtigung in Strafsachen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens Au 6 K 12 30276 verwiesen.

II.

Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts (§ 11 Abs. 3 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG - i. V. m. §§ 165, 151 VwGO) gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 6. November 2013 ist statthaft, bleibt aber ohne Erfolg.

1. Über das Erinnerungsverfahren entscheidet nach § 165 S.2, § 151 Satz 1 VwGO das Gericht des ersten Rechtszugs in derselben Besetzung, in der die zugrunde liegende Kostenlastentscheidung getroffen wurde, da das Kostenfestsetzungsverfahren ein von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren ist (Happ in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 165 Rn. 7; BayVGH, B. v. 3.12.2003 - 1 N 01.1845 - NVwZ-RR 2004, 309). Da das Ausgangsverfahren der Einzelrichterin übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), hat auch diese über die vorliegende Erinnerung zu entscheiden.

2. Der Antrag ist unzulässig, da er nicht formgerecht innerhalb der zweiwöchigen Rechtsbehelfsfrist des § 151 VwGO eingereicht wurde. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung wurde nicht gestellt.

a) Nach § 151 VwGO kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten die Entscheidung des Gerichts („Erinnerung“) beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. Die §§ 147 bis 149 VwGO gelten entsprechend. Für die Form der Erinnerung gelten dieselben Voraussetzungen wie für die Erhebung einer Klage. Bei schriftlicher Einlegung der Erinnerung ist auch die Unterschrift wesentliche Voraussetzung (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 151 Rn. 2, § 147 Rn. 2). Dieses Erfordernis soll gewährleisten, dass auf dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie herrührt, mit hinreichender Sicherheit entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Urhebers dem Gericht zugeleitet worden ist. Schriftform im prozessrechtlichen Sinne ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn das Schriftstück vom Kläger bzw. Rechtsmittelführer eigenhändig unterschrieben ist. Im Rechtsverkehr ist nämlich die Unterschrift das typische Merkmal, dass das Schriftstück, das bis dahin nur ein unfertiges Internum, ein Entwurf, war, nunmehr für den Rechtsverkehr bestimmt ist (Geiger in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2010, § 81 Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 81 Rn. 5a; BVerwG, B. v. 27.1.2003 - 1 B 92/02 - NJW 2003, 1544). Deshalb erfordert die in § 151 VwGO vorgeschriebene Schriftlichkeit, dass das Schriftstück vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss. Das Schreiben vom 13. November 2013 enthält jedoch keine Unterschrift des Antragstellers. Ein unterschriebener Schriftsatz, in dem der Antragsteller die Gründe für die Erinnerung näher erläutert, ging beim Gericht erst am 3. Dezember 2013 und somit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsbehelfsfrist ein.

b) Zwar kann das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen. Diese Umstände müssen aus Gründen der Rechtssicherheit dem Gericht regelmäßig spätestens bei Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bekannt sein. Eine Nachholung der versehentlich unterbliebenen Unterschrift nach Fristablauf ist nicht möglich (BVerwG, B. v. 27.1.2003 - 1 B 92/02 - NJW 2003, 1544). Angesichts der Tatsache, dass der Antragsteller die deutsche Sprache nicht beherrscht, so dass in der mündlichen Verhandlung ein Dolmetscher hinzugezogen werden musste, und des fehlerfrei formulierten Erinnerungsschreibens ist davon auszugehen, dass das Schriftstück von einer dritten Person verfasst wurde. Die Urheberschaft des Antragstellers ist zumindest nicht zweifelsfrei zu erkennen. Das mit Unterschrift versehene weitere Schreiben ist erst nach Fristablauf bei Gericht eingegangen, so dass es für die Beurteilung der form- und fristgerechten Einlegung des Rechtsbehelfs nicht mehr maßgeblich ist.

3. Die Erinnerung wäre aber auch der Sache nach nicht erfolgreich.

a) Der Antragsteller macht in seinem Begründungsschreiben geltend, den Rechtsanwalt nicht beauftragt zu haben, dessen Vergütungsanspruch für die Vertretung im Asylverfahren im angegriffenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss festgestellt wird. Eine Beauftragung sei nur im Strafverfahren erfolgt. Diesem Vortrag steht die vom Antragsteller am 18. Mai 2012 unterschriebene Vollmacht entgegen, die ausdrücklich „wegen Asyl, Flüchtlingsstatus u. a.“ erteilt wurde. In der mündlichen Verhandlung über die Klage wegen der Asylanerkennung waren sowohl der Antragsteller als auch sein Bevollmächtigter persönlich anwesend (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2013, Bl. 69 der beigezogenen Verfahrensakte). Der Antragsteller machte in diesem Zusammenhang nicht geltend, dem Rechtsanwalt keine Bevollmächtigung für das Verfahren erteilt zu haben. Zweifel an der wirksam erteilten Vollmacht bestehen daher nicht, insbesondere ist dieser keine Beschränkung auf die Vertretung im Strafverfahren zu entnehmen.

b) Fehler hinsichtlich der Höhe der Vergütungsfestsetzung sind nicht erkennbar und werden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht. Er trägt vielmehr vor, die Kosten derzeit nicht begleichen zu können. Das stellt jedoch keinen Umstand dar, der der Festsetzung der dem Rechtsanwalt zustehenden Vergütung entgegensteht. Der Antragsteller hat aber die Möglichkeit, mit seinem Bevollmächtigten die Zahlungsmodalitäten zu vereinbaren. Er kann versuchen, Ratenzahlung oder gegebenenfalls Stundung der Zahlung zu erreichen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, so dass die Festsetzung des Streitwerts entbehrlich ist (Happ in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 165 Rn. 10).

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 11 Festsetzung der Vergütung


(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder

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(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.

(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.

(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).

(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.

(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.