Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Juni 2014 - 3 K 13.01226

bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen; insoweit ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... in .... Das 2155 m² große Grundstück liegt im unbeplanten Innenbereich und ist derzeit unbebaut.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 zog die Beklagte die Klägerin für die erstmalige Herstellung der ...straße für das Grundstück Fl.Nr. ... zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 17.350,74 EUR heran.

Die ...straße grenzt im Osten trichterförmig an den ... Weg an, knickt in Höhe der Grundstücke Fl.Nr.... und ... nach Südwesten ab und setzt sich in Höhe dieser Grundstücke auch als Stichstraße nach Nordwesten fort. An diesem Straßenstich liegt das Grundstück der Klägerin an. Darüber hinaus wird das Grundstück der Klägerin im Nordwesten von der...straße erschlossen. Aus diesem Grund wurde der Klägerin für ihr Grundstück bei der Abrechnung der ...straße eine Eckplatzvergünstigung gewährt. Aufgrund von § 6 Abs. 8 Nr. 2 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten wurde die so verbleibende Grundstücksfläche von 1.436,74 m² mit einem Nutzungsfaktor von 1,3 für eine zweigeschossige Bebaubarkeit vervielfacht, da nach Auffassung der Beklagten in der näheren Umgebung überwiegend eine zweigeschossige Bebauung vorhanden ist. Der Beitragsersatz beträgt 9,28960 EUR pro Quadratmeter.

Mit einem am 15. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ die Klägerin Klage erheben mit dem Antrag,

den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2013 im Wesentlichen ausgeführt, der Beitragsbescheid basiere auf einer nichtigen Satzung und entbehre damit einer rechtlichen Grundlage. Das streitgegenständliche unbebaute Grundstück der Klägerin liege unstreitig im unbeplanten Innenbereich.

Die streitgegenständliche Satzung enthalte in § 6 Abs. 8 Ziffer 2 die letztlich unbestimmte Klausel, wonach der beitragsfähige Erschließungsaufwand hier danach ermittelt werden solle, was in der näheren Umgebung an überwiegend vorhandenen Vollgeschossen maßgebend sei. Dies führe zum einen schon dazu, dass durch die über die Jahre schleichend erfolgte Erweiterung der Bebauung in der Umgebung sich ohne jedes Zutun der Klägerin die Beitragslast erhöhe. Was vormals unbebaut oder gering bebaut gewesen sei, sei schleichend weiter bebaut oder erweitert worden. Dies sei hier umso gravierender, als die zugrunde liegende Satzung ursprünglich vom 31. Dezember 1987 stamme und erst nunmehr der Erschließungsbeitrag geltend gemacht werde. Darüber hinaus sei - wie auch der streitgegenständliche Fall zeige - diese Regelung viel zu unbestimmt, als dadurch für das gesamte Erschließungsgebiet eine eindeutige Festlegung des tatsächlich insgesamt erzielbaren Erschließungsbeitragsaufkommens möglich sei. Es obliege letztlich dem Gutdünken des jeweiligen Beamten, was er hier als nähere Umgebung ansehe und darüber hinaus, was er hier als überwiegend vorhanden ansehe. Eine solch unbestimmte Regelung könne nicht als Grundlage eines rechtmäßigen Erschließungsbeitragsbescheides herangezogen werden.

Selbst wenn jedoch - wie nicht - die genannte Klausel wirksam wäre, so wäre sie hier streitgegenständlich jedenfalls unrichtig angewendet worden. In der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Anwesens überwiege entgegen der Annahme der Beklagten keine zweigeschossige Bauweise. Es seien hier zwar in letzter Zeit vereinzelt Neubauten mit zwei Vollgeschossen errichtet worden, in der näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin sei jedoch die weit überwiegende Bebauung die mit höchstens einem Vollgeschoss. Die hier im Bescheid angesetzte Erhöhung um 1,3 sei somit ohne weiteres rechtswidrig.

Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig, da die Satzung wegen eines weiteren Fehlers nichtig sei, wie sich aus der bedenklichen Auslegung der eigenen Satzung durch die Stadt ergebe. Schon außergerichtlich sei darauf hingewiesen worden, dass das streitgegenständliche Grundstück sich von der...straße aus gesehen über ca. 70 m hinziehe. Demnach wäre bei einer rechtmäßigen Beschränkung der Abrechnungstiefe von 50 m allenfalls eine Grundstücksbreite von ca. 30 m heranzuziehen. Die Beklagte verstehe ihre eigene Satzung jedoch so, dass hier lediglich die Grenze der Erschließungsanlage, die unmittelbar an das erschlossene Grundstück angrenze, als Basis für eine streng parallele Messung von 50 m herangezogen werde. Für diese Lesart der so anzuwendenden Tiefenbegrenzung der streitgegenständlichen Satzung würde dies jedoch bedeuten, dass Grundstücke, die wie das Gegenständliche parallel zu einer Stichstraße lägen und in Verlängerung der Stichstraße länger als 50 m seien, demnach komplett bei der Berechnung des Beitrags herangezogen werden müssten, während dasselbe Grundstück, das im rechten Winkel zur Stichstraße stehe, nur bis zu einer Tiefe von 50 m herangezogen werden würde. Nehme man hier zur Veranschaulichung ein theoretisches Grundstück von einer Breite von 20 m und einer Länge von 100 m, müsste bei einer vergleichbaren Lage zum streitgegenständlichen Grundstück dieses dennoch mit 2000 m² herangezogen werden, während das im rechten Winkel verlaufende Grundstück, das um keinen Millimeter weniger an der Stichstraße liegen würde, wohl mit 1000 m² herangezogen werden würde. Ein rechtmäßiger Bescheid müsste daher hier nicht auf einer Parallelverschiebung der Grenze fußen, sondern zumindest einen 50 m-Abstand von einer möglichen Zufahrt von der Erschließungsanlage als Grenze annehmen. Da insoweit die Satzung nicht eindeutig sei, sei sie auch insoweit rechtswidrig und nichtig.

Selbst wenn jedoch die Satzung auch insoweit nicht nichtig wäre, müsste jedenfalls von der möglichen Zufahrt für die richtige Berechnung des allenfalls anzusetzenden Grundstücksteils ein Zirkelschlag mit dem Abstand von 50 m erfolgen. Die Flächen, die mehr als 50 m von der tatsächlichen Erschließungsanlage entfernt seien, dürften nicht herangezogen werden. Auch dies sei jedoch im streitgegenständlichen Bescheid mit keinem einzigen Meter Abzug berücksichtigt worden.

Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2014 führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Regelung in § 6 Abs. 8 Nr. 2 der Erschließungsbeitragssatzung entspreche der aktuellen Rechtsprechung.

Bei dem Grundstück der Klägerin handle es sich um ein momentan unbebautes aber jederzeit bebaubares Grundstück. Die Belastung mit dem Nutzungsfaktor 2,0 hänge mit der überwiegend umliegenden Bebauung zusammen und der daraus resultierenden tatsächlichen zweigeschossigen Bebaubarkeit dieses Grundstücks, so auch die Auskunft des Sachgebiets, welches die Bauanfragen bearbeite. Maßgebend für die Beurteilung der beitragspflichtigen Grundstücke sei der Zeitpunkt, in dem die Erschließungsanlage erstmalig endgültig hergestellt werde. Dies sei mit dem Eingang der letzten Rechnung im November 2011 gewesen. Bei dieser Beurteilung sei nicht von Relevanz, wie lange die umliegenden Grundstücke mehrheitlich zweigeschossig bebaut seien, sondern nur, dass sie in dieser Form bebaut seien. Zudem seien die südwestlich der Fl.Nr. ... Gemarkung ... gelegenen Grundstücke schon seit mehreren Jahrzehnten mit zwei Vollgeschossen bebaut.

Bei der Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 der Erschließungsbeitragssatzung müsse von der der Erschließungsanlage zugewandten Grenze aus die Tiefe von 50 m gemessen werden. Nachdem es sich im vorliegenden Fall um kein Hinterliegergrundstück, sondern um ein direkt an der Erschließungsanlage anliegendes Grundstück handle, liege hier kein Ermessensspielraum vor. Die gemeinsame Grenze mit der abzurechnenden Erschließungsanlage sei klar definiert. Sie sei im Lageplan grün gekennzeichnet. Damit könne eine Tiefenbegrenzung wie gefordert nicht gewährt werden. Die Klage sei damit zwar zulässig aber hinsichtlich der Einwendungen nicht begründet.

Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2014 führen die Bevollmächtigten der Klägerin noch aus, ausdrücklich bestritten werde für die Klägerin die Richtigkeit der Vollgeschossangaben der Beklagten und die des vorgelegten nichtamtlichen Lageplans. Entgegen der Angaben der Beklagten sei die Fl.Nr. ... nur mit einem Vollgeschoss bebaut, ebenso die Fl.Nr. ..., die Fl.Nrn. ... und ... Von allen umliegenden Nachbargrundstücken sei nur die Fl.Nr. ... mit einem Haus mit zwei Vollgeschossen bebaut.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, da der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte hat die Klägerin zu Unrecht zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der ...straße für das Grundstück Fl.Nr. ... herangezogen, da sich der Erschließungsbeitragsbescheid vom 10. Juni 2013 nicht auf eine wirksame satzungsrechtliche Ermächtigung stützen kann.

1. Als satzungsrechtliche Grundlage kommt nur die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 31. Dezember 1987 in der Fassung der Änderungssatzung vom 14. Dezember 2001 in Betracht. Diese Satzung ist jedoch unwirksam, weil die Maßstabsregelung in § 6 Abs. 8, die der Ermittlung des Nutzungsfaktors im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB dient, gegen höherrangiges Recht verstößt und damit nichtig ist. Nach der genannten Satzungsvorschrift ist sowohl bei bebauten als auch bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht bzw. ein solcher weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Baumassenzahl festsetzt, und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen, von der Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen, mindestens aber von der Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse auszugehen. Diese Regelung wird nach Auffassung der Kammer den gesetzlichen Anforderungen an eine Maßstabsregelung im Sinne von § 131 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht gerecht, wonach Verteilungsmaßstab für den Erschließungsbeitrag die Art und das Maß der baulichen oder der sonstigen Nutzung ist.

Entgegen der Auffassung des Klägervertreters ist allerdings die Verteilungsregelung in § 6 Abs. 8 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten nicht dem Grunde nach zu beanstanden, sondern nur insoweit, als § 6 Abs. 8 Nr. 2 der Satzung bestimmt, dass bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken die Zahl auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend ist und nicht für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB auf das höchstzulässige Maß der baulichen Nutzung abgestellt wird. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist die Maßstabsregelung „in der näheren Umgebung überwiegend vorhandene Vollgeschosse“ dann gegeben, wenn die jeweils in den Blick genommene Geschossigkeit auf mehr als 50% der betrachteten Grundstücke erreicht wird, obwohl das Baurecht für die Zulässigkeit von Vorhaben eine solch einschränkende Voraussetzung nicht enthält. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es bereits ausreichend, dass sich eine gewisse Geschossigkeit in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das ist immer dann der Fall, wenn sich die Bebauung hinsichtlich der Geschossigkeit in dem durch die tatsächliche Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen hält. Dabei ist alles Vorhandene zu berücksichtigen, das prägend für die nähere bauliche Umgebung ist. Finden sich in der Umgebung dort etwa Gebäude mit zwei, drei oder vier Vollgeschossen, so schließt der als Maßstab dienende Rahmen zwei bis vier Vollgeschosse ein. Dabei kommt es nicht auf das Erreichen eines prozentualen Anteils an, vielmehr können auch einzelne Objekte prägend sein, sofern sie nicht als Fremdkörper unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C.77; U. v. 15.2.1990 - IV C.23/86; juris). Ein Abweichen in der Erschließungsbeitragssatzung davon, welche Nutzung nach den einschlägigen bauplanungsrechtlichen Vorschriften in dem jeweiligen Baugebiet maximal zulässig wäre zugunsten eines darauf verengten Maßstabs, dass eine gewisse Geschossigkeit auf den Grundstücken in der näheren Umgebung überwiegt, führt nach Auffassung der Kammer insgesamt zu Ergebnissen, die dem Beitragsrecht nicht gerecht werden. Eine Maßstabsregelung, die den Vollgeschossmaßstab mit einbezieht, berücksichtigt doch auch den Vorteil, den ein Grundstück von einer Erschließungsanlage hat, d. h. ein mehrgeschossig bebautes bzw. bebaubares Grundstück zieht aus der Erschließungsanlage wohl einen größeren Vorteil als ein geringer genutztes Grundstück. Lässt man im unbeplanten Innenbereich jedoch die höchstzulässige Bebaubarkeit eines Grundstücks außer Acht, so führt das beitragsrechtlich zu nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlungen, wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt, was im Ergebnis bei der vorliegenden Berechnung des Erschließungsbeitrags für das klägerische Grundstück allerdings nicht durchschlägt, weil die Beklagte ihre eigene Satzungsbestimmung jedenfalls nicht ihrem Wortlaut nach angewandt hat, sondern im Sinne der Auffassung des Gerichts. Betrachtet man die nähere Umgebung im Sinne von § 6 Abs. 8 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten, dann hätte das Grundstück der Klägerin nur mit dem Faktor 1,0 herangezogen werden dürfen, da eine zweigeschossige Bebauung überwiegend gerade nicht vorhanden ist. Wie der vorgelegte Abrechnungsplan zeigt, sind die Grundstücke in der näheren Umgebung überwiegend nicht zweigeschossig bebaut, sondern lediglich die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., was allerdings von dem Klägervertreter mit Schriftsatz vom 26. Februar 2014 bestritten wird, jedoch mindestens dieselbe Anzahl der Grundstücke weist nur eine eingeschossige Bebauung auf. Nach der Satzungsbestimmung der Beklagten sind somit alle derzeit nicht bebauten Grundstücke lediglich mit dem Faktor für eine eingeschossige Bebauung zum Erschließungsbeitrag heranzuziehen, dies bedeutet, dass die Grundstückseigentümer, die ihre Grundstücke innerhalb des zulässigen Rahmens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bebaut haben, einen höheren Erschließungsbeitrag entrichten müssten als z. B. die Klägerin, obwohl diese ihr Grundstück im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht im selben Rahmen bebauen kann, also denselben Vorteil zieht wie die Grundstücke, die bereits zweigeschossig bebaut worden sind. Dies ist aus der Sicht der anderen Beitragszahler nicht hinzunehmen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass Satzungen von einer gewissen Pauschalierung ausgehen können, allerdings darf dies nicht zu vermeidbaren Ungleichbehandlungen führen.

Entgegen Literaturmeinungen ist die Kammer der Auffassung, dass ein solch verengter Maßstab, der eine überwiegende Bebauung hinsichtlich der Geschossigkeit vorsieht, auch im Vergleich zu beplanten Gebieten beitragsrechtlich nicht hinzunehmen ist. Maßgeblich für den Erschließungsbeitrag in beplanten Gebieten hinsichtlich der Geschossigkeit ist die im Bebauungsplan festgesetzte Anzahl der zulässigen Vollgeschosse unerheblich, ob diese Anzahl bei einer späteren Bebauung erreicht wird, es sei denn, ein Bebauungsplan würde ausnahmsweise die Anzahl der Geschosse zwingend vorgeben. Vergleicht man hierzu den unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 BauGB, so gilt im Wesentlichen nichts anderes, Grundstücke sind in aller Regel insgesamt Bauland und die zulässige Geschossigkeit auf dem jeweiligen Grundstück gibt der zulässige Rahmen vor. Auch wenn § 34 BauGB nicht als Planersatz für einen qualifizierten Bebauungsplan anzusehen ist, so unterscheidet sich die jeweilige Nutzung des Grundstücks nach Art und Maß nicht wesentlich von der im Rahmen eines Bebauungsplans.

Der von der Kammer somit beanstandete, darauf verengte Maßstab, dass eine gewisse Geschossigkeit auf den Grundstücken in der näheren Umgebung überwiegt, ist auch nicht als unwesentlicher Fehler in der Satzung zu vernachlässigen. Wie das Beispiel der Klägerin zeigt, wirkt er sich für die der Beitragskalkulation zugrunde zu legenden Flächenermittlung in erheblicher Weise aus, so dass der Beitragsmaßstab insgesamt nichtig ist.

2. Darüber hinaus hält das Gericht die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 der Erschließungsbeitragssatzung festgesetzte Tiefenbegrenzung im unbeplanten Innenbereich, jedenfalls für den zentralen Innenbereich, für unwirksam, ohne dass diese satzungsmäßige Tiefenbegrenzung einen Einfluss auf die Gültigkeit der Verteilungsregelung insgesamt hätte (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.1982 - 8 C 27/81; juris).

Das Gericht hat bereits im Urteil vom 25. November 2010 - AN 18 K 10.00286 - für den Bereich des Straßenausbaubeitragsrechts entschieden, dass eine Tiefenbegrenzungsregelung in Ausbaubeitragssatzungen jedenfalls insoweit unwirksam ist, als Grundstücke im „zentralen Innenbereich“ gemäß § 34 BauGB liegen, da eine Tiefenbegrenzungsregelung eigentlich nur dann Sinn macht, wenn diese dazu dient, eine Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich zu vollziehen. Auch im Erschließungsbeitragsrecht ist eine solche Tiefenbegrenzungsregelung, wie sie § 6 Abs. 3 Nr. 2 der Satzung enthält, nach Auffassung des Gerichts unwirksam. Dies ergibt sich aus einem Blick auf das Bauplanungsrecht insbesondere auch deshalb, da ja die Frage der Erschließung und der daraus folgende Erschließungsbeitrag jeweils die Frage regelt, inwieweit ein Grundstück bebaubar ist. Eine Tiefenbegrenzungsregelung für Grundstücke im zentralen Innenbereich führt im Vergleich zu Grundstücken, die in einem beplanten Bereich liegen, aus beitragsrechtlicher Sicht zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen. Grundstücke, die vollständig im Innenbereich liegen, sind in aller Regel insgesamt als Baugrundstücke zu betrachten. Wieso diese Grundstücke dann, wenn sie tiefer als 50 m sind, nicht vollständig der Beitragsberechnung unterliegen, erschließt sich nicht, insbesondere, wenn man bedenkt, dass Grundstücke derselben Größe, die in einem Bebauungsplangebiet liegen, vollständig heranzuziehen sind, da eine Tiefenbegrenzungsregelung in beplanten Gebieten nicht zulässig ist, da § 131 Abs. 1 BauGB dies nach Auffassung der Rechtsprechung insoweit ausschließt (vgl. BVerwG vom 19.2.1982 a. a. O.). Diese Ungereimtheit zeigt sich insbesondere dann, wenn z. B. eine Erschließungsanlage Grundstücke erschließt, die sowohl im beplanten als auch im unbeplanten Bereich liegen. So wird ein 20 m breites und 60 m tiefes Grundstück in einem beplanten Gebiet insgesamt mit einer Fläche von 1.200 qm herangezogen, während ein ebenso großes Grundstück im unbeplanten Innenbereich lediglich mit einer Fläche von 1.000 qm herangezogen werden würde. Der insoweit niedrigere Erschließungsbeitrag für dieses Grundstück würde dann anderen Grundstückseigentümern zugeschlagen, obwohl das Grundstück im unbeplanten Innenbereich insgesamt ebenso als Baugrundstück angesehen werden muss, wie dies im beplanten Bereich der Fall ist. Dass Grundstücke im unbeplanten Innenbereich jeweils nur soweit bebaut werden können, als sich diese Bebauung in die nähere Umgebung einfügt, was dazu führen kann, dass möglicherweise Teile des Grundstücks nicht bebaut werden können, rechtfertigt eine Tiefenbegrenzung nicht, da auch große oder übergroße Grundstücke in beplanten Gebieten in aller Regel nicht vollständig bebaut werden können, da Bebauungspläne überbaubare Grundstücksflächen festsetzen und somit ebenfalls nicht bebaubare Grundstücksteile übrig bleiben, die in beplanten Gebieten jedoch beitragsrechtlich zu keiner Minderung führen. Eine Tiefenbegrenzungsregelung in unbeplanten „zentralen“ Innenbereichen ist auch aus anderen Gründen nicht zwingend notwendig, da Besonderheiten insoweit mit den Instrumentarien der begrenzten Erschließungswirkung oder auch der spiegelbildlichen Erschließung im Einzelfall gelöst werden können.

Insgesamt ist die Kammer daher der Auffassung, dass im Erschließungsbeitragsrecht, welches insbesondere die Frage der Bebaubarkeit eines Grundstücks regelt, bei der Beitragsbemessung bauplanungsrechtliche Grundsätze zwingend mit einzubeziehen sind.

Nach alledem war daher der Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 insgesamt aufzuheben, auch wenn möglicherweise ein neuer Beitragsbescheid, der dann auf einer entsprechenden Satzung fußt, die Klägerin zu einem gleich hohen oder gar höheren Beitrag heranziehen würde, da jedenfalls der Beitragsmaßstab in § 6 Abs. 8 insgesamt zur Nichtigkeit des Beitragsmaßstabs führt, so dass derzeit eine wirksame Satzungsbestimmung fehlt, aufgrund derer die Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen werden könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Kammer hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 1 und 2 Ziffer 3 i. V. m. § 124a Abs. 1 VwGO zugelassen, da die Rechtswidrigkeit der dargestellten Maßstabsregelung und der Tiefenbegrenzungsregelung bisher soweit ersichtlich nicht Gegenstand einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewesen ist und diese Regelungen Gegenstand der in Bayern verwendeten Mustersatzung sind.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.