Sozialgericht Landshut Beschluss, 29. Dez. 2016 - S 8 SF 13/15 E

bei uns veröffentlicht am29.12.2016

Tenor

I. Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 10.03.2015 wird die Festsetzung der Prozesskostenhilfe vom 23.02.2015 aufgehoben.

II. Die Vergütung der Erinnerungsgegnerin wird endgültig auf 0,- € festgesetzt.

III. Die Erinnerungsgegnerin hat der Erinnerungsführerin die gezahlte Vergütung in Höhe von 690,20 € zurückzuerstatten.

Gründe

I.

Gegenstand des Kostenstreits ist die Vergütung der Erinnerungsführerin in dem Hauptsacheverfahren S 13 AS 389/07.

In diesem Verfahren ist der vormaligen Klägerin J. F. mit Beschluss vom 03.03.2008 Frau Rechtsanwältin B., Erinnerungsgegnerin, beigeordnet worden.

Das o.g. Hauptsacheverfahren ist gemäß Niederschrift am 26.11.2008 vergleichsweise wie folgt beendet worden:

I. Die Beklagte bietet hinsichtlich der Ortsabwesenheit in den Monaten Februar und März 2007 eine vom Gericht so vorgeschlagene EVS basierte Nachzahlung in Höhe von 320,93 Euro an.

II.

Die Klägerin nimmt dieses Angebot in Absprache mit ihrer Prozessbevollmächtigten an und erklärt den Rechtsstreit S 13 AS 389/07 für erledigt. Darüber hinaus verzichtet die Klägerin auf weitere Rechtsmittel gegen die Widerspruchsbescheide vom 06.12.2007 mit den Az.: W 931/07 und W 946/07.

III.

Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die unter II. genannten Rechtsstreitigkeiten mit dieser Vereinbarung ihre vollständige Erledigung gefunden haben.

Mit Kostennote vom 16.02.2015 (B 90/07BR/sc D1) beantragte die Erinnerungsgegnerin die Vergütung für das oben genannte Verfahren mit einem Betrag in Höhe von 785,40 € festzusetzen.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgericht Landshut hat mit Schreiben vom 23.02.2015 der Erinnerungsgegnerin mitgeteilt, die Verfahrensgebühr sei hier nicht, wie beantragt, nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 250 € zu vergüten, sondern nach Nr. 3103 VV RVG nur in Höhe von 170 €; es würden daher insgesamt 690,20 € auf das in der Kostennote angegebene Konto überwiesen.

Mit Datum vom 23.02.2015 ist dieser Betrag zur Zahlung auf das Konto der Erinnerungsgegnerin angewiesen worden.

Mit der am 11.03.2015 erhobenen Erinnerung macht der Erinnerungsführer geltend, der am 17.02.2015 eingegangene Vergütungsantrag der Erinnerungsgegnerin sei verjährt:

Die Vergütung des Rechtsanwalts werde mit Beendigung des Rechtszuges fällig. Der Anspruch wegen Gebühren und Auslagen verjähre gem. § 195 BGB in 3 Jahren. Die Verjährung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 BGB). Der Anspruch auf die PKH-Vergütung sei daher zum 01.01.2012 verjährt.

Die zu Unrecht gezahlte Vergütung sei zurückzuerstatten.

Mit Schreiben vom 19.03.2015 ist die Erinnerung der zuständigen Kostenkammer zur Entscheidung vorgelegt worden.

Mit Schriftsatz vom 02.04.2015 beantragt die Erinnerungsgegnerin,

die Erinnerung des Bezirksrevisors vom 11.03.2015 zurückzuweisen.

Sie führt zur Begründung u. a. aus: Die Erinnerung hätte innerhalb von 14 Tagen „nach Entscheidung über die Auszahlung“ vom 23.02.2015 erhoben werden müssen. Die mit Schreiben vom 11.03.2015 eingelegte Erinnerung sei daher verfristet. Des Weiteren werde ihrerseits gegenüber der Rückerstattungsforderung die Aufrechnung gegen die Steuerschuld des Freistaates Bayern aus ihrem noch nicht bestandskräftigen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2012 erklärt.

Mit Schreiben vom 10.04.2015 verwies der Bezirksrevisor auf das Erinnerungsrecht der Staatskasse, das lediglich verwirkt sein könne, dies sei in Anbetracht der hier gegebenen Zeitläufe nicht der Fall. Mit Schreiben vom 09.03.2016 hat die Staatskasse unter Berücksichtigung der Einwände der Erinnerungsgegnerin im Schriftsatz vom 02.04.2015 zur Zulässigkeit der Verjährungseinrede wie folgt Stellung genommen:

„Durch den am 26.11.08 in der Klage mit dem Az. S 13 AS 389/07 geschlossenen Vergleich ohne Kostenregelung bestand gemäß § 195 SGG keinerlei Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten durch die Beklagte. Der einzige Anspruch des Erinnerungsgegners war der aus der bewilligten PKH, der aber mit Ablauf des 31.12.2011 um 24:00 Uhr verjährte. Warum diese Vergütung erst mit am 17.02.15 beim zuständigen SG Landshut eingegangenem Antrag vom 16.02.15, also über 3 Jahre nach Eintritt der Verjährung, geltend gemacht wurde, also keineswegs nur verhältnismäßig kurze Zeit nach Fristablauf, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere steht der verspätete Vergütungsantrag auch nicht im sachlichen Zusammenhang mit einem schwebenden Rechtsmittel in einem Parallelprozess, längerem Ruhen des Verfahrens oder Tod eines Anspruchsberechtigten.“

Im Übrigen - so der Erinnerungsführer unter Hinweis auf den Beschluss des BayVGH vom 19.08.99, Az.: 4 C 99.1971 - sei die Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren ausgeschlossen.

II.

Die zulässige Erinnerung ist begründet.

Entgegen dem Vorbringen der Erinnerungsgegnerin war die Erinnerung des Erinnerungsführers weder verfristet noch verwirkt.

Die Einlegung der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 56 Abs. 2 RVG ist an keine Frist gebunden (vgl. OLG Naumburg RPfl. 2012, 156; Riedel/ Sußbauer/Schmahl RVG 9. Aufl. § 56 Rz. 5; Gerold/Schmidt/Müller-Raabe RVG, 21. Aufl. § 56 Rz. 7). Dies folgt schon daraus, dass § 56 Abs. 2 RVG für das Erinnerungsverfahren im Gegensatz zum Beschwerdeverfahren nicht auf § 33 Abs. 3 RVG, sondern lediglich auf § 33 Abs. 7 RVG verweist. Damit hat der Gesetzgeber mit dem Justizkommunikationsgesetz vom 22.03.2005 klargestellt, dass eine Erinnerung nicht an eine Frist gebunden ist (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2010, 308, vgl. Hartmann KostG 43. Aufl. § 56 RVG Rz. 6). Vielmehr ist die Erinnerung selbst dann noch zulässig, wenn wie hier, die festgesetzte Vergütung bereits ausgezahlt ist (vgl. OLG Thüringen JurBüro 2006 366; Landesarbeitsgericht München vom 23.12.2013 - 1 Ta 246/12).

Selbst wenn im Übrigen von der Möglichkeit der Verwirkung der Erinnerung auszugehen wäre, ist diese hier nicht eingetreten. Denn es entspricht - soweit ersichtlich - allgemeiner Meinung, dass selbst in diesem Fall das Erinnerungsrecht der Staatskasse frühestens mit Ablauf des mit der Kostenfestsetzung folgenden Jahres erlischt (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29.11.2016 - Az.: L 15 SF 97/16 E; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.11.2015 - Az.: L 4 AS 427/15 B; Landesarbeitsgericht München, Beschluss vom 04.03.2014 - Az.: 1 Ta 416/12; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04.10.2012 - Az.: L 15 SF 131/11 B E; OLG Rostock JurBüro 2012, 197; OLG Brandenburg JurBüro 2010, 308; OLG Koblenz RPfl 1993, 290; Gerold/ Schmidt/Müller-Raabe a.a.O. § 55 Rn. 44).

Die Erinnerung des Bezirksrevisors ist noch vor Ablauf dieses Zeitraumes bei dem Sozialgericht Landshut eingegangen.

Die Festsetzung der Prozesskostenhilfe durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgte am 23.02.2015 und die Erinnerung des Erinnerungsführers ging am 11.03.2015 bei dem Sozialgericht Landshut ein.

Damit ist vorliegend Verwirkung hinsichtlich des in Rede stehenden Zeitlaufs nicht eingetreten. Eine ausnahmsweise kürzere Verwirkungsfrist ist in Anbetracht des hier vorliegenden Zeitraums unter keinem Gesichtspunkt gegeben.

Die Kammer schließt sich hierbei der Rechtsprechung der 4. Kammer des Sozialgerichts Landshut im Beschluss vom 09.12.2016, Az.: S 4 SF 15/14 E an.

Für die Tätigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfe in dem Rechtsstreit S 13 AS 389/07 hat die Erinnerungsgegnerin keinen Anspruch auf Vergütung. Der Vergütungsanspruch der Erinnerungsgegnerin gem. § 45 Abs. 1, § 48 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit dem Vergütungsverzeichnis (VV), § 14 Abs. 1 RVG ist verjährt.

Die Verjährung des Vergütungsanspruchs richtet sich nach §§ 8 Abs. 1 RVG, 194 ff BGB.

Danach ist im vorliegenden Fall der Anspruch mit dem wirksamen Vergleich vom 26.11.2008 beendet worden. Die Verjährung beginnt somit gem. § 199 BGB am 31.12.2008. Der Anspruch ist damit gem. § 195 BGB nach 3 Jahren zum 01.01.2012 verjährt.

Die Einwendungen der Erinnerungsgegnerin im Schriftsatz vom 02.04.2015 sind aus Sicht der Kammer nicht überzeugend. Ein Ermessensfehlgebrauch der Einrede der Verjährung durch den Erinnerungsführer ist nach Überprüfung der hier vorliegenden Einzelumstände auch für die Kammer nicht nachvollziehbar gewesen; es wird daher im Übrigen auf die Ausführungen des Erinnerungsführers verwiesen. Dies gilt ebenfalls für die von der Erinnerungsgegnerin erklärte Aufrechnung gegenüber der Rückerstattungsforderung des Erinnerungsführers.

Die auf dem am 17.02.2015 eingegangenen Vergütungsantrag festgestellte und mit Datum vom 23.02.2015 an die Erinnerungsgegnerin ausgezahlte Vergütung ist an die Staatskasse zurückzuerstatten.

Diese Entscheidung ergeht im gebührenfreien Verfahren (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).

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Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Landshut Beschluss, 29. Dez. 2016 - S 8 SF 13/15 E zitiert 10 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 8 Fälligkeit, Hemmung der Verjährung


(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 195


Wird der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, so trägt jeder Beteiligte seine Kosten.

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 29. Nov. 2016 - L 15 SF 97/16 E

bei uns veröffentlicht am 29.11.2016

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 15. Januar 2016 wird zurückgewiesen. Gründe I. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsver
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Sozialgericht Landshut Beschluss, 29. Dez. 2016 - S 8 SF 13/15 E.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 23. Mai 2018 - L 12 SF 25/17 E

bei uns veröffentlicht am 23.05.2018

Tenor I. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des SG Landshut vom 29.12.2016, S 8 SF 13/15 E, aufgehoben und die Erinnerung des Erinnerungsführers zurückgewiesen. II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Bes

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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Wird der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, so trägt jeder Beteiligte seine Kosten.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 15. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, ob das Erinnerungsrecht der Staatskasse verwirkt war und ob eine fiktive Terminsgebühr entstanden ist.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Würzburg, Az.: S 17 KR 83/14, ging es um den Krankengeldanspruch des Klägers vom 09. bis 15.11.2013. Am 18.03.2014 erhob der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdeführer, Klage und beantragte PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 22.10.2014 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet.

Das Klageverfahren endete durch die beiderseitige Annahme eines vom SG mit gerichtlichem Schreiben vom 19.01.2015 unterbreiteten Vergleichsvorschlags, den die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.01.2015 und der Beschwerdeführer für den Kläger mit Schriftsatz vom 27.01.2015 annahmen. Durch Ziff. 3 des Vergleichs erklärten sich die Beteiligten darüber einig, dass der Rechtsstreit mit der übereinstimmenden Annahme des Vergleichs vollständig erledigt sei.

Am 30.01.2015 beantragte der Beschwerdeführer, seine Vergütung für das Klageverfahren in Höhe von 1.071,00 Euro, im Einzelnen wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 300,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV 280,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV 300,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 EUR

900,00 EUR

19% Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV 171,00 EUR

Insgesamt 1.071,00 EUR

Mit Beschluss vom 16.02.2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG die dem Beschwerdeführer zu erstattenden Gebühren und Auslagen in der beantragten Höhe fest.

Zugleich wurde die Beklagte entsprechend der im Vergleich getroffenen Kostenregelung (gemäß § 59 RVG) zur Zahlung des hälftigen Betrags an die Staatskasse aufgefordert; der Betrag wurde am 10.03.2015 gutgeschrieben.

Am 24.06.2015 hat der Beschwerdegegner gegen die Festsetzung der PKH beim SG Erinnerung eingelegt. Nach Auffassung der Staatskasse sei die Terminsgebühr nicht angefallen; sie hat auf den Beschluss des Kostensenats des Bayer. Landessozialgerichts (BayLSG) vom 22.05.2015 (Az.: L 15 SF 115/14 E) verwiesen. Der Vergleich müsse entweder auf einem Beschlussvorschlag gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) oder auf einer schriftlichen Initiative gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) mit nachfolgendem deklaratorischen Beschluss (im Sinne von § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO) beruhen. Nur ein solcher schriftlicher Vergleich löse die fiktive Terminsgebühr aus. Die Staatskasse hat weiter vorgetragen, es sei zu prüfen, ob die Beklagte dem Beschwerdeführer Kosten im Widerspruchsverfahren erstattet habe; in diesem Fall sei eine Anrechnung gemäß § 15a RVG vorzunehmen.

Der Beschwerdeführer hat hiergegen eingewandt, dass die Erinnerung der Staatskasse verfristet sei. Zudem sei die Terminsgebühr von der Beklagten nicht beanstandet worden. Es sei unerheblich, ob das Gericht seinen Vergleichsvorschlag in Form eines Beschlusses unterbreitet habe.

Auf Nachfrage hat der Beschwerdeführer angegeben, am 09.02.2015 von der Beklagten für das Widerspruchsverfahren 190,40 Euro erhalten zu haben. Wieso diese von der Beklagten erstatteten Gebühren auf die Vergütung für die gerichtliche Vertretung anzurechnen seien, bleibe unerfindlich.

Hierzu hat die Staatskasse mitgeteilt, dass angesichts des gezahlten Betrags von 190,40 Euro und der vergleichsweise vereinbarten hälftigen Kostentragung davon auszugehen sei, dass die Beklagte die nicht um den Anrechnungsbetrag verminderte Schwellengebühr nach Nr. 2302 VV RVG von 300,00 Euro zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer für das Vorverfahren zur Hälfte erstattet habe. Deshalb berufe sich die Staatskasse im Sinne von § 15a RVG auf die Anrechnung von 150,00 Euro auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG.

Somit errechne sich der von der Staatskasse insgesamt zu erstattende Betrag wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RV 300,00 EUR

./. Anrechnung § 15a RVG 150,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG300,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG89,30 EUR

559,30 EUR

Mit angefochtenem Beschluss vom 15.01.2016 hat das SG auf die Erinnerung der Staatskasse hin die Kostenfestsetzung vom 16.02.2015 dahingehend abgehändert, dass dem Beschwerdeführer für das Klageverfahren insgesamt nur eine Kostenerstattung in Höhe von 559,30 Euro zustehe.

Das Erinnerungsrecht der Staatskasse, so das SG, sei vorliegend nicht verwirkt. Analog § 20 Gerichtskostengesetz (GKG) trete nach der Rechtsprechung eine Verwirkung erst dann ein, wenn seit der letzten, in dem konkreten Festsetzungsverfahren getroffenen Entscheidung oder verfahrensbeendenden Handlung das folgende Jahr abgelaufen sei, was vorliegend nicht der Fall sei, da die hier zugrunde liegende Entscheidung der Urkundsbeamtin vom 16.02.2015 stamme, die Erinnerung vom 24.06.2015.

Die Staatskasse sei durch die Kostenfestsetzung zu einer zu hohen Erstattung verpflichtet worden. So sei eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG nicht angefallen. Es liege nämlich kein schriftlicher Prozessvergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder von § 202 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 ZPO vor. Der Vergleich beruhe nämlich weder auf einem Beschlussvorschlag noch auf einer schriftlichen Initiative mit nachfolgendem deklaratorischem Beschluss des SG. Das SG hat auf die Gründe des zitierten Beschlusses des Kostensenats (s. oben) ausdrücklich Bezug genommen.

Zudem sei, so das SG, eine Gebührenanrechnung nach § 15a Abs. 1 RVG, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorzunehmen. Zur Begründung hat sich das SG auf den Beschluss des Kostensenats vom 02.12.2015 (Az.: L 15 SF 133/15) bezogen. Wie das BayLSG entschieden habe, sei die Staatskasse im Falle der Bewilligung von PKH nicht Dritter im Sinne von § 15a Abs. 2 RVG, sondern vielmehr Kostenschuldner des Rechtsanwalts. Andererseits habe es entschieden, dass Zahlungen auf die Geschäftsgebühr für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren anzurechnen seien, wenn sie tatsächlich erfolgt seien. Vorliegend sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Verfahrensgebühr in voller Höhe gefordert und die Beklagte diesen Anspruch gemäß der Vergleichsvereinbarung zur Hälfte erstattet habe. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bei Geltendmachung der Geschäfts- und der Verfahrensgebühr nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren in Rechnung gestellt habe.

Am 27.01.2016 hat der Beschwerdeführer hiergegen Beschwerde zum BayLSG erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Terminsgebühr sehr wohl angefallen sei, da eine Einigung, wenn auch im schriftlichen Verfahren, ohne Verhandlung nicht möglich sei. Der Vergleich sei unstreitig unter Mitwirkung des Gerichts erfolgt. Er, der Beschwerdeführer, habe nach Rücksprache mit dem Kläger den gerichtlichen Vergleichsvorschlag angenommen. Damit sei ein schriftlicher Prozessvergleich erfolgt, der auch die Gebühr Nr. 3106 VV RVG auslöse.

Der Staatskasse ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Klageverfahrens des SG verwiesen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdeführer nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

a) Wie das SG zu Recht angenommen hat, war die Erinnerung der Staatskasse zulässig. Es ist keine Verwirkung des Erinnerungsrechts eingetreten.

Die Erinnerung ist an keine Frist gebunden (vgl. z. B. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., § 56, Rn. 6, m. w. N.). Eine Verwirkung dieses unbefristeten Rechts ist für beide Seiten grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn die Kostenberechnung längst abgewickelt ist und sich alle Beteiligten darauf eingestellt haben, dass sich die Kostenfrage erledigt hat (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 55, Rn. 43). Wie der Senat in seinem Grundsatzbeschluss vom 04.10.2012 (Az.: L 15 SF 131/11 B E) im Einzelnen dargelegt hat, gebietet das verfassungsrechtliche Vertrauensschutzprinzip, dass das Erinnerungsrecht der Staatskasse trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Befristung nicht „bis in alle Ewigkeit“ besteht. Diesem Gebot wird durch das Rechtsinstitut der Verwirkung Rechnung getragen. Spätestens nach einem Jahr nach dem Wirksamwerden der Kostenfestsetzungsentscheidung ist das Erinnerungsrecht der Staatskasse regelmäßig verwirkt, sofern nicht besonders missbilligenswerte Umstände in der Sphäre des Anwalts vorliegen.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Damit ist vorliegend Verwirkung hinsichtlich des in Rede stehenden Zeitablaufs nicht eingetreten; dafür, dass ausnahmsweise eine kürzere Verwirkungsfrist gelten würde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

b) Auch die von der Staatskasse angeregte und vom SG vorgenommene Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, § 15a Abs. 1 RVG in Höhe von 150,00 Euro ist rechtmäßig.

Der Senat ist an der Überprüfung der Anrechnung nicht etwa deshalb gehindert, weil dieser Aspekt vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren nicht aufgegriffen worden ist. Zwar hat der Senat in dem Grundsatzbeschluss vom 08.01.2013 (Az.: L 15 SF 232/12 B E) im Einzelnen dargelegt, dass eine Erinnerung nach § 56 RVG anders als in den Fällen des § 4 JVEG nicht zu einer vollumfänglichen Neuentscheidung durch den Kostenrichter führt. Es erfolgt lediglich eine - bei nur teilweiser Anfechtung partielle - Überprüfung der vorangegangenen Entscheidung des Urkundsbeamten (vgl. auch den Beschluss des Senats vom 04.10.2012, Az.: L 15 SF 131/11 B E). Eine vollumfängliche Prüfung im Rahmen der Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG und damit auch bei der Beschwerde nach § 56 Abs. 2 RVG kommt nicht in Betracht; Gegenstand ist nur die vorgetragene Beschwer (a.A. z. B. LSG Thüringen, Beschluss vom 09.12.2015, Az.: L 6 SF 1286/15 B).

Vorliegend ist jedoch die Überprüfung der Anrechnung nach den genannten Vorschriften im Hinblick auf die Erinnerungsbegründung der Staatskasse zu Recht Gegenstand der kostenrichterlichen Entscheidung gewesen. Das Beschwerdegericht als neue Tatsacheninstanz hat im Rahmen der Beschwerdeentscheidung in vollem Umfang anstelle des Erstgerichts zu entscheiden (vgl. den Beschluss des Senats vom 15.06.2016, Az.: L 15 SF 92/14 E, ferner den Beschluss vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B - allerdings zum JVEG). Maßgebend ist das Gesamtergebnis der einzelnen Kostenpositionen (vgl. den Beschluss des Senats vom 15.06.23016, a. a. O.). In diesem Zusammenhang ist freilich das Verbot der reformatio in peius zu beachten: Ist der Rechtsanwalt wie vorliegend alleiniger Beschwerdeführer, hat die Staatskasse also keine Beschwerde eingelegt, kann die Kostenfestsetzung nicht zulasten des Beschwerdeführers abgeändert werden (vgl. z. B. Müller-Rabe, a. a. O., § 56, Rdnr. 29; vgl. auch den Beschluss des Senats vom 21.03.2011, Az.: L 15 SF 204/09 B E). Im umgekehrten Fall ist nur zu prüfen, ob der festgesetzte Betrag die berechtigte Forderung des Rechtsanwalts übersteigt; ob die Vergütung zu niedrig festgesetzt worden ist, darf dann nicht geprüft werden (vgl. z. B. Müller-Rabe, a. a. O.).

Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, § 15a Abs. 1 RVG ist die tatsächlich gezahlte Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des sozialgerichtlichen Klageverfahrens in der genannten Höhe anzurechnen. Insoweit kann der Senat in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Erinnerungsbeschluss verweisen und sich diese zu eigen machen; er sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.

c) Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte fiktive Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG (n. F.) steht diesem nicht zu.

Wie Staatskasse und SG zu Recht annehmen, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben. Im sozialgerichtlichen Verfahren in der Hauptsache ist kein schriftlicher Vergleich im Sinne von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG geschlossen worden. Denn es liegt kein schriftlicher Prozessvergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG vor.

Wie der Kostensenat in seinem Beschluss vom 22.05.2015 (Az.: L 15 SF 115/14 E) im Einzelnen dargelegt hat, besteht zwar aus seiner Sicht ein praktisches Bedürfnis dafür, dass auch Vergleiche, die in schriftlicher Form abgeschlossen werden, jedoch nicht den Vorgaben der genannten Vorschrift des SGG entsprechen, unter den Gebührentatbestand Nr. 3106 VV RVG fallen. Gleichwohl sieht sich der Senat außerstande, die Voraussetzungen des genannten Gebührentatbestands auch in den Fällen anzunehmen, in denen kein Vergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG abgeschlossen worden ist. Dies ergibt sich aus Sicht des Senats zwingend aus der Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck der Regelung; dies hat er in dem o.g. Grundsatzbeschluss im Einzelnen ausgeführt. Vor allem hat er darauf hingewiesen, dass Sinn und Zweck von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG nicht darin besteht, einen Anreiz dafür zu schaffen, dass der Rechtsanwalt auf eine gütliche Einigung hinwirkt, denn diesen Zweck verfolgen allein die Nrn. 1000 ff. VV RVG. Die fiktive Terminsgebühr dient vielmehr dazu, dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins in den Fällen zu nehmen, in denen das Gericht von den im Prozessrecht vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch machen will, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu beenden (vgl. den Beschluss vom 22.05.2015, a. a. O., m. w. N.). Zugleich soll der Anwalt keinen Nachteil in gebührenrechtlicher Hinsicht dadurch erleiden, dass durch eine in der Hand des Gerichts liegende andere Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird. Dementsprechend setzen sowohl die Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 1. und 2. Alternative und Nr. 2 VV RVG als auch Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative und Nr. 2 VV RVG ein Handeln des Gerichts voraus, dass auf die Vermeidung einer mündlichen Verhandlung gerichtet ist, nämlich die erklärte Absicht, eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren oder durch Gerichtsbescheid zu treffen. Daher ist es folgerichtig, die Regelungen der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative VV RVG und 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG auf die in § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geregelten Fälle des schriftlichen Prozessvergleichs zu beschränken. Nur in diesen Fällen ist die Wirkung des Gerichts für die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits und damit für die Entbehrlichkeit der mündlichen Verhandlung konstitutiv. Dies wird an § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG deutlich, da hier ein Vergleichsvorschlag in Form eines Beschlusses, der vom SG selbst unterbreitet wird, vorausgesetzt wird.

Für die Zulässigkeit und Wirksamkeit eines Vergleichs gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG mag es nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Müller, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl., § 101, Rn. 20) unbeachtlich sein, ob - trotz des Wortlauts der Vorschrift - die Initiative vom Gericht ausgeht oder nicht. Im gebührenrechtlichen Sinn ist jedoch wegen des eben dargelegten Sinn und Zwecks des hier streitgegenständlichen Gebührentatbestands unabdingbar, dass die Mitwirkung des Gerichts für die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits konstitutiv ist, dass das Zustandekommen eines Vergleichs aufgrund des Tätigwerdens des Gerichts erfolgt. Dies gilt auch in inhaltlicher Hinsicht. So erfolgt der Abschluss eines Vergleichs dann nicht auf Initiative des Gerichts, wenn sich die Beteiligten zuvor bereits vollumfänglich über seinen Inhalt geeinigt haben und der Beschluss nur noch „ergänzend“ - ggf. gar mit Blick auf Gebührenaspekte - erfolgt. Unschädlich ist es aber, wenn (auch wesentliche) Teile des später gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG abgeschlossenen Vergleichs von den Beteiligten in den Raum gestellt werden, bevor dann der Vergleich als Ganzes vom Gericht (in Beschlussform) verbindlich vorgeschlagen wird.

Auch die grundsätzliche Frage der Anwendbarkeit von § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO spielt in gebührenrechtlicher Hinsicht keine Rolle. Mit anderen Worten: Selbst wenn man das Verfahren gemäß § 278 Abs. 6 ZPO auch nach Einfügung von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG noch für zulässig halten mag, wird nur ein Beschlussvorschlag im Sinne dieser neuen Regelung des SGG die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG auslösen können. Dies begründet sich bereits aus Rechtssicherheitsgründen und einer verminderten Prüfpflicht der Kostenbeamten bzgl. der Frage, ob tatsächlich eine schriftliche Initiative des Gerichts vorliegt, sowie der engen Bindung an die geschilderte Voraussetzung konstitutiven Handelns des Gerichts.

Vorliegend sind auch die Voraussetzungen des § 278 Abs. 6 ZPO unzweifelhaft nicht gegeben. Sie könnten also aber auch nicht durch einen noch zu treffenden (deklaratorischen) Beschluss des SG nachgeholt werden.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.

(2) Die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren wird gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.