Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 21. Sept. 2016 - S 1 R 506/16

21.09.2016
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 14 R 707/16, 09.03.2017

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Regelaltersrente.

Der 1934 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Marokko.

Mit formlosen Schreiben vom 05.03.2015 (eingegangen bei der Beklagten am 20.03.2015) beantragte er die Gewährung einer Altersrente. Die Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass die vom Kläger zur deutschen Rentenversicherung in der Zeit vom 20.08.1962 bis 31.12.1966 geleisteten Beiträge ihm auf seinen Antrag vom 26.07.1999 mit Bescheid vom 25.02.2000 (zugestellt am 10.03.2000) erstattet worden waren.

Mit Bescheid vom 30.04.2015 und der Begründung, dass aufgrund der Beitragserstattung keinerlei Ansprüche gegenüber der deutschen Rentenversicherung mehr bestehen, lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2016 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 26.04.2016 Klage erhoben. Er trägt vor, alt zu sein und keine Einkommensquelle zu haben.

Mit Schreiben vom 27.07.2016 hat das Gericht die Beteiligten darüber informiert, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit gegeben, sich hierzu zu äußern. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 02.09.2016 sinngemäß um eine positive Entscheidung gebeten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2016 zu verpflichten, ihm Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Beigezogen waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Sie waren ebenso wie die Gerichtsakte Grundlage der Entscheidung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß §§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage ist auch im Übrigen zulässig.

Die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides sind gegeben, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Rechte der Beteiligten (§ 105 Abs. 1 Satz 2 SGG) wurden gewahrt.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Altersrente (§§ 33 Abs. 2, 235 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -).

Dem Anspruch steht entgegen, dass die vom Kläger während der versicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland in der Zeit vom 20.08.1962 bis 31.12.1966 geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mit Bescheid der Beklagten vom 25.02.2000 erstattet worden sind. Dieser Bescheid wurde dem Kläger nachweislich am 10.03.2000 zugestellt. Ihm wurde darin ein Erstattungsbetrag in Höhe von 1.799,82 € mitgeteilt. Die Erstattung erfolgte auf Antrag des Klägers vom 26.07.1999. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass das Geld beim Kläger auch angekommen ist, da davon auszugehen ist, dass er sich andernfalls bei der Beklagten über den fehlenden Geldeingang beklagt hätte. Diesbezüglich ist aber nichts aktenkundig.

Mit der Beitragserstattung wurde nach § 210 Abs. 6 SGB VI das Versicherungsverhältnis aufgelöst. Sämtliche, in der Zeit bis zur Beitragserstattung begründeten versicherungsrechtlichen Beziehungen des Klägers zur deutschen Rentenversicherung sind damit erloschen. In der Folgezeit hätte ein Leistungsanspruch nur wieder entstehen können, wenn ein Versicherungsverhältnis erneut begründet worden wäre. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn seit dem 01.01.1966 hat der Kläger keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung mehr geleistet. Ein neuer Rentenanspruch konnte somit nicht entstehen.

Ohne den Kläger zu überfordern, muss ihm unmittelbar einleuchten, dass er aus einer Versicherung, die ihm zu einem bestimmten Zeitpunkt sämtliche bis dahin geleisteten Versicherungsbeiträge wieder zurückgezahlt hat, Jahre später keinerlei Versicherungsleistungen erfordern kann. Jedes andere Ergebnis würde gegen das allgemeine und auch der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu Grunde liegende Versicherungsprinzip verstoßen. Dieses besagt, dass einem Leistungsanspruch gegenüber dem Versicherungsträger immer eine (vorhergehende) Beitragszahlung gegenüberstehen muss. Daran fehlt es aber, wenn, wie vorliegend, die Beiträge zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Antrag des Versicherungsnehmers (hier der Kläger) erstattet wurden. Leistungen für die Zukunft waren damit ausgeschlossen.

Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 21. Sept. 2016 - S 1 R 506/16 zitiert 5 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 105


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 210 Beitragserstattung


(1) Beiträge werden auf Antrag erstattet 1. Versicherten, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben,2. Versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt hab

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Beiträge werden auf Antrag erstattet

1.
Versicherten, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben,
2.
Versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben,
3.
Witwen, Witwern, überlebenden Lebenspartnern oder Waisen, wenn wegen nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht, Halbwaisen aber nur, wenn eine Witwe, ein Witwer oder ein überlebender Lebenspartner nicht vorhanden ist. Mehreren Waisen steht der Erstattungsbetrag zu gleichen Teilen zu.

(1a) Beiträge werden auf Antrag auch Versicherten erstattet, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Dies gilt nicht für Personen, die wegen Geringfügigkeit einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Beiträge werden nicht erstattet,

1.
wenn während einer Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht von dem Recht der freiwilligen Versicherung nach § 7 Gebrauch gemacht wurde oder
2.
solange Versicherte als Beamte oder Richter auf Zeit oder auf Probe, Soldaten auf Zeit, Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei oder nur befristet von der Versicherungspflicht befreit sind.
Eine freiwillige Beitragszahlung während einer Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht im Sinne des Satzes 3 Nummer 2 ist für eine Beitragserstattung nach Satz 1 unbeachtlich.

(2) Beiträge werden nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist.

(3) Beiträge werden in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. War mit den Versicherten ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, wird der von den Arbeitgebern getragene Beitragsanteil der Arbeitnehmer erstattet. Beiträge aufgrund einer Beschäftigung nach § 20 Abs. 2 des Vierten Buches, einer selbständigen Tätigkeit oder freiwillige Beiträge werden zur Hälfte erstattet. Beiträge der Höherversicherung werden in voller Höhe erstattet. Erstattet werden nur Beiträge, die im Bundesgebiet für Zeiten nach dem 20. Juni 1948, im Land Berlin für Zeiten nach dem 24. Juni 1948 und im Saarland für Zeiten nach dem 19. November 1947 gezahlt worden sind. Beiträge im Beitrittsgebiet werden nur erstattet, wenn sie für Zeiten nach dem 30. Juni 1990 gezahlt worden sind.

(4) Ist zugunsten oder zulasten der Versicherten ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird der zu erstattende Betrag um die Hälfte des Betrages erhöht oder gemindert, der bei Ende der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit als Beitrag für den Zuschlag oder den zum Zeitpunkt der Beitragserstattung noch bestehenden Abschlag zu zahlen gewesen wäre. Dies gilt beim Rentensplitting entsprechend.

(5) Haben Versicherte eine Sach- oder Geldleistung aus der Versicherung in Anspruch genommen, können sie nur die Erstattung der später gezahlten Beiträge verlangen.

(6) Der Antrag auf Erstattung kann nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden. Mit der Erstattung wird das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.