Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 10. Juni 2009 - 8 W 501/08

bei uns veröffentlicht am10.06.2009

Gründe

 
1. Die Beteiligten werden zu den Rechtsbeschwerden der Beteiligten Ziffer 2 und 3 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2008 nach Vorberatung des Senats darauf hingewiesen, dass der Senat den Rechtsmitteln keine Aussicht auf Erfolg beimisst. Ein Rechtsfehler des Landgerichts auf dessen Überprüfung der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren beschränkt ist, ist nicht erkennbar.
a) Ob die durch Verfügung von Todes wegen errichtete Stiftung bezüglich ihres Zwecks formgültig errichtet ist, hat das Landgericht im Wege der ergänzenden Auslegung des Testaments zutreffend dergestalt ermittelt, dass es zunächst anhand aller feststellbaren Umstände auch außerhalb des Testaments den letzten Willen der Erblasserin ermittelt und geprüft hat, ob dieser Wille im Testament zumindest andeutungsweise zum Ausdruck gekommen ist (BGHZ 86, 41).
Bei der Feststellung des Willens der Erblasserin bezüglich des Stiftungszwecks insbesondere an Hand der maschinenschriftlichen Satzung mit handschriftlichen Zusätzen ist danach ein Rechtsfehler des Landgerichts nicht festzustellen. Aufgrund der handschriftlichen Zusätze, die ihrer Form nach ersichtlich von der Erblasserin stammen, hat die Erblasserin die in der Stiftungssatzung niedergelegten Stiftungszwecke ersichtlich zur Kenntnis genommen (Blatt 2 mit handschriftlichen Anmerkungen) sowie auf Umwelt- und Tierartenschutz als Mindestinhalt selbst klar gestellt (Blatt 5 der Satzung) für einen nachträglichen Austausch von maßgeblichen Teilen der Satzung oder lediglich einen Entwurfcharakter, der Zweifel an einer Verbindlichkeit der Willensbildung der Erblasserin hätte begründen können bestanden keine Anhaltspunkte. Die Erblasserin hat auch bei der Aussetzung von Vermächtnissen in den handschriftlichen Ergänzungen zu ihrem Testament ihre entsprechende Willensbildung der Förderung von Umwelt- und Naturschutz erkennen lassen. Ein Anlass für weitere amtswegige Ermittlungen des Landgerichts bestand danach nicht.
Soweit die Rechtsbeschwerdeführerinnen die Echtheit der maschinenschriftlichen Satzung in den hier maßgeblichen Teilen erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren pauschal bestreiten, ergeben sich hieraus gegenüber den vorstehenden Umständen keine abweichenden Gesichtspunkte. Neues tatsächliches Vorbringen im Rechtsbeschwerdeverfahren kann auch nicht mehr berücksichtigt werden.
Ausgehend von dem vom Landgericht danach ohne Rechtsfehler festgestellten Willen der Erblasserin ist auch die weitere Feststellung des Landgerichts nahe liegend und deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, das Anhaltspunkte für den festgestellten Stiftungszweck im Testament in Form der Ersatzerbenbestimmung enthalten sind. Die Ersatzerben weisen schon aufgrund des prägenden Charakters ihrer Tätigkeit eine dem festgestellten Willen bezüglich des Stiftungszwecks entsprechende Tätigkeit auf.
b) Das Testament der Erblasserin ist bezüglich der Erbeinsetzung der Beteiligten Ziffer 1 auch nicht deshalb unwirksam, weil es keine vollständige Stiftungssatzung in testamentarischer Form enthält.
Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit von § 83 S. 2 BGB auf vor in Kraft treten dieser Vorschrift errichtete letztwillige Verfügungen ist eine dieser Vorschrift entsprechende Änderungs- und Ergänzungsberechtigung von der Erblasserin im Testament selbst schon der Beteiligten Ziffer 5 als Testamentsvollstreckerin verliehen worden.
Im übrigen wäre die Frage der Wirksamkeit des Testaments im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls zu beurteilen, bei welchem § 83 S. 1 BGB bereits galt.
c) Auch wenn die mittelbar bedachten Beteiligten Ziffer 2-4 ein Interesse daran haben mögen, Mittel aus dem Nachlass möglichst ohne weitere Verwaltungskosten zu erhalten, so müssen sie doch zur Kenntnis nehmen, dass die Erblasserin ihnen Mittel nur über eine gesonderte Stiftung zukommen lassen wollte, weil sie hierdurch ihren Namen zusätzliche Dauer verleihen wollte und/oder die Mittelvergabe zu Stiftungszwecken eigenständig kontrollieren lassen wollte. Dies hat auch das Nachlassgericht zu berücksichtigen, so dass für eine abweichende vergleichsweise Regelung kein Spielraum ersichtlich ist. Eine mündliche Verhandlung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren als reiner Rechtsprüfungsinstanz danach nicht veranlasst und auch nicht gesetzlich vorgeschrieben.
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2. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme - die Beteiligten Ziffer 2 und 3 auch zur Rücknahmen ihrer Rechtsbeschwerden - bis 8. Juli 2009 .
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Im Fall einer Rücknahme würden sich die Gerichtskosten der Rechtsbeschwerden gemäß § 131 Abs. 1 KostO ermäßigen.
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Der Senat, der in diesem Fall nicht an die strenge Bestimmung in § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG gebunden wäre, würde es in diesem Fall auch als billigem Ermessen gemäß § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG entsprechend ansehen von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren abzusehen, nachdem die Erblasserin den Streit über die Wirksamkeit ihres auslegungsbedürftigen privatschriftlichen Testaments durch dessen Fassung mit verursacht hat.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 83 Stiftungsverfassung und Stifterwille


(1) Die Verfassung der Stiftung wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Satzung bestimmt. (2) Die Stiftungsorgane haben bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die zuständigen