Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 27. Okt. 2017 - 15 W 1461/17

published on 27.10.2017 00:00
Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 27. Okt. 2017 - 15 W 1461/17
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Amtsgericht Fürth (Hessen), VI 1103/16, 21.07.2017

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Fürth vom 21.07.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 21.07.2017 hat das Amtsgericht Fürth den Antrag der Alleinerbin auf Ergänzung des Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen.

Gegen diesen, der Beteiligten am 26.07.2017 zugegangenen Beschluss richtet sich deren beim Amtsgericht Fürth am 28.07.2017 eingegangene Beschwerde.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 02.08.2017 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten ist zulässig (Art. 72 Abs. 1 EuErbVO; §§ 58, 63 FamFG), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Amtsgericht Fürth hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, den Antrag der Alleinerbin auf Ergänzung des Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen.

Die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Umstände rechtfertigen keine andere Bewertung. Ergänzend ist hierzu lediglich auszuführen:

1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass das nach den Vorgaben des deutschen Erbrechts ausgestellte Europäische Nachlasszeugnis für eine Umschreibung des Grundbuchs bezüglich der sich im Nachlass befindlichen Immobilie auf die Erbin nach dem Grundbuchrecht in Österreich nicht ausreiche. Dem liegt der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 02.06.2016, GZ 2 R 114/16 zugrunde, in dem festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Eigentumseinverleibung weiterhin nach österreichischem Recht zu beurteilen seien und daher die genaue Bezeichnung der Liegenschaft (gemeint ist damit offenbar der Anteil, die Einlagezahl und die Katastralgemeinde) im Europäischen Nachlasszeugnis enthalten sein müsse. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass Österreichische Grundbuchsgerichte daher keine Eigentumseinverleibungen mehr vornähmen, wenn Einlagezahl und Katastralgemeinde sowie die Anteilsbezeichnung nicht im Europäischen Nachlasszeugnis enthalten seien.

Die Auslegung der §§ 436 iVm 433 ABGB im Hinblick darauf, ob eine Einverleibung nach österreichischem Recht mit Rücksicht auf § 33 Abs. 1 lit. d) GBG idF ErbRÄG 2015 auch bloß aufgrund eines in Deutschland ausgestellten Erbscheins erfolgen kann, der keine in Österreich gelegene Liegenschaft enthält, ist auch in Österreich oberstgerichtlich noch nicht entschieden. Die durch die Entscheidung des Landesgerichts Klagenfurt entstandene Blockade der Eigentumseinverleibung nach österreichischem Recht kann nicht durch eine dem deutschen Recht zuwiderlaufende Auslegung der EuErbVO aufgelöst werden.

Die in einem anderen Mitgliedsstaat geltenden Vorschriften für die Eintragung eines Erben ins Grundbuch sind verfahrensrechtliche Vorschriften, die nicht unter Art. 30 EuErbVO zu subsumieren sind.

Art. 30 EuErbVO ist eine Ausnahmevorschrift, die gewährleisten soll, dass spezifische, meist historisch gewachsene, nachlassrechtliche Rechtsinstitute unabhängig von Art. 23 Abs. 1 EuErbVO wirksam bleiben. Als Ausnahmevorschrift ist Art. 30 EuErbVO aber eng auszulegen, da sonst der Grundsatz der Nachlasseinheit ausgehöhlt würde (Dutta/Weber/Schmidt, Internationales Erbrecht, 2016, Art. 30 EuErbVO Rn 3). Jedenfalls handelt es sich bei den österreichischen Vorschriften zur erleichterten Eintragung von Erben ins Grundbuch nicht um vergleichbare, spezifische nachlassrechtliche Rechtsinstitute sondern um grundbuchrechtliche Verfahrensvorschriften.

Gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. l EuErbVO ist aber die Eintragung von Rechten an unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgeschlossen (OLG München, Beschluss vom 12.09.2017 – 31 Wx 275/17). Auch in den amtlichen Erwägungsgründen zur EuErbVO ist in Nr. 18 vermerkt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden sollten. Andererseits sollte das nach dieser Verordnung erstellte Europäische Nachlasszeugnis im Hinblick auf die Eintragung des Nachlassvermögens in ein Register eines (anderen) Mitgliedsstaates ein gültiges Schriftstück darstellen - jedoch unabhängig von gegebenenfalls erforderlichen, weiteren Nachweisen.

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 68 lit. l) EuErbVO (OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.04.2017, RPfleger 2017, 545; Beschluss vom 05.04.2017, ZEV 2017, 579).

Die Angabe einzelner Nachlassgegenstände, die einem bestimmten Erben zustehen, kommt nach Art. 68 lit l) i.V.m. Art. 63 Abs. 2 lit b) EuErbVO nur in Betracht, wenn die Gegenstände dem Erben mit dinglicher Wirkung („unmittelbar“) zugewiesen sind (Kleinschmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, Art. 69 EuErbVO Rn 9, Art. 68 EuErbVO Rn. 25, Art. 63 Rn. 33; Dutta in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2015 EuErbVO Art. 63 Rn. 16; Simon/Buschbaum NJW 2012, 2393). Eine dinglich wirkende Teilungsanordnung ist dem deutschen Erbrecht aber fremd (Dutta/Weber/Schmidt, Internationales Erbrecht, 2016, Art. 68 EuErbVO Rn 12).

3. Auch die nur unverbindliche, informatorische Aufnahme des Grundstücks in das Nachlasszeugnis ist nicht zulässig. Denn eine solche Information, der nicht die Vermutungswirkung und der Vertrauensschutz der EuErbVO zukommen könnte, liefe dem Bestreben, mit dem Europäischen Nachlasszeugnis ein Instrument mit einem formalisierten Inhalt zu schaffen, das in jedem Mitgliedstaat unproblematisch verwendet werden kann, zuwider.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 36 Abs. 3 GNotKG.

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Beurteilung des Beschwerd
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 12.09.2017 00:00

Tenor 1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg - Nachlassgericht -vom 27.6.2017 wird zurückgewiesen. 2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt. Gründe
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.