Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 06. Nov. 2017 - 1 Ws 297/17

published on 06/11/2017 00:00
Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 06. Nov. 2017 - 1 Ws 297/17
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Landgericht Nürnberg-Fürth, 5 Ks 113 Js 1822/16, 23/10/2017

Gericht

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Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gegen die Entscheidung Ziffer 2. des Beschlusses der 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20.06.2017 wird als unbegründet verworfen.

2. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wird der Beschluss der 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20.06.2017 in Ziffer 3. aufgehoben. Das Verfahren wird an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zurückgegeben,

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dort entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten ... fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat am 03.04.2017 unter dem Aktenzeichen 113 Js 1822/16 gegen die Angeschuldigten ... und ... Anklage zum Landgericht Nürnberg-Fürth – Große Strafkammer als Schwurgericht – erhoben. Dem Angeschuldigten ... legte sie Mord mit versuchtem Mord in drei tateinheitlichen Fällen und mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 211 Abs. 1, 2, 5. und 6. Alt., 212 Abs. 1, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5, 52 StGB zur Last, dem Angeschuldigten ... fahrlässige Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen und vorsätzliches vorschriftswidriges Aufbewahren einer Schusswaffe gemäß §§ 222, 229, 340 Abs. 1 und 3, 13, 52, 53 StGB, § 52 a WaffG i.V.m. §§ 53 Abs. 1 Nr. 19, 36 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 WaffG. Wegen des Sachverhalts wird auf den Anklagesatz Bezug genommen, wegen des Inhalts des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.

Mit Beschluss vom 20.06.2017 hat die 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth das Verfahren hinsichtlich des Angeschuldigten ... abgetrennt (Ziffer 1. des Beschlusses) und die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Ziffer 2. des Beschlusses wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Sodann hat die Strafkammer die Anklage im Blick auf das dem Angeschuldigten ... zur Last liegende vorsätzliche vorschriftswidrige Aufbewahren einer Schusswaffe zugelassen und das Hauptverfahren insoweit vor dem Strafrichter beim Amtsgericht Ansbach eröffnet. (Ziffer 3. des Beschlusses). Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.

Im Anschluss an die Verfahrenstrennung wird der vormalige Mitangeschuldigte ... im abgetrennten Verfahren nunmehr als „gesondert Verfolgter“ geführt. Das abgetrennte Verfahren gegen den Angeschuldigten ... wurde unter dem neuen Aktenzeichen 113 Js 1063/17 erfasst.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat am 22.06.2017 gegen die Entscheidungen Ziffer 2. des Beschlusses sofortige Beschwerde und gegen Ziffer 3. des Beschlusses (einfache) Beschwerde eingelegt. Auf deren Begründung wird verwiesen.

Gegen den gesondert Verfolgten ... wurde das Hauptverfahren vor der 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 23.06.2017 eröffnet. Die Hauptverhandlung fand von 29.08.2017 bis 23.10.2017 statt. Am 23.10.2017 ist gegen den gesondert Verfolgten ein Urteil ergangen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat am 27.06.2017 beantragt, die Anklage der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 03.04.2017 gegen den Angeschuldigten ... vollumfänglich zuzulassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth zu eröffnen.

Mit Schreiben vom 02.10.2017 und vom 12.10.2017 hat die Generalstaatsanwaltschaft den Inhalt zweier Zeugenaussagen der Hauptverhandlung gegen den gesondert Verfolgten, der Zeugin ... sowie des Polizeibeamten Kennnummer ..., in das Beschwerdeverfahren eingeführt.

Der Angeschuldigte beantragte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 23.10.2017 die Verwerfung der sofortigen Beschwerde als unbegründet. Er trat den Ausführungen der Strafkammer im angefochtenen Beschluss bei und bezog sich insbesondere auf die Ausführungen der Polizeibeamtin ... zur – bereits bei der Einsatzplanung bekannten – Gefährlichkeit des gesondert Verfolgten.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth (zu Ziffer 2. des angefochtenen Beschlusses) ist unbegründet. Der Eröffnung des Hauptverfahrens wegen des Tatvorwurfs der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen stehen tatsächliche Gründe (§ 204 1. Alt. StPO) entgegen.

Die sofortige Beschwerde rügt zu Recht, dass bei der Prüfung, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht, der gesamte Akteninhalt (und nicht nur die Anklageschrift) zu berücksichtigen ist. Sodann steht dem Senat für seine Entscheidung – trotz der partiell beschränkten Aussagegenehmigung polizeilicher Zeugen – eine ausreichende Tatsachengrundlage zur Verfügung (siehe unten Ziffer 1.).

Der Senat sieht den Angeschuldigten dahingehend verpflichtet, seine privat erlangten Kenntnisse über die anlässlich der Durchsuchung des Anwesens in ... bevorstehende Straftat des gesondert Verfolgten ... seinem Dienstvorgesetzten oder der zuständigen Polizeidienststelle zu offenbaren (siehe unten Ziffer 2.).

Allerdings geht der Senat nicht davon aus, dass die Weitergabe des vorhandenen Wissens des Angeschuldigten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem veränderten Geschehensablauf des Polizeieinsatzes vom 19.10.2016 geführt hätte. Die polizeiliche Amtshilfe zur Zwangsvollstreckung vom 19.10.2016 wurde von einem polizeilichen Sondereinsatzkommando durchgeführt. Dieser Einsatz war aufgrund der vorhandenen Gefährdungsanalyse bereits auf das ungünstigste mögliche Szenario, nämlich einen Waffengebrauch des gesondert Verfolgten, ausgerichtet. Die Informationen, die der Angeschuldigte nach der vorhandenen Beweislage hatte, hätten bei deren ordnungsgemäßer Weitergabe den Tod des Beamten sowie der Verletzungen der Kollegen im Rahmen des Polizeieinsatzes vom 19.10.2016 nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verhindert. Die Fakten, welche er hätte mitteilen können (Jäger, Schütze, „Reichsbürger“, Erwartung einer zwangsweisen Wegnahme seiner Waffen durch einen Polizeieinsatz, entschlossen zum gewaltbereiten Widerstand hiergegen, auch unter Einsatz von Waffen), waren nämlich vom vorhandenen Einsatzkonzept bereits abgedeckt. Einen Beleg dafür, dass der Angeschuldigte Detailkenntnisse zur geplanten Verteidigung des gesondert Verfolgten hatte, insbesondere dass er im Besitz der entscheidenden Information war, der gesondert Verfolgte werde im Eingangsbereich der Wohnung im ersten Obergeschoss einen Hinterhalt bereiten, gibt es nicht (siehe unten Ziffer 3.).

Im Anschluss daran scheidet auch eine Strafbarkeit nach § 138 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 StGB aus, da die leichtfertige Nichtanzeige einer geplanten Straftat ebenfalls voraussetzt, dass die Anzeige geeignet gewesen wäre, die Begehung der Straftat zu verhindern (siehe unten Ziffer 4.).

Die weitere Entscheidung des Landgerichts zum Tatvorwurf des vorsätzlichen vorschriftswidrigen Aufbewahrens einer Schusswaffe bedarf der Korrektur, da die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht Ansbach durch das Landgericht Nürnberg-Fürth nicht angeordnet werden konnte, nachdem das Amtsgericht Ansbach außerhalb des Gerichtsbezirkes des Landgerichts Nürnberg-Fürth liegt. Die Entscheidung Ziffer 3. des angefochtenen Beschlusses wird auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth daher aufgehoben und das Verfahren insoweit an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben (siehe unten Ziffer 5.).

1. a) Ein Angeschuldigter ist der ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Straftat dann hinreichend verdächtig, wenn nach vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung nach durchgeführter Beweisaufnahme höher ist als die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs (Schneider in: Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl., § 203 Rn. 4 m.w.N.). Die ermittelten Tatsachen müssen es nach praktischer Erfahrung wahrscheinlich machen, dass der Angeschuldigte in einer Hauptverhandlung mit den Beweismitteln, die zur Verfügung stehen, verurteilt wird. Entscheidend ist letztlich die – vertretbare – Prognose des Gerichts, dass die Hauptverhandlung wahrscheinlich mit einem Schuldspruch enden wird, wenn das Ermittlungsergebnis nach Aktenlage sich in der Beweisaufnahme als richtig erweist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 170 Rn. 1 f. m.w.N.).

b) Nachdem dem Angeschuldigten ein unechtes Unterlassungsdelikt zur Last liegt, ist im Rahmen der Kausalitätsprüfung auf die so genannte „Quasi-Kausalität“ abzustellen. Danach ist ein Unterlassen dann mit dem tatbestandsmäßigen Erfolg als „quasi-ursächlich“ in Zurechnungsverbindung zu setzen, wenn der Erfolg bei verkehrsgerechtem Verhalten, also beim Hinzudenken der gebotenen Handlung entfiele, dieser nicht unabhängig davon eingetreten wäre. Dabei streitet für einen Angeklagten der Grundsatz in dubio pro reo. Allerdings steht der Bejahung der Ursächlichkeit die bloße gedankliche Möglichkeit eines gleichen Erfolgs auch bei Vornahme der gebotenen Handlung nicht entgegen. Vielmehr muss sich dies aufgrund bestimmter Tatsachen so verdichten, dass die Überzeugung vom Gegenteil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 12.01.2010, Az.: 1 StR 272/09, zitiert nach juris, Rn. 62 und 63, m.w.N.). Positiv formuliert ist die Unterlassung für einen Erfolg dann ursächlich, wenn die unterbliebene Handlung ihn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Unter Berücksichtigung des Maßstabs des Eröffnungsverfahrens (§ 203 StPO) bedeutet dies für das vorliegende Beschwerdeverfahren, dass die hypothetische Kausalität dann anzunehmen wäre, wenn bei Zugrundelegung der dienstlichen Meldung des Angeschuldigten über sein Tatwissen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Taterfolg, der Tod des Polizeibeamten... und die von seinen Kollegen erlittenen Verletzungen, entfallen wäre.

c) Die Grundlage für den Eröffnungsbeschluss bilden im Rahmen der Anklage die vorangegangenen Ermittlungen, also die gesamten Akten und nicht nur die Anklageschrift (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 203 Rn. 1). Die teilweise auf den Inhalt der Anklageschrift reduzierte Argumentation der Strafkammer im angefochtenen Beschluss greift daher zu kurz. Nachdem das Beschwerdegericht die Eröffnungsentscheidung in vollem Umfang überprüft (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 210 Rn. 2), ist Gegenstand der vom Senat zu treffenden Entscheidung der vollständige Akteninhalt einschließlich der seitens der Generalstaatsanwaltschaft am 02.10.2017 und am 12.10.2017 nachgereichten Unterlagen, welche Erkenntnisse aus der durchgeführten Hauptverhandlung gegen den gesondert verfolgten Haupttäter beinhalten.

d) Dem Senat steht für seine Beschwerdeentscheidung eine ausreichende Tatsachenplattform zur Verfügung. Trotz partiell beschränkter Aussagegenehmigung der polizeilichen Zeugen sieht sich der Senat in der Lage, die Kausalitätsfrage aufgrund der vorhandenen Aussagen der Einsatzleiterin ..., des SEK-Führers ... und des SEK-Einsatzleiters Kennnummer ... in Verbindung mit den Beweismitteln zur Kenntnis des Angeschuldigten und den Fakten zum Einsatzgeschehen abschließend beurteilen zu können.

2. Der Senat geht auf dieser Grundlage bei Bewertung der vorliegenden Beweismittel davon aus, dass der Angeschuldigte privates Wissen erlangte, welches er aufgrund seiner Stellung als Polizeibeamter seinem Dienstvorgesetzten oder dem für Straftaten von „Reichsbürgern“ zuständigen Staatsschutzkommissariat hätte offenbaren müssen.

Der Angeschuldigte ist Polizeihauptkommissar und übt die Funktion eines freigestellten Personalrats aus. Er erfuhr in seiner Freizeit davon, dass der gesondert Verfolgte als Jäger und Schütze Waffen und Munition besaß, seine waffenrechtlichen Erlaubnisse jedoch widerrufen worden waren. Auch wurde ihm bekannt, dass der gesondert Verfolgte die Autorität des Staates ablehnte und eigene staatliche Rechte beanspruchte. Ferner hatte ihm der gesondert Verfolgte erzählt, dass er mit einem Polizeieinsatz zur Wegnahme seiner Waffen rechnete und sich diesem massiv widersetzen würde. Der Senat geht weiter davon aus, dass der Angeschuldigte damit rechnete, der gesondert Verfolgte werde sich mit Gewalt, auch unter Gebrauch von Schusswaffen gegen die Sicherstellung seiner Waffen wehren (siehe unten a)).

Ein weitergehendes Wissen insbesondere darüber, wie sich der gesondert Verfolgte gegenüber einem möglichen Polizeieinsatz im Einzelnen verteidigen würde, kann dem Angeschuldigten nach Aktenlage indes nicht nachgewiesen werden (siehe unten b)).

Trotz seines vorhandenen Wissens unterrichtete er hiervon weder seine eigene Dienststelle noch das für Straftaten von „Reichsbürgern“ zuständige Staatsschutzkommissariat. Der Angeschuldigte kommt im Anschluss daran aufgrund einer Garantenstellung als Täter einer fahrlässigen Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen in Betracht (siehe unten c)).

a) Der dem Angeschuldigten zuzurechnende Kenntnisstand ergibt sich bereits aus seinen eigenen Angaben, soweit diesen gefolgt werden kann. So hat er angegeben, am 10.07.2016 einen Vortrag des gesondert Verfolgten ... in der Gaststätte ... in ... besucht zu haben, nachdem er auf diesen von seinem Kollegen ... und dessen Lebensgefährtin ... aufmerksam gemacht worden sei. In der Folgezeit hätten lediglich zwei Facebook-Kontakte mit dem gesondert Verfolgten stattgefunden. Zu einem weiteren Treffen sei es dann am 07.10.2016 im Anwesen des gesondert Verfolgten in ... gekommen. Bei einem gemeinsamen Essen habe der gesondert Verfolgte ihn darauf angesprochen, dass er als Jäger und Sportschütze Waffen besitze, ihm das Landratsamt jedoch die Zuverlässigkeit abgesprochen habe und er befürchte, dass das Landratsamt ihm diese Waffen wegnehmen werde. Thematisiert worden sei in diesem Zusammenhang auch die Zwangsräumung des in Sachsen-Anhalt wohnhaften „Reichsbürgers“ ... vom 24./25.08.2017, welche zu einem Schusswechsel geführt habe, bei dem ... eine Schussverletzung erlitten habe.

Der weitergehenden Einlassung des Angeschuldigten, er sei davon ausgegangen, der gesondert Verfolgte werde seine Waffen im Rahmen einer Verwaltungsvollstreckung freiwillig herausgeben und diese sich auf dem Gerichtswege zurückholen, er werde zwar „maulen“, aber letztlich bei der Herausgabe kooperieren, da er nie aggressiv, sondern eher „ruhig und gechillt“ gewesen sei, folgt der Senat nicht. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der Angeschuldigte im Rahmen des gemeinsamen Essens am 07.10.2016 oder bei einer anderen, nicht feststehenden Gelegenheit davon Kenntnis erlangt hat, dass der gesondert Verfolgte einer Sicherstellung seiner Waffen massiven Widerstand entgegen setzen würde. Dies ergibt sich aus dem Chatprotokoll vom 20.10.2016 über WhatsApp Nachrichten zwischen dem Angeschuldigten und seinem Freund ... Dieser fragte beim Angeschuldigten an, ob der „Typ“, der gestern auf die Polizisten geschossen habe, derjenige sei, von dem der Angeschuldigte ihm erzählt habe. Der Angeschuldigte antwortete darauf, er hätte nie gedacht, dass so etwas passieren könne. Daraufhin erwiderte der Zeuge ...: „Ja, obwohl du mir gesagt hast, wenn die seine Wohnung bzw. Haus betreten wird es Stress geben (...) kann aber keiner voraussehen, dass er gleich losballert (...)“. Der Chat, der im Ergebnis die vom Angeschuldigten stammende Formulierung, es werde „Stress“ geben, wenn das Haus des gesondert Verfolgten von Polizeibeamten betreten werde, enthält, beruht auf einem vorangegangenen Gespräch zwischen dem Angeschuldigten und dem Zeugen ... vom 15.10.2016, bei welchem der gesondert Verfolgte Thema war. Wenngleich sowohl der Angeschuldigte als auch der Zeuge ... den Inhalt des Chats und ihres Gesprächs vom 15.10.2016 im Nachhinein relativieren, geht der Senat aufgrund des Wortlautes der Äußerung des Zeugen ..., es werde „Stress geben“, davon aus, dass dem Angeschuldigten bekannt war, dass es bei einem Eindringen von Polizeibeamten in das Anwesen des gesondert Verfolgten zu einer gewalttätigen Eskalation, auch unter Waffeneinsatz, kommen würde. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Angeschuldigte das Wort „Stress“ oder eine vergleichbare Formulierung gegenüber dem Zeugen ... verwendete. Wenn – wie vom Angeschuldigten und vom Zeugen behauptet – der Angeschuldigte dem Zeugen nur erzählt hätte, dass der gesondert Verfolgte mit juristischen Mitteln gegen die Wegnahme seiner Waffen vorgehen werde, würde dies die Formulierung „Stress“ in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betreten des Hauses einer die Staatsgewalt ablehnenden Person durch Polizeibeamte nicht rechtfertigen. Der gemeinsamen Deutung des Zeugen ... und des Angeschuldigten, mit „Stress“ wäre nur „Stress mit den Behörden und Gerichten“ gemeint gewesen, folgt der Senat daher nicht. Entgegen den Angaben des Zeugen ... muss der Angeschuldigte ihm von der Gewaltbereitschaft des gesondert Verfolgten erzählt haben. Die Äußerung des Angeschuldigten im selben Chat vom 19.10.2016, er „hätte nie gedacht, dass so etwas passieren kann“ hält der Senat im Anschluss daran für eine ihn nachträglich rechtfertigende Floskel. Dies gilt umso mehr, als zwischen dem Angeschuldigten und dem gesondert Verfolgten am 07.10.2016 auch die durch einen Schusswechsel eskalierte Räumung des Anwesens des „Reichsbürgers“ ... vom 25.08.2016 erörtert wurde.

b) Ein darüber hinaus reichender Wissensstand des Angeschuldigten ist nicht belegt.

Weitere Kontakte (über die Treffen vom 10.07.2016, vom 07.10.2016 und die Facebook-Kontakte hinaus) zwischen dem Angeschuldigten und dem gesondert Verfolgten konnten nicht ermittelt werden. Für die Gespräche beim gemeinsamen Essen am 07.10.2016 stehen mit der Lebensgefährtin des Angeschuldigten, der Zeugin ..., und dem Hausmitbewohner des gesondert Verfolgten, dem Zeugen ..., zwar weitere Zeugen zur Verfügung. Diese hatten jedoch unwiderlegbar keine Erinnerung an die entscheidenden Details der Gespräche zwischen den Angeschuldigten und dem gesondert Verfolgten zu dessen Problemen in der Waffenangelegenheit.

Es gibt somit keinen Beleg dafür, dass der Angeschuldigte – über die Grunderkenntnis hinaus, der gesondert Verfolgte werde sich massiv, auch mit Waffen, gegen deren Sicherstellung wehren – Informationen dazu erlangte, welche Verteidigungsstrategie der gesondert Verfolgte hatte, insbesondere dass er den anrückenden Beamten im Eingangsbereich der Wohnung im ersten Obergeschoss einen Hinterhalt bereiten würde.

Hinsichtlich der Örtlichkeiten ist nur gesichert, dass sich der Angeschuldigte im Erdgeschoss des Anwesens des gesondert Verfolgten aufgehalten hat. Das vom Zeugen ... am 07.10.2016 zubereitete Essen wurde am Esstisch im Erdgeschoss des Hauses eingenommen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Angeschuldigte im Rahmen der Essenseinladung auch die Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss gesehen hat und damit Kenntnisse über den Zuschnitt der Zimmer, deren Einrichtung und vorhandene Türen gewann.

Genauso wenig bestehen Belege (für vorsätzliches Handeln derart), dass der Angeschuldigte dem gesondert Verfolgten Tipps zur Verteidigung seines Hauses gegeben, polizeiliche Einsatztaktiken oder gar den Einsatzzeitpunkt verraten hätte; es gibt keinen Hinweis dafür, dass der Angeschuldigte den Einsatzzeitpunkt überhaupt kannte.

c) Aufgrund der Fakten, welche er vom gesondert Verfolgten erfahren hatte, und seiner Stellung als Polizeibeamter wäre der Angeschuldigte verpflichtet gewesen, diese Informationen seinem Dienststellenleiter oder dem für Straftaten von „Reichsbürgern“ zuständige Staatsschutzkommissariat zu offenbaren. Als Polizeibeamter hatte der Angeschuldigte zu Gunsten der beim Einsatz tätigen Kollegen eine Garantenstellung i.S.v. § 13 StGB inne.

aa) Für Polizeibeamte ist der Schutz von Individualrechtsgütern Dritter wesentlicher Bestandteil ihrer Berufspflicht, so dass sich im Rahmen der Dienstausübung und innerhalb der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Beamten eine Garantenpflicht ergibt, Maßnahmen gegen vorhersehbare Rechtsgutsverletzungen zu treffen (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 13 Rn. 30 m.w.N.). Darüber hinausgehend ist ein Polizeibeamter auch verpflichtet, seine Dienststelle über privat gewonnenes Wissen strafbarer Handlungen in Kenntnis zu setzen, wenn diese strafbaren Handlungen in die Phase seiner Dienstausübung hineinreichen und wenn eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Straftatverhinderung bzw. Straftatverfolgung und dem privaten Interesse des Beamten am Schutz seiner Privatsphäre angesichts der Schwere der Straftat ein Überwiegen des öffentlichen Interesses ergibt (BVerfG, Beschluss vom 21.11.2002, Az.: 2 BvR 2202/01 zitiert nach juris; BGHSt 38, 388; Fischer, a.a.O., Rn. 31).

bb) Hieraus folgt für den Angeschuldigten eine Garantenstellung nach § 13 StGB. Er hat erfahren, dass der gesondert Verfolgte ... mit einem Polizeieinsatz rechnete und sich gewaltsam, auch mit Waffengewalt, gegen diesen wehren werde. Die hierdurch drohenden Straftaten sind von derart schwerem Gewicht, dass sich die Verpflichtung des Angeschuldigten ergibt, seine Dienststelle oder das für Straftaten von „Reichsbürgern“ zuständige Staatsschutzkommissariat zu unterrichten. Eine entsprechende Mitteilungspflicht hinsichtlich der „Reichsbürger“ war dem Angeschuldigten explizit bekannt, was sich aus einem von ihm am 09.09.2016 abfotografierten dienstlichen Warnhinweis ergibt (IT-Gutachten, S. 29, BWA V).

Dass der Angeschuldigte von dem konkreten Polizeieinsatz am 19.10.2016 keine Kenntnis hatte, ist ohne Bedeutung. Aufgrund seiner erlangten Informationen war ihm klar, dass ein entsprechender Polizeieinsatz zumindest mittelfristig stattfinden würde.

Auch konnte er nicht darauf vertrauen, seine sei Mitteilung entbehrlich, weil er hierzu den Wissensstand der Einsatzplanung und deren Entscheidungen hätte kennen müssen. Ein Polizeieinsatz zur Sicherstellung der Waffen hätte nämlich auch mit wesentlich geringeren Sicherheitsvorkehrungen erfolgen können. Hiervor hätte der Angeschuldigte seine Kollegen schützen müssen.

Die Verpflichtung zur Offenbarung der Erkenntnisse war auch offenkundig. Dies zeigt die Meldung des Kollegen ..., welcher sich in einer vergleichbaren Situation wie der Angeschuldigte befand. Auch ihm war der gesondert Verfolgte im privaten Umfeld, dem Schützenverein ..., bekannt geworden. Nachdem er sodann im Rahmen seines Dienstes erfuhr, dass sowohl der Gerichtsvollzieher eine Pfändung beim gesondert Verfolgten plante als auch das Landratsamt mittels eines Polizeieinsatzes die Entziehung von Schusswaffen betrieb, offenbarte der Beamte sein privates Wissen schriftlich seinem Dienstvorgesetzen, indem er auf das besondere Gefahrenpotential eines Polizeieinsatzes beim gesondert Verfolgten hinwies.

cc) Ohne Belang für die Garantenstellung ist, dass der Angeschuldigte seinen Polizeidienst als zu 100 % freigestellter Personalrat versah, da dies seine Stellung als Polizeivollzugsbeamter nicht aufhob. Hinzu kommt, dass der Angeschuldigte als Personalrat auch für die von den Straftaten bedrohten Beamten der polizeilichen Spezialeinheiten Nordbayern verantwortlich war (vgl. Ziffer V.2.a) des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen der Anklageschrift).

3. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 222, 229, 340 Abs. 1 und 3, 13, 52, 53 StGB scheitert jedoch daran, dass keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine vorhandene Möglichkeit der Erfolgsverhinderung durch den Angeschuldigten bestand.

Die vom Angeschuldigten geforderte Weitergabe der von ihm erlangten Informationen hätte nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Tod des Polizeibeamten und die Verletzung der beiden weiteren Polizisten verhindert. Der Polizeieinsatz (siehe unten a)) wurde bereits unter größtmöglichen Sicherheits- und Schutzvorkehrungen geplant (siehe unten b)) und durchgeführt. Die zusätzlichen Informationen (siehe unten c)) hätten zu keiner entscheidenden Horizonterweiterung geführt (siehe unten d)). Nur wenn der Angeschuldigte Kenntnis darüber erlangt hätte, dass der gesondert Verfolgte beabsichtigte, durch die Wohnungseingangstüre im ersten Obergeschoss hindurch zu schießen, hätte er die Möglichkeit gehabt, den Tod und die Verletzung seiner Kollegen zu verhindern. Ein diesbezüglicher Nachweis ist jedoch nicht zu führen (siehe unten e)). Die Informationen, die der Angeschuldigte hätte weitergeben müssen, gehen letztlich nur unwesentlich über das hinaus, was der Polizeibeamte ... seiner Dienststellenleitung pflichtgemäß über den gesondert Verfolgten mitteilte (siehe unten f)).

a) Der Senat geht nach den durchgeführten Ermittlungen (vgl. Ziffer 7.3 des Ermittlungsberichts der Kriminalpolizeiinspektion Schwabach vom 24.03.2017) davon aus, dass sich in einer Hauptverhandlung mit den vorhandenen Beweismitteln der nachfolgende Sachverhalt belegen lässt:

Am 19.10.2016 gegen 6:00 Uhr gab der gesondert Verfolgte ... 11 Schüsse aus seiner halbautomatischen Pistole der Marke Glock auf Polizeibeamte ab, welche eine rechtmäßige Durchsuchung seines Wohnanwesens ... in 911... durchführten. Der Durchsuchung lag ein Durchsuchungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16.09.2016 zu Grunde, welcher die Sicherstellung von im vorangegangenen Bescheid des Landratsamts Roth vom 22.08.2016 näher bezeichneten Waffen, Munition und Originaldokumenten zum Gegenstand hatte. Das Landratsamt Roth hatte die Polizeiinspektion Roth um Amtshilfe bei der Verwaltungsvollstreckung gebeten. Die Polizeiinspektion Roth hatte ihrerseits die Polizeiinspektion Spezialeinheiten hinzugezogen, welche in einer Besetzung 1/8/22 vor Ort waren. Seitens der Polizeiinspektion Roth waren zwei Beamte und vier ihr unterstellte Beamte des Einsatzzugs Ansbach bei der Durchsuchung anwesend. Für die Polizeiinspektion Roth verantwortete den Einsatz die Zeugin KHK'in ..., stellvertretende Leiterin der Polizeiinspektion Roth. Den Einsatz der Spezialkräfte planten und leiteten die Zeugen POR ... (SEK-Führer) und der Beamte Kennnummer 179 (SEK-Einsatzleiter). Die Einsatzkräfte waren mit der größtmöglichen persönlichen Schutzausrüstung ausgestattet.

Nach verdeckter Annäherung an das Anwesen drangen die Einsatzkräfte des Sonderkommandos auf Freigabe durch die Einsatzleiterin ... an drei Stellen in das Gebäude ein, durch die Kellertüre in das Untergeschoss, über den Balkon in das Erdgeschoss und durch das Treppenhaus in den ersten Stock des Wohnanwesens. Beim Betreten des Hauses gaben sich die Polizeibeamten durch lautstarke Rufe als Polizeibeamte zu erkennen. Zeitgleich wurden das Blaulicht und das Martinshorn eines in diesem Moment vorgefahrenen Polizeifahrzeuges eingeschaltet.

Dem Team, welches in den ersten Stock eindringen sollte, gehörten auch die Beamten Kennnummer 3... und Kennnummer 1... sowie der mit technischen Aufgaben betraute Beamte ... an. Nach Öffnung der Hauseingangstüre, welche maximal 10 Sekunden erforderte, begab sich das Team über das Treppenhaus in den ersten Stock, wobei zunächst der Beamte Kennnummer 1... den Treppenabsatz betrat. Dieser trug mit der linken Hand einen ballistischen Schutzschild (Lichtbild 37 auf S. 24 der Lichtbildtafel der KPI Schwabach vom 28.12.2016 im Register IV SEK Beamte, BWA II TOB Bd. 2) und hielt in der rechten Hand seine Dienstwaffe. Er versuchte die teilverglaste Eingangstüre zur Wohnung im ersten Stock aufzudrücken, was ihm nicht gelang. Daher trat er auf dem Treppenabsatz zurück. Stattdessen begab sich der Beamte ... zur Türe, um diese mittels eines Hydraulikgerätes zu öffnen. Als sich ... etwas nach unten beugte, um sein Gerät an der Türe anzusetzen, schoss der gesondert Verfolgte ... aus der Wohnung durch die Wohnungseingangstüre auf die sich vor der Türe befindlichen Beamten. Seine Schüsse töteten den Beamten ... und verletzten die Beamten Kennnummer 3... und Kennnummer 1...

b) Der Einsatzplanung lag nach den durchgeführten Ermittlungen (vgl. Aktenvermerk der Zeugin ..., Bl. 511 d. Hauptakte, unter Hinweis auf zurückliegende Polizeivorgänge und die Vorgeschichte des waffenrechtlichen Verfahrens) zu Grunde, dass der gesondert Verfolgte staatliche Autoritäten nicht anerkennt und eine Zwangsvollstreckung nicht hinnehmen würde. Es bestand die Befürchtung, dass der gesondert Verfolgte, der über Kampfsporterfahrung (WingTsun) verfügt, sich körperlich gegen Vollstreckungsmaßnahmen wehren würde. Weiterhin drohte, dass er die sicherzustellenden Waffen (31 großkalibrige Waffen oder Wechselsysteme in der Waffenbesitzkarte eingetragen) gegenüber den Beamten einsetzen würde. Die Polizeibeamtin ... führte als Zeugin in der Hauptverhandlung gegen den gesondert Verfolgten am 05.10.2017 hierzu aus, „wer Schusswaffen habe, könne damit in alle möglichen Richtungen schießen“. Ferner war bekannt, dass neben dem gesondert Verfolgten weitere Personen in seinem Haus lebten, welche seine Ideologie teilten und sich mit diesem möglicherweise solidarisieren könnten.

Aufgrund dieses vom gesondert Verfolgten vorhandenen Bildes und den weiteren Gegebenheiten hatte die Zeugin ... das Sondereinsatzkommando hinzugezogen. Auch agierte dieses mit vielen Einsatzkräften (1/8/22) und in der maximal möglichen Schutzausstattung.

c) Falls der Angeschuldigte ... seine Informationen offenbart hätte, hätten die Einsatzkräfte aus erster Hand erfahren, dass die bestehenden Befürchtungen, der gesondert Verfolgte werde sich mit Waffengewalt gegen die Wegnahme seiner Waffen wehren, ihre Berechtigung hatten. Auch hätten sie erfahren, dass der gesondert Verfolgte davon ausging, der Beschluss des Landratsamtes werde zeitnah vollstreckt. Ferner hätte der Angeschuldigte aufgrund seines Besuches vom 07.10.2016 Informationen zur Zimmeraufteilung und Einrichtung der Erdgeschosswohnung im Anwesen des gesondert Verfolgten geben können. Darüber hinaus hätten die Einsatzkräfte erfahren, dass Kontakt zwischen dem gesondert Verfolgten und dem „Reichsbürger“ ... bestand, dessen Grundstück in ... (Sachsen-Anhalt) am 25.08.2016 unter Einsatz eines Sonderkommandos geräumt wurde, wobei es zu einem Schusswechsel kam.

d) Der Senat sieht auf Basis der Zeugenaussagen des SEK-Führers ..., der Einsatzleiterin ... sowie des den SEK-Einsatz leitenden Beamten Kennnummer 1... aber keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Weitergabe dieser Erkenntnisse des Angeschuldigten zu einer Änderung der Einsatzplanung und im Anschluss daran zu einem veränderten Geschehensablauf geführt hätte.

aa) Die Information, der die Staatsgewalt ablehnende gesondert Verfolgte werde sich gegen eine Durchsuchung seines Hauses durch Polizeikräfte auch unter Schusswaffengebrauch wehren, liegt innerhalb des Spektrums, welches die vorhandene Gefahrenprognose abdeckte.

Der Zeugin ... war bei Kenntnis der zurückliegenden Polizeivorgänge klar, dass es unverantwortbar gewesen wäre, die Verwaltungsvollstreckung von uniformierten Beamten mit Schlüsseldienst durchzuführen. Deswegen hatte sie für die durchzuführende Amtshilfe polizeiliche Spezialkräfte angefordert.

Im Blick auf die ungünstigste denkbare Entwicklung wurde die Durchsuchung zum einen mit der größtmöglichen persönlichen Schutzausrüstung (Zeuge Kennnummer 1...) durchgeführt. So trugen die Beamten schusssichere Schutzkleidung mit Helm, Schutzschilder und Waffen. Auch der beim Einsatz getötete Polizeibeamte ... trug die ihm zugeteilte Schutzausrüstung (Zeuge ...). Schulterpads wären ihm nach den Angaben des Zeugen Kennnummer 1... bei seiner Aufgabe hinderlich gewesen.

Zum anderen erfolgte der Einsatz unter strengen Selbstschutzvorkehrungen für die beteiligten Beamten. So erfolgte die Annäherung an das Anwesen des gesondert Verfolgten verdeckt (Zeuge ...), wobei sogar veranlasst worden war, dass die Straßenlaternen nicht brannten. Sodann trafen die drei Teams, welche an unterschiedlichen Stellen gleichzeitig in das Anwesen eindrangen, weitere persönliche Schutzvorkehrungen. Nach dem Öffnen der Hauseingangstüre blieben die Beamten des Teams, welches in den ersten Stock vordringen sollte, im Treppenhaus in Deckung, während der mit einem ballistischen Schutzschild ausgestattete Beamte Kennnummer 1... versuchte, die Wohnungseingangstüre im ersten Stock zu öffnen. Erst nachdem dies nicht gelang, holte er den Beamten ... hinzu, damit dieser die Türe mittels Hydraulikwerkzeug öffnete, während die weiteren Teammitglieder in Deckung blieben.

Der vom Angeschuldigten geschuldete Hinweis auf die Gefährlichkeit des gesondert Verfolgten hätte zwar ein weiter gesteigertes Gefahrenbewusstsein bei der Einsatzleitung bewirkt und zu einer weiteren Sensibilisierung der Einsatzkräfte geführt (Zeugin ... und Zeuge ...). Das im Anschluss an die Informationen des Angeschuldigten mögliche Szenario war indes bereits im Erwartungsspektrum der Einsatzleitung enthalten. Mit Erhalt der Informationen wäre nunmehr klar gewesen, dass mit dem größtmöglich denkbaren Widerstand zu rechnen war. Dies hätte nach Einschätzung des Senats aber zu keiner Veränderung der Einsatzplanung geführt (so auch der SEK-Führer ...), da bereits die Option, dass es unter Umständen zu einem Schusswechsel kommen werde, dieselben Sicherheitsvorkehrungen erforderlich machte, wie bei einem Eindringen in das Haus mit der sicheren Erwartung, dass es zu einem Schusswechsel kommen werde.

bb) Die weitergehende Kenntnis davon, dass der gesondert Verfolgte ein Unterstützer des „Reichsbürgers“ ... war und von dessen Schusswechsel mit Polizeibeamten anlässlich der Zwangsräumung vom 25.08.2016 wusste, hätte sowohl nach Einschätzung des SEK-Führers ... als auch des SEK-Einsatzleiters Kennnummer 1... keine Änderung der Polizeitaktik bewirkt. Der Senat teilt deren Auffassung, da die Mitteilung des Kontakts zu Ursache und das Wissen um die Eskalation bei dessen Zwangsräumung lediglich das Wissen um die Gefährlichkeit des gesondert Verfolgten weiter verstärkt hätte. Allerdings deckte das vorhandene Einsatzkonzept entsprechend den Ausführungen von oben aa) die maximal möglichen Gefahren bereits ab.

cc) Auch die Information, dass der gesondert Verfolgte mit einem zeitnahen Polizeieinsatz rechnete, hätte nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer Taktikänderung geführt. Das Schwergewicht der Überlegungen der Einsatzplanung lag vielmehr bei der Erkennbarkeit des Polizeieinsatzes sowie dem Schutz der beteiligten Beamten beim und vor dem Eindringen in das Haus.

So konnte der gesondert Verfolgte bereits dem Bescheid des Landratsamts vom 22.08.2016 entnehmen, dass eine Vollstreckung dieses Bescheides im Räume stand. Unter Ziffer 10. des an den gesondert Verfolgten zugestellten Bescheids wurde diese ausdrücklich angedroht. Aus dem Antwortschreiben des gesondert Verfolgten vom 01.09.2016 ergibt sich, dass er vom Bescheid Kenntnis genommen hatte und diesen nicht akzeptieren würde. Somit war bereits dem Verwaltungsverfahren immanent, dass der gesondert Verfolgte mit einer zeitnahen Vollstreckung rechnete. Im Anschluss daran war denkbar, dass der gesondert Verfolgte Vorkehrungen zur Verteidigung seines Hauses treffen würde und er auch nachts eine oder mehrere Waffen griffbereit haben könnte.

Dennoch entschied sich die Einsatzleitung gegen das – ursprünglich vom SEK-Einsatzleiter Kennnummer 1... favorisierte – Konzept des schlagartigen Eindringens mit Einfrieren der Situation. Zentrale Bedeutung wurde stattdessen der Erkennbarkeit der Polizeikräfte im Zeitpunkt des Betretens des Hauses zugemessen (Zeugin ..., Aussage vom 22.02.2017, Seite 4, 3. Absatz; vgl. auch Ermittlungsbericht unter Ziffer 7.1.3). So fuhr bei Einsatzbeginn ein Fahrzeug vor, welches Blaulicht und Martinshorn einschaltete. Auch machten sich die in das Haus eindringenden Beamten durch laute „Polizei“-Rufe bemerkbar (Zeugin ...). Dies diente dem Ziel, beim gesondert Verfolgten das Entstehen der Fehlvorstellung auszuschließen, Unberechtigte drängen in sein Anwesen ein. Allerdings gab diese Entscheidung dem gesondert Verfolgten Reaktionszeit. Zwischen dem Öffnen der unteren Hauseingangstüre, dem Vordringen durch das Treppenhaus in den ersten Stock und dem vergeblichen Aufdrücken der Wohnungseingangstüre im ersten Obergeschoss lag ein Zeitraum, der dem gesondert Verfolgten ermöglichte, seine Schutzweste anzuziehen und sich mit Waffe in Schussrichtung zur Wohnungseingangstüre zu positionieren. Mit der aus den obigen Gründen getroffenen Taktikentscheidung wurde indes in Kauf genommen, dass eine sich im Obergeschoss befindende Person diese kurzzeitige Reaktionszeit erhielt.

Die gleiche Tendenz weist die Entscheidung der Einsatzleitung auf, die Straßenlaternen vor dem Anwesen des gesondert Verfolgten ab dem 17.10.2016 abschalten zu lassen. Dies begünstigte einerseits die verdeckte Annäherung der Einsatzkräfte an das Gebäude, konnte den gesondert Verfolgten andererseits jedoch darauf hinweisen, dass ein Polizeieinsatz unmittelbar bevorstehe. Nach den Zeugenaussagen ... und ... ist genau das auch eingetreten. Die Zeugin ... gab an, der gesondert Verfolgte habe im Rahmen eines Gesprächs über die ausgeschalteten Straßenlaternen geäußert, „die werden doch jetzt nicht hier irgendwo einmarschieren“. Eine ähnliche Formulierung bestätigte der Zeuge ...

Eine abweichende Bewertung ergibt sich auch nicht aus der polizeilichen Aussage des SEK-Führers ... vom 20.12.2016. Zwar gab dieser im 1. Absatz auf Seite 2 seiner Aussage an, dass es zu einer Veränderung der Einsatztaktik geführt hätte, wenn bekannt gewesen wäre, dass der gesondert Verfolgte von einem „bevorstehenden Einsatz mit Spezialkräften wusste und sich dementsprechend auf dieses Vorgehen vorbereitet hätte“. Eine Gesamtbewertung seiner Zeugenaussage zeigt jedoch, dass er als Basis einer Taktikänderung Fakten zu Grunde legte, die sich vorliegend gerade nicht beweisen lassen. So gab er im 5. Absatz auf Seite 2 als Beispiel hierzu den Verrat von Spezialtaktiken durch den gesondert Verfolgten an. Im letzten Absatz auf Seite 3 wies der Zeuge dann auf die entscheidende Abgrenzung hin. Nur wenn der genaue Einsatzzeitraum oder die Taktik verraten worden wäre, wäre eine Änderung des Vorgehens angezeigt gewesen, nicht hingegen, wenn der gesondert Verfolgte nur geahnt habe, dass ein Polizeieinsatz bevorstehe.

dd) Weiterhin hätten die Informationen, die der Angeschuldigte zum Wohnanwesen des gesondert Verfolgten hätte geben können, zu keinem veränderten Geschehensablauf geführt, da die dem Angeschuldigten zuzurechnende Kenntnis der Räume nicht nachweisbar über den Wissensstand der Polizeiinspektion Roth – und damit der Einsatzleitung – hinausging.

Die Einsatzleiterin ... nahm an, dass der gesondert Verfolgte im Erdgeschoss wohne. Die Räume im Obergeschoss und auch der Zugang dorthin waren der Einsatzleitung unbekannt (polizeiliche Aussage vom 22.02.2017, Seite 5, letzter Absatz). So wurden die Beamten der Polizeiinspektion Roth bei den vorangegangenen Polizeivorgängen (Zeugin ...) genauso wie der Angeschuldigte im Erdgeschoss des Anwesens vom gesondert Verfolgten empfangen. Wie oben (vgl. oben Ziffer 2.b)) ausgeführt, gibt es keinen Beleg dafür, dass der Angeschuldigte – nachdem er sich nicht nachweislich dort aufgehalten hat – seinen Kollegen Informationen über das erste Obergeschoss des Anwesens des gesondert Verfolgten hätte geben können. Ebenso wenig gibt es belastbare Anhaltspunkte dafür, dass der Angeschuldigte davon wusste, dass der gesondert Verfolgte das erste Obergeschoss des Hauses bewohnte.

Lediglich diese wichtige Information hätte das Einsatzkonzept möglicherweise in Frage gestellt.

Im Übrigen hat die Einsatzleitung bewusst auf die Möglichkeit verzichtet, Pläne des Wohnanwesens des gesondert Verfolgten einzusehen. Der insoweit mögliche Weg über das Bauamt wurde nicht gegangen, um den Kreis der Mitwisser nicht zu vergrößern (SEK-Einsatzleiter Kennnummer 1...).

ee) Zu einer abweichenden Einsatztaktik wäre es im Übrigen auch nicht deswegen gekommen, weil der Angeschuldigte im Anschluss an seine Meldung als Kontaktperson zum gesondert Verfolgten in Frage gekommen wäre.

Grundsätzlich hätte dann die Option bestanden, den gesondert Verfolgten durch den Angeschuldigten gezielt aus dem Wohnanwesen zu locken und einen Zugriff außerhalb des Wohnhauses durchzuführen. Ein derartiger Zugriff außer Haus wurde nach den Aussagen der Einsatzleiterin ... und des SEK-Einsatzleiters Kennnummer 1... allerdings aus anderen Gründen verworfen. So führten beide Zeugen hierzu aus, ein Zugriff außer Haus hätte die Durchsuchung des Hauses durch ein Sonderkommando nicht verhindert, da dort weitere gewaltbereite und durch den Zugriff vorgewarnte Personen hätten sein können. Die Zeugin ... wies in ihrer gerichtlichen Aussage vom 05.10.2017 auf die zusätzlich bestehenden Gefahren anlässlich eines Polizeieinsatzes im öffentlichen Raum hin.

e) Eine andere Einsatztaktik hätte die Einsatzleitung allerdings dann gewählt, wenn sie erfahren hätte, dass der gesondert Verfolgte den Beamten im Eingangsbereich seiner Wohnung im ersten Obergeschoss einen Hinterhalt bereiten würde. Ein derartiger Wissensstand des Angeschuldigten ist aber gerade nicht belegt (vgl. oben Ziffer 2.b)).

f) Die Angaben, die der Angeschuldigte hätte machen können und müssen, sind im Informationsgehalt vergleichbar mit dem Gehalt der Mitteilung des Polizeibeamten ..., der auf das besondere Gefahrenpotential eines Polizeieinsatzes beim gesondert Verfolgten hinwies, nachdem die Zusatzinformation, der gesondert Verfolgte rechne mit einem Polizeieinsatz, der Vollstreckung ohnehin immanent war.

4. Es besteht auch kein hinreichender Tatverdacht für eine Strafbarkeit wegen leichtfertigen Nichtanzeigens einer Straftat nach § 138 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 StGB (echtes Unterlassungsdelikt), da dieser subsidiäre Straftatbestand ebenfalls voraussetzt, dass die Anzeige der Straftat geeignet gewesen wäre, die Katalogtat zu verhindern (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 138 Rn. 12). Dies war indes, wie oben unter Ziffer 3. ausgeführt, nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Fall.

5. Die statthafte (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 210 Rn. 4) und auch im Übrigen zulässige einfache Beschwerde gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens von dem Amtsgericht Ansbach (Ziffer 3. des angefochtenen Beschlusses) hat Erfolg. Die Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth konnte das Verfahren für das in der Anklageschrift unter Ziffer 2. erfasste Waffendelikt nicht vor dem Amtsgericht Ansbach eröffnen, da § 209 Abs. 1 StPO diese Möglichkeit nur für Amtsgerichte vorsieht, welche im Bezirk des entscheidenden Landgerichts liegen. Dies ist beim Amtsgericht Ansbach nicht gegeben, nachdem dieses zum Landgerichtsbezirk Ansbach gehört.

Das Verfahren muss an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zurückgegeben werden, da nach der Bestätigung der Teilnichteröffnungsentscheidung im Beschwerdeverfahren kein Bezug mehr zum Landgerichtsbezirk Nürnberg-Fürth besteht. Für den Vorwurf des vorsätzlichen vorschriftswidrigen Aufbewahrens einer Schusswaffe gemäß § 52 a WaffG i.V.m. §§ 53 Abs. 1 Nr. 19, 36 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 WaffG besteht eine sachliche Zuständigkeit für das Amtsgericht – Strafrichter- und eine örtliche Zuständigkeit hierbei ausschließlich beim Amtsgericht Ansbach, da der Angeschuldigte in... bei ... (Landkreis Ansbach) wohnhaft ist und sich am Wohnsitz auch der Tatort befindet. Zum zuständigen Gericht kann das Verfahren daher nur über eine Verfahrensabgabe an die Staatsanwaltschaft Ansbach gelangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO.

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Annotations

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 2 Abs. 1 eine nicht erlaubnispflichtige Waffe oder nicht erlaubnispflichtige Munition erwirbt oder besitzt,
2.
(weggefallen)
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4, dieser in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, mit einer Schusswaffe schießt,
4.
einer vollziehbaren Auflage nach § 9 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 2 Satz 3, § 17 Abs. 2 Satz 2, § 18 Absatz 2 Satz 2 oder § 28a Absatz 1 Satz 3 oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 9 Abs. 3, § 36 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 6, § 37c Absatz 2 Nummer 2, § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 5 Satz 2 oder § 46 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 1 zuwiderhandelt,
5.
(weggefallen)
6.
entgegen § 10 Absatz 2 Satz 4 oder § 37i eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
7.
entgegen § 13 Absatz 3 Satz 2 oder § 20 Absatz 1 die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte oder die Eintragung in eine Waffenbesitzkarte nicht oder nicht rechtzeitig beantragt,
8.
entgegen § 21 Absatz 6, § 24 Absatz 6, § 27 Absatz 1 Satz 6 oder Absatz 2 Satz 2, § 30 Satz 3, § 34 Absatz 4 oder 5 Satz 1, § 37 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, entgegen § 37a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen § 37a Satz 2, § 37b Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3, § 37c Absatz 1, § 37d Absatz 1 oder 2, § 40 Absatz 5 Satz 1 oder § 58 Absatz 19 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet,
9.
entgegen § 24 Abs. 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1 oder Nr. 2 Buchstabe a, oder § 24 Absatz 4 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1, eine Angabe, ein Zeichen oder die Bezeichnung der Munition auf der Schusswaffe nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig anbringt oder Munition nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig mit einem besonderen Kennzeichen versieht,
10.
entgegen § 24 Absatz 5 eine Schusswaffe oder Munition anderen gewerbsmäßig überlässt,
11.
ohne Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 eine Schießstätte betreibt oder ihre Beschaffenheit oder die Art ihrer Benutzung wesentlich ändert,
12.
entgegen § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 einem Kind oder Jugendlichen das Schießen gestattet oder entgegen § 27 Abs. 6 Satz 2 nicht sicherstellt, dass die Aufsichtsperson nur einen Schützen bedient,
13.
entgegen § 27 Abs. 3 Satz 2 Unterlagen nicht aufbewahrt oder entgegen § 27 Abs. 3 Satz 3 diese nicht herausgibt,
14.
entgegen § 27 Abs. 5 Satz 2 eine Bescheinigung nicht mitführt,
15.
entgegen § 33 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition nicht anmeldet oder nicht oder nicht rechtzeitig vorführt,
16.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine nicht erlaubnispflichtige Waffe oder nicht erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
17.
entgegen § 35 Abs. 1 Satz 4 die Urkunden nicht aufbewahrt oder nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig Einsicht gewährt,
18.
entgegen § 35 Abs. 2 einen Hinweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gibt oder die Erfüllung einer dort genannten Pflicht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig protokolliert,
19.
entgegen § 37g Absatz 1 ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,
20.
entgegen § 38 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 ein dort genanntes Dokument nicht mit sich führt oder nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt,
21.
entgegen § 39 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt,
21a.
entgegen § 42a Abs. 1 eine Anscheinswaffe, eine dort genannte Hieb- oder Stoßwaffe oder ein dort genanntes Messer führt,
22.
entgegen § 46 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Ausfertigung der Erlaubnisurkunde nicht oder nicht rechtzeitig zurückgibt oder
23.
einer Rechtsverordnung nach § 15a Absatz 4, § 27 Absatz 7 Satz 2, § 36 Absatz 5, den §§ 39a, 39c Absatz 1 oder 2 Satz 1, § 42 Absatz 5 Satz 1 oder Absatz 6 Satz 1 oder § 47 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(1a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne Genehmigung nach Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Umsetzung des Artikels 10 des Protokolls der Vereinten Nationen gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (VN-Feuerwaffenprotokoll) und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile, Komponenten und Munition sowie von Maßnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 1) einen dort genannten Gegenstand ausführt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind

1.
in den Fällen des Absatzes 1, soweit dieses Gesetz von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem Bundesverwaltungsamt oder dem Bundeskriminalamt ausgeführt wird, die für die Erteilung von Erlaubnissen nach § 21 Absatz 1 zuständigen Behörden,
2.
in den Fällen des Absatzes 1a die Hauptzollämter.

(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung

1.
(weggefallen)
2.
eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
3.
eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
4.
einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
5.
eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens der Aggression (§ 13 des Völkerstrafgesetzbuches),
6.
einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
7.
eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
8.
einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c
zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
2.
von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,
zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 gilt im Fall der Nummer 2 entsprechend.

(3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung

1.
(weggefallen)
2.
eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
3.
eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
4.
einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
5.
eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens der Aggression (§ 13 des Völkerstrafgesetzbuches),
6.
einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
7.
eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
8.
einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c
zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
2.
von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,
zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 gilt im Fall der Nummer 2 entsprechend.

(3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Hält das Gericht, bei dem die Anklage eingereicht ist, die Zuständigkeit eines Gerichts niedrigerer Ordnung in seinem Bezirk für begründet, so eröffnet es das Hauptverfahren vor diesem Gericht.

(2) Hält das Gericht, bei dem die Anklage eingereicht ist, die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung, zu dessen Bezirk es gehört, für begründet, so legt es die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft diesem zur Entscheidung vor.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 2 Abs. 1 eine nicht erlaubnispflichtige Waffe oder nicht erlaubnispflichtige Munition erwirbt oder besitzt,
2.
(weggefallen)
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4, dieser in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, mit einer Schusswaffe schießt,
4.
einer vollziehbaren Auflage nach § 9 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 2 Satz 3, § 17 Abs. 2 Satz 2, § 18 Absatz 2 Satz 2 oder § 28a Absatz 1 Satz 3 oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 9 Abs. 3, § 36 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 6, § 37c Absatz 2 Nummer 2, § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 5 Satz 2 oder § 46 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 1 zuwiderhandelt,
5.
(weggefallen)
6.
entgegen § 10 Absatz 2 Satz 4 oder § 37i eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
7.
entgegen § 13 Absatz 3 Satz 2 oder § 20 Absatz 1 die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte oder die Eintragung in eine Waffenbesitzkarte nicht oder nicht rechtzeitig beantragt,
8.
entgegen § 21 Absatz 6, § 24 Absatz 6, § 27 Absatz 1 Satz 6 oder Absatz 2 Satz 2, § 30 Satz 3, § 34 Absatz 4 oder 5 Satz 1, § 37 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, entgegen § 37a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen § 37a Satz 2, § 37b Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3, § 37c Absatz 1, § 37d Absatz 1 oder 2, § 40 Absatz 5 Satz 1 oder § 58 Absatz 19 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet,
9.
entgegen § 24 Abs. 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1 oder Nr. 2 Buchstabe a, oder § 24 Absatz 4 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1, eine Angabe, ein Zeichen oder die Bezeichnung der Munition auf der Schusswaffe nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig anbringt oder Munition nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig mit einem besonderen Kennzeichen versieht,
10.
entgegen § 24 Absatz 5 eine Schusswaffe oder Munition anderen gewerbsmäßig überlässt,
11.
ohne Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 eine Schießstätte betreibt oder ihre Beschaffenheit oder die Art ihrer Benutzung wesentlich ändert,
12.
entgegen § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 einem Kind oder Jugendlichen das Schießen gestattet oder entgegen § 27 Abs. 6 Satz 2 nicht sicherstellt, dass die Aufsichtsperson nur einen Schützen bedient,
13.
entgegen § 27 Abs. 3 Satz 2 Unterlagen nicht aufbewahrt oder entgegen § 27 Abs. 3 Satz 3 diese nicht herausgibt,
14.
entgegen § 27 Abs. 5 Satz 2 eine Bescheinigung nicht mitführt,
15.
entgegen § 33 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition nicht anmeldet oder nicht oder nicht rechtzeitig vorführt,
16.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine nicht erlaubnispflichtige Waffe oder nicht erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
17.
entgegen § 35 Abs. 1 Satz 4 die Urkunden nicht aufbewahrt oder nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig Einsicht gewährt,
18.
entgegen § 35 Abs. 2 einen Hinweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gibt oder die Erfüllung einer dort genannten Pflicht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig protokolliert,
19.
entgegen § 37g Absatz 1 ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,
20.
entgegen § 38 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 ein dort genanntes Dokument nicht mit sich führt oder nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt,
21.
entgegen § 39 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt,
21a.
entgegen § 42a Abs. 1 eine Anscheinswaffe, eine dort genannte Hieb- oder Stoßwaffe oder ein dort genanntes Messer führt,
22.
entgegen § 46 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Ausfertigung der Erlaubnisurkunde nicht oder nicht rechtzeitig zurückgibt oder
23.
einer Rechtsverordnung nach § 15a Absatz 4, § 27 Absatz 7 Satz 2, § 36 Absatz 5, den §§ 39a, 39c Absatz 1 oder 2 Satz 1, § 42 Absatz 5 Satz 1 oder Absatz 6 Satz 1 oder § 47 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(1a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne Genehmigung nach Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Umsetzung des Artikels 10 des Protokolls der Vereinten Nationen gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (VN-Feuerwaffenprotokoll) und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile, Komponenten und Munition sowie von Maßnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 1) einen dort genannten Gegenstand ausführt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind

1.
in den Fällen des Absatzes 1, soweit dieses Gesetz von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem Bundesverwaltungsamt oder dem Bundeskriminalamt ausgeführt wird, die für die Erteilung von Erlaubnissen nach § 21 Absatz 1 zuständigen Behörden,
2.
in den Fällen des Absatzes 1a die Hauptzollämter.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.