Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Feb. 2015 - 21 U 3404/14

bei uns veröffentlicht am23.02.2015
vorgehend
Landgericht München I, 34 O 21793/13, 04.08.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.08.2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil des Senats und das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten vertragliche Ansprüche aus einem Produktionsvertrag für eine Zeitschrift geltend.

Die Parteien haben in der Berufungsinstanz unstreitig gestellt, dass sich in Anlage B 2 die Worte „lass die NR. 2 weg weil die ja nicht vertraglich vereinbart ist“ nicht etwa auf Ziffer 2 in Anlage B 1 beziehen, sondern auf Ziffer 3 in Anlage B 1, die sich auf die vorproduzierten Seiten für # 2 (= Ausgabe Nr. 2 der Zeitschrift) bezieht. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Ersturteil Bezug genommen (§ 540 I 1 ZPO).

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 67.235,00 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.6.2013 und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.580, € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gem. §§ 511 ff ZPO zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts dahingehend, dass eine Vertragsaufhebung unter Begleichung sämtlicher Ansprüche der Kläger zum 31.12.2012 vorlag, ist frei von Rechtsfehlern (§ 513 I, § 546 ZPO). Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden (§ 513 I, § 529 I Nr.1 ZPO). Der Senat folgt der zutreffenden Auslegung des Landgerichts, wonach jedenfalls durch den E-Mail-Verkehr vom 19.12.2012 (Anlagen B 1 bis B 3) und die hierzu korrespondierenden und unstreitig beglichenen Rechnungen der Klägerin Nr. 72 und Nr. 75 jeweils vom 20.12.2012 und Nr. 77 vom 31.12.2012 (von der Klägerin vorgelegtes Anlagenkonvolut 2) die (nicht qualifizierte) Schriftformklausel in § 10 Abs. 1 des Vertrages vom 15.5.2012 (von der Klägerin vorgelegte Anlage 1) sowie das Vertragsverhältnis selbst, auf das die Klägerin ihre streitgegenständlichen Ansprüche stützt, konkludent aufgehoben wurden. Besonderes Gewicht kommt dabei dem Umstand zu, dass die von der Klägerin vorbehaltlos gestellten und von der Beklagten bezahlten Rechnungen exakt den Vorgaben entsprachen, die die Geschäftsführerin in der E-Mail vom 19.12.2012 (15:02 Uhr, Anlage B 1) gemacht hatte, obwohl die Klägerin diese Vorgaben zunächst nicht akzeptiert und in ihrer E-Mail vom 19.12.2012 (15:16 Uhr, Anlage B 2) vorgeschlagen hatte, dass die Beklagte die in Ziffer 3 in Anlage B 1 ausgewiesenen 8.400 € (netto) für die vorproduzierten Seiten für Ausgabe Nr. 2 der Zeitschrift P. nicht begleichen möge, weil derartiges vertraglich nicht vereinbart sei. Wenn nun die Geschäftsführerin der Beklagten in der weiteren E-mail vom 19.12.2012 (15:22 Uhr, Anlage B 3) auf dem Vorschlag Anlage B 1 beharrt, also u. a. auf der Zahlung der 8.400 € (netto) für die vorproduzierten Seiten für Ausgabe Nr. 2, und die Klägerin dann in ihrer Rechnung Nr. 75 vom 20.12.2012 eben diese 8.400 € (netto) in Rechnung stellt, obwohl die Klägerin am Vortag noch schrieb, die Beklagte schulde diesen Betrag aufgrund des bestehenden Vertrages nicht, dann kann aus dem Empfängerhorizont der Beklagten die vorbehaltlose Rechnungstellung durch die Klägerin nur so verstanden werden, dass sich die Klägerin nicht mehr auf den Vertrag vom 15.5.2012 stützt und diesen als Grundlage für die Zahlungsverpflichtungen der Beklagten gelten lassen will, sondern dass die Klägerin vielmehr die in Anlage B 1 genannten Konditionen akzeptiert hat und deshalb diese (und nicht etwa den ursprünglichen Vertrag vom 15.5.2012) zur Grundlage ihrer Rechnungstellung macht.

Es kommt daher nicht darauf an, ob es zuvor bereits am 17.12.2012 zu einer Vertragsaufhebung oder danach zu einer wirksamen Kündigung gekommen ist.

Der Senat verkennt nicht, dass der Beklagten nach § 2 Abs. 3 des Vertrages vom 15.5.2012 ein Sonderkündigungsrecht für den Fall, dass die Zeitschrift „P. “ eingestellt wird, eingeräumt wurde. Diese vertragliche Regelung führt aber nicht etwa dazu, dass die Vertragsfreiheit der Parteien dahingehend aufgehoben wäre, dass es den Parteien verwehrt war, die Einstellung der Zeitschrift „P. “ zum Anlass für eine konkludente Vertragsaufhebung zu nehmen. Letzteres ist hier geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind.

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 546 Begriff der Rechtsverletzung


Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Referenzen

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.