Oberlandesgericht München Beschluss, 08. Dez. 2014 - 2 Ws 1190/14

bei uns veröffentlicht am08.12.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft München I wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 05.11.2014 - 26 Qs 88/14 - aufgehoben.

II. Gegen den Angeklagten G Ö ergeht anliegender Haftbefehl.

III. Der gemäß Ziffer II. ergangene Haftbefehl wird unter folgenden Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt:

Gründe

I.

Der Angeklagte wurde am in geboren, ist aber türkischer Staatsangehöriger. Er wird von den Sicherheitsbehörden der Salafisten-Szene zugerechnet und steht im Verdacht, sich dschihadistischen Kämpfern in Syrien anschließen zu wollen.

Mit Bescheid vom 14.07.2014 untersagte ihm das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz i.V.m. §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 Passgesetz die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer von 12 Monaten ab Zustellung des Bescheides. Die Zustellung erfolgte am 17.07.2014. Das Ausreiseverbot wurde nach § 84 Abs. 1 Nr. 6 Aufenthaltsgesetz sofort vollziehbar. Ein Antrag des Angeklagten, die aufschiebende Wirkung der gegen das Ausreiseverbot erhobenen Klage vor dem Verwaltungsgericht München nach § 80 Abs. 5 VwGO wieder herzustellen, wurde mit Beschluss vom 05.08.2014 wegen fehlender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt.

In Kenntnis des vollziehbaren Ausreiseverbots buchte der Angeklagte unter dem Alias-Namen A M ein Ticket für den Fernbus von München nach Wien. Am 02.09.2014 wurde er gegen 10.30 Uhr im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle durch Beamte der Schleierfahndung im Grenzbereich nach Passieren der letzten planmäßigen Haltestelle auf deutschem Hoheitsgebiet in Simbach am Inn etwa 500 m vor der Grenze nach Österreich im Fernbus von München nach Wien angetroffen und festgenommen, wobei er einräumte, nach Wien reisen zu wollen.

Der am 02.09.2014 vorläufig festgenommene Angeklagte befand sich aufgrund eines auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 03.09.2014 wegen des dringenden Verdachts, einem vollziehbaren Ausreiseverbot zuwider gehandelt zu haben (§§ 95 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz, §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 Passgesetz) in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht München verhängte gegen ihn mit Urteil vom 22.10.2014 deswegen eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten und ordnete Haftfortdauer an. Mit Beschluss vom 24.10.2014 lehnte das Amtsgericht München den Antrag des Verteidigers, den Haftbefehl aufzuheben, ab. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Verteidigers hob das Landgericht München I mit Beschluss vom 05.11.2014 den bestehenden Haftbefehl auf, weil der Tatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz i.V.m. einem vollziehbaren Ausreiseverbot nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz erst mit dem tatsächlichen Grenzübertritt vollendet, der Angeklagte hier aber bereits vor dem Grenzübertritt festgenommen worden sei. Der zweifellos vorliegende Versuch eines derartigen Delikts sei jedoch nicht strafbar.

Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 07.11.2014 weitere Beschwerde eingelegt, der das Landgericht am 12.11.2014 nicht abgeholfen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich der weiteren Beschwerde angeschlossen und mit Schreiben vom 17.11.2014 den Erlaß eines neuen Haftbefehls gegen den Angeklagten auf der Grundlage des Urteils des Amtsgerichts vom 22.10.2014 beantragt. Der Verteidiger hat hierzu mit Schriftsatz vom 19.11.2014 Stellung genommen.

Über die parallel zur Haftbeschwerde eingelegte Berufung des Angeklagten ist bislang nicht entschieden.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO zulässig. Auch die Staatsanwaltschaft ist insoweit beschwerdebefugt (KK-Zabeck, StPO, 7. Auflage, Rdnr. 12 zu § 310 m.w.N.).

Auch in der Sache hat die weitere Beschwerde Erfolg.

Das Landgericht verweist zwar zur Stützung seiner Ansicht, wonach der Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz im Falle eines Verstoßes gegen ein vollziehbares Ausreiseverbot nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz erst dann vollendet sei, wenn der Ausländer auch tatsächlich die Grenze bereits erfolgreich überschritten hat, zutreffend auf die einschlägige Kommentarliteratur. Diese geht insoweit unisono davon aus, dass der Tatbestand das tatsächliche Überschreiten der Grenze ins Ausland verlange, im Falle eines Stopps der Ausreise vor der Grenze aber lediglich ein - nicht strafbarer - bloßer Versuch vorliege, so dass die Strafvorschrift in der Praxis deshalb kaum relevant sei (vgl. Erbs/Kohlhaas/Senge Aufenthaltsgesetz § 95 Rdnr. 27; Aurnhammer S. 104; GK-Gericke Rdnr. 51 zu § 95; Hailbronner, AusIR, Aufenthaltsgesetz § 95 Rdnr. 49). Zutreffend ist auch, dass der Versuch der Zuwiderhandlung gegen eine sofort vollziehbare Anordnung im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz mangels Verweises in § 95 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz auf § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz - anders als in der für deutsche Staatsangehörige gültigen Parallelvorschrift des § 24 Passgesetz - nicht strafbar ist.

Dennoch kann der Auffassung des Landgerichts und der einhelligen Auffassung in der Kommentarliteratur (sonstige veröffentlichte Rechtsprechung ist nicht feststellbar) nicht gefolgt werden. Denn die zugrunde gelegte Auslegung des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz übersieht, dass dieser Straftatbestand - anders als die Parallelvorschrift des § 24 Passgesetz - nicht als Erfolgsdelikt, sondern als bloßes Tätigkeitsdelikt ausgestaltet ist.

Das Amtsgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 24.10.2014 insoweit zutreffend ausgeführt:

Strafbar macht sich nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz „zuwider handelt". § 46 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz besagt, dass einem Ausländer die Ausreise untersagt werden kann. Strafbar macht sich damit nicht lediglich, wer bei der Ausreise in das Ausland die Grenze schon überschritten hat, sondern bereits, wer der Ausreiseuntersagung lediglich zuwider handelt. Bereits der Wortlaut spricht damit für ein Tätigkeits- und kein Erfolgsdelikt. Eine solche Zuwiderhandlung gegen eine Ausreiseuntersagung beginnt letztlich bereits damit, dass der Täter in der Absicht, sich in ein anderes Land zu begeben, seine Wohnung im Inland verlässt und den wörtlichen ersten Schritt der Reise macht. Die Zuwiderhandlung ist dabei spätestens dann vollendet und damit strafbar, wenn der Täter alles für den Grenzübertritt erforderliche getan hat und ein weiteres aktives Handeln seinerseits nicht mehr erforderlich ist. Dies ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Täter ein von ihm nicht selbst geführtes Verkehrsmittel, wie z.B. einen Reisebus oder einen Zug, besteigt und darin verweilt, bis dieser die letzte reguläre Haltestelle vor dem Grenzübertritt verlassen hat. Ab diesem Zeitpunkt ist kein weiteres „Zuwiderhandeln" mehr erforderlich, sondern der Täter wird lediglich noch passiv über die Grenze transportiert. Würde man der in der Literatur vertretenen Meinung folgen, wonach bis zum Grenzübertritt ein strafloser Versuch vorliegen soll, liefe die Strafvorschrift praktisch leer, da mit dem Grenzübertritt auch die deutsche Strafgewalt endet. Es wäre sinnwidrig, eine Strafvorschrift so eng auszulegen, dass sie keinen praktischen Anwendungsbereich mehr behält, wenn der Wortlaut eine wesentlich weitere Auslegung zulässt und auch nahelegt.

Dem schließt sich der Senat an. Gerade der Vergleich mit der Formulierung der (nur für deutsche Staatsangehörige gültigen) Parallelvorschrift in § 24 Passgesetz spricht für die hier vorgenommene Auslegung. Denn dort wird im Gegensatz zu § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz gerade nicht unter Strafe gestellt, wer einem vollziehbaren Verbot „zuwider handelt", sondern wer trotz eines solchen Verbots „über eine Auslandsgrenze ausreist". Damit ist der dortige Straftatbestand eindeutig als Erfolgsdelikt ausgestaltet, das erst mit dem tatsächlichen Grenzübertritt vollendet ist. Die Ausgestaltung als Erfolgsdelikt erklärt auch, warum § 24 Abs. 2 Passgesetz den bloßen Versuch der verbotswidrigen Ausreise - anders als § 95 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz - ausdrücklich unter Strafe stellt. Beide Parallelvorschriften - die für Deutsche geltende Regelung in § 24 Passgesetz wie die für Ausländer geltende Regelung in § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz - dienen gleichermaßen demselben Ziel, nämlich dem wegen Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit oder sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik vollziehbar verhängten Ausreiseverbot durch eine Strafandrohung für den Fall der Verletzung des Verbots auch wirksam Geltung zu verschaffen. Es fehlt aber jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die für Ausländer geltende Regelung bewusst in der Praxis leerlaufen lassen wollte, wie dies die Folge der in den Kommentarliteratur vertretenen Auffassung wäre, wie diese selbst einräumt (vgl. Erbs/Kohlhaas/Senge, Rdnr. 27 zu § 95 Aufenthaltsgesetz). Die hier vorgenommene Auslegung des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz als ein Tätigkeitsdelikt, das auch ohne Erfolgseintritt in Form einer tatsächlichen Überschreitung der Grenze ins Ausland vollendet ist, ist auch mit dem Wortlaut des Gesetzes ("Zuwiderhandeln gegen die Anordnung") vereinbar, so dass sie auch nicht gegen das im materiellen Strafrecht geltende Analogieverbot verstößt.

Auf der Grundlage der hier vorgenommenen Auslegung des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz hat der Angeklagte diesen Straftatbestand auch vorsätzlich erfüllt. Denn er hat in Kenntnis des vollziehbaren Ausreiseverbots sich unter einer Alias-Personalie ein Ticket für den Fernreisebus von München nach Wien besorgt und wurde in einem solchen Fernbus nach Passieren der letzten regulären Haltestelle im Inland kurz vor dem Grenzübergang in Simbach am Inn angetroffen, wo auch keine Grenzkontrolle mehr stattgefunden hätte, weil auch Österreich zum Gebiet der Schengenstaaten gehört. Der Angeklagte hatte somit bereits jede denkbare eigene aktive Handlung vorgenommen, die für die Ausreise nach Wien erforderlich war und damit dem Ausreiseverbot im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Aufenthaltsgesetz zuwider gehandelt.

Beim Angeklagten besteht auch weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt, von der bislang nur zwei Monate durch anzurechnende Untersuchungshaft verbüßt sind. Dieses Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, da der Angeklagte hiergegen Berufung eingelegt hat, über die noch nicht entschieden ist. Angesichts des bisherigen Verhaltens des Angeklagten, der weiterhin erkennbar unter dem Einfluss salafistischer Hinterleute steht, ist es auch weiterhin zu befürchten, dass er sich dem laufenden Strafverfahren und der ihm drohenden Strafe entzieht und statt dessen dem Aufruf seiner salafistischen Kontaktleute folgt und sich dschiadistischen Kämpfern in Syrien anschließt.

Angesichts der drohenden siebenmonatigen Freiheitsstrafe, von der bislang lediglich zwei Monate verbüßt sind, ist weitere Untersuchungshaft auch verhältnismäßig.

Da der Angeklagte inzwischen seine sämtlichen Ausweispapiere entsprechend der Auflage aus dem Verbotsbescheid hinterlegt hat und sich nunmehr auch an die erteilte Meldeauflage hält, kann allerdings unter den im Tenor genannten Auflagen und Weisungen vom Vollzug des Haftbefehls abgesehen werden.

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht

Richter am Oberlandesgericht

Richter am Oberlandesgericht

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 08. Dez. 2014 - 2 Ws 1190/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Beschluss, 08. Dez. 2014 - 2 Ws 1190/14

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Beschluss, 08. Dez. 2014 - 2 Ws 1190/14 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafprozeßordnung - StPO | § 310 Weitere Beschwerde


(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie 1. eine Ver

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie

1.
eine Verhaftung,
2.
eine einstweilige Unterbringung oder
3.
einen Vermögensarrest nach § 111e über einen Betrag von mehr als 20 000 Euro
betreffen.

(2) Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidungen nicht statt.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.