Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 25. Feb. 2015 - 3 Ss OWi 160/15

published on 25.02.2015 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 25. Feb. 2015 - 3 Ss OWi 160/15
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Tatbestand

Das AG hat den Betr. wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des Mindestabstandes von einem vorausfahrenden Fahrzeug (§§ 4 I 1 i. V. m. 49 I Nr. 4 StVO) zu einer Geldbuße von 320 € verurteilt und gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Nach den Feststellungen steuerte der Betr. am 05.06.2014 einen Pkw auf der BAB auf der linken von drei Fahrspuren. Bei Kilometer 2.706 hielt er bei einer Geschwindigkeit von 116 km/h zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von nur 16,43 m und damit von weniger als 3/10 des halben Tachowertes ein. Auf einer Strecke von etwa 300 m vor der Messstrecke war der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in etwa gleich, wobei es weder zu einer Verkürzung des Abstands durch ein Abbremsen des Vordermannes noch zu einem Ein- oder Ausscheren der beteiligten Fahrzeuge kam. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird ferner ausgeführt, die Behauptung des Betr., er habe - in einer „Kolonne“ fahrend - nicht gefahrlos abbremsen können, sei durch die Inaugenscheinnahme des Tatvideos widerlegt. Vielmehr könne sicher ausgeschlossen werden, dass es dem Betr. nicht möglich gewesen sei, den erforderlichen Abstand einzuhalten. Die hiergegen seitens des Betroffenen eingelegte, mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der nach § 79 I Nrn. 1 und 2 OWiG statthaften Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben (§ 349 II StPO i. V. m. § 79 III 1 OWiG).

[2 ] 1. Der Schuldspruch, der von den tatsächlichen Feststellungen getragen wird, und die Beweiswürdigung sind nicht zu beanstanden.

[3 ] a) Wie die GenStA in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, genügt, soweit sich der Schuldspruch bei einer Verurteilung auf das Ergebnis eines anerkannten standardisierten Verfahrens stützt und sich keine Anhaltspunkte für Messfehler ergeben haben, grundsätzlich die Mitteilung des Messverfahrens, des Messergebnisses und der Messtoleranz (vgl. BGHSt 39, 291). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. [wird ausgeführt].

[4 ] b) Nach den Urteilsfeststellungen ist auch hinreichend ausgeschlossen, dass eine nur ganz vorübergehende Unterschreitung des zulässigen Abstands vorlag, was nach herrschender Meinung erforderlich ist (vgl. die Nachweise bei Burhoff [Hrsg.]/Gieg, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., Rn. 173). Das Postulat einer nicht nur ganz vorübergehenden Unterschreitung des Abstandes hat keinen Selbstzweck, sondern soll gewährleisten, dass der Verstoß auch vorwerfbar begangen wurde, was etwa bei einem plötzlichen Abbremsen oder einem unerwarteten Spurwechsel durch den Vordermann fraglich sein könnte (Burhoff [Hrsg.]/Gieg a. a. O.). Nachdem der Tatrichter ein solches (Fehl-) Verhalten des Vordermannes des Betr. auf einer Beobachtungsstrecke von ca. 300 m ausgeschlossen hat, kann von einer nur ganz vorübergehenden Unterschreitung des zulässigen Abstands nicht die Rede sein.

[5 ] c) Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, die Urteilsgründe seien lückenhaft, weil nicht näher belegt werde, weshalb - im Hinblick auf das hinter dem Betr. fahrende Fahrzeug - ein Abbremsen durch den Betr. nicht mehr gefahrlos möglich gewesen sei, ist dies für die Entscheidung ohne Bedeutung. Erkennbar soll der Vortrag, der freilich nicht näher spezifiziert ist, darauf gerichtet sein, die Unterschreitung des Mindestabstands zum Vordermann durch den Betr. sei wegen Notstands gem. § 16 OWiG gerechtfertigt. Dies wäre aber selbst dann nicht der Fall, wenn im Zeitpunkt der Abstandsmessung bei einer Reduzierung der Geschwindigkeit des Betr. die Gefahr eines Auffahrunfalles im Hinblick auf den nachfolgenden Pkw bestanden hätte. Denn auch dann hätte der Betr. in vorwerfbarer und pflichtwidriger Weise die Ursache für die Unterschreitung des Abstands zum vorausfahren Fahrzeug gesetzt, nachdem - wie dargelegt - das AG innerhalb der Beobachtungsstrecke ein Abbremsen oder ein plötzliches Einscheren durch den Vordermann ausgeschlossen hat. Sollte die Situation so gewesen sein, dass das dem Betr. nachfolgende Fahrzeug erst zu einem Zeitpunkt aufschloss, als der Betr. die Abstandsunterschreitung bereits verwirklicht hatte, lag von vornherein keine Notstandsituation vor. Denn der Tatbestand der Abstandsunterschreitung wurde bereits verwirklicht, als noch gar keine Gefahrsituation bestanden hatte. Sollte dagegen das hinter dem Betr. fahrende Fahrzeug diesem schon vorher unter Verletzung des gebotenen Abstands gefolgt sein, so hätte der Betr. nicht auf das vor ihm fahrende Fahrzeuge aufschließen dürfen, sondern durch maßvolle Verzögerung der Geschwindigkeit eine Abstandsunterschreitung verhindern oder notfalls bei passender Gelegenheit rechtzeitig einen Spurwechsel vornehmen müssen. Der nicht näher präzisierte und im Übrigen auch urteilsfremde Vortrag, ein Ausweichen auf die mittlere Fahrspur sei nicht möglich gewesen, weil sich „in dem maßgeblichen Streckenabschnitt auf der rechten Spur ebenfalls Fahrzeuge“ befunden hätten, steht dem schon deswegen nicht entgegen, weil er sich lediglich auf den „maßgeblichen Streckenabschnitt“ beschränkt, die Alternative einer umsichtigen Annäherung an das vor dem Betr. fahrende Fahrzeug deshalb gänzlich aus dem Blick lässt.

[6 ] 2. Auch der Rechtsfolgenausspruch weist Rechtsfehler keinen Nachteil des Betr. auf. Die Verdoppelung der Regelgeldbuße ist im Hinblick auf die Vorahndungen des Betr. nicht zu beanstanden. Schließlich hat das AG auch zu Recht das Regelfahrverbot gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. StVG, § 4 I 1 Nr. 2 BKatV i. V. m. Nr. 12.6.3 Tab. 1c) BKat mit zutreffenden Erwägungen angeordnet. Ein Absehen hiervon im Hinblick auf die Gefährdungssituation durch das hinter dem Betr. befindliche Fahrzeug ist aus den dargelegten Gründen, mit denen eine Notstandsituation verneint wurde, nicht gerechtfertigt. […]

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