Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 29. Juli 2015 - 2 Ss OWi 727/15

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Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 29. Juli 2015 - 2 Ss OWi 727/15
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Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

2 Ss OWi 727/15

Beschluss

vom 29. 7. 2015

Zum Sachverhalt:

Mit Bußgeldbescheid vom 15.09.2014 wurde gegen den Betr. wegen fahrlässigen Überschreitens der nach § 3 III 1 Nr. 1 StVO innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h eine Geldbuße von 160 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt. Auf seinen Einspruch hin hat das AG den Betr. am 05.03.2015 unter Beibehaltung des Schuldspruchs des Bußgeldbescheids zu einer Geldbuße von 300 € verurteilt; von einem Fahrverbot hat es jedoch abgesehen, was es im Wesentlichen wie folgt begründet hat: „Gemäß Nr. 11.3.4 BKatV ist für den Verstoß eine Geldbuße von 80 Euro vorgesehen. Aufgrund der zahlreichen und größtenteils einschlägigen Vorahndungen reicht dieser Betrag keinesfalls zur angemessenen Ahndung aus. Unter Berücksichtigung der Vorahndungen und der Umstände der Übertretung ist zwar von einem ebenso gewichtigen Verkehrsverstoß auszugehen wie im Regelbeispiel des § 4 II 2 BKatV. Das Gericht ist hier aber trotzdem der Ansicht, dass bei einer erheblichen Erhöhung der Geldbuße auf 300 Euro von einem Fahrverbot Abstand genommen werden kann. Von einem Fahrverbot ist nämlich kein über eine hohe Geldbuße hinaus gehender verkehrserzieherischer Effekt zu erwarten. Denn aufgrund der zahlreichen Vorahndungen des Betroffenen droht diesem bei erneutem Verstoß ohnehin die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze. Folglich bedarf es zur Einwirkung auf ihn hier ausnahmsweise keines Fahrverbots.“ Mit ihrer gegen das vorbezeichnete Urteil form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde rügt die StA die Verletzung materiellen Rechts; sie beanstandet, dass das AG gegen den Betr. kein Fahrverbot verhängt hat. Das Rechtsmittel erwies sich als erfolgreich.

Aus den Gründen:

I.

Die gemäß § 79 I 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich als erfolgreich.

1. Die Rechtsbeschwerde der StA ist zulässigerweise auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Beschränkung eines Rechtsmittels muss nicht ausdrücklich erklärt werden; sie kann sich aus Wortlaut und Sinn eines Schriftsatzes ergeben (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 344 Rn. 6). Bereits die mit Verfügung vom 20.03.2015 erfolgte Rechtsbeschwerdeeinlegung enthält nur Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch. In der mit Verfügung vom 27.03.2015 vorgetragenen Rechtsbeschwerdebegründung, die ebenfalls nur das Unterbleiben der Verhängung eines Fahrverbots beanstandet, wird beantragt, das angefochtene Urteil vom 05.03.2015 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Es ist daher von einer entsprechenden Beschränkung der Rechtsbeschwerde auszugehen. Von einer weitergehenden Beschränkung der Rechtsbeschwerde allein auf die Frage der Anordnung eines Fahrverbots kann nicht ausgegangen werden, weil es sich insoweit nicht um einen innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs abtrennbaren Entscheidungsteil handelt. Geldbuße und Fahrverbot stehen in einer so engen Wechselbeziehung zueinander, dass sie nicht losgelöst voneinander beurteilt werden können.

2. Die Rechtsfolgenentscheidung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Zunächst ist das AG allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Betr. angesichts der Vorahndungslage beharrlich i. S.v. § 25 I 1 2. Alt. StVG gegen seine Pflichten als Kraftfahrzeugführer verstoßen hat. Das AG hat auch gesehen, dass eine beharrliche Pflichtverletzung nicht ohne weiteres, zumal dann, wenn - wie hier - kein Regelfall nach § 4 II 2 BKatV vorliegt, die Verhängung eines Fahrverbots nach sich zieht (BayObLGSt 2003, 5). Es hat dann ausgeführt, es sei im vorliegenden Fall von einem „ebenso gewichtigen Verkehrsverstoß auszugehen, wie im Regelbeispiel des § 4 II 2 BKatV“. Wenn aber - wovon das AG in nicht zu beanstandender Weise ausgeht - die Beharrlichkeit der Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht ist wie im Regelfall des § 4 II 2 BKatV, der Verkehrsverstoß also wertungsmäßig dem Regelfall eines beharrlichen Pflichtenverstoßes i. S.v. § 25 I 1 StVG i. V. m. § 4 II 2 BKatV gleichzusetzen ist, dann wird es geboten sein, durch die Anordnung eines Fahrverbots als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme auf den Betr. einzuwirken. Von der Verhängung eines Fahrverbots kann dann nur unter den Voraussetzungen abgesehen werden, die auch bei Vorliegen des in der BKatV normierten Regelfalls ein Absehen rechtfertigen (BayObLG a. a. O.).

b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsgrundsätze hält die Begründung, mit der das AG von der Verhängung eines Fahrverbots bei Erhöhung der Geldbuße Abstand genommen hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.

aa) Unabhängig davon, ob dem Betr. tatsächlich „bei erneutem Verstoß“, also offenbar erst bei einem weiteren, künftigen Verstoß, „wegen Erreichens der Punktegrenze“ durch die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entzogen werden wird - das AG spricht nur davon, dass diese Sanktion dem Betr. drohe - und ob die Feststellungen des AG überhaupt die Voraussetzungen eines solchen Entzugs erkennen lassen, erscheint bereits der Ansatzpunkt des Tatrichters, angesichts einer drohenden Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze bedürfe es der Verhängung eines Fahrverbots ausnahmsweise nicht, weil hiervon kein über eine hohe Geldbuße hinausgehender verkehrserzieherischer Effekt zu erwarten sei, verfehlt.

(1) Dies zum einen schon deshalb, weil Eintragungen im Fahreignungsregister (FAER), die zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 V 1 Nr. 3 StVG führen können, nicht zu den Sanktionen gehören, die das Gesetz als Folge der Begehung einer Ordnungswidrigkeit vorsieht, weshalb diesbezüglich grundsätzlich kein tauglicher Aspekt der Rechtsfolgenbemessung vorliegt. Registereintragungen sind verwaltungsinterne Maßnahmen, die als Materialsammlung für etwaiges späteres Verwaltungshandeln dienen (KK/Senge OWiG 4. Aufl. § 79 Rn. 17).

(2) Zum anderen bleiben sowohl der Umstand, ob es zur Entstehung und Eintragung weiterer Punkte kommen wird wie auch der zeitliche Ablauf bis zu einer ggf. erfolgenden Eintragung weiterer Punkte, die zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 V 1 Nr. 3 StVG führen könnten, ungewiss (vgl. auch die Tilgungsmöglichkeit des § 29 III Nr. 2 StVG); dies insbesondere dann, wenn erst aufgrund eines weiteren, künftigen Verkehrsverstoßes eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze drohen sollte.

bb) Schließlich sind es primär den Betr. entlastende Gesichtspunkte, die ein Absehen von einer an sich gebotenen Verhängung eines Fahrverbots rechtfertigen können. Dem Umstand, dass dem Betr. der Entzug der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde drohen mag, kommt keinerlei den Betr. entlastende Bedeutung zu. Vielmehr bedarf es gerade dann, wenn - wie das AG festgestellt hat - von einem beharrlichen Pflichtenverstoß auszugehen ist, der einem Regelfall des § 4 II 2 BKatV gleichzusetzen ist, der Denkzettel- und Besinnungsfunktion des Fahrverbots, zumal dieses und seine Funktion hier sofort mit Rechtskraft greifen, da sich der Betr. ein bereits mit am 10.09.2013 rechtskräftig gewordener Entscheidung verhängtes Fahrverbot nicht zur Warnung dienen ließ, weshalb die Voraussetzungen des § 25 IIa StVG nicht vorliegen. Diese Funktion kann nicht unter Erhöhung der Geldbuße mit dem Argument für entbehrlich erklärt werden, ein verkehrserzieherischer Effekt sei nicht zu erwarten, weil dem Betr. ohnehin die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze „bei erneutem Verstoß“ drohe. Das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots mit dieser Begründung käme der Ausstellung eines ‚Fahrverbots-Freibriefs‘ für Verkehrsverstöße gleich, die einen Betr. in den Bereich einer Fahrerlaubnisentziehung gemäß § 4 V 1 Nr. 3 StVG rücken.

II.

Aufgrund des aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangels ist das angefochtene Urteil auf die Rechtsbeschwerde der StA im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrundeliegenden Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufzuheben (§ 79 III 1 OWiG, § 353 StPO). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen (§ 79 VI OWiG).

III.

Für die neue Entscheidung des AG weist der Senat noch auf Folgendes hin:

1. Soweit vom Betr. in der Gegenerklärung der Verteidigung zur Rechtsbeschwerdebegründung der StA ein sog. ‚Augenblicksversagen‘ eingewandt wird, dürfte ein hierdurch veranlasstes Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots eher fern liegen. Zwar kann auch bei wiederholten Pflichtenverstößen das Kriterium der Beharrlichkeit im Sinne eines Handelns des Täters, das auf einem Mangel an rechtstreuer Gesinnung beruht, unter Umständen dann zu verneinen sein, wenn hinsichtlich des verfahrensgegenständlich zu beurteilenden Verhaltens Augenblicksversagen vorliegt, weil insofern dem Kraftfahrer nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt. Hiervon wird allerdings dann nicht die Rede sein können, wenn ein Kraftfahrer, dem bekannt ist, dass er sein Fahrzeug innerhalb einer geschlossenen Ortschaft bewegt, sich ohne weiteres an der von einem Fahrzeug mit einheimischem Kennzeichen eingehaltenen Geschwindigkeit orientiert, ohne sich selbst zu vergewissern, dass durch Vorschriftzeichen eine höhere Geschwindigkeit erlaubt ist, als die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.

2. Schließlich kann auch nicht ohne weiteres angenommen werden, die Teilnahme des Betr. an einem freiwilligen Fahreignungsseminar mache die Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots überflüssig (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 17.03.2008 - 2 Ss OWi 265/08 [zu sog. ‚Aufbauseminar‘] = VRS 114 [2008], 379 = VerkMitt 2008, Nr. 54 = OLGSt StVG § 4 Nr. 1 = VRR 2008, 272 [Gieg]; OLG Saarbrücken, Beschl. vom 12.02.2013 - Ss [B] 14/13 [bei juris], jeweils m. w. N.). Zielrichtung und Intensität des Fahrverbots sind mit denen eines Fahreignungsseminars nicht vergleichbar; beide verfolgen zumindest teilweise unterschiedliche Zwecke. Durch ein Fahrverbot soll dem Betr. zum einen seine Verfehlung auch in Form eines Denkzettels deutlich vor Augen geführt werden. Zum anderen soll er nochmals nachdrücklich zur Beachtung der Verkehrsvorschriften angehalten werden. Die Verhängung eines Fahrverbots soll eindringlich auf den Täter dort einwirken, wo er gefehlt hat, nämlich bei der Ausübung der Berechtigung zur Führung eines Kraftfahrzeugs. In diesem Bereich ist ein Einschnitt in die persönliche Handlungsfreiheit bezweckt. Demgegenüber soll mit einem Fahreignungsseminar nicht nur erreicht werden, dass die Teilnehmer sicherheitsrelevante Mängel in ihrem Verkehrsverhalten und insbesondere in ihrem Fahrverhalten erkennen und abbauen (§ 4a I StVG), sondern - aus Sicht eines betroffenen Kraftfahrers - insbesondere auch eine Rückstufung der Punktezahl (§ 4 VII StVG), wie auch die Ausführungen im Schriftsatz der Verteidigung vom 15.04.2015 belegen, der Betr. habe an einem „Seminar zum Punkteabbau“ teilgenommen. Der Besuch eines solchen Seminars wird zwar als Zeichen von Einsicht und Reue gewertet werden können; er kann das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots jedoch allenfalls dann rechtfertigen, wenn zusätzlich eine Vielzahl anderer Gesichtspunkte zugunsten des Täters spricht (vgl. BayObLGSt 1996, 55; DAR 1999, 221).

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(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach

Annotations

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.