Landgericht Regensburg Endurteil, 07. Juli 2017 - 2 HK O 1833/16

bei uns veröffentlicht am07.07.2017

Tenor

1. Unter Klageabweisung im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 37.840,61 € zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Streitwert wird auf 75.629,21 € festgesetzt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Kosten im Zusammenhang mit dem Transport von Gütern auf der Donau.

Die Klägerin ist ein internationales Logistikunternehmen mit Sitz in ... Serbien. Die Beklagte führt Binnenschifffahrttransporte durch. Sie hat ihren Sitz in ... Deutschland.

Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Erstattung ihr entstandener Kosten in Zusammenhang mit der Befolgung einer ihr von der Beklagten erteilten Weisung betreffend einen Getreidetransport auf der Donau sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht.

Die Firma ... mit Sitz in der Schweiz gab den Transport von 2.330,403 Tonnen Korn auf der Binnenschifffahrtstraße Donau von ... Serbien nach ... Rumänien in Auftrag. Über eine sogenannte Frachtführerkette erhielt diesen Auftrag zunächst die Firma ... mit Sitz ... Rumänien. Letztlich führte die Klägerin nach Erhalt eines diesbezüglichen Auftrages den Transport mit einem Schubboot und zwei vorgespannten Leichtern SL „...25“ und SL „...29“ durch. Die Klägerin nahm die Ladung am 22.06.2015 in ... Serbien auf und transportierte sie auf der Donau nach ... Rumänien, wo sie am 03.07.2015 eintraf und sich am 06.07.2015 beim Empfänger der Firma ... löschbereit meldete.

Am 12.06.2015 hatten die Klägerin und die Beklagte eine „Cargo Booking Note No. 120615“ (Anlage B 4 Seite 1) abgeschlossen über den hier gegenständlichen Getreidetransport zu einer Fracht von 11,50 € Netto je metrischer Tonne. Als Liegegeld war vereinbart worden 250,00 € je Barge und Tag sowie 800,00 € für das Schubboot je Tag. Die Klägerin stellte der Beklagten am 28.06.2015 (Anlage B 4 S. 2) für diesen Transport eine Fracht von 26.380,16 € in Rechnung.

Ebenfalls unter den 12.06.2015 schlossen die Beklagte und die Firma ... einen „Cargo Booking Note“ (vergleiche Anlage B 4 S. 3) über den hier gegenständlichen Transport zu einer Fracht von 12,25 € je metrischer Tonne und einem Liegegeld von 350,00 € je Barge und Tag und 850,00 € je Tag für das Schubboot. Die Beklagte stellte der ... für den gegenständlichen Transport unter dem 26.06.2015 28.547,44 € in Rechnung (Anlage B 4 Seite 4).

Nach Ankunft des Transportes in ... bezahlte die Beklagte der Klägerin die mit Rechnung von 28.06.2015 bezifferte Fracht vollständig durch Anweisung am 03.07.2015.

Noch am 06.07.2015 erteilte die Beklagte der Klägerin die Weisung, die in den beiden Leichtern befindliche Ladung nicht zu löschen (Anlage K 1) mit der Begründung, sie habe ihrerseits die Fracht von der Firma ... noch nicht erhalten.

In diesem zeitlichen Zusammenhang fertigten die Streitparteien mit Wirkung zum 03.07.2015 eine mit „Subrogation Agreement“ überschriebene Vereinbarung (Anlage B 1 und übersetzt ins Deutsche entsprechend Anlage B 2). Hinsichtlich des Inhaltes dieser Abtretungserklärung wird vollumfänglich auf die Anlage B 1/B 2 Bezug genommen.

Die Klägerin verweigerte daraufhin gegenüber dem Empfänger zunächst die Löschung der Ladung. Im Einverständnis mit der Beklagten gab die Klägerin die Ladung auf der Barge SL „...29“ am 12.07.2015 zur Löschung durch die Empfängerin frei und zog in der Nacht auf den 13.07.2015 das Schubboot und die Barge SL „...29“ ab. Die weitere Barge SL „...25“ verblieb mit der darauf befindlichen Ladung im Hafen von ... ungelöscht liegen.

Mit E-Mail von 07.07.2015 forderte die Beklagte die Firma ... zur Bezahlung der vereinbarten Fracht auf und drohte an, die Bargen so lange nicht zu entladen, wie die Fracht nicht bezahlt worden sei (Anlage B 7). Diese E Mail sandte die Beklagte nachrichtlich auch an den Absender und Empfänger die Firma ....

Mit weiteren E-Mail vom 08.07.2015 übersandte die Beklagte an die ... und an die ... dass mit der Klägerin getroffene „Subrogation Agreement“ und machte gegenüber den Adressaten des E-Mails ein Pfandrecht an der Ladung bis zur Bezahlung der von Seiten der Firma ... geschuldeten Fracht geltend. Nachdem die verantwortlichen der Firma ... ab dem 07.07.2015 für die Beklagte nicht mehr erreichbar waren und auch die Absenderin und Empfängerin nicht bereit war, die Fracht an die Beklagte zu bezahlen, kündigte die Beklagte mit E-Mail vom 10.07.2015 unter Berufung auf ein aus dem „Subrogation Agreement“ hergeleitetes Pfandrecht gegenüber der Firma ... und der Firma ... die Absicht des Notverkaufes der verderblichen Ladung an.

In der Folgezeit bemühte sich die Beklagte vergeblich, die in der Barge SL „...25“ verbliebene Ladung Getreide zu verkaufen.

Die Absenderin/Empfängerin ließ sowohl am 28.07.2015 als auch am 14.10.2015 (Anlage K 3) die in der Barge verbliebene Ladung gutachterlich überprüfen. Dabei wurde am 14.10.2015/15.10.2015 gutachterlich festgestellt, dass die Ladung bereits teilweise unbrauchbar und unverkäuflich geworden war. Gutachterlich wurde ein Schaden an der Ladung errechnet in Höhe von 44.698,21 € und für das Gutachten selbst wurde ein Betrag von 1.280,00 € in Rechnung gestellt.

Auf Grund dieser Entwicklung ließ die Klägerin entgegen der ausdrücklichen Weisung der Beklagten die zurückbehaltene Ladung am 14.10.2015 durch dem Empfänger löschen.

Noch am 14.10.2015 forderte daraufhin die Beklagte von der Klägerin die Rückzahlung der ihr bezahlten Fracht in Höhe von 26.380,16 € (Anlage B 20) vergeblich.

Die Klägerin ihrerseits stellte der Beklagten daraufhin mit Rechnung vom 29.12.2015 Liegegeldkosten in Höhe von 29.651,25 € in Rechnung. Die Beklagte wies diese Forderung zurück und stellte ihrerseits der Klägerin unter dem 29.12.2015 einen Betrag von 63.198,69 € in Rechnung (Anlage B 21).

Die Absenderin/Empfängerin der Ladung stellte der Klägerin wegen des gutachterlich festgestellten Schadens nebst Gutachterkosten 45.978,21 € in Rechnung, die die Klägerin schließlich auch bezahlte. Im Gegenzug traten am 12.08.2016 die Firma ... und die Firma ..., handeln für die ... mit Sitz in der Niederlande sämtliche Ansprüche aus dem Transport von 1.163,5 Tonnen Getreide von .../Serbien nach .../Rumänien aus dem way- bill Nr. 700/19 vom 22.06.2015 gegen die Beklagte aus der verspäteten Löschung der Ladung und aus Ladungschäden gleich welchen Rechtsgrundes in voller Höhe und unabhängig davon, ob sie bereits entstanden sind oder entstehen werden an die Klägerin ab, die die Abtretung annahm (Anlage K 4).

Alle Versuche der Beklagten, ihren Frachtzahlungsanspruch gegen die Firma ... durchzusetzten, blieben ohne Erfolg. Die Verantwortlichen dieser Firma sind untergetaucht.

Die Klägerin trägt vor, sie sei von der Beklagten und nicht von der Firma ... mit dem Transport beauftragt worden. Eine Firma ... habe sie zum Zeitpunkt der Erteilung des Transportauftrages nicht gekannt. Sie habe sich zum Abschluss des „Subrogation Agreement“ bereit erklärt, um die Beklagte in Verhältnis zu deren Auftraggeber der ... bzw. im Verhältnis zu Absender und Empfänger dabei zu unterstützen, die von der Firma ... der Beklagten geschuldete Fracht zu realisieren.

Das in dem im Hafen von ... im verbliebenen Leichter befindliche Getreide habe im Oktober 2015 sichtlich zu leiden begonnen und sei bereits teilweise verklumpt und verschimmelt gewesen, weshalb sich die Klägerin zur Meidung eines noch weitergehenden Schadens über die ihr seitens der Beklagten erteilte Weisung hinweg gesetzt und die Löschung durch den Empfänger durchgelassen habe, um zu vermeiden, dass die Ladung in Wert von insgesamt 300.000,00 € völlig unbrauchbar werden würde.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie auf Grund der ihr seitens der Beklagten erteilten Weisung, die Ladung in dem Leichter „SL ...29“ nicht löschen zu lassen, einen Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Ausführung der Weisung entstandenen Kosten und Schäden gemäß Artikel 15 c CMNI habe. Der Anspruch setze sich zusammen aus dem Schadenersatz, den sie gegenüber der Firma ... habe leisten müssen und den ihr entstandenen Liegekosten, wobei sich die Höhe der geschuldeten Liegekosten aus der „Cargo Booking Note Nr. 120615“ vom 12.06.2015 (Anlage B 4 Seite 1) ergebe.

Die Klägerin beantragte daher zunächst,

die Beklagte vorläufig vollstreckbar und kostenpflichtig zur Bezahlung von 75.629,21 € sowie von 2.686,00 € vorprozessualer Rechtsanwaltsgebühren jeweils nebst 8 % Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontsatz – Überleitungsgesetz hieraus seit Klagezustellung an die Klägerin zu verurteilen.

Zuletzt beantragte die Klägerin nach teilweise Klagerücknahme nur noch, die Beklagte vorläufig vollstreckbar und kostenfällig zur Bezahlung von 75.629,21 € zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Sie trägt vor, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, da sie ihre Ansprüche mit dem „Subrogation Agreement“ vollumfänglich an die Beklagte abgetreten habe.

Das angerufene Gericht sei örtlich unzuständig.

Die Beklagte sei nicht Auftraggeberin der Klägerin bzgl. des gegenständlichen Getreidetransportes gewesen. Der Auftraggeber der Klägerin sei die ... gewesen. Die Beklagte sei lediglich auf beiden Seiten als Agent/Vermittler aufgetreten.

Nachdem die Firma ... trotz Ankündigung vom 03.07.2015 der Beklagten die Fracht nicht bezahlt habe und ab 07.07.2015 für die Beklagte auch nicht mehr erreichbar gewesen sei, habe die Beklagte mit Wirkung zum 03.07.2015 mit der Klägerin das „Subrogation Agreement“ geschlossen und der Klägerin die Fracht bezahlt, die die Firma ... der Klägerin hätte bezahlen müssen. Im Gegenzug habe die Klägerin der Beklagten alle klägerischen Ansprüche gegen die Firma ... und gegenüber Absender/Empfänger ... inklusive des Pfandrechtes abtreten lassen.

Die Klägerin habe entgegen der Abtretungsvereinbarung und gegen ausdrückliche Weisung der Beklagten am 14.10.2015 die Seiten gewechselt und die Ladung durch die Empfängerin löschen lassen.

Durch das eigenmächtige und weisungswidrige Verhalten der Klägerin sei der Beklagten Schaden in Höhe von 63.198,69 € entstanden. Mit diesem Betrag werde die Prozessaufrechnung erklärt.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig. Die Klägerin sei auch nicht aktiv legitimiert. Die Klägerin habe keinerlei Ansprüche gegen die Beklagte, weil sie mit der Beklagten keinen Frachtvertrag abgeschlossen und darüber hinaus ihre Ansprüche aus dem Frachtvertrag gegen ihren Auftraggeber ... bzw. gegen Absender und Empfänger der Ladung an die Beklagte abgetreten habe. Vielmehr sei es so, dass die Beklagte ihrerseits durch das weisungswidrige Verhalten der Klägerin erheblichen Schaden erlitten habe, der sich auf 63.198,69 € berechne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Weiter wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.07.20117 und auf die Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Regensburg ist gemäß Artikel 4 Abs. 1,5 Abs. 1 EuGGVO in Verbindung mit § 17 ZPO sachlich und örtlich zuständig. Es handelt sich um eine Handelssache im Sinne von § 95 GVG. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus Art. 15 c CMNI Anspruch auf Ersatz der ihr auf Grund der Weisung der Beklagten entstandenen Kosten und Schäden jedoch gem. Art 8 Abs. 1 S. 2 CMNI gekürzt durch mitverursachendes Verhalten auf die Hälfte der Klageforderung.

Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten unterliegt dem Budapester Übereinkommen (CMNI), weil die Beklagte zur Überzeugung der Kammer die Klägerin mit der Beförderung der streitgegenständlichen Ladung Getreide am 12.06.2015 beauftragt hat. Diese Überzeugung gewinnt das Gericht aus den vorgelegten Anlagen. Aus der Anlage B 4 (4 Seiten) ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte den Frachtauftrag zunächst von der Firma ... unter den 12.06.2015 erhalten und noch am selben Tag an die Klägerin weiter gereicht hat. Konsequenterweise hat die Beklagte auch der Firma ... – ihrer Vertragspartnerin – die vereinbarte Fracht in Höhe von 28.547,44 € am 26.06.2015 in Rechnung gestellt. Ebenso konsequent erfolgte unter den 28.06.2015 eine Inrechnungstellung der Fracht seitens der Klägerin in Höhe von vereinbaren 26.380,16 € an die Beklagte.

Soweit die Beklagte sich dahingehend positioniert hat, sie sei lediglich Vermittler jedoch nicht Auftraggeber der Klägerin gewesen, ist dieses Vorbringen in Anbetracht der Eindeutigkeit der vorgelegten Anlagen unerheblich. Demzufolge war gem Art. 3 CMNI die Klägerin verpflichtet, die Güter zu befördern und an den Empfänger abzuliefern. Nach Artikel 14 Abs. 1 CMNI ist der Absender also hier die Beklagte als Auftraggeberin über das Frachtgut verfügungsberechtigt und damit auch gegenüber der von ihr beauftragten Klägerin weisungsbefugt. Die Beklagte hat der Klägerin auch unstreitig am 07.07.2015 die Weisung erteilt, eine der beiden Bargen nicht löschen zu lassen.

Gem. Art. 15 c CMNI hat daher die Beklagte grundsätzlich der Klägerin als Frachtführer alle Kosten und Schäden ersetzen, die durch die Ausführung der Weisung entstanden sind.

Die der Klägerin insoweit entstandenen Kosten sind zum einen der Schadensersatz in Höhe von 45.978,21 €, den die Klägerin der Absenderin/Empfängerin geleistet hat sowie Liegekosten für zwei Leichter und ein Schubboot vom 06.07.2015 bis 12.07.2015 in Höhe von 6.120,00 € sowie für den verbleibenden Leichter vor Ort in der Zeit von 13.07.2015 bis 15.10.2015 in Höhe von 23.531,25 €. Maßgeblich für die Berechnung des Liegegeldes ist insoweit die zwischen der Beklagten und der Klägerin am 12.06.2015 getroffenen Liegegeldvereinbarung (Anlage B 4).

Das Bestreiten der Beklagten bzgl. des an der Ladung eingetretenen Schadens ist unerheblich, da ins Blaue hinein erfolgt. Insbesondere hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin der Firma ... Schadensersatz in behaupteter Höhe geleistet hat. Daneben liegt mit der Anlage K 3 ein qualifiziertes Gutachten über die eingetretenen Schäden an der Ladung vor, das die Beklagte inhaltlich nicht substanziiert angegriffen hat. Für die Kammer bestehen in Anbetracht aller zu berücksichtigenden Umstände keine Bedenken dahingehend, dass die Ladung tatsächlich zum Zeitpunkt der Entscheidung der Klägerin die Löschung zuzulassen, bereits teilweise unbrauchbar geworden war. Insoweit ist zu sehen, dass die Barge während der gesamten Zeit bei hoher Luftfeuchtigkeit im Hafen der Stadt ... lag und mit der mit Oktober ein hergehenden Temperaturabsenkung unweigerlich zu verderben begonnen haben musste. Die Beklagte hat insoweit auch nicht für sich in Anspruch genommen, dass ihr keine Teilhabe an der Untersuchung am 14.10.2015 gewährt worden wäre. Vielmehr wäre die Beklagte jederzeit in der Lage gewesen, ihreseits im Oktober 2015 die Fracht auf Schäden zu untersuchen; sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Klägerin nochmals auf die erteilte Weisung hinzuweisen und die Rückforderung der bezahlten Fracht anzudrohen. Deshalb hält die Kammer die Klägerseits behauptete Tatsache sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach für erwiesen.

Unter Berücksichtigung des unstreitig an die Klägerin abgetretenen Schadenersatzanspruches in Höhe von 45.978,21 € und im Hinblick auf die Liegekosten in Höhe von 29.651,00 € ergibt sich dem zufolge ein Kostenbetrag bei der Klägerin als Frachtführerin in Höhe von 75.629,21 €. Dieser Betrag ist unstreitig in Ausführung der Weisung der Beklagten gegenüber der Klägerin entstanden.

Der klägerische Anspruch auf Erstattung der durch die Weisung der Beklagten entstandenen Kosten ist jedoch im konkreten Fall gemäß Artikel 8 Abs. 1 Satz 2 CMNI um die Hälfte zu kürzen. Denn die Klägerin ihrerseits trifft ein anspruchsminderdes Verschulden am Entstehen der Kosten, das die Kammer hälftig wertet.

Denn das „Subrogation Agreement“ zwischen der Klägerin und der Beklagten stellt sich zur Überzeugung der Kammer als kollusives Zusammenwirken der Streitparteien zum Nachteil von Absender/Empfänger der Ladung dar. Dies ergibt sich daraus, dass sich die Streitparteien entgegen den in Anlage B 4 eindeutig gegebenen Vertragsverhältnissen in dieser Abtretungserklärung dahingehend verständigt haben, im Verhältnis zu Absender/Empfänger der Ladung die wahren Vertragsverhältnisse zu verschleiern und damit der Beklagten, die ihrerseits von ihrem Auftraggeber die Fracht nicht erhalten hatte, abgetretene Rechte im Verhältnis zu Absender und Empfänger zu verschaffen, die ansonsten nicht zu begründen gewesen wären. Um diesen Zweck zu erreichen, haben die Streitparteien in der Präambel der Abtretungvereinbarung wahrheitswidrig ausgeführt, dass die Klägerin einen Transportvertrag mit der ... geschlossen und die Beklagte die von ... der Klägerin geschuldete Fracht bezahlt habe. Damit wollten sowohl die Klägerin als auch die Beklagte erreichen, dass die Beklagte ein Pfandrecht an der Landung als Druckmittel gegenüber Absender/Empfänger erhalten sollte, zumal bereits zu diesem Zeitpunkt ersichtlich war, dass die Beklagte seitens ihres Auftraggebers der ... die geschuldete Fracht nicht erhalten werde. Den Streitparteien war bei Abschluss dieser Abtretungserklärung bewusst, dass die Vertragsverhältnisse in der Präambel unzutreffend dargestellt worden waren, die Klägerin von der Beklagten die von jener geschuldete Fracht tatsächlich bereits erhalten hatte und damit ein Pfandrecht der Klägerin gar nicht entstehen hatte können. Gleichwohl hat sich auch die Klägerin an dieser Vereinbarung wissend um alle Umstände beteiligt. Die Klägerin hätte daher bereits am 06.07.2015 nach Erhalt der Fracht die Löschung der Ladung zulassen müssen. Insbesondere hätte die Klägerin Schadenersatzansprüche der Beklagten dabei nicht befürchten müssen.

Ausgehend von dieser Gesamtsituation hat zur Überzeugung der Kammer die Klägerin in Ausführung der Weisung der Beklagten entstandenen Kosten und Schäden selbst verantwortlich mitverursacht. Es entspricht daher der Billigkeit, den klägerischen Anspruch gegen die Beklagte gem. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 CMNI hälftig zu kürzen. Eine andere Quote entspricht in Anbetracht des kollusiven Zusammenwirkens der Streitparteien nicht der Billigkeit.

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin sei aufgrund des „subrogation agreement“ nicht Anspruchsinhaber und damit nicht aktivlegitimiert, greift nicht. Zum einen hat die Klägerin damit nur ihrerseits bestehende Ansprüche – solche bestanden tatsächlich nicht, weil die Klägerin ihre Fracht bereits erhalten hatte – gegen Absender und Empfänger an die Beklagte abzutreten versucht, andererseits waren die Ansprüche aus Art. 14 CMNI gerade nicht Gegenstand der Abtretung.

Soweit die Beklagte Prozessaufrechnung mit einem nicht näher aufgeschlüsselten Betrag in Höhe von 63.198,69 € erklärt, geht diese ins Leere. Die Beklagte hat in Anbetracht des Frachtvertrages, den sie mit der Klägerin geschlossen hat, weder Anspruch auf Rückzahlung der Fracht noch auf Zahlung von Liegegeld aus vermeintlich abgetretenem klägerischem recht gegenüber Absender/Empfänger. Die Zustimmung der Klägerin zur Löschung der verbliebenen Ladung am 14.10.2015 war zur Meidung weiterer Schäden dringend geboten. Der Beklagtenseits insoweit erklärte Widerspruch war daher rechtlich bedeutungslos. Darüber hinaus stehen der Beklagten aber auch keinerlei Ansprüche auf Liegegeldzahlung gegen die Klägerin zu. Auch wenn das „Subrogation Agreement“ zwischen den Parteien nach nationalem Recht wirksam sein sollte, würde dies lediglich dazu führen, dass der Beklagten etwaige Liegegeldansprüche gegen Absender/Empfänger abgetreten worden wären. Solche sind jedoch nicht entstanden, da die Klägerin im Verhältnis zu Absender/Empfänger im Hinblick auf die Beklagtenseits fristgerecht bezahlte Fracht nicht zur Zurückbehaltung der Ladung berechtigt war. Umgekehrt ergaben sich aber aus der von der Beklagten erteilten Weisung zwangsläufig Ausfälle bei der Klägerin in Höhe der vereinbarten Liegegelder.

Es war daher zu entscheiden wie folgt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Verkündet am 07.07.2017

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(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

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3.
auf Grund des Scheckgesetzes;
4.
aus einem der nachstehend bezeichneten Rechtsverhältnisse:
a)
aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft oder zwischen dieser und ihren Mitgliedern oder zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Inhaber des Handelsgeschäfts, sowohl während des Bestehens als auch nach Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses, und aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Vorstehern oder den Liquidatoren einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft und der Gesellschaft oder deren Mitgliedern;
b)
aus dem Rechtsverhältnis, welches das Recht zum Gebrauch der Handelsfirma betrifft;
c)
aus den Rechtsverhältnissen, die sich auf den Schutz der Marken und sonstigen Kennzeichen sowie der eingetragenen Designs beziehen;
d)
aus dem Rechtsverhältnis, das durch den Erwerb eines bestehenden Handelsgeschäfts unter Lebenden zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber entsteht;
e)
aus dem Rechtsverhältnis zwischen einem Dritten und dem, der wegen mangelnden Nachweises der Prokura oder Handlungsvollmacht haftet;
f)
aus den Rechtsverhältnissen des Seerechts, insbesondere aus denen, die sich auf die Reederei, auf die Rechte und Pflichten des Reeders oder Schiffseigners, des Korrespondentreeders und der Schiffsbesatzung, auf die Haverei, auf den Schadensersatz im Falle des Zusammenstoßes von Schiffen, auf die Bergung und auf die Ansprüche der Schiffsgläubiger beziehen;
5.
auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb;
6.
aus den §§ 9, 10, 11, 14 und 15 des Wertpapierprospektgesetzes oder den §§ 20 bis 22 des Vermögensanlagengesetzes.

(2) Handelssachen im Sinne dieses Gesetzes sind ferner

1.
die Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 246 Abs. 3 Satz 1, § 396 Abs. 1 Satz 2 des Aktiengesetzes, § 51 Abs. 3 Satz 3 oder nach § 81 Abs. 1 Satz 2 des Genossenschaftsgesetzes, § 87 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, es sei denn, es handelt sich um kartellrechtliche Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche, und § 13 Abs. 4 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes richtet,
2.
die in § 71 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe b bis f genannten Verfahren.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.