Landgericht München II Urteil, 15. Juli 2015 - 1 KLs 31 Js 4982/13

bei uns veröffentlicht am15.07.2015
nachgehend
Bundesgerichtshof, 1 StR 24/16, 29.06.2016

Gericht

Landgericht München II

Tenor

I.

Der Angeklagte Dr. ... S ist schuldig des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs- oder Behandlungsverhältnisses in zwei Fällen.

II.

Der Angeklagte wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

III.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens, seine Auslagen und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 174c Abs. 1, 53, 46a Nr. 1, 49 Abs. 1, 56 StGB.

Gründe

I.

Vorspann

Die Nebenklägerin, die ehemalige Staatsanwältin S - ... wandte sich am 05 06 2010 an den Angeklagten mit dem Ziel, von ihm eine Verschreibung für Benzodiazepine zu erhalten. Die Nebenklägerin war seit vielen Jahren immer wieder in stationärer Behandlung wegen Alkohol- und auch wegen Benzodiazepinabhängigkeit gewesen. Zum Tatzeitpunkt befand sie sich in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung. Unter starkem beruflichem Druck entwickelte sie am 05 06 2010 ein starkes Bedürfnis nach der Einnahme von Benzodiazepinen.

Die Nebenklägerin war mit dem Angeklagten schon mehrere Jahre bekannt und wusste, dass dieser sie attraktiv fand. Sie war bereit, für die Verschreibung von Benzodiazepinen ein sexuelles Verhältnis mit dem Angeklagten einzugehen.

Der Angeklagte verschrieb der Nebenklägerin am 05 06 2010 das Benzodiazepin Lorazepam. Er gab ihr Hinweise über eine Umstellung ihrer Medikation, denen sie in der Folgezeit - in Absprache mit ihrem behandelnden Psychiater - folgte. Des Weiteren ließ er die Nebenklägerin eine Schweigepflichtsentbindung unterzeichnen und holte damit Arztberichte der Klinikaufenthalte der Nebenklägerin ein.

Die Nebenklägerin entwickelte eine fortlaufend stärker werdende Abhängigkeit von Benzodiazepinen, ... sie vom Angeklagten mindestens eine weiteres Rezept per Fax erhielt.

Anfang Juli 2010 trafen sich der Angeklagte und die Nebenklägerin in deren Wohnung in München, wo es auf Wunsch des Angeklagten zur Durchführung softer sadomasochistischer Praktiken und zum vaginalen Geschlechtsverkehr kam.

Im August 2010 lehnte die Nebenklägerin es ab, mit dem Angeklagten zusammen mit dem Auto in den Urlaub nach Griechenland (Kreta) zu fahren. Der Angeklagte trat diese Reise daraufhin mit seiner Lebensgefährtin ... an. Die Nebenklägerin war durch dieses Verhalten des Angeklagten verletzt und verärgert. Zur Besänftigung ihres Ärgers überließ ihr der Angeklagte zwei Blankorezepte, wobei ihm bewusst war, dass die Nebenklägerin diese Rezepte wahrscheinlich - auch - für Benzodiazepine verwenden würde. Die Nebenklägerin füllte mindestens eines der Rezepte mit einer Verschreibung für das Benzodiazepin Tavor aus, erwarb die verschriebenen Tabletten und nahm sie sein. (Tavor ist der Handelsname eines Präparats mit dem Wirkstoff Lorazepam, einem Benzodiazepin.)

Im Oktober 2010 trafen sich der Angeklagte und die Nebenklägerin im „Cafe ...“ in München zum Frühstücken. Dort äußerte der Angeklagte den Wunsch, einmal wieder mit der Nebenklägerin „Sex zu haben“. Zu diesem Zweck begaben sie sich in die Wohnung der Nebenklägerin, wobei sie einen Zwischenhalt bei der ebenfalls in München befindlichen Praxis des Angeklagten einlegten, wo der Angeklagte der Nebenklägerin einen Rezeptblock mit ca. fünf Blankorezepten übergab. Anschließend hatten beide in der Wohnung der Nebenklägerin miteinander Sexualverkehr.

Anfang Dezember brach die Nebenklägerin aufgrund ihres massiven Benzodiazepinmissbrauchs in ihrer Wohnung zusammen. Sie konnte sich unmittelbar vorher telefonisch an den Angeklagten wenden, der zu ihr in die Wohnung kam, ihr half und schließlich ihre Einweisung ins Klinikum ... in München veranlasste.

2011 wurde bekannt, dass die Nebenklägerin sich selbst einen Rezeptblock mit dem Praxiskopf des Angeklagten im Internet bestellt hatte, und auf diesen Rezepten die Unterschrift des Angeklagten gefälscht hatte. Die Nebenklägerin wurde deswegen im Strafbefehlswege ... wegen ... zu ... verurteilt.

II.

1. Der Angeklagte wurde am ... in ... geboren, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung war er ... Jahre alt.

Die Eltern des Angeklagten sind verstorben.

Die Familie des Angeklagten ... Der Angeklagte besuchte die Grundschule in ... und ... sowie das Gymnasium in ..., wo er ... das Abitur erlangte.

Der Angeklagte studierte in ... Medizin, wobei er große Teile des Studiums im ... absolvierte. In der ... machte er die Facharztausbildung zum Psychiater und Neurologen.

Ab ... war der Angeklagte als ... tätig. Ab ... war der Angeklagte als Psychiater für ... tätig, ab ... in ... war der Angeklagte stellvertretender Chefarzt der ... Seitdem ist der Angeklagte als ... tätig.

Der Angeklagte ist ... 2010 war der Angeklagte - ... mit ... liiert, die ...

Der Angeklagte hat ...

Der Angeklagte erzielte bis zum Beginn des gegenständlichen Verfahrens jährliche Einkünfte von ... Seit dem Beginn der Hauptverhandlung ... ist das Einkommen auf ... zurückgegangen, ... Im Übrigen lebt der Angeklagte aktuell von ...

Der Angeklagte lebt aktuell in ...

Der Angeklagte verfügt über ... Ferienimmobilien ...

Des Weiteren verfügt der Angeklagte über ...

2. Der Angeklagte hat als Kind ... erlitten, welche keine weiteren Auswirkungen hatte. ... Aktuell leidet der Angeklagte psychisch stark unter der Belastung des gegenständlichen Verfahrens.

3. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.

4. ...

III.

Strafbares Verhalten

1. Vorgeschichte:

Die Nebenklägerin, die Zeugin S, war jedenfalls seit Ende 2004 alkoholabhängig. Seit 2005 befand sie sich insgesamt viermal stationär zur Alkoholentgiftung im Klinikum ... In der Folgezeit wurde sie stationär behandelt in der Klinik ... von bis... (Diagnosen u. a.: ...), (Diagnosen u.a.: ...) und (Diagnosen u. a.: ...). Dabei wurde sie u. a. mit dem Benzodiazepin Tavor (Wirkstoff: Lorazepam) behandelt, das in der Klinik langsam reduziert und bis zum ... abgesetzt wurde.

Die Nebenklägerin war ab ... Richterin in ... und ab ... als Staatsanwältin ... tätig.

2007 begann die Nebenklägerin eine Affäre mit W, einem verheirateten Kollegen ... Dieser machte sie mit dem Angeklagten bekannt, mit ... dem W damals eng befreundet war. W empfahl den Angeklagten für Gutachten, und die Nebenklägerin erteilte ihm in der Folgezeit gelegentlich Gutachtensaufträge. W sagte der Nebenklägerin, dass der Angeklagte an ihr Interesse habe. Ende 2007 geriet die Beziehung der Nebenklägerin zu W in eine Krise. Daraufhin verabredete sich die Nebenklägerin Anfang 2008 mit dem Angeklagten zum Abendessen in einem Lokal in ..., wo sie ihm auch von ihrer Alkoholabhängigkeit erzählte. Der Angeklagte brachte sie nach Hause, wo er versuchte, ihr beim Abschied einen Zungenkuss zu geben, was die Nebenklägerin abwehrte. Nachfolgend gab es nur noch zufällige Begegnungen zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin.

2. Strafbares Verhalten:

a) Ab dem letzten dem Klinikaufenthalt im ... gingen die dienstlichen Leistungen der Nebenklägerin merklich zurück. Dies führte dazu, dass ihr Abteilungsleiter, der Zeuge ... am ...ein Gespräch mit ihr führte, welches ihre schlechten Arbeitsleistungen zum Gegenstand hatte. Er legte ihr dar, dass er zwischen ihrer Krankheit und den mangelhaften Arbeitsleistungen einen Zusammenhang sehe. Er fragte die Nebenklägerin, ob sie die Mängel aus eigener Kraft beseitigen könne und schlug ihr auch Alternativen vor, nämlich den Wechsel in eine andere Abteilung oder eine Bewerbung an eine andere Behörde. Ein weiteres Nachlassen der Arbeitsleistung werde er nicht hinnehmen. Die Nebenklägerin sagte ihm daraufhin zu, ihre Arbeitsleistung zu verbessern.

Die Nebenklägerin fühlte sich durch dieses Gespräch stark unter Druck gesetzt und konnte sich nicht mehr vorstellen, ohne Einnahme von Benzodiazepinen zu arbeiten. Sie ging davon aus, dass ihr behandelnder Psychotherapeut, Dr. ..., ihr wegen der vorbestehenden Benzodiazepinabhängigkeit keine Benzodiazepine verschreiben würde. In dieser Situation kam ihr der Gedanke, sich an den Angeklagten zu wenden und sein Interesse an ihr auszunutzen, um ihn zur Verschreibung von Benzodiazepinen zu bewegen. Am Samstag, den ..., rief die Nebenklägerin den Angeklagten an, sagte ihm, es gehe ihr sehr schlecht, und fragte ihn zum Schein, ob er wisse, ob es in der Notfallambulanz einen Psychiater gebe. Dabei hoffte sie, er würde ihr seine Hilfe anbieten. Der Angeklagte bot ihr (ihrem Plan entsprechend) an, sie solle doch zu ihm in die Praxis kommen. Die Nebenklägerin suchte daraufhin den Angeklagten in seiner Praxis in ... auf. Der Angeklagte diagnostizierte bei der Nebenklägerin eine massive Angstattacke. Auf ihre Bitte, ihr Tavor zu verschreiben, stellte der Angeklagte ein Rezept über u. a. 10 Tabletten Lorazepam (den Wirkstoff von Tavor) aus. Diese Verschreibung war bei dem Zustand der Nebenklägerin medizinisch jedenfalls vertretbar. Der Angeklagte besprach die von der Nebenklägerin auf Verschreibung von Dr. ... eingenommene Medikation und schlug eine Änderung vor, da die Nebenklägerin durch die bis dahin eingenommenen Medikamente stark an Gewicht zugenommen hatte, was sie störte.

Die Nebenklägerin stellte dem Angeklagten ein privates Treffen in Aussicht, was dieser annahm. Die Nebenklägerin hoffte, den Angeklagten durch eine sexuelle Beziehung als Tablettengeber zu gewinnen. Zugleich kam ihr entgegen, dass sie damit ihren früheren Geliebten W ärgern konnte.

Der Angeklagte ließ sich eine Schweigepflichtsentbindung von der Nebenklägerin unterschreiben und forderte am 09.06.2010 bei der ...-klinik die Arztberichte an, die er alsbald - noch im Juni 2010 - erhielt und las. Danach war dem Angeklagten bekannt, dass bei der Nebenklägerin das Risiko einer Benzodiazepinabhängigkeit bestand.

Auf Bitten der Nebenklägerin sandte ihr der Angeklagte im Juni mindestens einmal ein weiteres Benzodiazepinrezept per Fax an ... Die Nebenklägerin kopierte dieses Rezept und es gelang ihr, wenn auch unter Schwierigkeiten, zweimal Benzodiazepine für dieses Rezept zu erhalten.

b) Der Angeklagte und die Nebenklägerin nahmen in der Folgezeit Kontakt auf, jedenfalls per SMS, eventuell auch telefonisch. Die Nebenklägerin sandte dem Angeklagten am ... eine SMS mit einem eindeutigen sexuellen Angebot, die SMS waren dann von beiden Seiten in einem sexuellen Bereich angesiedelt. Eine - möglicherweise die erste - derartige SMS der Nebenklägerin mit dem sinngemäßen Inhalt „Ich bin nackt in der Dusche, ..., komm zu mir“ erreichte den Angeklagten, als sich dieser gerade am aufhielt. Er zeigte die SMS sogleich seinem anwesenden Freund ... (Zu einer anderen Gelegenheit zeigte der Angeklagte ein Foto der Nebenklägerin, das sie in einem engen schwarzen Kleidungsstück rittlings auf einem Stuhl sitzend zeigte, und das er auf seinem Mobiltelefon gespeichert hatte, anlässlich eines Anrufs im Freundeskreis herum, u a dem Zeugen ...)

Für Anfang Juli verabredeten sich beide in der Wohnung der Nebenklägerin in ..., um dort Sexualverkehr miteinander auszuüben. Vorab teilte der Angeklagte der Nebenklägerin mit, er habe Lust auf „soften SM“. Die Nebenklägerin antwortete, es sei für sie in Ordnung. Der Angeklagte brachte die erforderlichen Utensilien (hauptsächlich Schlagwerkzeuge) mit und bat die Nebenklägerin, eine schwarze Korsage anzuziehen. Beide führten dann SM-Praktiken dergestalt aus.

(In der Folgezeit kam es zu ungefähr zwei weiteren, in gleicher Weise verlaufenden Intimkontakten. Diese Taten sind zeitlich nicht genau bestimmt und nicht Gegenstand des Verfahrens.)

Dabei war dem Angeklagten bekannt, dass die Nebenklägerin ihn in seiner Eigenschaft als Arzt aufgesucht hatte, er sie über ihre Medikation beraten und ihr Rezepte ausgestellt hatte. Der Angeklagte machte sich - wie er wusste - bei der Aufnahme der intimen Beziehung zur Nebenklägerin zunutze, dass sie sich in einem psychisch angeschlagenen Zustand befand, und dass sie für die von ihr begehrten Benzodiazepine von ihm als ärztlichem Rezeptgeber abhängig war. Dem Angeklagten war weiter bekannt, dass zwischen ihm und der Nebenklägerin weder eine beidseitige echte Liebesbeziehung noch eine Lebenspartnerschaft bestand. (... die Nebenklägerin lehnte dies jedoch alles ab. Zu einer Partnerschaft zwischen den beiden kam es nie, vielmehr war der Angeklagte in dieser Zeit mit ... liiert).

c) In den folgenden Wochen fuhren der Angeklagte und die Nebenklägerin an zwei Wochenenden jeweils in ..., wo sie ebenfalls Sexualverkehr in der beschriebenen Weise hatten. (Diese Taten wurden von der Staatsanwaltschaft vor Erhebung der Anklage gem. § 154 StPO eingestellt.) Sie gingen dort auch in einkaufen und besuchten die Oper in ...

d) Im August 2010 wollte der Angeklagte Urlaub in ... machen. Er wollte ... und plante die Anreise mit ... Auto und ... Der Angeklagte wünschte, dass die Nebenklägerin ihn begleite, was diese ablehnte, da sie keinen längeren Urlaub mit dem Angeklagten machen wollte, und ihr zudem die lange Anreise ... widerstrebte. Der Angeklagte teilte der Nebenklägerin daraufhin mit, dass seine Lebensgefährtin ... ihn begleiten werde. Die Nebenklägerin empfand das Verhalten des Angeklagten als unverschämt, da er ihr gesagt hatte, er liebe sie und wolle ..., und sich dann innerhalb kurzer Zeit wieder seiner Lebensgefährtin ... zuwandte. Sie forderte vom Angeklagten, er müsse ihr zumindest weiter die Medikamente geben. Der Angeklagte, der die Nebenklägerin als mögliche Sexualpartnerin nicht verlieren wollte, ging hierauf ein und überließ der Nebenklägerin zwei Blankorezepte. Eines davon verwendete die Nebenklägerin für eine Verschreibung von 50 Stück Tavor, das andere für Zyprexa.

e) Ende Oktober 2010 trafen sich der Angeklagte und die Nebenklägerin im „Cafe ... in ... zum Frühstücken Der Angeklagte meinte bei diesem Treffen zur Nebenklägerin, sie könnten doch mal wieder Sex haben. Zunächst begaben sich der Angeklagte und die Nebenklägerin in die Praxisräume des Angeklagten in München, wo er ihr seinen alten Rezeptblock mit ca. fünf Rezepten überließ, die er blanko unterzeichnete. Dabei sprach der Angeklagte an, er brauche sowieso einen neuen Rezeptblock, diesen könne man im Internet bestellen, womit er sich jedoch nicht auskenne; er fragte die Nebenklägerin, ob sie ihm einen Rezeptbock bestellen könne. Dann begaben sie sich in die Wohnung der Nebenklägerin und hatten dort Geschlechtsverkehr.

Die Nebenklägerin kam durch die Bitte des Angeklagten auf Idee, sich selbst einen Rezeptblock - mit den Daten des Angeklagten - im Internet zu bestellen, sowie einen passenden Praxisstempel. Sie fälschte auf diesen Rezepten die Unterschrift des Angeklagten und versorgte sich auf diesem Weg mit hohen Mengen an Tavor. Ihr steigender Konsum führte schließlich im Dezember 2010 zu ihrem Zusammenbruch mit einer schweren Diazepamintoxikation. Es gelang ihr noch, den Angeklagten anzurufen, der ihr in ihrer Wohnung Hilfe leistete und schließlich ihre Einweisung ins Klinikum veranlasste. In der Klinik trat er gegenüber dem Personal einerseits als einweisender Arzt, andererseits als Lebensgefährte der Nebenklägerin auf. Die Nebenklägerin händigte ihm ihren Wohnungsschlüssel aus, er brachte ihr Kleidung und nahm auf ihre Bitten die noch in der Wohnung befindlichen Rezeptformulare sowie den Praxisstempel an sich.

Die Nebenklägerin wurde wegen ... zu ... verurteilt.

3. Nachtatgeschehen:

Die Hauptverhandlung war bereits einmal ab ... durchgeführt worden und wurde ausgesetzt, als der Angeklagte am geplanten letzten Verhandlungstag am nicht erschien, weswegen die Kammer einen Haftbefehl gegen ihn erließ.

Während der hiesigen Hauptverhandlung ließ der Angeklagte der Nebenklägerin über deren anwaltlichen Vertreter eine schriftliche Erklärung mit folgendem Inhalt zukommen:

„Ich übernehme die Verantwortung dafür, Frau S als Arzt therapiert und mich gleichzeitig auf ein Verhältnis mit ihr eingelassen zu haben. Dies hätte nicht geschehen dürfen, weil ich dadurch nicht mehr unbefangen ihren Wünschen nach Benzodiazepinen begegnen konnte. Es tut mir leid, dass daraus Frau S gesundheitliche Nachteile entstanden sein können, und durch mein Prozessverhalten ihr Ruf geschädigt wurde. Als symbolischen Ausgleich für mein Verhalten verpflichte ich mich, eine Zahlung von 20 Tsd. Euro zu leisten, zahlbar in monatlichen Raten à ... Euro zu jedem Ersten eines Monats ab Rechtskraft des Urteils, wobei eine erste Zahlung von ... Euro noch vor Urteilsverkündung erfolgen wird (in bar über Nebenklägervertreter) Frau S nimmt diese Erklärung zur Kenntnis.“

Die Erklärung wurde vom Nebenklägervertreter für die Nebenklägerin gegengezeichnet. Während des Laufs der Hautverhandlung zahlte der Angeklagte insgesamt ... Euro in bar über den Nebenklägervertreter an die Nebenklägerin.

IV.

Beweiswürdigung.

Der festgestellte Sachverhalt entspricht weitgehend den - im Wesentlichen übereinstimmenden - Angaben des Angeklagten und der Nebenklägerin.

1. Zeugenangaben der Nebenklägerin S:

Die Nebenklägerin S hat als Zeugin im Wesentlichen folgende Angaben gemacht (wobei ihre Vernehmung in der Hauptverhandlung zeitlich vor der Einlassung des Angeklagten zur Sache erfolgte):

Sie sei seit Jahren alkoholabhängig gewesen und aus diesem Grund - mit wechselnden Nebendiagnosen - mehrfach in stationärer Behandlung gewesen.

2006 sei sie als Richterin in ... gekommen und habe sich dort bald mit dem Kollegen W befreundet. 2007 hätten sie eine Affäre begonnen, obwohl er verheiratet gewesen sei. W habe ihr seinen damals besten Freund, den Angeklagten, vorgestellt. Er habe ihn auch als Gutachter für ... empfohlen, und die Zeugin habe ihn immer wieder beauftragt. W. habe ihr auch gesagt, dass der Angeklagte Interesse an ihr habe. Ende 2007 sei die Beziehung mit W in einer Krise gewesen, und sie habe sich Anfang 2008 mit dem Angeklagten verabredet und sei mit ihm Essen gegangen. Bei diesem Essen habe sie dem Angeklagten von ihrer Alkoholabhängigkeit erzählt. Im Anschluss habe er sie heimgefahren und in ihre Wohnung gebracht. Dort habe er versucht, ihr einen Zungenkuss zu geben, was sie jedoch abgeblockt habe. Er habe sich dann verabschiedet und sei gegangen. Sie habe dies am nächsten Tag W erzählt, und sei danach wieder mit diesem zusammengekommen.

2008 habe sie dann als Staatsanwältin ... Der Kontakt mit dem Angeklagten habe sich in dieser Zeit auf zufällige Begegnungen beschränkt.

Vor dem 05.06.2010 sei es ihr extrem schlecht gegangen. W habe sich von ihr zurückgezogen. Sie habe kurz vor dem 05.06.2010 von einem Vorgesetzten, dem damaligen Oberstaatsanwalt ..., eine Abmahnung bekommen, und habe das Gefühl gehabt, alles gehe kaputt. Sie habe sich nicht mehr vorstellen können, ohne Tabletten zu arbeiten, obwohl sie gewusst habe, dass sie dadurch süchtig würde. Sie sei jedoch entschlossen gewesen, sich Benzodiazepine zu besorgen, und habe gehofft, diese vom Angeklagten zu erhalten.

Sie habe daher den Angeklagten angerufen unter dem Vorwand der Frage, ob es in der Notfallpraxis einen Psychiater gebe; dabei habe sie spekuliert, er würde ihr selbst seine Hilfe anbieten. Der Angeklagte habe ihr tatsächlich gesagt, sie solle zu ihm in die Praxis kommen.

Sie sei zu ihm in die Praxis in ... gefahren. Sie habe die Schweigepflichtsentbindung unterschrieben, und sie hätten ihre Medikation besprochen. Der Angeklagte habe diese umgestellt, denn von Zyprexa habe sie stark zugenommen und sei deswegen unglücklich gewesen.

Sie habe ihn nach Benzodiazepinen, konkret nach Tavor, gefragt. Dazu habe er nach ihrer Erinnerung gesagt, das wäre nicht gut, er wolle nicht, dass sie viel davon nehme. Er habe ihr gesagt, er verschreibe ihr welche, aber dies sei keine Dauermedikation.

Sie habe zu ihm gesagt, sie könnten sich doch mal privat treffen, mit W sei sowieso Schluss; dabei sei ihr klar gewesen, dass der Angeklagte dies gerne annehmen würde. Der Angeklagte habe ihrem Angebot zugestimmt. Letztlich habe sie „Sex für Tabletten“ angeboten.

Der Angeklagte habe ihr 10 Tabletten Lorazepam verschrieben, sie habe nach ihrer Erinnerung in der Apotheke 20 Tabletten bekommen; es sie schwierig gewesen, weil die Apotheke ein Präparat nicht vorrätig gehabt habe.

Der Angeklagte habe - allerdings erst später, nachdem er die angeforderten Arztberichte durchgesehen hatte - die Diagnose gestellt, sie sei lediglich alkoholkrank, ansonsten habe sie nichts, sie sei ein Opfer der Psychiatrie.

Sie habe in der Folgezeit per SMS Kontakt mit dem Angeklagten gehabt. Sie SMS seien relativ bald sexuellen Inhalts gewesen. Per SMS und Telefon hätten sie sich ca. vier Wochen später, ..., konkret zum Sex in ihrer Wohnung verabredet, wobei er ihr vorher per SMS geschrieben habe, er hätte Lust auf „soften SM“, und sie geantwortet habe, für sie sei es in Ordnung. Es sei allerdings nicht ihre sexuelle Ausrichtung. Dieses Treffen sei der Auftakt ihrer Beziehung gewesen. Der Angeklagte habe vaginalen Geschlechtsverkehr gehabt. Die sexuellen Handlungen seien ... Anschließend seien sie im Englischen Garten spazieren gegangen.

Vor diesem Treffen habe sie auf ihre Bitten hin ein- oder zweimal ein Rezept für Lorazepam vom Angeklagten per Fax an ... bekommen. Sie meine, dass es ein Rezept für 20 Tabletten gewesen sei. Sie habe dieses Fax kopiert und so die doppelte Menge an Tabletten erhalten. Allerdings habe sie mit den Kopien in Apotheken die Tabletten nur schwierig beziehen können.

Sie habe ab dem 05.06.2010 zunächst täglich eine Tablette genommen (lediglich am ersten Tag zwei Tabletten). Die ihr zur Verfügung stehende Menge an Tabletten habe bis zum ...-urlaub des Angeklagten gereicht.

Im Juli sei sie zweimal mit dem Angeklagten für jeweils drei Tage am ... gewesen. Sie hätten die SM-Utensilien mitgenommen und dort das gleiche gemacht wie zuhause. Sie seien auch in ... in der Oper gewesen.

Sie hätten sich stets „auf den Punkt“ zu den „sexuellen Dingen“ verabredet, ansonsten habe der Angeklagte sie nie besucht oder bei ihr übernachtet. Er habe gerne eine richtige Beziehung mit ihr haben wollen, aber sie habe dies nicht gewollt. Er habe ihr die Situation so dargestellt, dass er ... würde nur noch ..., ansonsten gäbe es nichts mehr zwischen ihnen. Er habe gerne ein Kind haben wollen und sich gefreut, dass ... Ihr sei die Beziehung allerdings immer peinlich gewesen, er sei ... Sie habe die heimliche Beziehung nur fortgeführt, weil er ihr Tablettengeber gewesen sei, und die Tabletten seien extrem wichtig für sie gewesen.

Im August habe der Angeklagte mit ... ein Auto nach ... Sie habe einen längeren Urlaub mit ihm abgelehnt - sie hätten nur ein sexuelles Verhältnis gehabt -, und schon gar nicht unter diesen Umständen ... Er habe dann eine Woche vorher verkündet, er habe sich mit ... versöhnt, er würde diese mitnehmen. Sie habe gefordert, dass er ihr weiter die Medikamente geben müsse, und er sei großzügig gewesen - wohl, weil er Angst gehabt habe, sie würde Schluss machen - und habe ihr zwei Rezepte überlassen. Hierbei erinnerte sich die Nebenklägerin in der Hauptverhandlung, es habe sich um ein Blankorezept und ein auf 50 Stück Tavor oder Lorazepam ausgestelltes Rezept gehandelt, wie sie dies auch in ihrer - ihr vorgehaltenen - polizeilichen Zeugenvernehmung angegeben hat.

Sie sei wegen der ...reise des Angeklagten mit ... nicht eifersüchtig gewesen, da er die ganze Zeit mit der anderen zusammen gewesen sei Sie habe es aber als Unverschämtheit im Umgang empfunden, ihr zu sagen, er liebe sie und wolle ..., und sich dann innerhalb von zwei Wochen anders zu entscheiden und eine Exfreundin mit in den Urlaub zu nehmen. Sie habe zwar gewusst, dass sie dritte (parallele) Frau (neben ...) des Angeklagten sei, er habe ihr gegenüber jedoch stets gelogen, sie sei die einzige. Er habe seine Frauen als „Verfügungsmasse“ ausgewechselt.

Der Angeklagte habe sie von aus jeden zweiten oder dritten Tag, möglicherweise auch täglich, angerufen. Sie habe ihn nicht anrufen können, denn er habe sein Mobiltelefon ausgeschaltet gehabt, damit ... nicht sehe, wenn sie anrufe. Bei diesen Telefonaten sei die Stimmung nicht gut gewesen; er habe „gut Wetter“ machen wollen, seine Sorge sei gewesen, dass sie nicht mehr da sei, wenn er zurückkomme; er habe die Beziehung fortführen wollen.

In der Zeit nach dem ...-urlaub habe es keine Beziehung mehr gegeben, sie hätten viel gestritten. Allerdings habe sie für die Zeit ab Oktober, November 2010 starke Erinnerungslücken. Als herausragendes Ereignis in dieser Zeit könne sie sich jedoch an das Treffen im „Cafe ...“ erinnern, wo sie zusammen gefrühstückt hätten. Der Angeklagte habe sich sehr gefreut und im Cafe gesagt, sie könnten doch mal wieder Sex haben. Vorher seien sie in seiner Praxis verbeigefahren, und er habe ihr den alten Rezeptblock blanko unterzeichnet überlassen. Es habe sich um ca. vier bis fünf Rezepte gehandelt. Sie sei darüber sehr glücklich gewesen. In ihrer Wohnung habe sie den Angeklagten noch gefragt, ob das rechtmäßig sei; er habe geantwortet, er habe das für andere engere Freunde auch gemacht.

Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, er brauche sowieso einen neuen Rezeptblock, ob sie ihm einen im Internet bestellen könne, er kenne sich damit nicht aus. Sie habe sich gedacht, dann könne sie sich ebenso gut selbst einen Rezeptblock im Internet bestellen, was sie dann - am 28.10.2010, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu dem Treffen im Cafe ...- auch getan habe. Sie habe danach sehr viele Rezepte zur Verfügung gehabt, und ihre Sucht sei eskaliert. An die folgenden Notfalleinsätze und ihre Einweisung sowie die Zeit danach habe sie keine Erinnerung.

Auf Vorhalt ihrer entsprechenden Angaben bei der polizeilichen Vernehmung bestätigte die Zeugin, dass sie vom Angeklagten einerseits Tabletten wollte, andererseits auch ihrem Ex-Geliebten W eine „reinwürgen“ wollte; der Angeklagte sei damals der einzige Mann gewesen, der ihr eine gewisse „Bestätigung als Frau“ habe geben können. Die Zeugin ergänzte, dass die Tabletten für sie im Vordergrund gestanden hätten; der Angeklagte sei für sie jemand gewesen, der sie „aus dem Leid herausführen“ konnte. Der Angeklagte sei insofern „der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt“ für sie gewesen, als er ihr Tabletten verschaffen konnte, und sie gleichzeitig W „ärgern“ konnte. Sie habe gewusst, dass er stark an ihr interessiert war, deshalb habe sie sich von der Kontaktaufnahme versprochen, dass er ihr Rezepte ausstellen würde.

Sie habe den Angeklagten weniger als behandelnden Arzt gesehen, ihr Hauptarzt sei Dr. ... gewesen. Aber der Angeklagte habe sie schon behandelt, sie habe Dr. ... gegenüber offengelegt, dass der Angeklagte ihr eine Umstellung der Medikation auf ein Medikament, dass „schlank mache“ geraten habe. In Absprache mit Dr. ... sei ihre Medikation dann umgestellt worden Sie habe Dr. ... jedoch verschwiegen, dass sie beim Angeklagten eine Schweigepflichtsentbindung unterschrieben habe, und von den Tabletten habe sie Dr. ... natürlich ebenfalls nichts erzählt, da sie bei diesem schließlich in einer Suchttherapie gewesen sei.

Nach der Einweisung habe der Angeklagte sie im Klinikum ... besucht, wobei er gegenüber den dort behandelnden Ärzten in einer Doppelrolle aufgetreten sei - einerseits als einweisender Arzt, andererseits als Lebensgefährte.

In der Klinik habe sie ihm den Auftrag gegeben, in ihrer Wohnung alles zu entsorgen, was ihr in ihrer Sucht gefährlich werden könnte, also den Rezeptblock und Stempel.

2. Einlassung des Angeklagten:

a) Der Verteidiger Rechtsanwalt L. des Angeklagten hat - nachdem die Nebenklägerin als Zeugin vernommen war - für den Angeklagten eine schriftliche Einlassung zur Sache verlesen; diese hat der Angeklagte anschließend als richtig anerkannt und sich zu eigen gemacht.

In dieser Einlassung machte der Angeklagte im Wesentlichen folgende Angaben zur Sache:

In seiner Eigenschaft als ... seit ... habe er viele Freundschaften und Bekanntschaften geschlossen. Es sei für ihn selbstverständlich gewesen, dass er, wenn er in seiner Eigenschaft als Arzt um Hilfe angesprochen worden sei, mit einem Rezept, mit einem psychotherapeutischen Gespräch, gelegentlich auch mit einem Attest ausgeholfen habe. Davon habe er sich nichts erwartet, es sei Ausdruck einer gewissen Dankbarkeit seinerseits an seine zahlreichen Auftraggeber gewesen.

Frau S habe er als Richterin ... kennengelernt, seiner Erinnerung nach im Jahr 2007. Vermittelt habe den Kontakt sein damaliger engster Freund W. Frau S habe ihm dann einige Prognosegutachtensaufträge von ... aus ... übergeben.

Als er die Nebenklägerin nach dem ersten gemeinsamen Treffen 2008 im Lokal „...“ in München nach Haus gebracht habe, sei es zu einem Zungenkuss gekommen, „jedenfalls ansatzweise“.

Nach dem Zerwürfnis mit W habe er von Frau S keine Gutachtensaufträge mehr erhalten. Er habe dann Jahre nichts mehr von ihr gehört.

Am 05.06.2010 habe er der Nebenklägerin erstmals ein Rezept ausgestellt. Wo sie sich zu diesem Zweck getroffen hätten, sei ihm heute nicht mehr erinnerlich.

Die Nebenklägerin habe am 05.06.2010 eine massive Angstattacke gehabt, so habe er zehn Tabletten Lorazepam verordnet, das wirksamste Medikament gegen eine akute Angstattacke. Er habe ihr erklärt, dass sie damit vorsichtige umgehen müsse im Hinblick auf ihre Alkoholabhängigkeit, von der er gewusst habe. Von den Arztbriefen habe er zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis gehabt. Außerdem habe er sich eine Entbindung von der Schweigepflicht für die ...-klinik unterschreiben lassen. Wann er die Arztbriefe erhalten habe, erinnere er sich nicht mehr.

Nach dem 05 06 2010 habe es zunächst keine weiteren Kontakte gegeben, insbesondere habe er keine Rezepte mit Lorazepam bzw. Tavor an ihre Dienststelle gesandt.

Kontakt habe es erstmals wieder am 26 06 2010 gegeben, als er von der Nebenklägerin eine SMS mit einem eindeutigen sexuellen Angebot erhalten habe Er sei von dieser SMS sehr überrascht, allerdings auch erfreut gewesen. Aus narzisstischem Kitzel und sicher postpubertärer Angeberei habe er sie seinem Freund R gezeigt. Er habe im Anschluss daran ihr eine SMS geschrieben, dass er in sei, ansonsten auf ihr Angebot gerne eingehe. Dann habe er mit Frau S einen Tag später regen SMS-Verkehr gehabt.

Etwa Ende Juni bis Anfang Juli sei es zum ersten Intimverkehr mit Frau S in ihrer Wohnung gekommen, nach seiner Erinnerung mit Pausen über mehrere Stunden. Der Verkehr sei ungeschützt gewesen. Dies sei sicherlich nicht zuletzt deswegen so gewesen, weil er sich rasch in sie verliebt habe. Dazu passe, dass er mit einer gewissen jugendlichen Naivität gesagt habe, dass er sie zur Mutter eines oder zweier seiner Kinder machen wolle. Er habe ihr auch wahrheitsgemäß berichtet, dass er von seiner Frau de facto seit Jahren getrennt lebe, wenn auch im selben Haus. Er habe Frau S vorgeschlagen, in G. zusammenzuziehen; beide hätten über die Möglichkeit der Ehe gesprochen, teils im Scherz, teils - aus seiner damaligen und auch heutigen Sicht - ernsthaft, und immer mit Augenzwinkern,

Der Ablauf des Intimverkehrs sei stets so gewesen, ... Danach hätten sie Kaffee getrunken. Im Anschluss daran ...

Nach dem ersten Intimkontakt hätten sie sich am Tag darauf in der Cafeteria des ... in ... verabredet. Und so sei es zum zweiten Treffen am Abend wieder in ihrer Wohnung gekommen.

Erst danach sei es zur nächsten Rezeptausgabe, etwa zwei, drei Tage später gekommen Dieses Rezept mit Fluoxetin und Chlorprothixen sei von ihm erinnerlich am 05.07. ausgegeben worden. Sie habe es gegen Angstzustände und als Einschlafhilfe erhalten, um eine Tranquilizereinnahme zu vermeiden, die süchtig machen könne.

Er habe ihr ansonsten geraten, mit ihrem behandelndem Psychiater Dr. ... zu reden, den er seinerseits nie kontaktiert habe. Auf Bitten der Nebenklägerin habe er die Arztbriefe aus der ...-klinik beigezogen und durchgelesen. Für ihn sei daraus ersichtlich geworden, dass sie nicht - wie seines Erachtens fehldiagnostiziert -eine affektive Psychose gehabt habe, sondern eine Persönlichkeitsstörung neben ihrer Alkoholabhängigkeit. Von einer Tranquilizerabhängigkeit sei nur 2006 die Rede gewesen, nicht in späteren Arztbriefen. Davon habe sie auch nie berichtet. Insoweit habe er ihr davon abgeraten, das Neuroleptikum Zyprexa einzunehmen, zumal sie darauf mit erheblicher Gewichtszunahme reagiert habe. Sie habe es dann in Rücksprache mit ihrem behandelndem Nervenarzt abgesetzt.

Nach etwa dreimaligen intimen Treffen, die wie oben beschrieben verliefen, sei die Beziehung zur Lebensgefährtin ... des Angeklagten, Frau ..., zerbrochen. Sie habe ihn aus der Wohnung gewiesen, und er habe erstmalig am selben Tag gegen 23.00 Uhr Frau S nächtens in der ... aufgesucht und bei ihr die gesamt Nacht verbracht Ob sie da „Sex hatten“, erinnere er sich nicht mehr. Er habe sie aber am nächsten Morgen zum Bahnhof chauffiert. Am Anschluss daran seien sie zweimal in seinem Ferienhaus ... gewesen, im Abstand von zwei Wochen An allen drei Tagen der ersten ...-reise sei es jeweils zu Sex gekommen, mindestens einmal Sie seien jedoch auch zum Segeln gegangen, hätten die Oper in ... besucht und seien in ... einkaufsbummeln gegangen für ein Geschenk für ihre Mutter.

Etwa in der ersten Augustwoche 2010 sei ihre Beziehung zerbrochen Hintergrund sei eine ausgeprägte Launenhaftigkeit von Frau S gewesen und letzter Anlass, dass sie zwar zugesagt habe, ihn per Flug in zu besuchen, sich aber strikt geweigert habe, den Pkw dorthin zu bringen. Er habe sich in dieser Zeit mit Frau wieder versöhnt und habe der Nebenklägerin mitgeteilt, dass er mit ... den Wagen nach ... bringe.

Er habe der Nebenklägerin zwei Rezepte blanko gegeben, bevor er nach ... gefahren sei, weil sie ihn darum gebeten habe, dass sie eine Notfallmedikation habe. Das sei im Nachhinein selbstverständlich ein großer Fehler gewesen, auch wenn vereinbart gewesen sei, dass sie dieses keinesfalls nach Gutdünken, sondern nur in Rücksprache mit ihm ausfüllen dürfe. Von diesen zwei Blankorezepten sei nur ein Rezept, das Rezept vom 04 11 2010, mit einer Zyprexa-Medikation aufgetaucht. Lorazepam tauche dort nicht auf. Was aus dem anderen Blankorezept geworden sei, entziehe sich seiner Kenntnis.

Er sei von 13 bis 22 08 2010 in ... gewesen. In dieser Zeit habe die Nebenklägerin ihn täglich angerufen und auch mit Selbstmord gedroht.

Als er von K zurückgekommen sei, sei er mit seiner Tochter in Urlaub gefahren. Sie hätten weiterhin täglich telefoniert. Sie habe ihm erotische „Selfies“ geschickt. Als er zurückgekommen sei, sei es im September bis in die letzte Oktoberwoche noch einige Male zur Aufnahme sexueller Kontakte gekommen. Das sei so abgelaufen, dass sie sich in ... getroffen hätten, davor oder im Anschluss seien sie im Englischen Garten spazieren gegangen, und dann hätten sie Sex in der Wohnung der Nebenklägerin gehabt. An dem von der Nebenklägerin genannten Tag (erinnerlich am 20. oder 25. Oktober (Sonntag)) (sic; allerdings ist keiner der vom Angeklagten genannten Tage ein Sonntag) hätten sie nach oder vor dem Sex, auf jeden Fall nach ... und Spaziergang, seine Praxis aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt habe er nach seiner Erinnerung keine Rezepte mehr gehabt.

Am Wochenende, nachdem die Nebenklägerin zum ersten Mal bei ihm in der Praxis gewesen sei - er sei in ... gewesen - habe sie ihn telefonisch wieder in ihre Wohnung eingeladen. Dabei sei sie ihm seltsam sediert erschienen, offensichtlich sei dies der Zeitpunkt gewesen, an dem sie auf die von ihr selbst gefertigten Rezepte zurückgegriffen habe. Im Hinblick auf ihren Zustand, den sie negiert und mit allgemeiner Müdigkeit erklärt habe, sei es nicht zum Sex gekommen. Kurz darauf sei es zu einem telefonischen Zerwürfnis gekommen, und er habe etwa vier Wochen nichts von ihr gehört.

An einem Wochentag Anfang Dezember - er habe in den Praxisräumen übernachtet - sei nachts der Anruf der Nebenklägerin gekommen: „... komm zu mir, ich sterbe“ Er habe aus einer Sicht erstmals als Arzt notfallmäßig eingegriffen: Sie sei mit schwerer Diazepamintoxikation bewusstseinsgetrübt in ihrem Bett gelegen. Er habe im Hinblick auf ihre berufliche Position Bedenken gehabt, sie einzuweisen. Er habe sie kalt abgebraust und regelmäßig ihre Kreislauffunktionen überwacht, die stabil geblieben seien. In der Zeit dazwischen habe er die Wohnung nach Medikamenten durchsucht und eine Fülle von Psychopharmaka gefunden, die er in die Toilette entsorgt habe. Die Nebenklägerin habe auf sein Anraten Urlaub genommen und er habe sie regelmäßig in ihrer Wohnung aufgesucht, oder sie sei in seine Praxis gekommen. In der Nacht vor der Einweisung in das Klinikum habe er sie davon überzeugen können und habe einen Aufnahmetermin in der Früh erreicht. Er habe die Nebenklägern dann zwei- bis dreimal in der Woche besucht, beim ersten Mal ihr Kleidungsstücke aus ihrer Wohnung mitgebracht, nachdem sie ihm den Wohnungsschlüssel ausgehändigt habe.

Während des Aufenthaltes im Klinikum ... habe die Nebenklägerin ihm eingestanden, dass sie aus dem Internet Rezepte auf seinen Namen bestellt und gefälscht habe, ebenso einen Stempel. Sie habe ihm erklärt, wo diese Gegenstände in ihrer Wohnung befindlich seien, und dort habe er sie mit Hilfe des Wohnungsschlüssels an sich gebracht.

Dem Angeklagten war wichtig, zu bemerken, dass es kein Junktim zwischen Rezeptausstellung und Sex gegeben habe. Er habe die Nebenklägerin weder von Benzodiazepinen abhängig gemacht, noch eine bestehende Abhängigkeit ausgenutzt, und habe dies auch nicht gewollt.

Außerdem belege die Auskunft der Central-Versicherung vom 01 12 2014, dass selbst der behandelnde Arzt, Dr. ..., in Kenntnis aller Umstände der Nebenklägerin Tranquilizer verschreiben habe, z. B. noch am 08.04.2010 Zopiclon.

Nach seiner medizinischen Einschätzung sei die Nebenklägerin im Sommer 2010 gar nicht süchtig in diesem Sinn gewesen. Süchtig müsse sie seiner Beurteilung nach geworden sein, nachdem sie sich im Oktober 2010 selbst Rezeptformulare und einen Arztstempel besorgt habe. Ab da habe sie bis hin zum Zusammenbruch selbst die Dosis offenbar massiv gesteigert.

Zusammengefasst sei er nach seiner Wahrnehmung zunächst ein rein freundschaftlicher und aufgrund seines Berufes natürlich auch ärztlicher Rat- und Rezeptgeber gewesen. Zum Arzt sei er seiner Meinung nach erst Anfang Dezember mutiert, als er sie intoxikiert über die Nacht gebracht habe und ein paar Tage später eingewiesen habe. Ihm selbst sei der Tatbestand des § 174c StGB erst durch den Prozess bekannt geworden.

Er bedauere zutiefst, dass er zwei gravierende Fehler gemacht habe: Der erste Fehler sei, dass er das Entstehen und Entwickeln eines Arzt-Patienten-Verhältnisses zugelassen habe, und der zweite entscheidende, dass er im Rahmen dieses Verhältnisses gleichzeitig mit der Geschädigten ein sexuelles Verhältnis eingegangen sei. Dies hätte schon von vornherein ausgeschlossen sein müssen. Dafür übernehme er die Verantwortung und bedauere den ihm zur Last gelegten Sachverhalt. Für sein Fehlverhalten sei er bereit, Frau S eine Geldentschädigung von 20.000 Euro zu leisten. Dies vor allem, weil Frau S durch das gegen ihn geführte Strafverfahren schwer belastet worden sei, und zwar nicht zuletzt durch das von ihm gewählte Prozessverhalten. Ihm sei bewusst, dass der Ruf der Nebenklägerin hierdurch nachhaltig beschädigt worden sei. Auch dies bedauere er.

b) Auf Nachfragen machte der Angeklagte - über seinen Verteidiger - noch folgende Angaben zur Sache:

Er habe der Geschädigten für die Zeit der ...-Reise Blankorezepte auf ihre Bitten ausgestellt, damit sie gegebenenfalls schnell an ein Medikament herankommen könne; blanko deswegen, da man nicht wissen konnte, welche Notfallsituation eintreten könne. Daher habe man täglich telefoniert.

Die drei Arztberichte habe er gelesen, könne aber nicht sagen, ob vor oder nach dem ...-Urlaub.

3. Die Kammer folgt den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten und der Nebenklägerin. Soweit die Angaben differieren, beruhen die Feststellungen der Kammer auf folgenden Erwägungen:

a) Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin, dass der Angeklagte ihr wenigstens einmal ein Tavor/Lorazepam-Rezept per Fax an ... gesandt hat. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Nebenklägerin diesen Punkt hinzuerfunden haben sollte, zumal er für die strafrechtliche Beurteilung ohne spezielle Bedeutung ist. Es erscheint der Kammer auch vergleichsweise risikolos, sich ein derartiges Rezept per Fax zusenden zu lassen, da die Nebenklägerin sich nach entsprechender telefonischer Vorankündigung an das Faxgerät begeben und das eintreffende Fax sogleich an sich nehmen konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass es ein anderer ... zu sehen bekäme.

b) Dasselbe gilt für die etwas differierenden Angaben zum konkreten Ablauf der Sexualkontakte. Die Kammer geht davon aus, dass die Angaben des Angeklagten, nach denen die SM-Aktivitäten nicht so großes Gewicht hatten, dadurch motiviert sind, seinem Ansehen möglichst wenig Schaden zuzufügen.

c) Die Kammer folgt der Einlassung des Angeklagten, dass dieser einmal bei der Nebenklägerin übernachtet hat, zumal er selbst diese Übernachtung nicht in den Zusammenhang der geschlechtlichen Beziehung einordnet.

d) Die Kammer hält auch die Einlassung des Angeklagten für möglicherweise zutreffend, dass er der Nebenklägerin vor der ...-Reise zwei Blanko-Rezepte überlassen hat (also nicht eines, das von ihm auf Benzodiazepine vorausgefüllt war). Aus Sicht der Kammer ist kein Grund ersichtlich weshalb der Angeklagte ein Rezept auf Lorazepam vorausgefüllt haben sollte. Die Kammer hält es daher für möglich, dass die Nebenklägerin sich insoweit geirrt hat. Bei der bei der Nebenklägerin bestehenden Sucht bestehen keine Zweifel, dass sie nach der Zusage, diese Rezepte zu erhalten, sogleich beschloss, eines für eine relativ größere Menge Lorazepam einzusetzen.

e) Dagegen hält die Kammer die Einlassung des Angeklagten für fernliegend, die für die Zeit der ...-Reise ausgestellten Blankorezepte, hätten der „Notfallmedikation“ der Nebenklägerin gedient: Die Nebenklägerin war in ... in ständiger ärztlicher Behandlung. Selbst bei einem Notfall hätte die Nebenklägerin in jederzeit einen Arzt erreichen und ein Rezept erhalten können, gegebenenfalls über einen ärztlichen Notdienst Vorsorglich ausgestellter Blankorezepte für einen Notfall bedurfte es daher nicht. Die Kammer folgt der Nebenklägerin auch in ihren Angaben, dass der Angeklagte sich nicht von ihr anrufen ließ, sondern sein Mobiltelefon ausgeschaltet hatte, damit die ihn begleitete von dem Verhältnis nichts mitbekomme. Dieses von der Nebenklägerin geschilderte Verhalten ist naheliegend. Unter diesen Umständen hätte die Nebenklägerin den Angeklagten bei einem Notfall jedoch nicht einmal erreichen können. Aber selbst wenn der Angeklagte Anrufe der Nebenklägerin zugelassen hätte, so wäre seine Erreichbarkeit doch fraglicher gewesen, als die eines ärztlichen Notdienstes in ... Und jedenfalls hätte ein Arzt in ... den Zustand der Nebenklägerin besser untersuchen können als der Angeklagte per telefonischer Ferndiagnose aus ... Es bestehen daher keine Zweifel, dass der Angeklagte die Blankorezepte nur aus dem Grund ausstellte, um sich die Nebenklägerin weiterhin als Sexualpartnerin gewogen zu halten.

f) Die Kammer folgt der Nebenklägerin, dass sie nach dem Treffen Ende Oktober im Cafe ... vom Angeklagten ca. fünf Blanko-Rezepte erhalten hat. Auch zu diesem Punkt hat die Nebenklägerin auch im Ermittlungsverfahren und in dem gegen sie gerichteten Strafverfahren stets konstante Angaben gemacht, und es ist nicht ersichtlich, weshalb sie den Angeklagten in diesem Punkt zu Unrecht belasten sollte: Die Nebenklägerin hat zu keinem Zeitpunkt Belastungseifer gezeigt, sie hat sich in ihrer ersten Vernehmung (Beschuldigtenvernehmung in dem gegen sie gerichteten Strafverfahren) sehr zurückhaltend geäußert, dass er sich bei der Übergabe von Rezeptformularen „etwas von ihr erwartete“. Nach den Angaben des Vernehmungsbeamten KHK war die Frage eines intimen Verhältnisses für das Ermittlungsverfahren und die Vernehmung nicht wesentlich. - Auch in ihrer späteren schriftlichen Stellungnahme, die die Nebenklägerin in ihrem Verfahren der Sachverständigen ... übergab, betonte die Nebenklägerin, dass sie nicht an einer straf- oder standesrechtlichen Verfolgung des Herrn Dr. S interessiert sei. Die Nebenklägerin stellte im Verfahren nie Geldforderungen, auch im Rechtsgespräch betonte ihr anwaltlicher Vertreter, dass für die Nebenklägerin ihre Rehabilitation im Vordergrund stehe, nachdem der Angeklagte in Bezug auf sie in der vorangegangen Hauptverhandlung von einer „dreckigen Lüge“ gesprochen habe, und dass er deswegen einen Täter-Opfer-Ausgleich anspreche.

Gegen die Angaben der Nebenklägerin spricht auch nicht, dass sie sich trotz der ihr bekannt gewordenen Möglichkeit, Rezeptformulare im Internet zu bestellen und damit über quasi unbeschränkten Zugriff auf Benzodiazepine zu verfügen, über die ihr vom Angeklagten überlassenen ca. fünf Blankorezepte freute: Diese Blankorezepte waren für die Nebenklägern schon deswegen von Wert, als sie insoweit nicht darauf angewiesen war, weitere Urkundenfälschungen zu begehen. Hinzukommt, dass für eine süchtige Person jede Möglichkeit, an das Suchtmittel zu kommen, von Wert ist. Zudem hat die Nebenklägerin nach ihren Angaben zunächst die Blankorezepte erhalten, und erst danach von der Möglichkeit erfahren Rezeptformulare im Internet zu bestellen.

4. Die Kammer hat abgesehen davon keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin zu zweifeln: Die Angaben der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung stimmten weitgehend mit ihren Angaben in dem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren (hierzu machte der Zeuge KHK ... Angaben) als auch in dem gegen den Angeklagten geführten Ermittlungsverfahren (hierzu wurde die Zeugin KHKin ...gehört überein), und auch mit ihrer eigenen schriftlichen Stellungnahme, die sie der Sachverständigen ... in dem gegen die Nebenklägerin geführten Verfahren übergab, und zu der sich diese äußerte Ihre früheren Angaben wurden der Nebenklägerin auch bei ihrer Zeugenbefragung in der Hauptverhandlung vorgehalten. Gewisse Differenzen ergaben sich bei den Angaben zu den erhaltenen Rezepten und der Anzahl der hierauf verschriebenen Tabletten: Gegenüber dem Zeugen KHK gab die Nebenklägerin noch an, sie habe vom Angeklagten vier bis fünf Rezepte ausgestellt bekommen, zunächst für 20 Tabletten, ab dem zweiten Rezept für 50 Tabletten. In der Hauptverhandlung gab die Nebenklägerin hierzu an, dies sei damals ihre Erinnerung gewesen. Sie wolle dem Angeklagten jedoch nichts unterstellen, was nicht geschehen sei; was sie in der Hauptverhandlung angegeben habe, seien - zugunsten des Angeklagten - die Mindestmengen. Von diesen geht die Kammer - ebenfalls zugunsten des Angeklagten - aus.

Die Sachverständige und Zeugin ..., die als Landgerichtsärztin die Nebenklägerin in dem gegen sie gerichteten Strafverfahren auf ihre Schuldfähigkeit untersucht hatte, bestätigte ebenfalls die ihr gegenüber gemachten Angaben der Nebenklägerin, die sich mit denen in der Hauptverhandlung decken.

Die Sachverständige führte weiter aus, dass die Angaben der Nebenklägerin stimmig und nachvollziehbar waren und auch zu den ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen passten. Auch die von der Nebenklägerin für die Zeit ab Herbst 2010 geltend gemachten Erinnerungslücken berühren daher die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben nicht. Schließlich bestätigte auch ..., dass die Nebenklägerin auch ihr gegenüber keinen Belastungseifer in Richtung auf den Angeklagten erkennen ließ.

5. Die Feststellungen zur Vorgeschichte der Nebenklägerin beruhen auf ihren Angaben, die zur Krankengeschichte auch auf den verlesenen Arztberichten der ... - Klinik und den Angaben der Zeugin ... über die ihr gegenüber von der Nebenklägerin gemachten Angaben. Die Zeugin ... berichtete - in Übereinstimmung mit ihrem schriftlichen Gutachten - über die Biographie und Krankengeschichte der Nebenklägerin sowie über ihre Angaben zum gegenständlichen Sachverhalt, wobei sich keine wesentlichen Widersprüche zu den Angaben der Nebenklägerin ergaben.

6. Das mit der Nebenklägerin geführte Mitarbeitergespräch wird auch bestätigt durch die Angaben des Zeugen ..., welcher das Gespräch wie dargestellt schilderte.

Auch die Zeugin ... - sie war ab 01.08.2010 Leiterin der ... bei der Staatsanwaltschaft München I - berichtete, dass die Nebenklägerin bei der Arbeit teilweise eklatante Fehler gemacht habe. Die Nebenklägerin habe psychisch labil gewirkt und sei Dezember 2010/Januar 2011 krankgeschrieben gewesen. Vor einer angedachten Versetzung im Juni 2011 habe sie im Büro der Nebenklägerin offensichtlich von der Nebenklägerin gefälschte Rezepte des Angeklagten gefunden, was Ausgangspunkt des Verfahrens gegen die Nebenklägerin war.

7. Der von der Nebenklägerin angeführte „Suchtdruck“ (dass sie ein starkes Bedürfnis nach Benzodiazepinen hatte und meinte, diese auf „normalem“ Weg von ihrem Arzt nicht verschrieben zu bekommen), der sie veranlasst, sich an den Angeklagten zu wenden, wird jedenfalls durch den weiteren Geschehensablauf belegt: Die Nebenklägerin ging in der Folgezeit so weit, für die Verschaffung von Benzodiazepinen Straftaten (Urkundenfälschungen) zu begehen und damit ihre berufliche Laufbahn aufs Spiel zu setzen.

8. Das vom Angeklagten am 05.06.2010 ausgestellte Rezept wurde ihm Rahmen der von der Kammer angeforderten von der Nebenklägerin bei ihrer Krankenversicherung eingereichten Rezepte übersandt. Es trägt den Briefkopf des Angeklagten mit einer (alten) ... Adresse und enthält Verschreibungen für eine 10-Stück-Packung Lorazepam 1 mg, sowie für Chlorprothixen 50 mg. Es ist erstellt für „S“ und datiert auf den 05 06 2010 Nach den auf dem Rezept aufgebrachten Apotheken-Stempeln wurde es am 05.06.2010 und am 07.06.2010 eingelöst. Das Rezept belegt somit sowohl die Verschreibung an sich, als auch das Datum der Verschreibung und damit des initialen Treffens am (Samstag, den) 05.06.2010.

Die Nebenklägerin gab bei ihrer Zeugenbefragung - für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend - an, sie habe keine weiteren Benzodiazepin-Rezepte bei ihrer Krankenkasse oder der Beihilfestelle eingereicht, da sie befürchtete, man würde ihr die Therapie bei Dr. ... streichen, wenn jemand erführe, dass sie eine kontraindizierte Zweittherapie durchführte.

9. Der Angeklagte stellte das Rezept am 05.06.2010 aus, um eine massive Angstattacke der Nebenklägerin zu behandeln. Die Kammer hat keinen Anlass, insoweit an der Einlassung des Angeklagten zu zweifeln. Dass die Nebenklägerin nach dem Mitarbeitergespräch mit dem damaligen OStA unter einer Angstattacke litt, ist nachvollziehbar, da er in diesem Gespräch ihre weitere Karriere in Frage stellte. Die Sachverständige ... bestätigte, dass bei dieser Diagnose - jedenfalls bei Unkenntnis von einer Benzodiazepinabhängigkeit die Verordnung von 10 Tabletten Lorazepam keinen ärztlichen Fehler darstelle. Es sei gängige Praxis, in einem solchen Fall eine kleine Packungsgröße zu verschreiben.

10. Der auf der Schweigepflichtsentbindung befindlichen Faxkennung lässt sich entnehmen, dass diese am 09 06 2010 an die ...-klinik gefaxt wurde. Der Chefarzt ... der ...-klinik teilte auf Anfrage der Kriminalpolizei mit Schreiben vom 14.03.2014 mit, dass der Zeitpunkt der Beantwortung nicht festgestellt werden könne, dass in aller Regel aber eine zeitnahe Bearbeitung erfolge. Die Kammer hat keinen Anlass, daran zu zweifeln; auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass im vorliegenden Fall keine zeitnahe Bearbeitung stattgefunden hat. Es bestehen daher keine Zweifel, dass der Angeklagte die Arztberichte der ...-klinik noch im Juni 2010 erhalten hat. Des Weiteren hat die Kammer keinen Zweifel, dass der Angeklagte - aufgrund seines persönlichen Interesses an der Nebenklägerin - die Arztberichte sogleich gelesen hat. Im Arztbrief über den Aufenthalt vom 14 bis 29 08 2009 ist die Diagnose Benzodiazepinabhängigkeit ausdrücklich genannt. Im Bericht über den Aufenthalt vom 19 bis 26 02 2010 ist niedergelegt, dass eine Medikation mit Tavor erfolgte und dieses langsam stufenweise reduziert und bis zum 25 02 2010 abgesetzt wurde. Dem Angeklagten war danach spätestens Ende Juni 2010 bekannt, dass bei der Nebenklägerin die Gefahr einer Abhängigkeit von Benzodiazepinen bestand.

11. Der Zeuge B bestätigte, dass der Angeklagte im Sommer, wohl 2010, als sie gemeinsam unterwegs waren, eine SMS erhalten habe. Der Angeklagte habe gelacht und ihm gesagt: „Schau mal hier, was ich da bekommen habe.“ Der Angeklagte habe ihm die SMS gezeigt, die Nachricht einer Frau. Er habe nicht alles verstanden, der Angeklagte habe ihm die SMS daher übersetzt. Sie habe den Inhalt gehabt: „...“ Er habe zum Angeklagten gesagt: Du hast Glück, mir hat noch nie jemand eine solche SMS geschrieben. Der Angeklagte habe die Frau S genannt, später habe der Angeklagte sie ihm in seinem Haus vorgestellt.

Der Zeuge B gab an, dass der Angeklagte einmal, wie oben dargestellt, das beschriebene Foto der Nebenklägerin herumzeigte. Die Nebenklägerin bestätigte in ihrer Aussage, dass sie wusste, dass eine derartige Aufnahme von ihr existierte.

12. Zum subjektiven Tatbestand bestehen keine Zweifel, dass dem Angeklagten alle Tatumstände bekannt waren und er sich wissentlich und willentlich sowohl zu den Verschreibungen, als auch zur Aufnahme der sexuellen Kontakte entschloss. Dem Angeklagten war dabei auch bekannt, dass er die Nebenklägerin sowohl ärztlich beraten (durch Umstellung der Medikation) als auch ärztlich behandelt hatte (durch Ausstellen von Rezepten). Ihm war schließlich auch bekannt, dass die Aufnahme der sexuellen Beziehungen seitens der Nebenklägerin im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Leistung der Verschreibung von Lorazepam bzw. des Ausstellens von Blankorezepten stand: Anders ist das Verhalten des Angeklagten vor der ...-Reise nicht erklärbar, wo der Angeklagte der Nebenklägerin Blankorezepte ausstellte. Da hierfür ein medizinischer Grund nicht ersichtlich ist (s oben Pkt IV 3 e)), sind diese Verschreibungen nur dadurch erklärbar, dass der Angeklagte auf diese Weise die Beziehung zur Nebenklägerin aufrechterhalten wollte. Das Verhalten des Angeklagten lässt daher keine Zweifel zu, dass er seine ärztliche Vertrauensstellung und die nur ihm als Arzt zukommenden Möglichkeiten - Rezepte auszustellen - ausnutzte, um die Beziehung zur Nebenklägerin aufrechtzuerhalten, bei der sich zu diesem Zeitpunkt -als sich der Angeklagte bereits wieder mit versöhnt hatte - um eine nahezu ausschließlich sexuell bestimmte Beziehung handelt.

Des Weiteren hat die Kammer keinen Anlass anzunehmen, dass die Motivationslage des Angeklagten zum Zeitpunkt des ersten Sexualkontakt Anfang Juli 2010 anders war, zumal er auch zu diesem Zeitpunkt noch mit ... liiert war.

13. Der Angeklagte und die Nebenklägerin sind keine Lebenspartnerschaft eingegangen. Vielmehr bezeichnete der Angeklagte - unbeschadet der Tatsache, dass er formell auch zum Tatzeitpunkt verheiratet war - in seiner Einlassung als seine Lebensgefährtin ... Die Angaben des Angeklagten und der Nebenklägerin stimmen darin überein, dass sich beide - bis auf die zwei ca. dreitägigen Aufenthalte ... - in ... stets nur punktuell getroffen haben.

14. Die Angaben zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Angeklagten, an denen zu Zweifeln die Kammer keinen Anlass hatte. Die Feststellungen zum parallelen Verhältnis des Angeklagten zu während des Tatzeitraums beruhen auf den Angaben der Nebenklägerin als Zeugin. Zudem hat der Angeklagte selbst eingeräumt, dass sich Frau erst nach der Aufnahme der intimen Beziehung mit der Nebenklägerin getrennt hat (da es aus diesem Grund zu einer Übernachtung von ihm bei der Nebenklägerin gekommen sei), und er sich anlässlich der ...-Reise bereits wieder mit Frau ... versöhnt habe.

Zu seiner Einkommenssituation hatte der Angeklagte angegeben, dass er bis zum Beginn des gegenständlichen Verfahrens vierteljährliche Steuervorauszahlungen von € zu leisten hatte. Die Kammer schätzt danach das Bruttoeinkommen des Angeklagten auf rund das Doppelte der Steuervorauszahlung, also auf ca. € im Jahr.

V.

Rechtliche Würdigung.

Der Angeklagte hat durch sein Verhalten in zwei Fällen (durch die Sexualkontakte Anfang Juli und Ende Oktober 2010) den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs- oder Behandlungsverhältnisses (§ 174c Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

1. Der Angeklagte hat die Nebenklägerin ärztlich beraten: Die Nebenklägerin vertraute sich dem Angeklagten - wenn auch aus anderen Motiven - in seiner Eigenschaft als Arzt an. Er trat auch als Arzt ihr gegenüber auf, er beriet sie bei der Medikation, die nachfolgend - in Absprache der Nebenklägerin mit ihrem Therapeuten - seiner Anregung entsprechend geändert wurde. Der Angeklagte hat die Nebenklägerin auch ärztlich behandelt, indem er ihr Rezepte ausstellte, wobei zumindest das am 05.06.2010 ausgestellte Lorazepam-Rezept zur Behandlung der Nebenklägerin wegen einer akuten Angstattacke ausgestellt wurde.

2. Der Angeklagte ließ in den gegenständlichen Fällen Anfang Juli 2010 und Ende Oktober 2010 sexuelle Handlungen von der Nebenklägerin an sich vornehmen (...), und nahm selbst solche an der Nebenklägerin vor (indem er ... mit ihr ausübte)

3. Der Angeklagte hat das ärztliche Beratungs- und Behandlungsverhältnis für die genannten sexuellen Handlungen missbraucht:

a) „Missbrauch“ bedeutet, dass der Täter die Gelegenheit, die seine durch das Beratungs- Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis begründete Vertrauensstellung bietet, unter Verletzung der damit verbundenen Pflichten bewusst zu sexuellen Kontakten mit den ihm anvertrauten Personen ausnutzt (BT-Dr. ... 13/8267, S 7). Ein Missbrauch liegt u. a. vor, wenn der Täter sich die Umstände des ärztlichen Beratungs- und Behandlungsverhältnisses für sexuelle Ziele zunutze macht (Fischer, 62. Aufl. 2015, Rz. 10a zu § 174c StGB).

Vorliegend hat der Angeklagte sich zunutze gemacht, dass die Nebenklägerin im Zustand einer massiven Angstattacke seinen ärztlichen Rat suchte und seiner Eigenschaft als Arzt als Rezeptgeber für die von ihr benötigten Tabletten bedurfte. Durch die - dem Angeklagten nur in seiner Vertrauensstellung als Arzt zukommende - Möglichkeit, Rezepte auszustellen, hatte er eine gegenüber der Nebenklägerin überlegene Position, die er für seine sexuellen Wünsche ausnützte. Wäre der Angeklagte nicht Arzt gewesen, wäre es nicht zu den sexuellen Verhältnissen zwischen den Beteiligten gekommen. Dies war dem Angeklagten auch bewusst, wie die vor der ...-Reise ausgestellten Rezepte belegen, die er lediglich ausstellte, um sich die Nebenklägerin als Sexualpartnerin gewogen zu halten.

b) Der Missbrauch des ärztlichen Verhältnisses wird vorliegend nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände auch nicht aufgrund der zwischen den Beteiligten bestehenden Beziehung ausgeschlossen (vgl. BGH vom 14.04.2011, 4 StR 669/10):

Zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin bestand weder eine Partnerbeziehung noch eine von der ärztlichen Behandlung unabhängige echte Liebesbeziehung: Beide trafen sich nur punktuell zur Ausübung des sexuellen Verkehrs. Während der gegenständlichen Vorfälle Anfang Juli und Ende Oktober 2010 war der Angeklagte - nach seiner eigenen Einlassung - jeweils noch oder wieder mit liiert. Der Angeklagte übernachtete lediglich ein einziges Mal in der Wohnung der Nebenklägerin, als ihm seine Lebensgefährtin, Frau, der Wohnung verwiesen hatte. Diese Übernachtung hatte ihren Grund nicht in der geschlechtlichen Beziehung - der Angeklagte war sich nicht sicher, ob es dabei überhaupt zum Intimverkehr gekommen ist - sondern war nur praktischen Gründen geschuldet.

Auch die Aufenthalte sind nicht geeignet, der Beziehung das Gepräge einer Partnerschaft zu geben. Diese Aufenthalte waren (nach der eigenen Darstellung des Angeklagten) nicht unwesentlich von der Ausübung sexueller Handlungen geprägt und belegen damit ebenfalls die einseitig sexuelle Ausrichtung der Beziehung.

Auch eine echte Liebesbeziehung bestand zwischen den Beteiligten nicht: Die Nebenklägerin hat dies für sich rundheraus abgelehnt, der Angeklagte war ihr peinlich, sie hielt die sexuelle Beziehung nur wegen der vom Angeklagten zu erhaltenden Rezepten aufrecht. Der Angeklagte seinerseits ließ das Verhältnis zur Nebenklägerin - unbeschadet der formell zudem bestehenden Ehe - neben seiner Lebenspartnerschaft mit laufen, auf die er sogleich wieder „zurückgriff“, als die Nebenklägerin es ablehnte, mit ihm nach ... zu reisen Hieraus wird deutlich, dass es auch dem Angeklagten im Wesentlichen nur um das sexuelle Verhältnis ging, da weitere für eine Partnerschaft oder echte Liebesbeziehung relevante Umstände (Rücksichtnahme, Eingehen auf die Belange und Wünsche des Partners) seitens des Angeklagte nicht zum Tragen kamen. Entsprechend schilderte die Nebenklägerin, dass es auch bei den Sexualkontakten nur um seine Bedürfnisbefriedigung ging, und dass er seine Frauen als „Verfügungsmasse“ ausgetauscht habe. Diese Einstellung des Angeklagten wird auch deutlich, wenn er eine an ihn gerichtete SMS sexuellen Inhalts oder ein Foto in aufreizender Pose sogleich anwesenden Freunden präsentierte.

Schließlich lässt auch das Verhalten des Angeklagten während des Klinikaufenthalts der Nebenklägerin Ende Dezember 2010 keine andere Beurteilung zu. Soweit er dort als Lebensgefährte der Nebenklägerin aufgetreten ist, hatte er diese Rolle einseitig eingenommen, eine Lebenspartnerschaft bestand auch zu diesem Zeitpunkt nicht -. Bei den Hilfeleistungen des Angeklagten für die Nebenklägerin in der Klinik ... (Holen von Kleidung; Entsorgung von Rezeptformularen) handelt es sich teilweise um Freundschaftsdienste, wie sie unabhängig von einer Lebenspartnerschaft geleistet werden können, andererseits um Maßnahmen, die auch im Eigeninteresse des Angeklagten lagen, nachdem durch die vorhandenen Rezepte auch für Außenstehende ein - wenn in den Details auch unzutreffender - Verdacht auf eine Beteiligung des Angeklagten an der Intoxikation der Nebenklägerin erregt werden konnte.

c) Ein Missbrauch liegt auch vor, obwohl die Nebenklägerin von Anfang an bereit war, ein sexuelles Verhältnis mit dem Angeklagten zu beginnen. Die Nebenklägerin hat sich jedoch an den Angeklagten gerade in seiner Eigenschaft als Arzt gewendet, sie bedurfte seiner Möglichkeit, Rezepte auszustellen. Ihre Bereitschaft ging also dahin, gerade mit dem Angeklagten als Arzt und zur Erlangung ärztlicher Leistungen - Verschreibung von Medikamenten - ein sexuelles Verhältnis einzugehen. Dass der Angeklagte hierauf einging, schließt einen Missbrauch nicht aus. Vielmehr liegt beim Tatbestand des § 174c StGB typischerweise eine Einwilligung des Opfers in die Tathandlung vor (Fischer, a. a. O., Rz. 10 zu § 174c StGB). Ebenso kommt es nicht darauf an, dass die Initiative zunächst von der Nebenklägerin ausgegangen ist (Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, Rz. 6a zu § 174c StGB).

d) Ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB) liegt nicht vor, auch wenn der Angeklagte geltend macht, erst durch das Verfahren von der Strafvorschrift des § 174c StGB erfahren zu haben: Ausreichend ist jedoch das Bewusstsein, gegen die Rechtsordnung zu verstoßen; Kenntnis von der Strafbarkeit eines Verhaltens ist nicht erforderlich (Schönke/Schröder, a. a. O., Rz. 4 zu § 17 StGB). Vorliegend ist nicht ersichtlich -und der Angeklagte macht auch keinen konkreten Gründe geltend -, aus welchen Gründen der Angeklagte angenommen haben sollte, sein sexuelles Verhältnis zu einer vom ihm beratenen und behandelten Patienten sollte nicht der Rechtsordnung widersprechen. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass ein solches Verhalten rechtlich missbilligt wird, schon aufgrund der hierbei möglichen Interessenkollisionen.

VI.

Strafzumessung.

Bei der Strafzumessung ging die Kammer von dem gem. §§ 46a Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 174c Abs. 1 StGB aus.

Der Angeklagte hat durch seine Erklärungen in der Hauptverhandlung, sein Zahlungsversprechen und die erfolgten Zahlungen einen Täter-Opfer-Ausgleich iSd. § 46a Nr. 1 StGB durchgeführt, indem er die Verantwortung für sein Fehlverhalten übernahm und einen Ausgleich mit der Nebenklägerin suchte. Diese Bemühungen wurden von ihr - über ihren Vertreter - angenommen, so dass insoweit ein kommunikativer Prozess stattgefunden hat.

Bei der Strafzumessung waren folgende Umstände bestimmend:

1. Zugunsten des Angeklagten:

- Der Angeklagte hat die wesentlichen Tatumstände eingeräumt und Verantwortung für sein Fehlverhalten übernommen. (Dass der Angeklagte und die Verteidigung sein Verhalten nicht als „Missbrauch“ iSd. § 174c StGB ansehen hindert nach Ansicht der Kammer nicht, das Geständnis und die Schuldeinsicht des Angeklagten strafmildernd zu berücksichtigen.)

- Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.

- Die Taten liegen schon längere Zeit zurück.

- Das Verfahren dauerte bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens längere Zeit an, ohne dass allerdings eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt.

- Die Initiative zu den Tathandlungen gingen in jeder Hinsicht von der Nebenklägerin aus: Sie wandte sich an den Angeklagten, um Benzodiazepine zu erlangen; und sie bot ihm dafür ein sexuelles Verhältnis an.

- Die Beteiligten hatten kein rein ärztliches Verhältnis, vielmehr trug die Beziehung auch private Züge, wenn auch keine Partner- oder Liebebeziehung bestand.

- Die Nebenklägerin hat durch die Tathandlungen (die sexuellen Handlungen zwischen den Beteiligten) keine Schäden, weder psychisch noch physisch, erlitten.

- Der Angeklagte hat sich nach ihrem Zusammenbruch engagiert um die Nebenklägerin gekümmert und ihr durch sein Eingreifen wahrscheinlich das Leben gerettet.

- Der Angeklagte ist durch das Verfahren und die Verurteilung empfindlich wirtschaftlich getroffen, da eine weitere Tätigkeit als ... wahrscheinlich nicht möglich sein wird, und möglicherweise auch standesrechtliche Konsequenzen (Entzug der Approbation) drohen.

2. Zulasten des Angeklagten:

- Die Sexualkontakte waren in ihrer Art (SM-Praktiken, ungeschützter vaginaler Geschlechtsverkehr) von vergleichsweise hoher Intensität.

- Der Angeklagte hat das ärztliche Verhältnis über einen längeren Zeitraum ausgenutzt, in den die beiden abgeurteilten Taten fallen.

- Bei der zweiten Tat Ende Oktober 2010 hat die Kammer gegenüber der ersten Tat strafschärfend berücksichtigt, dass es sich um einen Wiederholungsfall handelt Zudem war bei diesem Kontakt der Zusammenhang mit der Hingabe der Rezepte unabweisbar, auch wenn die Beteiligten kein Junktim zwischen der Rezeptausstellung und den sexuellen Handlungen hergestellt haben.

3. Unter Abwägung der genannten Strafzumessungserwägungen verhängte die Kammer folgende Einzelstrafen:

für die sexuellen Handlungen Anfang Juli 2010: Freiheitsstrafe von 6 Monaten; für die sexuellen Handlungen Ende Oktober 2010: Freiheitsstrafe von 8 Monaten.

4. Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer - unter nochmaliger Abwägung aller oben genannten Strafzumessungserwägungen unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 8 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten gebildet. Dabei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass die einzelnen sexuellen Handlungen in einem einheitlichen situativen Gesamtzusammenhang der zwischen den Beteiligten bestehenden - ärztlichen und privaten - Beziehung stehen.

5. Die verhängte Strafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 56 Abs. 1 StGB), da zu erwarten ist, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird: Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Er befand sich zudem während des Verfahrens einige Tage in Untersuchungshaft und hat dabei - - bereits einen Hafteindruck bekommen.

VII.

Kosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1. § 472 Abs. 1 S. 1 StPO.

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Landgericht München II Urteil, 15. Juli 2015 - 1 KLs 31 Js 4982/13 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Strafgesetzbuch - StGB | § 17 Verbotsirrtum


Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 46a Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung


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Strafgesetzbuch - StGB | § 174c Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses


(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Apr. 2011 - 4 StR 669/10

bei uns veröffentlicht am 14.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 669/10 vom 14. April 2011 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB § 174c 1. Einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs

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(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 669/10
vom
14. April 2011
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs
-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c Abs. 1
StGB steht allein das Einvernehmen des Opfers mit der vom Täter vorgenommenen
sexuellen Handlung nicht entgegen.
2. An einem Missbrauch im Sinne dieser Vorschrift fehlt es ausnahmsweise
dann, wenn der Täter im konkreten Fall nicht eine aufgrund des Beratungs-,
Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Ver-
trauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung
ausnutzt.
BGH, Urteil vom 14. April 2011 – 4 StR 669/10 – LG Münster
wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses
u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. April
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin Rosa Geppert aus Münster
als Nebenkläger-Vertreterin für Doris N. aus Nottuln,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 29. April 2010 mit den Feststellungen aufgehoben ,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.5.c und II.5.d der Urteilsgründe jeweils wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses verurteilt wurde ,
b) im Ausspruch über die im Fall II.2. der Urteilsgründe verhängte Einzel- sowie die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen 9 bis 14 der Anklage (Fälle II.4.c, II.4.d und II.4.e der Urteilsgründe) freigesprochen wurde,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
c) soweit gegen den Angeklagten kein Berufsverbot verhängt wurde. 4. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen "Ausspruch über die Zuerkennung einer Entschädigung gemäß § 8 Abs. 3 StrEG" wird als unzulässig verworfen. Insofern trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
5. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und bestimmt, dass drei Monate der Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Ferner hat es das Verfahren hinsichtlich zweier Tatvorwürfe eingestellt und den Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit zwei Verfahrensrügen, zudem beanstandet er die Anwendung des sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Sachrüge gestützte Revision auf den Freispruch des Angeklagten in den Fällen 9 bis 14 der Anklage sowie die Nicht-Anordnung eines Berufsverbots beschränkt. Zudem hat sie gegen die Kostenentscheidung und eine Entscheidung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz sofortige Beschwerde einlegt. Die Revisionen haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft sind gegenstandslos bzw. unzulässig.

I.


2
Soweit der Angeklagte verurteilt wurde und hinsichtlich der Freisprüche in den Fällen 9 bis 14 der Anklage hat das Landgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der 57jährige Angeklagte schloss 1996 eine Ausbildung zum Heilpraktiker ab und erhielt im selben Jahr die Erlaubnis, "die Heilkunde auszuüben, ohne über eine ärztliche Approbation zu verfügen". Den Beruf übte er in der Folgezeit aus. Bis zum Jahr 2002 absolvierte er ferner eine Ausbildung zum Osteopathen. Heute bezeichnet sich der Angeklagte zudem als Schamane.
4
1. Am 29. Januar 2004 begab sich die Zeugin F. erstmals zum Angeklagten. Grund hierfür war ihr - auch nach Aufsuchen von "Schulmedizinern" und eines Heilpraktikers - unerfüllt gebliebener Kinderwunsch; sie sah eine Behandlung durch den Angeklagten als den "letzten Versuch" an, ihren Wunsch zu erfüllen. Der Angeklagte "behandelte" die Zeugin bis zum 8. Juli 2004 an insgesamt neun Tagen, wobei er bis zum Juni 2004 mit ihrer Zustimmung unter anderem mindestens drei Mal ein "Vaginaltouché" durchführte. Hierbei handelt es sich um eine - wie bei der Osteopathie im Allgemeinen - in Deutschland nicht anerkannte "Behandlung" durch eine "Mobilisierung" des "Vaginalraumes" unter anderem durch das Einführen eines oder mehrerer Finger in die Scheide der Patientin. Bei einer Gelegenheit versuchte der Angeklagte zudem, mit seiner Zunge in den Mund der Zeugin einzudringen. Am 7. Juni sowie am 8. Juli 2004 wollte der Angeklagte ferner den Oralverkehr von der Zeugin an sich vornehmen lassen. Hierzu führte er sein Glied an den Mund der unbekleideten, auf Anweisung des Angeklagten mit geschlossenen Augen auf der Liege des Behandlungsraums liegenden Zeugi n heran, wobei er jeweils ihre Lippen berührte. Zu einem Eindringen kam es jedoch nicht, weil die Zeugin, die mit einem Oralverkehr nicht einverstanden war, ihren Kopf zur Seite drehte.
5
Beide Fälle des versuchten Oralverkehrs (Fälle II.5.c und II.5.d der Urteilsgründe ) bewertete die Kammer als sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses und verhängte hierfür jeweils Freiheitsstrafen von zehn Monaten. Von den weiteren Anklagevorwürfen zum Nachteil dieser Zeugin sprach die Strafkammer - insofern unbeanstandet durch die Staatsanwaltschaft - den Angeklagten frei, weil es sich nicht um sexuelle Handlungen gehandelt habe.
6
2. Am 26. Oktober 2004 begab sich die Zeugin M. auf Empfehlung ihrer Hausärztin in die Praxis des Angeklagten, um ihre Migräne behandeln zu lassen. Auf Geheiß des Angeklagten entkleidete sich die Zeugin vollständig und wurde vom Angeklagten etwa 40 Minuten lang "behandelt", unter anderem blies er ihr in Nase, Ohren und Mund, schnippte mit den Fingern und schlug ihr mit der Faust auf den Brustkorb. Zudem biss der Angeklagte der Zeugin "völlig unerwartet und für sie sehr schmerzhaft in deren unbekleidete linke Brust, so dass die Zeugin vor Schmerzen aufschrie".
7
Die Strafkammer bewertete den Biss in die Brust der Zeugin (Fall II.2. der Urteilsgründe) als sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in Tateinheit mit Körperverletzung und verhängte hierfür eine Einzelfreiheitsstrafe von vier Monaten.
8
3. In den angeklagten Fällen 9 bis 14 (Fälle II.4.c, II.4.d und II.4.e der Urteilsgründe ) "behandelte" der Angeklagte ab dem 4. Januar 2004 die Zeugin N. , die wegen starker Rückenschmerzen zum Angeklagten gekommen war.
Während der "Behandlung" der jeweils vollständig entkleideten Zeugin nahm der Angeklagte unter anderem "Vaginaltouchés" vor und veranlasste die Zeugin - ebenfalls mit ihrer Zustimmung - mehrmals dazu, an ihm den Oralverkehr durchzuführen (insofern wurde der Angeklagte - soweit die Taten von der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage erfasst waren - freigesprochen und das Urteil von der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen).
9
Am 22. Juli 2004 (Fall 9 der Anklage = Fall II.4.c der Urteilsgründe) entkleidete sich auch der Angeklagte vollständig und vollzog - ohne Kondom - mit der Zeugin den Geschlechtsverkehr. Die Zeugin war hiermit einverstanden und fühlte sich "geborgen und ganz entspannt".
10
Nach der zugelassenen Anklage kam es zwischen September 2004 und Januar 2005 in mindestens vier weiteren Fällen zum Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und der Zeugin (Fälle 10 bis 13); nach den Feststellungen der Strafkammer führten der Angeklagte und die Zeugin den einvernehmlichen Geschlechtsverkehr in diesem Zeitraum zwei Mal durch (bei zwei der Behandlungen am 16. September, 28. Oktober und/oder 9. Dezember 2004 = Fälle II. 4.d der Urteilsgründe).
11
Ferner kam es am 3. Februar 2005 erneut zum Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und der Zeugin (Fall 14 der Anklage = Fall II.4.e der Urteilsgründe). Auch mit diesem war die Zeugin einverstanden; sie empfand indes hierbei "nicht mehr die schönen und positiven Gefühle" wie zuvor.
12
Wegen dieser Taten sprach die Strafkammer den Angeklagten aufgrund des Einverständnisses der Zeugin vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses frei.

II.


13
Revision des Angeklagten
14
Die Revision des Angeklagten hat Erfolg, soweit er seine Verurteilung in den Fällen II.5.c und II.5.d der Urteilsgründe angreift. Im Fall II.2. der Urteilsgründe hat der Strafausspruch keinen Bestand. Dies hat die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe zur Folge.
15
1. In den Fällen II.5.c und II.5.d der Urteilsgründe begegnet schon der Schuldspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
16
a) Eine Verurteilung nach § 174c Abs. 1 StGB erfordert, dass sich das Opfer dem Täter wegen einer Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut hat. Dies hat das Landgericht nicht (hinreichend ) festgestellt.
17
Nach den Feststellungen suchte die Zeugin den Angeklagten "wegen eines seit langer Zeit bestehenden, aber unerfüllt gebliebenen Kinderwunsches" auf, nachdem "mehrfache schulmedizinische Versuche … und auch die Behandlung bei einem Heilpraktiker" erfolglos geblieben waren (UA 16). Ein unerfüllter Kinderwunsch ist für sich betrachtet indes keine Krankheit oder Behinderung (vgl. zum Sozialversicherungsrecht BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03, BVerfGE 117, 316, 325 f.; BSG, Urteil vom 17. Februar 2010 - B1 KR 10/09 R, NZS 2011, 20, 21; ferner BGH, Urteil vom 15. September 2010 - IV ZR 187/07, NJW-RR 2011, 111, 112 f.). Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob der Begriff "Krankheit" über die Untersuchungen zur Erstellung einer (Erst-)Diagnose hinaus (vgl. BT-Drucks. 13/8267 Anlage 3) auch solche Fälle erfasst, in denen eine Person lediglich aufgrund eines eingebildeten Zustandes professionelle Hilfe aufsucht (so SSW-StGB/Wolters § 174c Rn. 3; Renzikowski , NStZ 2010, 694, 695; derselbe in MünchKomm StGB, § 174c Rn. 13 jeweils mwN; für nicht-körperliche Erkrankungen auch NK-StGB-Frommel, 3. Aufl., § 174c Rn. 9; aA Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 174c Rn. 2; ersichtlich auch Hörnle in LK, 12. Aufl., § 174c Rn. 5 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 3 StR 88/08, NStZ 2009, 324, 325). Dass der unerfüllte Kinderwunsch seine Ursache zumindest in einer in diesem Sinne zu verstehenden , vom Angeklagten an der Zeugin behandelten geistigen, seelischen oder körperlichen Beeinträchtigung hatte, hat die Kammer nicht festgestellt und auch nicht erörtert.
18
Soweit die Strafkammer beiläufig mitteilt, dass die Zeugin dem Angeklagten während der "Anamnese" von einem Myom im Unterleib berichtet und der Angeklagte erklärt habe, "dass man das beheben könne" (UA 17), ergibt sich aus den Feststellungen - auch im Gesamtzusammenhang - nicht, dass die nachfolgende "Behandlung" auf eine Beseitigung dieses Myoms gerichtet war. Vielmehr legen die Urteilsausführungen (z.B. UA 19 oben) nahe, dass sich die Zeugin der "Behandlung" durch den Angeklagten allein deshalb anvertraut und unterzogen hat, weil sie dies als den "letzten Versuch, den Kinderwunsch zu erfüllen", angesehen hatte.
19
b) Eine psychotherapeutische Behandlung im Sinne des § 174c Abs. 2 StGB, der nach seinem Wortlaut keine Krankheit oder Behinderung voraussetzt (vgl. dazu auch BT-Drucks. 13/8267 S. 7; Zauner, Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses, § 174c StGB, Diss. Tübingen, 2004, S. 15 ff.), hat der Angeklagte nach den Feststellungen der Strafkammer bei der Zeugin nicht vorgenommen. Einer Ver- urteilung nach dieser Vorschrift stünde zudem die Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs entgegen, wonach Täter insofern nur sein kann, wer zum Führen der Bezeichnung "Psychotherapeut" berechtigt ist (Beschluss vom 29. September 2009 - 1 StR 426/09, BGHSt 54, 169, 171 mit ablehnender Anmerkung Renzikowski, NStZ 2010, 694, 695).
20
2. Im Fall II.2. der Urteilsgründe hat der Strafausspruch keinen Bestand.
21
Die Verhängung einer Freiheitsstrafe von unter sechs Monaten Dauer erfordert sowohl nach § 47 Abs. 1 StGB als auch nach dessen hier anzuwendendem Absatz 2, dass die Freiheitsstrafe unerlässlich ist, sie sich also aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist. Ob dies der Fall ist, hat die Strafkammer ersichtlich deshalb unerörtert gelassen, weil sie dem Angeklagten - was auch bei der ersten abgeurteilten Tat Berücksichtigung finden kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - 4 StR 104/01, DAR 2001, 513, 514) - eine eng zusammenhängende Serie von Straftaten anlastet, die schon ohne nähere Darlegung ein Bedürfnis nach Einwirkung auf den - wenn auch nicht vorbestraften - Täter deutlich zutage treten lässt (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2004 - 3 StR 465/03, NStZ 2004, 554 mwN). Dieser Wertung ist indes infolge der Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.5.c und II.5.d der Urteilsgründe die tatsächliche Grundlage entzogen.
22
3. Im Übrigen hat die Revision des Angeklagten dagegen keinen Erfolg.
23
Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 22. Dezember 2010 dargelegten Gründen unbegründet bzw. unzulässig. Der Schuldspruch im Fall II.2. der Urteilsgründe begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Bewertung des Bisses in die Brust der - für die Behandlung einer Migräne - auf Geheiß des Angeklagten vollständig entkleideten Zeugin als sexuelle Handlung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2005 - 4 StR 9/05, in StV 2005, 439 unvollständig abgedruckt; Laubenthal, Sexualstraftaten, 2000, Rn. 71 mwN). Den Ausführungen des Urteils ist ferner jedenfalls im Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass sich der Vorsatz des Angeklagten auf die Vornahme einer sexuellen Handlung bezogen hat. Eine Einwilligung gemäß § 228 StGB in die vorsätzliche Körperverletzung oder auch die sexuelle Handlung wurde von der durch die "Behandlung" völlig überraschten Patientin nicht erteilt.

III.


24
Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft
25
1. Die Revision der Staatsanwalt hat in vollem Umfang Erfolg.
26
Das Landgericht ist bei den Freisprüchen in den Fällen 9 bis 14 der Anklage (Fälle II.4.c, II.4.d und II.4.e der Urteilsgründe) zu Unrecht davon ausgegangen , dass eine Verurteilung des Angeklagten nach § 174c Abs. 1 StGB schon deshalb ausscheidet, weil die Zeugin N. mit den vom Angeklagten vorgenommenen sexuellen Handlungen einverstanden war.
27
a) Einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c Abs. 1 StGB steht allein das Einvernehmen des Opfers mit der vom Täter vorgenommenen sexuellen Handlung nicht entgegen. Ein solches Einvernehmen schließt weder als Einverständnis den Tatbestand noch als Einwilligung die Rechtswidrigkeit der Tat aus.
28
aa) Dies belegt schon der Wille des Gesetzgebers.
29
Zur ursprünglichen Fassung von § 174c Abs. 1 StGB verweisen die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 13/8267 S. 7) ausdrücklich darauf, dass eine Strafbarkeit des Täters nach dieser Vorschrift nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass das Opfer den sexuellen Handlungen zugestimmt hat; "denn wegen der Eigenart der tatbestandlich eingegrenzten Verhältnisse kann das Opfer regelmäßig nicht frei über sexuelle Kontakte zu der Autoritätsperson entscheiden". Zwar bezogen sich diese "tatbestandlich eingegrenzten Verhältnisse" nach der damals geltenden Gesetzesfassung auf Beratungs-, Behandlungsund Betreuungsverhältnisse mit Personen, die geistig oder seelisch erkrankt waren oder an entsprechenden Behinderungen litten. Der Gesetzgeber hatte aber schon damals die Einbeziehung körperlich erkrankter oder behinderter Opfer in den Straftatbestand erwogen, war aber zunächst - unter dem Vorbehalt einer Überprüfung aufgrund neuer Erkenntnisse - davon ausgegangen, dass bei körperlichen Leiden "eine tiefgreifende Einschränkung der freien Selbstbestimmung , wie sie bei geistig oder seelisch kranken oder behinderten Personen" vorliegt, in der Regel nicht gegeben ist (BT-Drucks. 13/8267 S. 6 und Anlagen 2 und 3; vgl. zu dem Vorschlag, auch körperliche Leiden einzubeziehen, insbesondere die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates, BRat-Drucks. 295/1/97 S. 3, und die Stellungnahme des Bundesrates, BRat-Drucks. 295/97 [Beschluss] S. 3; zur Gesetzesgeschichte auch Zauner aaO, S. 7 ff.; Bungart, Sexuelle Gewalt gegen behinderte Menschen, 2005, S. 41 ff., 65, 68).
30
Letztere Ansicht hat der Gesetzgeber bei der Einbeziehung körperlich kranker oder behinderter Menschen in den Anwendungsbereich des § 174c Abs. 1 StGB im Jahr 2003 aufgegeben, ohne hierbei seine Auffassung zur Unbeachtlichkeit einer Zustimmung des Opfers geändert zu haben. Denn "auch bei körperlichen Krankheiten oder Behinderungen [kann] zwischen Therapeuten und insbesondere mehrfach behinderten Patienten eine Abhängigkeit bestehen, die durch Überlegenheit des Therapeuten und besonderes Vertrauen des hilfesuchenden Patienten gekennzeichnet ist. Dieses Vertrauensverhältnis muss ebenso wie bei psychischen Krankheiten oder Behinderungen vor sexuellen Übergriffen geschützt werden" (BT-Drucks. 15/350 S. 16). Dem Gesetzgeber kam es mithin darauf an, sexuelle Kontakte in Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnissen generell und selbst bei einem Einverständnis des Patienten als missbräuchlich auszuschließen (Laubenthal aaO Rn. 276; Lackner/Kühl aaO § 174c Rn. 5; Wolters aaO § 174c Rn. 7).
31
bb) Auch nach dem Wortlaut von § 174c Abs. 1 StGB schließt ein bloßes Einverständnis des Opfers mit der sexuellen Handlung den Tatbestand dieser Strafvorschrift nicht aus.
32
§ 174c StGB erfordert - schon nach seinem Wortlaut - keine Nötigung des Opfers. Anknüpfungspunkt für einen tatbestandlichen Ausschluss der Strafbarkeit bei einvernehmlichen sexuellen Handlungen könnte daher allein der in § 174c Abs. 1 StGB geforderte "Missbrauch" sein (vgl. Renzikowski aaO § 174c Rn. 24 ff.; Hörnle aaO § 174c Rn. 22). Indes knüpft dieser "Missbrauch" an das Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis an; er ist auf den Täter bezogen und liegt vor, wenn dieser "die Gelegenheit, die seine durch das Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis begründete Vertrauensstellung bietet, unter Verletzung der damit verbundenen Pflichten bewusst zu sexuellen Kontakten mit den ihm anvertrauten Personen ausnutzt" (BT-Drucks. 13/8267 S. 7; ferner OLG Karlsruhe, Urteil vom 4. Juni 2009 - 3 Ss 113/08 mwN). Das erst während eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses erklärte Einvernehmen des Opfers mit der sexuellen Handlung ist aber für die Begründung des Vertrauensverhältnisses ohne Bedeutung, es setzt dieses - zumindest regelmäßig - vielmehr voraus (im Ergebnis ebenso OLG Karlsruhe aaO; Wolters aaO § 174c Rn. 7; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 174c Rn. 10; Zauner aaO S. 109 f., 111 f., 139 f.).
33
Auch bei § 174 Abs. 1 Nr. 2, § 174a Abs. 1, § 174b StGB, die ebenfalls sexuelle Handlungen in einem Obhutsverhältnis unter Strafe stellen und dabei an einen "Missbrauch" - aber nicht eine Nötigung - anknüpfen, wird allein dem Einverständnis des Opfers mit der sexuellen Handlung keine tatbestandsausschließende Wirkung beigemessen (vgl. BT-Drucks. VI/1552, S. 16; VI/3521 S. 20, 22 ff., 26, 28 f.; BGH, Urteile vom 8. Januar 1952 - 1 StR 561/51, BGHSt 2, 93, 94, und vom 4. April 1979 - 3 StR 98/79, BGHSt 28, 365, 367 f.; Fischer aaO § 174 Rn. 15, § 174a Rn. 10; Renzikowski aaO § 174a Rn. 17, § 174b Rn. 15 jeweils mwN).
34
Eine im Schrifttum teilweise vorgeschlagene Differenzierung zwischen geistigen (tatbestandsausschließendes Einverständnis nicht möglich) und körperlichen Krankheiten oder Behinderungen (bei denen ein tatbestandsausschließendes Einverständnis möglich sein soll; vgl. etwa Renzikowski aaO § 174c Rn. 27 f.; Sick/Renzikowski, Festschrift-Schroeder, 2006, S. 603, 610; Perron/Eisele in Schönke/Schröder, 28. Aufl., § 174c Rn.6) lässt sich auch unter dem Blickwinkel des Selbstbestimmungsrechts des Patienten in solch pauschaler Weise nicht rechtfertigen (vgl. auch Hörnle aaO § 174c Rn. 19 ff.) und würde schon deshalb weitere Probleme aufwerfen, weil die Einbeziehung kör- perlich erkrankter oder behinderter Personen in den Anwendungsbereich des § 174c Abs. 1 StGB gerade deshalb vorgenommen wurde, weil "körperliche und seelische Krankheiten insbesondere bei mehrfach behinderten Patienten oft so eng miteinander verzahnt sind, dass eine Erkennung, Heilung oder Linderung nur unter einem Gesichtspunkt nicht möglich ist" (BT-Drucks. 15/350 S. 16; Wolters aaO § 174c Rn. 7 f. nimmt deshalb trotz Einverständnisses des Opfers einen Missbrauch stets an, wenn zumindest auch ein psychischer Defekt beim Opfer vorliegt).
35
cc) Der Schutzzweck des § 174c Abs. 1 StGB gebietet es ebenfalls nicht, allein aufgrund des Einvernehmens des Opfers mit der sexuellen Handlung die Straflosigkeit des Täters anzunehmen.
36
Dabei kann dahinstehen, ob eine Zustimmung des Patienten schon deshalb unbeachtlich ist, weil § 174c StGB auch zur Einhaltung von Berufspflichten anhalten soll, also das Interesse der Allgemeinheit an einer sachgerechten Behandlung sowie das Vertrauen in die Lauterkeit einer Berufsgruppe schützt, und schon deshalb für den Einzelnen nicht disponibel ist (vgl. Frommel aaO § 174c Rn. 10; Zauner aaO S. 37, 112, 140; zu diesem Schutzzweck auch OLG Karlsruhe aaO; Perron/Eisele aaO § 174c Rn. 1; Laubenthal aaO Rn. 269; aA Renzikowski, NStZ 2010, 694, 695; Bungart aaO S. 216).
37
Auch der von § 174c StGB jedenfalls vorrangig bezweckte Schutz der Selbstbestimmung des Opfers steht bei dessen Einvernehmen mit der sexuellen Handlung der Strafbarkeit des Täters nicht von vorneherein entgegen. Denn der Gesetzgeber hat in den §§ 174 ff. StGB gerade nicht eine allein gegen den Willen oder ohne Einverständnis des Opfers an ihm vorgenommene sexuelle Handlung unter Strafe gestellt, sondern hat hierbei auf - im Wesentlichen äuße- re - Umstände abgestellt, bei deren Vorliegen er ersichtlich davon ausging, es liege selbst bei einer Zustimmung des Opfers keine selbstbestimmte und autonome Entscheidung, sondern ein strafwürdiges und strafbares Verhalten des Täters vor (vgl. BT-Drucks. VI/3521 S. 18 f.; Fischer, ZStW 112 [2000], S. 75, 90 f.). Auch bei § 174c StGB kam es dem Gesetzgeber - wie oben ausgeführt - dementsprechend darauf an, sexuelle Kontakte in Beratungs-, Behandlungsund Betreuungsverhältnissen als missbräuchlich auszuschließen, weil er die freie Selbstbestimmung in dem maßgeblich vom Täter beeinflussten Vertrauens - und Abhängigkeitsverhältnis des Kranken oder Behinderten und seiner sich daraus ergebenden Schutz- und Hilfsbedürftigkeit generell als beeinträchtigt ansah (vgl. dazu auch BT-Drucks. 13/8267 S. 4 sowie Fischer aaO S. 93).
38
b) Auf dieser Grundlage fehlt es an einem Missbrauch im Sinne des § 174c Abs. 1 StGB (lediglich) dann, wenn der Täter im konkreten Fall nicht eine aufgrund des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Vertrauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung ausgenutzt hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 98/79, BGHSt 28, 365, 367 [zu § 174 StGB]; Beschlüsse vom 29. September 1998 - 4 StR 324/98, NStZ 1999, 29 f.; vom 25. Februar 1999 - 4 StR 23/99, NStZ 1999, 349 [beide zu § 174a StGB]). Der Tatrichter muss daher für eine Verurteilung nach dieser Vorschrift zwar nicht (positiv) feststellen, dass das Opfer im konkreten Tatzeitpunkt vom Angeklagten abhängig war oder dass der Täter eine Hilflosigkeit oder die Bedürftigkeit des Opfers ausgenutzt hat (so ausdrücklich BT-Drucks. 13/8267 S. 7; vgl. ferner OLG Karlsruhe aaO). Auch kann er im Regelfall davon ausgehen, dass bei sexuellen Handlungen in einem Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis dessen Missbrauch vorliegt (vgl. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 2 StR 385/08, NStZ-RR 2009, 14, 15). Liegen aber Hinweise dafür vor, dass der Angeklagte ausnahmsweise nicht seine auf das Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis gegründete Vertrauensstellung zur Vornahme der sexuellen Handlung ausgenutzt hat, so muss er diesen Hinweisen nachgehen und im Falle einer Verurteilung darlegen, dass ein solches Ausnutzen in dem von ihm zu beurteilenden Fall gegeben war (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 3 StR 88/08, NStZ 2009, 324, 325).
39
Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der den jeweiligen Einzelfall kennzeichnenden Umstände festzustellen (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe aaO; Bungart aaO S. 221 f.; zu § 174a StGB ferner BGH, Beschlüsse vom 29. September 1998 - 4 StR 324/98, NStZ 1999, 29; vom 25. Februar 1999 - 4 StR 23/99, NStZ 1999, 349). Hierfür ist eine vom Opfer dem Täter gegenüber zum Ausdruck gebrachte Zustimmung zu der sexuellen Handlung eine gewichtige, regelmäßig sogar unerlässliche Voraussetzung , sofern sie nicht - wie etwa bei nahe an die Widerstandsunfähigkeit im Sinn des § 179 StGB heranreichenden krankheits- oder behandlungsbedingten Zuständen - von vorneherein als zu beachtende Willenserklärung ausscheidet (vgl. Hörnle aaO § 174c Rn. 2, 4, 23 mwN). Jedoch genügt ein Einverständnis allein - wie oben ausgeführt - nicht, um einen Missbrauch auszuschließen. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, aufgrund derer davon auszugehen ist, dass eine aufgrund des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses regelmäßig gegebene Vertrauensbeziehung entweder tatsächlich nicht bestand oder für die Hinnahme der sexuellen Handlung ohne Bedeutung war (vgl. auch BT-Drucks. VI/3521 S. 26, 27 [zu § 174a StGB]; BGH, Beschluss vom 25. Februar 1999 - 4 StR 23/99, NStZ 1999, 349 [zu § 174a StGB]).
40
Solche besonderen Umstände können etwa vorliegen bei einvernehmlichen sexuellen Handlungen des Ehepartners oder Lebensgefährten während eines Betreuungsverhältnisses oder bei einer von dem Beratungs-, Behandlungs - oder Betreuungsverhältnis unabhängigen "Liebesbeziehung" und in deren Folge nur gelegentlich der Behandlung oder nach deren Abschluss vorgenommenen sexuellen Handlung (vgl. BT-Drucks. VI/3521 S. 22 [zu § 174 StGB]; BGH, Beschluss vom 25. Februar 1999 - 4 StR 23/99, NStZ 1999, 349 [zu § 174a StGB]; Renzikowski aaO § 174c Rn. 28; Perron/Eisele aaO § 174c Rn. 6; Lackner/Kühl aaO § 174c Rn. 5; Bungart aaO S. 222; dazu aber auch BT-Drucks. VI/3521 S. 26; OLG Karlsruhe aaO). Hat der Täter dagegen beispielsweise vorgegeben, die sexuelle Handlung sei medizinisch notwendig oder Teil der Therapie (OLG Karlsruhe aaO; Hörnle aaO § 174c Rn. 23; Fischer aaO § 174c Rn. 10a; Wolters aaO § 174c Rn. 8; Renzikowski aaO § 174c Rn. 25, 28) bzw. hat er gar behandlungsbezogene Nachteile beim Zurückweisen seines Ansinnens in den Raum gestellt (Wolters aaO § 174c Rn. 8; Hörnle aaO § 174c Rn. 23) oder hat er eine schutzlose Lage des Opfers - etwa die einer auf seine Aufforderung hin unnötig vollständig entkleideten Frau - zur Vornahme der sexuellen Handlung ausgenutzt (vgl. Hörnle aaO § 174c Rn. 23), so liegt ein Missbrauch im Sinne des § 174c Abs. 1 StGB auch dann vor, wenn das Opfer mit dem Sexualkontakt einverstanden war.
41
c) Auf dieser Grundlage können die allein auf das Einvernehmen der Zeugin N. mit den sexuellen Handlungen gestützten Freisprüche des Angeklagten in den Fällen 9 bis 14 der Anklage keinen Bestand haben. Vielmehr legen die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen nahe, dass ein Missbrauch des Behandlungsverhältnisses schon deshalb vorliegt, weil der Angeklagte nicht nur das diesem regelmäßig innewohnende Vertrauen der Patientin ausgenutzt, sondern er ihr gegenüber - wie sich insbesondere aus der auf UA 26 wiedergegebenen Aussage der Zeugin ergibt - ersichtlich den Eindruck erweckt hat, die sexuellen Handlungen seien Teil der Therapie.
42
2. Infolge der Teilaufhebung des angefochtenen Urteils ist die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Kostenentscheidung in dem landgerichtlichen Urteil gegenstandslos. Ihre sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz ist dagegen nicht statthaft und daher unzulässig, da eine solche Entscheidung von der Strafkammer nicht getroffen wurde, die Staatsanwaltschaft aber ersichtlich nicht dieses Unterlassen angreifen will.

IV.


43
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
44
Die Strafkammer hat von der Anordnung eines Berufsverbots mit einer in der Revision nicht zu beanstandenden Begründung abgesehen. Denn der Gesetzgeber hat dem Tatrichter für diese Entscheidung bewusst einen weiten Ermessensspielraum eingeräumt (BGH, Urteile vom 20. Januar 2004 - 1 StR 319/03, und vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07, wistra 2008, 58, 60), den das Landgericht nicht überschritten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09, NStZ 2010, 170, 171).
45
Sollte sich indes im Rahmen der neuen Hauptverhandlung ergeben, dass der Angeklagte in größerem Umfang als bisher abgeurteilt seinen Beruf bewusst und planmäßig zu einer Vielzahl sexueller Übergriffe auf Patientinnen missbraucht hat, so kann dem auch für die Gefährlichkeitsprognose Bedeutung zukommen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - 1 StR 319/03 mwN). Zuläs- siges Verteidigungsverhalten, wie etwa fehlende Einsicht, dürfte dabei indes nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2001 - 5 StR 544/00, wistra 2011, 220). Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer gegen den Angeklagten ein Berufsverbot verhängen, wird sie bei der Bestimmung dessen Umfangs zu berücksichtigen haben, ob der Gefährlichkeit des Angeklagten dadurch hinreichend vorgebeugt werden kann, dass ihm beispielsweise lediglich die Behandlung weiblicher Patienten untersagt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Januar 2003 - 3 StR 454/02, StV 2004, 653 m.Anm. Kugler; vom 8. Mai 2008 - 3 StR 122/08).
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers können dem Angeklagten nur bis zu der Höhe auferlegt werden, in der sich im Falle der Beiordnung des psychosozialen Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren erhöhen würden. Von der Auferlegung der notwendigen Auslagen kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(2) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, ein, so kann es die in Absatz 1 genannten notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeschuldigten auferlegen, soweit dies aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Stellt das Gericht das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig ein, gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen, die einem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsen sind. Gleiches gilt für die notwendigen Auslagen eines Privatklägers, wenn die Staatsanwaltschaft nach § 377 Abs. 2 die Verfolgung übernommen hat.

(4) § 471 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.