Landgericht München I Endurteil, 15. März 2018 - 7 O 23064/16

bei uns veröffentlicht am15.03.2018

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

sowie folgenden 

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR ... festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Rückzahlung von nach ihrer Meinung rechtsgrundlos an die Beklagte bezahlten Gebühren für Patentlizenzen.

Die Klägerin beschäftigt sich u.a. mit PKW-Audio und PKW-Unterhaltungselektronik und sogenannten „Home Entertainment“-Produkten. Die Beklagte vermarktet Erfindungen und Patente Dritter, die sie erwirbt oder einlizenziert und dann an andere Unternehmen (unter-)lizenziert.

Die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen im November/Dezember 2001 das hier streitgegenständliche „Patent and Software License Agreement – MP3 Codec“ (nachfolgend: Lizenzvereinbarung bzw. LV, Anlage HL 1, deutsche Übersetzung Anlage HL 1a). Dem lag ein von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgegebener Standardtext für derartige Vereinbarungen zugrunde.

Die Patente unter der Lizenz betreffen im Wesentlichen Audioencodiertechnologien, nämlich Verfahren für die Umwandlung nicht komprimierter digitaler Audiodateien in MP3-codierte digitale Audiodateien. Die unkomprimierten digitalen Audiodaten werden analysiert und in verschiedenen Schritten encodiert, wobei diejenigen Teile des Audiosignals identifiziert und entfernt werden, die außerhalb der normalen Hörauflösungsfähigkeit des Menschen liegen. Der verbleibende Rest wird in MP3-compatiblen Code umgewandelt.

Die lizenzierten Patente sind in Abschnitt 1.13 der Lizenzvereinbarung (nachfolgend wird stets nur die deutsche Übersetzung der Lizenzvereinbarung wiedergegeben) definiert:

„LIZENZIERTE PATENTE“ umfassen alle Patente oder Patentanträge zur MP3-FUNKTION, die TCE bzw. die TCE-TOCHTERGESELLSCHAFTEN während der Laufzeit dieses VERTRAGES besitzen oder für die TCE bzw. die TCE-TOCHTERGESELLSCHAFTEN das Recht auf Untervergabe von Lizenzen von FHG erhalten haben, insbesondere die auf ... aufgeführten Patente und Patentanträge sowie Verlängerungen, Anschlussanträge, Neuerteilungen, Nachprüfungen, Teilanmeldungen oder die sich daraus ergebenden entsprechenden Anträge oder Patente in allen Gerichtsbarkeiten weltweit.

Lizenziert sind insgesamt 20 Patentfamilien mit jeweils bis zu 33 Mitgliedern (Patentliste vorgelegt als Anlage HL5, ergänzt durch Aufzählung S. 16/17 der Klageschrift, Bl. 16/17 d.A.). Diese Patentfamilien lassen sich einteilen in Familien, deren Mitglieder ausschließlich das Encodierungsverfahren betreffen und Familien, deren Mitglieder das Encodierverfahren und die Decodierung von zuvor encodierten Dateien umfassen. Einige Patente der Familie 12 änderte u.a. die Beklagte in Beschränkungsverfahren, indem Decodierschritte in die Ansprüche eingefügt wurden. Dies betraf insbesondere das EP 0 832 521 (nachfolgend: EP 521).

Der Lizenzvertrag regelt die Lizenzgebührenpflicht abhängig von Produktkategorien und sieht laufende Lizenzgebührenzahlungen vor. Lizenzprodukte sind gemäß Ziffer 1.12 LV „Licensed Decoders“, „Licensed OEM Decoders“, „Licensed Codecs“, und „Licensed OEM Codecs“. Der Betrag der laufenden Lizenzgebühren für Verkäufe hängt von der verkauften Produktkategorie ab, Für den hiesigen Rechtsstreit kommt es vor allem auf die Definition des lizenzierten Decoders in Abschnitt 1.7 LV an (Anlage HL 1a, Seite 3):

„LIZENZIERTE DECODER“ heißt:

(i) vollständige, einsatzbereite Hardware-/Software-Produkte, die als Fertigprodukte für Endbenutzer entwickelt werden und dafür gedacht sind und vorrangig vom oder für den LIZENZNEHMER bzw. die TOCHTERGESELLSCHAFTEN DES LIZENZNEHMERS unter anerkannten oder eingetragenen Markennamen oder Handelsnamen des LIZENZNEHMERS bzw. der TOCHTERGESELLSCHAFTEN DES LIZENZNEHMERS vermarktet werden und in der Lage sind, Daten zu decodieren, aber keine Daten zu kodieren, die die MP3-FUNKTIONALITÄT verwenden, und die durch eines oder mehrere der LIZENZIERTEN PATENTE geschützt sind bzw. insgesamt oder in Teilen die FHG-TECHNOLOGIE, wie in Anhang 1 unter „MPEG-LAYER-3-DECODER“ beschrieben, in OBJEKTCODE-Form enthalten bzw. verwenden; bzw.

(ii) unfertige Hardware-Produkte (wie Leiterplatten [PCB]), die als Bauteile für einsatzbereite Hardware-Produkte Dritter entwickelt werden und dafür gedacht sind (d.h. Fertigprodukte für Endbenutzer), deren unfertige Hardware-Produkte vorrangig vom oder für den LIZENZNEHMER bzw. die TOCHTERGESELLSCHAFTEN DES LIZENZNEHMERS unter anerkannten oder eingetragenen Markennamen oder Handelsnamen des LIZENZNEHMERS bzw. der TOCHTERGESELLSCHAFTEN DES LIZENZNEHMERS vermarktet werden und in der Lage sind, Daten zu decodieren, aber keine Daten zu kodieren, die die MP3-FUNKTIONALITÄT verwenden, und die durch eines oder mehrere der LIZENZIERTEN PATENTE geschützt sind bzw. insgesamt oder in Teilen die FHG-TECHNOLOGIE, wie in Anhang 1 unter „MPEG-LAYER-3-DECODER“ beschrieben, in OBJEKTCODE-Form enthalten bzw. verwenden.“

Dabei definiert der Lizenzvertrag die in 1.7 LV genannte „FHG Technology“ in Ziffer 1.4 wie folgt:

„...‚FHG Technology‘ bezeichnet die Software, Dokumentation und das damit verknüpfte Know-how, so wie in Annex 1 zu dieser Vereinbarung näher beschrieben, die/das von TCE und/oder durch TCE beauftragte Dritte (beispielsweise TCEs Verbundene Unternehmen und/oder FHG) zur Verfügung gestellt wird sowie jedwede Wartung, Aktualisierungen, andere Implementierungen, Modifikationen oder daraus abgeleitete Arbeiten inklusive jedweder Kombination und/oder Benutzung jedes Bestandteils davon mit irgendeiner anderen Software.“

Der Annex 1 LV, auf den die zitierte Ziffer 1.4 LV verweist, beschreibt die FHG Technology genauer:

„A. Beschreibung der FHG Technology

‚FHG Technology‘ besteht aus ‚MPEG Layer-3 Encoder‘ (wie in Abschnitt A.1 dieses Annex 1 definiert) und ‚MPEG Layer-3 Decoder‘ (wie in Abschnitt A.2 dieses Annex 1 definiert) in Objekt Code-Format (nachfolgend gemeinsam ‚Codec(s)‘ genannt) und Dokumentation, Header-Dateien und Beispiels-Quellcode in Quellcode-Format.“

Die mit diesem VERTRAG gewährte Lizenz umfasst CODECS in den folgenden OBJEKTCODE-Formaten für die folgenden Betriebssysteme oder Plattformen:

- OBJEKTCODE-Bibliothek für Microsoft Windows 9x und Windows NT (Intel x86 CPUs).

- OBJEKTCODE-Bibliothek für Apple MacOS (PowerPC CPUs).

TCE ist zu keinem Zeitpunkt verpflichtet, für ein bestimmtes beliebiges OBJEKTCODE-Format der CODECS Lizenzen für andere Betriebssysteme oder Plattformen bereitzustellen bzw. zu unterstützen.“

Die streitgegenständlichen Produkten der Klägerin verwenden die in dem zitierten Annex 1 LV genannten Betriebssysteme nicht. Zudem sind die streitgegenständlichen Produkte ausschließlich fähig, Zweikanal-MP3-Audiodateien wiederzugeben. Sie sind nicht in der Lage, MP3-Audiodateien zu encodieren, das heißt digitale Audiodateien in unkomprimierten Formaten können nicht in MP3-Audioformate kodiert werden, indem man die streitgegenständlichen Produkte benutzt. Eine vollständige Liste der streitgegenständlichen Produkte, für die die Klägerin die Rückzahlung überzahlter Lizenzgebühren begehrt, wurde vorgelegt als Anlage HL 7.

Hinsichtlich der Abrechnung der geschuldeten Lizenzgebühren sieht 3.3 LV folgendes vor:

„Während der Laufzeit dieses Vertrages muss der Lizenznehmer innerhalb eines (1) Monats nach dem 31. März, dem 30. Juni, dem 30. September und dem 31. Dezember eines jeden Kalenderjahres:

3.3.1 TCE eine Abrechnung für das abgelaufene Quartal vorlegen (wobei die ersten Abrechnungen den Zeitraum ab dem Datum des Inkrafttretens bis zum 30. September 2001 umfassen). Jede Abrechnung muss von einem ordnungsgemäß bevollmächtigten Vertreter des Lizenznehmers bestätigt, in schriftlicher und elektrischer Form versandt werden und folgende Angaben enthalten:

(i) Produktbezeichnung der lizenzierten Produkte, damit die Produkte auf dem Markt identifiziert werden können; und

(ii) Im Falle von lizenzierten OEM-Produkten bzw. unfertigen Hardware-Geräten den Namen der Gesellschaft, für die diese Produkte hergestellt werden, sowie den für diese Produkte verwendeten Markennamen/Handelsnamen; und

(iii) Die Menge aller verkauften bzw. verwendeten Lizenzierten Produkte; und

(iv) Kontaktdaten der Empfänger aller Implementierungen und der jeweils bereitgestellten Mengen; und

(v) Alle sonstigen Informationen, die in Anhang 2 verlangt werden oder die sinnvollerweise notwendig sind, damit TCE die Berechnung der gemäß diesem Vertrag fälligen Beträge durch den Lizenznehmer oder die Tochtergesellschaften des Lizenznehmers nachvollziehen kann.

(...)

3.3.3 die erste Lizenzgebührenabrechnung über den Zeitraum vom Datum des Inkrafttretens bis zum 30. September 2001 innerhalb eines (1) Monats nach dem Datum der Unterzeichnung an TCE übermitteln.

Die laufende Lizenzgebühr, die entsprechend dieser ersten Lizenzabrechnung fällig ist, wird vom Lizenznehmer innerhalb eines Monats nach dem Datum der Unterzeichnung gezahlt.

(...)“

Die Klägerin übermittelte zwischen Januar 2013 und Januar 2015 neun Lizenzabrechnungen (vorgelegt als Anlagen HL 16 bis HL 24) über die Lizenzgebühren nach Abschnitt 3.3.1 LV für jedes vorangehende Quartal und leistete an die Beklagte die sich aus den Erklärungen ergebenden Beträge. In diesen Abrechnungen heißt stets sinngemäß, dass die mitgeteilten Verkaufszahlen und daraus folgenden Lizenzgebühren nach dem besten Wissen der Klägerin wahr und richtig seien.

Die Klagepartei trägt vor,

ihr stehe ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Sie schulde der Beklagten keine Lizenzgebühren, weil ihre hier streitgegenständlichen Produkte keine „Lizenzierten Decoder“ im Sinne der Lizenzvereinbarung seien. Schließlich nutzten die streitgegenständlichen Produkte weder die „FHG Technology“ noch machten sie unmittelbaren oder mittelbaren Gebrauch von den lizenzierten Patenten. In diesem Zusammenhang sei hervorzuheben, dass die Klägerin für die Schlüssigkeit der Klage keineswegs Vortrag zu jedem einzelnen der lizenzierten Patente halten müsse. Auch treffe die Klägerin keine Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf das anzuwendende ausländische Recht.

Weiter meint die Klägerin, dass der Lizenzvertrag wegen Kartellrechtsverstoßes nichtig sei. Unter Verweis auf die FRAND-Rechtsprechung sei es nämlich kartellrechtswidrig, wenn ein Angriffsverbot (6.5 LV) vereinbar werde und/oder aufgrund einer Veränderung des Portfolios eine Anpassung der Lizenzgebühr nicht erfolgen könne.

Zudem, so die Klägerin, sei ihr bisheriges Verhalten als konkludente Rücktrittserklärung zu werten. Dies mache sie hilfsweise geltend. Eine zumindest teilweise Rücktrittserklärung könne bereits aus dem vorgerichtlichem Verhalten konkludent entnommen werden, insbesondere anlässlich der Rückzahlungsforderung vom März 2015.

Darüber hinaus ergebe die AGB-rechtliche Klauselkontrolle, dass die Klägerin durch den Lizenzvertrag unangemessen benachteiligt werde.

Jedenfalls könne die Klägerin aus § 813 Abs. 1 BGB Rückzahlung der von ihr entrichteten Lizenzgebühren verlangen. Die für diesen Anspruch vorausgesetzte peremptorische Einrede folge aus § 242 BGB und aus § 162 Abs. 2 BGB. Ein Rechtsverstoß der Beklagten liege darin, dass sie das EP521 rechtswidrig erweitert habe und damit – wenn überhaupt – eine mittelbare Patentverletzung und damit eine Zahlungspflicht der Klägerin begründet habe. Die Beklagte habe hier nicht ursprungsoffenbarte Gegenstände in den Gegenstand des Patents eingeführt und es damit unzulässig erweitert. Die Beklagte könne sich auch unter dem Gesichtspunkt des § 826 BGB nicht auf die unzulässig erweiterte Fassung der betreffenden Patente berufen. Unabhängig davon verletzten die streitgegenständlichen Produkte das EP521 auch bei Zugrundelegung der geänderten Anspruchsfassung nicht.

Zudem schulde die Beklagte der Klägerin entsprechend den Bestimmungen des Lizenzvertrags auf den von ihr rückzuerstattenden Betrag 1 % Zinsen pro Monat.

Außerdem habe die Beklagte der Klägerin den Aufwand für vorprozessuale Anwaltskosten im Gesamtbetrag von ... netto zu vergüten.

Die Klagepartei beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ... nebst Zinsen in Höhe von 1 % pro Monat zu zahlen und zwar ...

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte macht geltend,

der klägerische Vortrag dazu, dass ihre streitgegenständlichen Produkte keinen Gebrauch von jedwedem lizenziertem Patent machten, sei nicht schlüssig, denn die Klägerin führe nur zu einer Auswahl von lizenzierten Patenten aus. Außerdem machten die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin jedenfalls mittelbar Gebrauch von den lizenzierten Patenten, beispielsweise von dem EP521. Weiter fehlten klägerische Ausführungen dazu, ob die Produkte der Klägerin lizenzierte FHG-Technology benutzten.

Aber selbst wenn die Decoder-Produkte der Klägerin keinen Gebrauch von einem der lizenzierten Patent machten, sei die Klägerin nach wie vor bereichert, weil ihr die bestehende Lizenz eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft und die Klägerin diese genutzt habe, indem sie unter anderem ihre Produkte mit der Nutzungsberechtigung an den lizensierten Patenten („Freedom to Operate“) beworben habe. Auch scheitere ein bereicherungsrechtlicher Anspruch daran, dass die Klägerin mit den Lizenzabrechnungen schuldrechtlich anerkannt habe, dass ihre MP3-Dekoder lizenzpflichtig seien.

Ohnehin sei der Klägerin vertraglich verwehrt, gezahlte Lizenzgebühren zurückzufordern, wenn die Nichtigkeit irgendeines der lizenzierten Patente später in gerichtlichen oder behördlichen Verfahren festgestellt werde.

Soweit sich die Klägerin auf die AGB-rechtliche Nichtigkeit des Lizenzvertrags berufe greife dies ebenfalls nicht, weil der Vertrag einzeln verhandelt worden sei. Das diesbezügliche klägerische Vorbringen sei zudem verspätet erfolgt.

Zum Rücktritt der Klägerin führt die Beklagte aus, dass ein solcher erst ab Klageerhebung greife.

Auch stehe der Klägerin kein Anspruch aus § 813 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 162 Abs. 2 BGB analog oder § 242 BGB in Bezug auf Patentfamilie 12 zu. Die Klägerin versuche hier die Bindung der Kammer an die erteilte Fassung des EP521 zu unterlaufen. Es treffe zudem schon nicht zu, dass mit der Beschränkung des EP521 dessen Schutzbereich erweitert worden sei. Diese Beschränkung sei auch weder überraschend noch benachteiligend für die Klägerin, schließlich sehe der Lizenzvertrag ausdrücklich Beschränkungsverfahren in Bezug auf die Licensed Patents vor.

Die Beklagte erhebt hilfsweise die Einrede der Entreicherung sowie höchst hilfsweise die Einrede der Verjährung.

Jedenfalls stünden der Klägerin keine vertraglichen Zinsansprüche zu. Ein solcher folge nicht aus Ziffer 3.9 LV.

Im Termin vom 08.02.2018 hat die Klägerin zwar ihre Klage auf Zahlung von EUR ... reduziert. Dem hat die Beklagte aber nicht zugestimmt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A. Zur Entscheidung stand die volle Klageforderung i.H.v. ..., nachdem die teilweise Klagerücknahme der Klägerin im Termin vom 08.02.2018 unwirksam ist, weil die Beklagte ihre Zustimmung hierzu verweigert hat. Diese Zustimmung war aber erforderlich, nachdem die Klägerin bereits mündlich zur Hauptsache und ihren ursprünglich angekündigten Antrag gestellt hatte. Ein von der Klägerin vorgeschlagenes Ersetzen der Zustimmung wegen Sachdienlichkeit sieht das Gesetz für die Klagerücknahme nicht vor.

B. Die Klage ist unbegründet.

I. Die Rückforderung der Lizenzgebühren mit der Begründung, die streitgegenständlichen Produkte unterfielen nicht dem Lizenzvertrag, ist ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Lizenzzahlungspflicht insoweit durch ihre Lizenzabrechnungen anerkannt hat. Es kam daher nicht darauf an, ob die streitgegenständlichen Produkte von einem der ca. 600 lizenzierten Patente nach dem jeweils anzuwendenden nationalen Recht unmittelbar oder mittelbar Gebrauch machen oder FHG-Technologie enthalten bzw. verwenden.

1. In den Lizenzabrechnungen ist je ein kausales Schuldanerkenntnis zu sehen. Die handschriftlich unterzeichnete Bestätigung der Wahrheit und Richtigkeit der getätigten Zahlungen in den neun Lizenzabrechnungen der Klägerin ist als kausales Anerkenntnis der entsprechenden Lizenzgebührenschuld für die verkauften Produkte zu verstehen.

Voraussetzung für die Annahme eines kausalen Schuldanerkenntnisses ist, dass unter den Parteien Streit oder Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte herrschte (BGHZ 66, 250, 255; BGH NJW 1982, 996, 998; 1984, 799; 1995, 960, 961; 1995, 3312; 1998, 1492; 1999, 2889; 2000, 2501, 2502; NJW-RR 2005, 247; 2007, 530 Rn. 8; WM 1984, 62, 63; 1984, 667, 668; 2008, 1301). Erforderlich und ausreichend ist eine subjektive Ungewissheit der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Die konkrete Lizenzgebührenpflicht der Klägerin hing von der Anzahl der hergestellten beziehungsweise verkauften oder verwendeten „Licensed Products“ ab. Die Höhe der konkreten Lizenzgebührenpflicht war daher bis zum Ablauf einer jeden Lizenzperiode objektiv ungewiss. Für die Beklagte blieb die Höhe der konkreten Lizenzgebühren auch danach ungewiss, weil sie insofern abhängig war von Auskünften der Klägerin über die Anzahl von hergestellten/verkauften/benutzten „Licensed Products“.

Die Klägerin hat durch ihre jeweilige Bestätigung der Richtigkeit der gezahlten Beträge die inhärente höhenmäßige Ungewissheit ihrer stückzahlabhängigen, konkreten Lizenzgebührenzahlungspflicht beseitigt. Die Lizenzabrechnungen der Klägerin haben die Höhe der konkreten Lizenzgebührenzahlungspflicht der Klägerin für die jeweilige Lizenzperiode der Ungewissheit entzogen. Es handelt sich um Erklärungen der Klägerin über die konkrete Ausgestaltung ihrer bis dahin abstrakten, weil in der Höhe unbestimmten, Lizenzgebührenzahlungspflicht.

Ohnehin besteht in dem Maße Unsicherheit auch über die abstrakte Lizenzgebührenzahlungspflicht, wenn aus dem Patentlizenzvertrag nicht hervorgeht, dass über ein bestimmtes Verständnis von dem Schutzbereich eines lizenzierten Patents bei Vertragsschluss Konsens bestand, sondern über den Schutzbereich im Rahmen vertretbarer Positionen gestritten werden kann. Die Zahlung von Lizenzgebühren ist ein Umstand, der auf ein zur Zahlungspflicht führendes Schutzbereichsverständnis des Lizenznehmers schließen lässt. Macht der Lizenznehmer an mehreren Gelegenheiten nacheinander deutlich, dass er geleistete Zahlungen nach seinem besten Wissen für inhaltlich gerechtfertigt hält, ist ein Irrtum über das Bestehen eines Rechtsgrunds gerade nicht wahrscheinlich. So liegt der Fall auch hier. Die Klägerin hat die Decoder-Produkte in dem streitgegenständlichen Zeitraum als lizenzgebührenpflichtige „Licensed Products“ behandelt

2. Ein solches kausales Schuldanerkenntnis schließt jegliche Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur aus, mit denen der Anerkennende mindestens rechnete (vgl. Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, Rz. 6 zu § 781 BGB). Welchen Umfang der Einwendungsverzicht im Einzelfall hat, hängt davon ab, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm bekannten Interessen des Schuldners verstehen muss.

Ein objektiver Erklärungsempfänger verstand die Erklärung der Klägerin, dass die Abrechnung der geschuldeten und gezahlten Lizenzgebühren „nach [...] bestem Wissen wahr und richtig“ erfolgt sei, als kausale Bestätigung der konkreten Lizenzgebührenzahlungspflicht. Den Lizenzabrechnungen lag die prüfende Tätigkeit der Klägerin zugrunde, zu ermitteln, welche ihrer hergestellten, verkauften oder benutzten Produkte eine Lizenzgebührenzahlungspflicht gemäß dem Lizenzvertrag auslösen. Nach dieser Prüfung hat die Klägerin die Wahrheit und Richtigkeit ihrer Abrechnung schriftlich anerkannt. Die Klägerin ist selbst Inhaberin eines umfangreichen Portfolios an gewerblichen Schutzrechten. Sie hält und lizenziert Patente, die für unterschiedliche Technologiestandards essentiell sind. Ihre Versicherung, dass ihre Prüfung der Lizenzgebührenzahlungspflicht ihrer eigenen Produkte wahr und richtig ist, konnte die Beklagte nicht anders als ein verbindliches, feststellendes Anerkenntnis der konkreten Lizenzgebührenpflicht der genannten Decoder-Produkte verstehen.

II. Soweit sich die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung darauf berufen hat, in ihrem bisherigen Verhalten sei eine konkludente Rücktrittserklärung zu sehen bzw. eine zumindest teilweise Rücktrittserklärung könne bereits ihrem vorgerichtlichem Verhalten konkludent entnommen werden, führt auch dies nicht zum Erfolg der Klage. Die Klägerin hat schon keinen Rücktrittsgrund dargetan. Zudem hat der Rücktritt nur ex nunc-Wirkung. Die streitgegenständlichen Abrechnungsperioden würden hiervon nicht betroffen.

III. Auch soweit die Klägerin – ebenfalls erstmals in der mündlichen Verhandlung – geltend gemacht hat, der Lizenzvertrag sei wegen Verstoßes gegen AGB- sowie gegen Kartellrecht unwirksam, ändert dies nichts an der Klageabweisung.

Zur Frage, ob der Vertrag der AGB-Klauselkontrolle unterliegt, führt die Klägerin an, der Vertragstext sei von der Beklagten vorgegeben worden. Dies bestreitet die Beklagte und trägt vor, der Vertrag sei in einzelnen Punkten ausgehandelt worden. Die Klägerin hat für die Richtigkeit ihrer gegenteiligen Behauptung keinen Beweis angeboten. Auch hat die Klägerin nicht angegeben, welche konkrete Klausel der Kontrolle nicht standhalten wird,

Weiter fehlt klägerischer Vortrag dazu, dass und warum der Lizenzvertrag eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt hat, § 1 GWB.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

D. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 3 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 2, 3 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Endurteil, 15. März 2018 - 7 O 23064/16

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Referenzen - Gesetze

Landgericht München I Endurteil, 15. März 2018 - 7 O 23064/16 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 1 Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen


Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 781 Schuldanerkenntnis


Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 813 Erfüllung trotz Einrede


(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 21

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(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 214 Abs. 2 bleibt unberührt.

(2) Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 214 Abs. 2 bleibt unberührt.

(2) Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.