Landgericht München I Endurteil, 05. Apr. 2016 - 20 O 5346/15

published on 05/04/2016 00:00
Landgericht München I Endurteil, 05. Apr. 2016 - 20 O 5346/15
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Widerbeklagten und Drittwiderbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Widerkläger 7.408,82 britische Pfund nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.03.2015 sowie weitere 3.597,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.03.2015 zu zahlen.

3. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Widerklägers und Beklagten trägt die Klägerin und Widerbeklagte in Höhe von 9 % alleine, 91 % tragen Klägerin und die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 14.077,53 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Folgen aus einem Unfall am 03.10.2014 in M. in der E. straße.

Die Klägerin ist Eigentümerin und Halterin eines Mini Cooper, der an diesem Tag vom Sohn des Geschäftsführers der Klägerin, ... gesteuert wurde. Dieser fuhr auf der E. straße Richtung L. platz und hielt an der roten Ampel als erstes Fahrzeug auf der am weitesten links gelegenen Fahrspur von vier Fahrspuren. Auf der Verkehrsinsel links vom Fahrzeug befanden sich Fußgänger.

Im Zeitpunkt des Unfalls hatte der Beklagte, der von einem Besuch auf dem Oktoberfest kam, eine Alkoholisierung von 0,77 Promille.

Nach dem Vortrag der Klagepartei fuhr ... bei grün los, als die Ampel für die Fußgänger rot zeigte. Der Beklagte kam von rechts und es kam zu einer Kollision zwischen dem Mini Cooper und dem Beklagten. Der Beklagte kam zu Sturz.

Nach dem Vortrag der Klagepartei war ein weiteres rechts vom Mini Cooper stehendes Fahrzeug bereits angefahren und der Beklagte schlängelte sich hinter diesem durch, so dass ... ihn übersah und es zur Kollision kam.

Mit der Klage wird der Sachschaden am Fahrzeug geltend gemacht. Dieser beträgt € 1.213,09. Hinzu kommt die Unkostenpauschale von € 20,–.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 1.233,09 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.11.2014 sowie € 94,75 nicht anzurechnendes vorgerichtliches Anwaltshonorar zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte behauptet, er habe bei grün die Fußgängerfurt betreten, die dann, während er die Kreuzung überquerte, auf rot gewechselt habe. Die weiteren dort stehenden Fahrzeuge habe er bereits passiert gehabt, als der Mini Cooper angefahren sei, mit ihm kollidiert sei und er zu Sturz gekommen sei.

Das am Verkehrsunfall beteiligte Fahrzeug ist bei der Drittwiderbeklagten zu 3) haftpflichtversichert.

Durch die Kollision erlitt der Beklagte eine Gehirnerschütterung und Prellungen. Er verlor drei Schneidezähne und erlitt eine Oberkieferfraktur.

Mit der Widerklage macht der Beklagte Behandlungskosten für die Zahnbehandlung in Höhe von € 7.408,82 GBP geltend sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von € 3.500,– und Transportkosten und Schadensersatz für das blutverschmierte Hotelkissen.

Der Beklagte erhob Widerklage und Drittwiderklage gegen den Fahrer des Fahrzeugs ... und die Versicherung die Drittwiderbeklagte zu 3) mit folgendem Antrag,

die Widerbeklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Beklagten 7.408,82 GBP sowie € 3.597,86 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Die Widerbeklagte und Drittwiderbeklagten beantragen:

Abweisung der Widerklage.

Sie behaupten, der Unfall sei für den Widerbeklagten zu 2) unvermeidbar gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erörterung einer Fotokopie aus dem Bayernatlas zur Bestimmung des Unfallortes sowie durch Anhörung des Fahrers, ..., und des Beklagten, ...

Ferner wurden vernommen die Zeugen ... und ... und die Zeugin ..., vergleiche dazu Protokoll vom 16.02.2016, Bl. 66 bis 84 d.A.

Zur Ergänzung des Tatbestands im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Widerklage und Drittwiderklage ist begründet.

Klage:

In der Beweisaufnahme vom 16.02.2016 hat jede der Parteien ihre Unfallversion aufrecht erhalten, d.h. der Drittwiderbeklagte, ... gab an, bei grün losgefahren zu sein, während der Beklagte sich sicher war, bei grün die Fußgängerfurt betreten zu haben.

Glaubhaft hat auch ..., die Beifahrerin von ... geschildert, dass sie dies ebenso in Erinnerung hat wie der Fahrer, ... nämlich dass sie erst bei grün für die Autos losgefahren sind.

Auch der Zeuge ... hat glaubhaft geschildert, dass er den Unfall so in Erinnerung hatte, dass der am Unfall beteiligte PKW erst losfuhr, als es grün für die Autos zeigte.

Allerdings hatte er den Standort des Fahrzeugs vor dem Unfall jetzt anders in Erinnerung als er von den anderen Unfallbeteiligten geschildert wird.

Die Freunde des Beklagten, die mit diesem das Oktoberfest besucht hatten, bevor es zum Unfall kam, haben hingegen ebenfalls glaubhaft die Unfallversion des Beklagten bestätigt, nämlich dass dieser noch bei grün die Fußgängerfurt betreten hat. Jedenfalls der Zeuge ... und der Zeuge ....

Alle Zeugen waren glaubwürdig. Welche der beiden Seiten die tatsächlichen Ereignisse an diesem Abend geschildert hat, ist nicht mehr feststellbar, so dass von einem ungeklärten Unfallhergang auszugehen ist.

Auch die Aussage des sogenannten neutralen Zeugen, ..., der meint, dass das klägerische Fahrzeug bei grün losgefahren sei, ist nicht geeignet, den Unfallhergang letztendlich aufzuklären, denn es ist durchaus möglich, dass der Beklagte die vierspurige Straße nicht ganz so zügig überquert hat, wie es die Ampelschaltung dort erfordert. Hinzu kommen die Erinnerungslücken bezüglich des Standorts des Unfallfahrzeugs, die dazu führen, dass eine Überzeugung davon, dass ... wirklich bei grün für die Fahrzeuge losfuhr, nicht gewonnen werden konnte.

Hinzu kommt, dass ... eingeräumt hat, vor dem Losfahren nicht nach rechts geschaut zu haben, sondern sich vielmehr auf die links von ihm befindliche Fußgängergruppe konzentriert zu haben.

Die Klage war daher abzuweisen, weil ein Verschulden des Beklagten nicht nachgewiesen ist.

Die Alkoholisierung des Beklagten führt nicht zur Annahme eines Verschuldens, denn es ist nicht verboten, angetrunken zu Fuß zu gehen.

Widerklage:

Die Widerklage war hingegen zuzusprechen, weil die Widerbeklagten gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 249, 253 BGB dem Beklagten und Widerkläger auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haften.

Zwar ist ein Verschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs nicht nachgewiesen, denn auch für diesen gilt, dass es ungeklärt bleibt, wer zu welchem Zeitpunkt grün hatte.

Der Fahrer und die Versicherung haften jedoch aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs, denn der Unfall wurde beim Betrieb des Fahrzeugs verursacht.

Ein Fußgänger hat keine Betriebsgefahr.

Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs beträgt 100 %.

Schadenshöhe:

Durch die vorgelegten Unterlagen steht fest, dass die geltend gemachten Kosten für die Zahnbehandlung entstanden sind.

Der Beklagte hat dies auch in der Sitzung überzeugend angegeben, zumal er immer noch weiter in Behandlung ist und an den Folgen des Unfalls leidet.

Die Transportkosten sind durch eine Rechnung nachgewiesen. Die Kosten für ein blutiges Hotelkissen sind mit € 40,– nicht zu hoch bemessen. Dass der Beklagte nach dem Unfall blutete, ist nachgewiesen durch die Fotos und auch die Angaben des Zeugen ... und des Beklagten und seiner Freunde.

Auch das Schmerzensgeld in Höhe von € 3.500,– war keinesfalls zu gering bemessen angesichts der Tatsache, dass der Kläger drei Zähne verloren hat und eine Oberkieferfraktur und nach wie vor nur mit einem Provisorium versorgt ist, so dass er immer noch unter den Unfallfolgen leidet.

Zinsen: §§ 288, 291 BGB.

Kosten: § 100 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

Der Streitwert wurde zum aktuellen Tageskurs des Britischen Pfundes festgesetzt wie folgt:

7.408,82 GBP sind heute € 9.246,58,

hinzu kommen € 3.597,86

bezifferter Schadensersatz und Schmerzensgeld und € 1.233,09 Klageforderung.

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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Annotations

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.