Landgericht Landshut Grundurteil, 18. Okt. 2017 - 1 HK O 1155/17

bei uns veröffentlicht am18.10.2017

Gericht

Landgericht Landshut

Tenor

Die Klage ist dem Grunde nach begründet.

Tatbestand

Die Klägerin macht mit ihrer am 11.05.2017 eingegangenen Klage einen angeblich von der J. GmbH gem. § 86 Abs. 1. S. 1 VVG auf sie übergegangenen Anspruch geltend.

Nach telefonischer Bestellung durch die Firma J. übersandte die Beklagte der Firma J. am 12.08.2014 um 16:30 Uhr per Telefax eine Auftragsbestätigung. In der Auftragsbestätigung heißt es:

Wir bestätigen hiermit Ihren Auftrag der Autokrangestellung (Leistungstyp 1 Krangestellung gem. AGB der BSK).

Wegen des weiteren Inhalts der Auftragsbestätigung wird auf die Anlage B 1 Bezug genommen.

Am 13.08.2014 traf der bei der Beklagten beschäftigte Kranführer K. mit einem Kran bei der Klägerin ein. Dort sollte eine Messmaschine auf einen LKW gehoben werden. Der Kranführer K. entschloss sich vor Ort, das ursprünglich eingescherte Kranseil umzuscheren. Beim Umscheren unterlief ihm ein Fehler. Dadurch riss nach dem Anheben der Maschine ein Hubseil, die Kranflasche mit Haken stürzte auf die Kiste und durchschlug diese.

Die Höhe des hierdurch an der Maschine entstandenen Schadens ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin behauptet, sie sei im August 2014 Verkehrshaftpflichtversicherer der J. GmbH gewesen. Sie habe die mit der Klage geltend gemachten Beträge durch Zahlung auf das Konto ihrer Versicherungsnehmerin reguliert. Die Klägerin legt hierzu als Anlage K 7 die Versicherungspolice und als Anlagen K 8 und K 9 EDV-Zahlungsbelege vor.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.052,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins aus 21.800,50 € seit 03.03.2017 sowie aus 5.252.20 € seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt vor, der Kranführer K. sei nicht nur vor seiner Einstellung im Betrieb der Beklagten am 18.11.2013 sorgfältig ausgewählt worden, sondern auch schrittweise auf das eigenständige Kranführen vorbereitet worden.

Die Beklagte meint, es sei kein Frachtvertrag geschlossen worden, sondern ein Mietvertrag und ein Dienstverschaffungsvertrag. Der Kranführer K. sei deshalb nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten tätig gewesen.

Die Beklagte erhebt ferner den Verjährungseinwand. Sie meint, selbst wenn es sich um frachtvertragliche Ansprüche handeln sollte, was nicht vorliege, wäre der Anspruch der Klägerin gem. § 439 Abs. 1 S. 1 HGB verjährt.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 30.08.2017 (Bl. 53 ff.) Bezug genommen.

Gründe

1. Die J. GmbH haftet dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB.

Der Schadensfall wurde durch den Zeugen K. verschuldet. Der Zeuge K. musste beim Umscheren zwei Stifte herausziehen. Einen davon hat er nach dem Umscheren ordnungsgemäß wieder hineingesteckt. Den anderen hat er nicht, wie erforderlich, vor das Seil, sondern hinter das Seil gesteckt. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest auf Grund der eigenen, ebenso sachkundigen wie glaubwürdigen, Aussage des Zeugen K..

Das Verschulden des Zeugen K. ist der Beklagten gem. § 278 S. 1 BGB zuzurechnen. Der Zeuge K. wurde beim Umscheren im Pflichtenkreis der Beklagten tätig. Zwar geht das Gericht mit der Beklagten davon aus, dass die Parteien keinen Frachtvertrag, sondern einen Mietvertrag und einen Dienstverschaffungsvertrag geschlossen haben. Ausweislich der Auftragsbestätigung war kein konkreter, dort bestimmter Erfolg (Maschine befindet sich auf dem LKW) vereinbart, sondern das Stellen eines Autokrans mit Kranführer. Hinsichtlich der Frage, welcher konkrete Gegenstand wohin gehoben werden sollte, unterlag der Zeuge K. somit nicht der Weisung der Beklagten, sondern der ihm vor Ort erteilten Weisung der J. GmbH. Insoweit war der Zeuge K. während der Dauer der Maschinenvermietung in den Betrieb der J. GmbH eingegliedert. Die Weisungsbefugnis für das fachmännische Bedienen des ausgeliehenen Geräts lag aber weiterhin bei der Beklagten. Die Kammer ist auf Grund der Aussage des Zeugen K. davon überzeugt, dass zum Bedienen des Krans eine gewisse Sachkunde erforderlich war. Die Beklagte kann nicht davon ausgehen, dass diese Sachkunde bei ihren Mietern vorhanden ist. Die Beklagte musste vielmehr davon ausgehen, dass die J. GmbH mit der konkreten Bedienung des Krans nichts zu tun haben wollte. Hinsichtlich der vorbereitenden Arbeitsvorgänge, für deren fachgerechte Ausführung Spezialwissen zur Technik des angemieteten Krans erforderlich war, wollte die J. GmbH - für die Beklagte erkennbar - keine Verantwortung übernehmen. Die J. GmbH hatte dem Zeugen K. hinsichtlich des Umscherens auch keine Weisung erteilt.

Der Anspruch ist nicht gem. § 439 Abs. 1 S. 1 HGB verjährt, da diese Vorschrift auf den vorliegenden Dienstvertrag nicht anzuwenden ist.

2. Die Klägerin hat durch die Anlagen K 7, K 8 und K 9 die tatsächlichen Voraussetzungen des Forderungsübergangs gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.

Das Gericht entscheidet gem. § 304 Abs. 1 ZPO vorab über den Grund des Anspruchs. Bezüglich der Höhe ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Hierzu ist ein Sachverständigengutachten über die Schadenshöhe erforderlich.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 86 Übergang von Ersatzansprüchen


(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werd

Zivilprozessordnung - ZPO | § 304 Zwischenurteil über den Grund


(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt is

Handelsgesetzbuch - HGB | § 439 Verjährung


(1) Ansprüche aus einer Beförderung, die den Vorschriften dieses Unterabschnitts unterliegt, verjähren in einem Jahr. Bei Vorsatz oder bei einem dem Vorsatz nach § 435 gleichstehenden Verschulden beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. (2) Die V

Referenzen

(1) Ansprüche aus einer Beförderung, die den Vorschriften dieses Unterabschnitts unterliegt, verjähren in einem Jahr. Bei Vorsatz oder bei einem dem Vorsatz nach § 435 gleichstehenden Verschulden beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre.

(2) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Tages, an dem das Gut abgeliefert wurde. Ist das Gut nicht abgeliefert worden, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Tages, an dem das Gut hätte abgeliefert werden müssen. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 beginnt die Verjährung von Rückgriffsansprüchen mit dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des Urteils gegen den Rückgriffsgläubiger oder, wenn kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, mit dem Tag, an dem der Rückgriffsgläubiger den Anspruch befriedigt hat, es sei denn, der Rückgriffsschuldner wurde nicht innerhalb von drei Monaten, nachdem der Rückgriffsgläubiger Kenntnis von dem Schaden und der Person des Rückgriffsschuldners erlangt hat, über diesen Schaden unterrichtet.

(3) Die Verjährung eines Anspruchs gegen den Frachtführer wird auch durch eine Erklärung des Absenders oder Empfängers, mit der dieser Ersatzansprüche erhebt, bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Frachtführer die Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung bedürfen der Textform. Eine weitere Erklärung, die denselben Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, hemmt die Verjährung nicht erneut.

(4) Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes oder wegen Überschreitung der Lieferfrist kann nur durch Vereinbarung, die im einzelnen ausgehandelt ist, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen ist, erleichtert oder erschwert werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Ansprüche aus einer Beförderung, die den Vorschriften dieses Unterabschnitts unterliegt, verjähren in einem Jahr. Bei Vorsatz oder bei einem dem Vorsatz nach § 435 gleichstehenden Verschulden beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre.

(2) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Tages, an dem das Gut abgeliefert wurde. Ist das Gut nicht abgeliefert worden, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Tages, an dem das Gut hätte abgeliefert werden müssen. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 beginnt die Verjährung von Rückgriffsansprüchen mit dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des Urteils gegen den Rückgriffsgläubiger oder, wenn kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, mit dem Tag, an dem der Rückgriffsgläubiger den Anspruch befriedigt hat, es sei denn, der Rückgriffsschuldner wurde nicht innerhalb von drei Monaten, nachdem der Rückgriffsgläubiger Kenntnis von dem Schaden und der Person des Rückgriffsschuldners erlangt hat, über diesen Schaden unterrichtet.

(3) Die Verjährung eines Anspruchs gegen den Frachtführer wird auch durch eine Erklärung des Absenders oder Empfängers, mit der dieser Ersatzansprüche erhebt, bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Frachtführer die Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung bedürfen der Textform. Eine weitere Erklärung, die denselben Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, hemmt die Verjährung nicht erneut.

(4) Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes oder wegen Überschreitung der Lieferfrist kann nur durch Vereinbarung, die im einzelnen ausgehandelt ist, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen ist, erleichtert oder erschwert werden.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.