Gericht

Landgericht Landshut

Gründe

Landgericht Landshut

Az.: 6 Qs 99/15

6 Ds 38 Js 18559/12 AG Freising

38 Js 18559/12 Staatsanwaltschaft Landshut

In dem Strafverfahren

gegen

...

Verteidiger: Rechtsanwalt ...

wegen Urkundenfälschung /Betrug

hier: Beschwerde gegen den Beschluss des Hauptsachegerichts, örtlich für das Hauptverfahren unzuständig zu sein (Haupttat, Postpendenz)

erlässt das Landgericht Landshut - 6. Strafkammer - durch die unterzeichnenden Richter

am 23.07.2015

folgenden

Beschluss

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Landshut gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freising vom 18.03.2015 wird kostenfällig als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Am 19.12.2014 beantragte die Staatsanwaltschaft Landshut beim Amtsgericht Freising, dem Angeschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen. Am 08.01.2015 erhob sie - gegen den damals mit Wohnsitz in C. aufgeführten Angeklagten - zum Amtsgericht Freising Anklage wegen in 60331 Frankfurt am Main begangenen Betrugs mit Urkundenfälschung bzw. in 85354 Freising begangenen versuchtem Betrug mit Urkundenfälschung. Am 17.01.2015 retournierte das Amtsgericht Freising die Akte mit der Anregung, die Anklage zurückzunehmen und - näher bezeichnete - Nachermittlungen im Hinblick auf die Täterschaft des Angeklagten als auch die angeklagte Gewerbsmäßigkeit durchzuführen. Am 31.01.2015 verfügte das Amtsgericht Freising die Zustellung der Anklage.

Am 06.01.2015 retournierte das Amtsgericht Freising erneut die Akten an die Staatsanwaltschaft Landshut mit der Absichtserklärung, sich für örtlich unzuständig erklären zu wollen, soweit nicht die Anklage zurück genommen werde. Die Staatsanwaltschaft Landshut hielt an der Anklage fest.

Mit Beschluss vom 18.03.2015 erklärte sich das Amtsgericht Freising für örtlich unzuständig. Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft Landshut mit Schreiben vom 31.03.2015 Beschwerde ein. Das Amtsgericht Freising half der Beschwerde nicht ab. Die Staatsanwaltschaft Landshut legte die Akten dem Landgericht Landshut zur Entscheidung vor mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben, die Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren zu eröffnen.

II.

Die gemäß § 304 StPO zulässige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Landshut hat in der Sache keinen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung ist zu Recht ergangen. Soweit beim Amtsgericht Freising ein Gerichtsstand eröffnet ist, ist ein Tatnachweis nach Aktenlage nicht zu führen. Für Taten, bei denen ein hinreichender Tatverdacht besteht und insbesondere ein hinreichender Tatnachweis zu führen ist, ist für das Amtsgericht Freising kein Gerichtsstand gegeben.

1. Betrugs- /Urkundsdelikte (Vortaten)

a. Zuständigkeiten nach §§ 8, 9, StPO

Eine Zuständigkeit aufgrund Wohnsitzes bzw. Aufenthaltsortes (§ 8 StPO) oder aufgrund Ergreifungsortes (§ 9 StPO) ist offensichtlich nicht gegeben und wird von der Staatsanwaltschaft auch nicht vorgetragen.

b. Zuständigkeit gemäß § 7 StPO

aa. Laut Anklageschrift vom 08.01.2015 liegt der Tatort für das in Ziffer 1. aufgeführte Delikt in 60311 Frankfurt am Main, also nicht im Bereich des Amtsgerichts Freising. Erfolgsort wäre allerdings in 85375 Neufahrn, dem Sitz der geschädigten Firma A..

Tatort der in Ziffer 2. der Anklage bezeichneten Betrugs- und Urkundenfälschungstat zum Nachteil derselben Geschädigten ist die - in 85354 Freising. Dies liegt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Amtsgericht Freising.

bb. Im Hinblick auf das Betrugs-/Urkundsdelikt wird allerdings ein Tatnachweis in der Hauptverhandlung nicht zu führen sein; hingegen erscheint eine Verurteilung des Angeklagten wegen Geldwäsche nicht ausgeschlossen.

Zwar befindet sich das Verfahren noch nicht im Stadium der Hauptverhandlung, die eine Ausschöpfung sämtlicher Beweismittel ermöglicht, sondern noch im Zwischenverfahren. Es hat trotzdem eine Beurteilung der Verurteilungswahrscheinlichkeit der angeklagten Delikte zu erfolgen und zwar nach Aktenlage. Im Falle der Verneinung der Verurteilungswahrscheinlichkeit eines Delikts wäre die diesbezügliche Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Nachdem die angeklagten Sachverhalte jedoch Postpendenztatsachen für ein Delikt der Geldwäsche beinhalten, kann wegen eines Strafklageverbrauchs in Bezug auf die Geldwäsche die Eröffnung nicht abgelehnt werden, sondern für die Entscheidung letztlich nur auf eine - auf die Geldwäsche bezogene - örtliche Unzuständigkeit abgestellt werden (vgl. LG Frankfurt a. d. Oder Beschluss vom 19.12.2011 Az. (3 KLs) 220 Js 4229/08 in: OLG Brandenburg Beschluss vom 27.08.2012 Gz. 1 Ws 132/12).

Die Verbindung eines Geldwäschedelikts, für das beim angerufenen Gericht - auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsortes, da ein abstraktes Gefährdungsdelikt gegeben ist (vgl. BGH Beschluss vom 23.04.2013 Gz. 2 AR 91713) - eine Zuständigkeit besteht, mit einem augenscheinlich nicht verurteilbaren weiteren Delikt in der Anklageschrift müsste als willkürlich angesehen werden. Denn diese Verbindung der Delikte in der Anklageschrift geschieht dann offensichtlich nur zu dem Zweck, eine nicht vorhandene gerichtliche Zuständigkeit herbeizuführen. Dass der Angeklagte mittlerweile nicht mehr in C. wohnhaft, sondern unbekannten Aufenthaltes ist, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

Die in den Gründen der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Einschätzung des Erstgerichts, dass eine Verurteilung dieses Angeklagten wegen täterschaftlicher oder teilnehmender Begehungsweise an der in Freising begangenen Betrugs- bzw. Urkundenfälschungstat unwahrscheinlich ist, wird von der Kammer vollumfänglich geteilt. Der Angeschuldigte bestreitet die Taten. Für eine Verurteilung stehen weder Sachbeweise, deren Versuch einer (Nach-) Ermittlung die Staatsanwaltschaft ausdrücklich ablehnt, noch sonstige Umstände zur Verfügung, die sich aus Gesamtzusammenhängen mit weiteren gleichgelagerten Betrugs- /Urkundsdelikten und /oder der Geldwäsche ergeben würden. In der Bewertung der zur Verfügung stehenden Beweismittel folgt die Kammer der ausführlichen und zutreffenden Begründung des Amtsgerichts Freising.

2. Zuständigkeit für Delikte der Geldwäsche

Eine Zuständigkeit des im Sachverhalt der Anklage mit aufgenommenen Delikts der Geldwäsche, das die Staatsanwaltschaft im Falle nicht erweislicher Vortat abgeurteilt wünscht, ist für das Amtsgericht Freising nicht ersichtlich. Die in der Anklage dem Angeklagten zugeordnete und benannte Kontoverbindung liegt bei der - AG in der Schweiz. Eine Tatortzuständigkeit scheidet damit aus. Sonstige Zuständigkeiten sind nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 473 I StPO.

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Landgericht Landshut Beschluss, 23. Juli 2015 - 6 Qs 99/15 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafprozeßordnung - StPO | § 7 Gerichtsstand des Tatortes


(1) Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist. (2) Wird die Straftat durch den Inhalt einer im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes erschienenen Druckschrift verwirklicht, so ist als das nach Absatz

Strafprozeßordnung - StPO | § 8 Gerichtsstand des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes


(1) Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat. (2) Hat der Angeschuldigte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes, so wird der Geric

Strafprozeßordnung - StPO | § 9 Gerichtsstand des Ergreifungsortes


Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist.

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bei uns veröffentlicht am 23.07.2015

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Landgericht Landshut Beschluss, 23. Juli 2015 - 6 Qs 99/15

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat.

(2) Hat der Angeschuldigte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes, so wird der Gerichtsstand auch durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.

Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist.

(1) Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist.

(2) Wird die Straftat durch den Inhalt einer im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes erschienenen Druckschrift verwirklicht, so ist als das nach Absatz 1 zuständige Gericht nur das Gericht anzusehen, in dessen Bezirk die Druckschrift erschienen ist. Jedoch ist in den Fällen der Beleidigung, sofern die Verfolgung im Wege der Privatklage stattfindet, auch das Gericht, in dessen Bezirk die Druckschrift verbreitet worden ist, zuständig, wenn in diesem Bezirk die beleidigte Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.