Landgericht Bayreuth Beschluss, 29. Juli 2015 - 42 T 109/13

bei uns veröffentlicht am29.07.2015
vorgehend
Amtsgericht Bayreuth, 7 XVII 854/12, 26.03.2013

Gericht

Landgericht Bayreuth

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 19.09.2013, Az. 42 T 109/13, den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat.

2. Im Übrigen wird der Feststellungsantrag zurückgewiesen.

3. Die Auslagen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren und Rechtsbeschwerdeverfahren trägt die Staatskasse. Gebühren für das Beschwerdeverfahren und Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer begehrt nach Aufhebung einer Betreuung die Feststellung der Rechtswidrigkeit der gerichtlichen Entscheidungen.

Für den Beschwerdeführer war die Errichtung einer sofortigen Betreuung vom Bezirkskrankenhaus mit Telefax vom 20.09.2012 angeregt worden (vgl. Bl. 1 f. d. A.). Nach Anhörung des Beschwerdeführers ordnete die zuständige Richterin mit Beschluss vom 21.09.2012 die Einholung eines Gutachtens zu den medizinischen Voraussetzungen einer Betreuung und einer freiheitsentziehenden Unterbringung an (vgl. Bl. 5 d. A.). Das Gutachten kam zum Ergebnis, dass eine Betreuung erforderlich sei.

Mit Telefax vom 23.10.2012 wurde vom Bezirkskrankenhaus erneut die Errichtung einer Betreuung angeregt. Nach wiederholten Aufenthalten im Bezirkskrankenhaus teilte der leitende Arzt des Suchtbereiches des Bezirkskrankenhauses mit Telefax vom 10.12.2012 mit, dass seines Erachtens die Voraussetzungen für eine vorläufige Betreuung vorlägen.

Nach Anhörung des Beschwerdeführers ordnete das Amtsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 19.12.2012 die Einholung eines weiteren Gutachtens an und beauftragte den Landgerichtsarzt mit der Erstellung (vgl. Bl. 43 d. A.). Dieser war in einem früheren Gutachten vom 11.07.2012 im Verfahren 7 XVII 40/12 zum Ergebnis gekommen, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Betreuung nicht vorlägen.

Nach Stellungnahme der Betreuungsbehörde (vgl. Bl. 47 f. d. A.) ordnete das Amtsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 07.02.2013 durch einstweilige Anordnung vorläufige Betreuung an (vgl. Bl. 49 ff. d. A.). Grundlage der Anordnung war ein ärztliches Attest von Dr. S. vom 31.01.2013 (vgl. Bl. 46 a und b d. A.).

Unter dem 19.03.2013 erstatte der Landgerichtsarzt sein Gutachten (vgl. Bl. 65 ff. d. A.) und kam zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung aus ärztlicher Sicht nunmehr vorlägen.

Nach Anhörung des Betroffenen ordnete das Amtsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 26.03.2013 (vgl. Bl. 81 ff. d. A.) Betreuung an und bestellte dem Beschwerdeführer eine Berufsbetreuerin.

Das Landgericht wies die Beschwerde des Betroffenen gegen die Betreuungsanordnung mit Beschluss vom 19.09.2013 (vgl. Bl. 135 ff. d. A.) zurück, nachdem es wegen einer Beschwerde im Unterbringungsverfahren bereits eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. K. eingeholt (vgl. Bl. 87 ff. des Unterbringungsheftes) und den Beschwerdeführer am 04.07.2013 im Rahmen der Unterbringungsbeschwerde angehört hatte (vgl. Bl. 109 f. des Unterbringungsheftes).

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts blieb ebenfalls erfolglos (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2014, Sonderband Bl. 29).

Mit Schreiben vom 25.08.2014 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der Betreuung. Nach Einholung von Stellungnahmen der Betreuerin (vgl. Bl. 323 d. A.) und der Betreuungsbehörde (vgl. Bl. 387 d. A.) hob das Amtsgericht Bayreuth die Betreuung mit Beschluss vom 21.10.2014 auf (vgl. Bl. 389 f. d. A.).

Mit Beschluss vom 20.01.2015 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Beschlüsse des Landgerichts vom 19.09.2013 und des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2014 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzen, hob die Beschlüsse auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück (vgl. 431 ff. d. A.).

Nachdem der Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden war, dass das Rechtsschutzbedürfnis für seine Beschwerde wegen der Aufhebung der Betreuung entfallen war, hat er mit Schreiben vom 01.03.2015 (vgl. Bl. 473 ff. d. A.) die Feststellung beantragt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 26.03.2013 in rechtswidriger Weise ergangen sei. Zur Begründung führt er aus, dass er einer Betreuerbestellung nie positiv zugestimmt habe und spätestens mit seiner Beschwerde zum Ausdruck gekommen sei, dass er eine Betreuung ablehne und dies auf einem frei gebildeten Willen beruhe. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass mindestens ab der Ebene des Landgerichts verfahrensrechtliche Erfordernisse in gravierender Weise außer Acht gelassen worden seien und hierdurch sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt worden sei. Mit Schriftsätzen vom 02.04.2015 und 01.06.2015 hat der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers ergänzend Stellung genommen (vgl. Bl. 464 f. und 479 f. d. A.). Er stellt im Wesentlichen darauf ab, dass das Landgericht den Beschwerdeführer nicht angehört habe.

Die Bezirksrevisorin hat zum Feststellungsantrag ebenfalls Stellung genommen (vgl. Bl. 500 d. A.).

Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat sich zu dieser Stellungnahme mit Schriftsatz vom 25.07.2015 geäußert.

Das Verfahren, das mit Beschluss vom 22.08.2013 an den Einzelrichter übertragen worden war, ist mit Beschluss vom 28.07.2015 nach Anhörung des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers auf die Kammer zurück übertragen worden.

II.

Der zulässige Feststellungsantrag ist teilweise begründet.

1. Der Antrag des Beschwerdeführers ist dahingehend auszulegen, dass er zum einen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Betreuung mit Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 26.03.2013 begehrt, wie er dies im Schreiben vom 01.03.2015 ausdrücklich beantragt hat.

Sein Begehren ist aber weitergehend so zu verstehen, dass er auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückweisung der Beschwerde mit Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 19.09.2013 erreichen will. Denn er selbst führt aus, dass mindestens ab der Ebene des Landgerichts verfahrensrechtliche Erfordernisse in gravierender Weise außer Acht gelassen worden seien und hierdurch sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt worden sei. Auch sein bevollmächtigter Rechtsanwalt begründet die Aufrechterhaltung der Beschwerde im Schriftsatz vom 01.06.2015 maßgeblich damit, dass der Beschwerdeführer im landgerichtlichen Verfahren vor der Beschwerdeentscheidung vom 19.09.2013 hätte angehört werden müssen.

2. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Betreuung mit Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 26.03.2013 und der Zurückweisung der Beschwerde mit Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 19.09.2013 ist zulässig.

a) Der Feststellungsantrag ist statthaft.

aa) Gemäß § 62 Abs. 1 FamFG spricht das Beschwerdegericht, wenn sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

Ausgeschlossen wird dadurch insbesondere ein Feststellungsverfahren außerhalb eines Beschwerdeverfahrens (vgl. Budde, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 62 Rn. 4). Hier hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 20.01.2015 die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht Bayreuth zurückverwiesen. Damit ist das Beschwerdeverfahren noch anhängig.

Da sich die angefochtene Entscheidung aber wegen der Aufhebung der Betreuung mit Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 21.10.2014 erledigt hat, ist der Antrag des Beschwerdeführers nach § 62 FamFG bezüglich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung vom 26.03.2013 statthaft.

bb) Der Antrag ist auch statthaft, soweit der Beschwerdeführer die Feststellung der Rechtswidrigkeit der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung beantragt.

Zwar kann nach dem Wortlaut des § 62 Abs. 1 FamFG nur die Feststellung beantragt werden, dass die Entscheidung des Gerichts erster Instanz den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Darauf hat auch die Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 17.06.2015 hingewiesen.

Allerdings ist § 62 FamFG auf die vorliegende Fallgestaltung entsprechend anzuwenden. Denn hier besteht die Besonderheit, dass das Bundesverfassungsgericht trotz zwischenzeitlicher Erledigung der Betreuungsanordnung das Verfahren an das Landgericht zurückverwiesen hat, so dass das Verfahren nach wie vor beim Beschwerdegericht anhängig ist.

Der Fall ist in § 62 FamFG nicht geregelt, insoweit besteht aber eine planwidrige Regelungslücke, die durch die analoge Anwendung des § 62 FamFG hinsichtlich der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung geschlossen werden kann.

Auch der Bundesgerichtshof hält eine entsprechende Anwendung von § 62 FamFG für geboten, wenn eine Erledigung in der Rechtsbeschwerdeinstanz auftritt und stellt dann die Rechtswidrigkeit der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts fest (vgl. BGH NJW 2012, 1582). Dem steht nicht entgegen, dass hier das Landgericht über die Rechtswidrigkeit einer eigenen Entscheidung und nicht nur über die eines erstinstanzlichen Gerichts zu befinden hat. Denn auch das Erstgericht wird im Rahmen eines Abhilfeverfahrens als befugt angesehen, die Rechtswidrigkeit der eigenen Entscheidung festzustellen (vgl. Budde, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 62 Rn. 6; Kretz, in: Jürgens, BetrR, 5. Aufl. 2014, § 62 FamFG Rn. 4). Hinzu kommt, dass ein isoliertes Feststellungsverfahren nicht statthaft ist (vgl. Budde, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 62 Rn. 4) und daher trotz eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffes keine Feststellung der Rechtswidrigkeit ermöglicht würde.

Demnach ist § 62 FamFG auf die vorliegende Fallgestaltung hinsichtlich der Beschwerdeentscheidung entsprechend anzuwenden, um das Recht des Beschwerdeführers auf Rechtsschutz nicht unangemessen zu verkürzen.

b) Das nach § 62 FamFG erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben.

Mit der Anordnung der Betreuung ist ein schwerwiegender Grundrechtseingriff im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG verbunden (vgl. BVerfG NJW 2010, 3360 und BGH NJW-RR 2013, 195). Der Beschwerdeführer hat daher ein berechtigtes Interesse daran, die Frage der Rechtswidrigkeit der erledigten Betreuungsanordnung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens klären zu lassen.

Nichts anderes gilt für die - inzwischen durch das Bundesverfassungsgericht aufgehobene - Zurückweisung der Beschwerde durch das Landgericht. Insoweit ist das Feststellungsinteresse aufgrund der Aufhebung nicht entfallen. Denn das Aufhebungs- und Feststellungsbegehren sind nebeneinander möglich (vgl. Budde, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 62 Rn. 23; Kretz, in: Jürgens, BetrR, 5. Aufl. 2014, § 62 FamFG Rn. 4). Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass die Aufhebung auf Beseitigung einer belastenden Maßnahme für die Zukunft gerichtet ist, während die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Rechtsbeeinträchtigung in der Vergangenheit betrifft.

Auch die Tatsache, dass die Betreuung inzwischen aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Bayreuth vom 21.10.2014 aufgehoben worden ist, lässt danach das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen (vgl. BVerfG NJW 2010, 3360; a.A. Kretz, in: Jürgens, BetrR, 5. Aufl. 2014, § 62 FamFG Rn. 8).

3. Der Antrag auf Feststellung ist teilweise begründet.

a) Der Feststellungsantrag ist begründet, soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Zurückweisung seiner Beschwerde durch den Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 19.09.2014 wendet.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20.01.2015 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung seiner Beschwerde ohne erneute Anhörung (nach der Anhörung im Unterbringungsverfahren) durch das Beschwerdegericht in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt wird. Der Beschwerdeführer hatte im Beschwerdeverfahren erstmals ausdrücklich sein Einverständnis mit einer Betreuung verweigert. Das Bundesverfassungsgericht sah die vorherige Anhörung im Unterbringungsverfahren nicht für ausreichend an, weil nicht erkennbar sei, dass die notwendigen Erkenntnisse über die Unfähigkeit des Beschwerdeführers, einen freien Willen hinsichtlich der Anordnung seiner Betreuung zu bilden, durch die Anhörung im Unterbringungsverfahren gewonnen worden seien.

Insoweit sind im Verfahren nach § 62 FamFG keine weiteren Ermittlungen anzustellen, ob die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Anordnung der Betreuung auf der unterbliebenen Anhörung beruht (vgl. BGH NJW 2012, 1582). Vielmehr ist dies zugunsten des Betroffenen zu unterstellen, weil eine Heilung nicht möglich ist (vgl. BGH NJW 2012, 1582).

Damit ist der Feststellungsantrag insoweit begründet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen vorlagen.

b) Der Antrag auf Feststellung ist allerdings unbegründet, soweit er sich gegen die Anordnung der Betreuung durch das Amtsgericht Bayreuth richtet.

Aus dem Sachverständigengutachten vom 19.03.2013 ergänzt durch die Stellungnahme vom 18.06.2013 ergibt sich, dass es aufgrund des jahrelangen Alkoholmissbrauchs beim Beschwerdeführer zu einer nachweisbaren Stirnhirnatrophie kam, die zu Funktionseinschränkungen dieses speziellen Hirnbereiches führten, die sich in einer organischen Persönlichkeits- und Verhaltensstörung ausdrücken (vgl. Bl. 73 f. d. A. und Bl. 91 f. des Unterbringungsheftes). Der Sachverständige führt aus, dass der Beschwerdeführer selbst die Persönlichkeitsveränderungen ihm gegenüber als eine Antriebsminderung, mangelnde Eigeninitiative, nachlässige Arbeitshaltung und ein schwerfälliges Denken darstellte (vgl. Bl. 92 des Unterbringungsheftes). Der Beschwerdeführer äußerte dem Gutachter gegenüber, er könne seine Probleme nicht mehr lösen, durchschaue nicht mehr alles, brauche Hilfe; er habe seine Wohnung vernachlässigt, seine Post nicht mehr geöffnet und sich überhaupt nicht mehr um notwendige Dinge gekümmert; er habe sich auch um die Unterhaltsberechnung nicht gekümmert (vgl. Bl. 68 d. A.). Die ehemalige Betreuerin bestätigte insoweit in ihren ersten Berichten an das Gericht, dass vor allem in den Bereichen Wohnungs-, Vermögens- und Postangelegenheiten dringender Handlungsbedarf bestand (vgl. Bl. 58, 60, 87 d. A.). Dass der Gutachter unter anderem für diese Bereiche die medizinischen Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung für gegeben ansah (vgl. Bl. 75 f. d. A.) und das Amtsgericht Bayreuth diese nach Anhörung des Beschwerdeführers angeordnet hat, ist nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht Bayreuth durfte insoweit annehmen, dass ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten war, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hatte (vgl. BGH NJW 2011, 3518).

Da der Beschwerdeführer sich ausweislich des Akteninhalts im erstinstanzlichen Verfahren nicht gegen die Betreuung gewandt hat, musste das Amtsgericht Bayreuth auch nicht prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anordnung der Betreuung gegen den freien Willen des Beschwerdeführers vorlagen.

Es lässt sich daher nicht feststellen, dass das Amtsgericht Bayreuth durch die Anordnung der Betreuung mit Beschluss vom 26.03.2013 Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat.

c) Im Ergebnis erweist sich der Feststellungsantrag daher nur teilweise als begründet.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 307 FamFG (vgl. zur entsprechenden Anordnung nach § 337 Abs. 1 FamFG in einem Unterbringungsverfahren BGH Beschluss vom 15.02.2012 - XII ZB 389/11, juris).

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache


(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 337 Kosten in Unterbringungssachen


(1) In Unterbringungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 1 bis 3

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 307 Kosten in Betreuungssachen


In Betreuungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Betreuungsmaßnahme nach den §§ 1814 bis 1881 des Bürgerl

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Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2012 - XII ZB 389/11

bei uns veröffentlicht am 15.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 389/11 vom 15. Februar 2012 in der Sache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 62, 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 317, 319, 321, 335 Abs. 2 a) Im Unterbringungsverfahren ist der Betroffene g

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

In Betreuungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Betreuungsmaßnahme nach den §§ 1814 bis 1881 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine solche Maßnahme beendet wird.

(1) In Unterbringungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 1 bis 3 abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet wird.

(2) Wird ein Antrag auf eine Unterbringungsmaßnahme nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker nach § 312 Nummer 4 abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass für die zuständige Verwaltungsbehörde ein begründeter Anlass, den Antrag zu stellen, nicht vorgelegen hat, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 389/11
vom
15. Februar 2012
in der Sache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Im Unterbringungsverfahren ist der Betroffene grundsätzlich erst nach Einholung
des Sachverständigengutachtens und - sofern die Bestellung eines Verfahrenspflegers
erforderlich ist - in Anwesenheit des Verfahrenspflegers anzuhören (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ
2011, 805 Rn. 16 ff.).

b) Hat sich das Rechtsbeschwerdeverfahren erledigt, weil die angefochtene Genehmigung
der Unterbringung des Betroffenen infolge einer Verbesserung seines
Zustandes aufgehoben worden ist, sind im Verfahren nach § 62 FamFG regelmäßig
keine weiteren Ermittlungen mehr darüber anzustellen, ob die
- gegenstandslos gewordene - Genehmigung der Unterbringung auf einer verfahrensfehlerhaften
Anhörung beruht; dies wird vielmehr zugunsten des Betroffenen
unterstellt.

c) Ein Antrag des Verfahrenspflegers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach
§ 62 FamFG ist unzulässig. Das ihm in Unterbringungssachen gemäß § 335
Abs. 2 FamFG eingeräumte Beschwerderecht umfasst nicht die Antragsbefugnis
BGH, Beschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - LG Hannover
AG Hannover
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke sowie die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 9. Juni 2011 und der Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 7. Juli 2011 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Die Rechtsbeschwerde der Verfahrenspflegerin wird verworfen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 128 b KostO). Die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt (§ 337 Abs. 1 FamFG). Die außergerichtlichen Kosten der Verfahrenspflegerin in der Rechtsbeschwerdeinstanz hat diese selbst zu tragen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Die Rechtsbeschwerde wendet sich gegen die - mittlerweile aufgehobene - Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen.
2
Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 hat das Amtsgericht die Unterbringung des Betroffenen bis zum 9. Juni 2012 genehmigt, weil die Gefahr bestehe, dass der Betroffene sich selbst töte. Der Genehmigung lag eine ärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 31. Mai 2011 zugrunde, wonach der Betroffene aufgrund jahrzehntelangen Alkoholmissbrauchs an Alkoholfolgekrankheiten wie unter anderem einem Krampfleiden, Magen- und Darmproblemen, einer peripheren Nervenschädigung sowie einer erheblichen organischen Persönlichkeitsstörung infolge eines deutlichen organischen Psychosyndroms leide. In dem Genehmigungsbeschluss hat das Amtsgericht dem Betroffenen, den es zuvor angehört hatte, zugleich eine Verfahrenspflegerin bestellt. Am 15. Juni 2011 hat der Sachverständige sein Gutachten erstellt.
3
Die von der Verfahrenspflegerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen ohne erneute Anhörung des Betroffenen zurückgewiesen.
4
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 hat das Amtsgericht die Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen aufgehoben, da sich sein Zustand soweit gebessert habe, dass er aus der geschlossenen Abteilung habe entlassen werden können.
5
Mit der hiergegen erhobenen Rechtsbeschwerde begehren der Betroffene und seine Verfahrenspflegerin nunmehr die Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat Erfolg. Demgegenüber ist die Rechtsbeschwerde der Verfahrenspflegerin unzulässig.
7
1. Der Antrag der Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist dahin auszulegen , dass sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl des amtsgerichtlichen als auch des landgerichtlichen Beschlusses begehrt. Die Rechtsbeschwerde hat zwar neben der Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses beantragt, den landgerichtlichen Beschluss aufzuheben. Weil das Verfahren indes erledigt ist und hier eine Zurückverweisung nicht in Betracht kommt, ist eine Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses ausgeschlossen ; andernfalls bliebe die Beschwerde nicht beschieden. Der Antrag kann indes im vorgenannten Sinne umgedeutet werden.
8
2. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist - anders als die der Verfahrenspflegerin - zulässig.
9
a) Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Aufhebung der angefochtenen Unterbringungsgenehmigung in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - juris Rn. 8 und vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 - FamRZ 2011, 1390 Rn. 8; BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung ist - neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt.
10
Das Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff (Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - juris Rn. 9; vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. September 2011 - XII ZB 263/11 - FamRZ 2011, 1864 Rn. 6).
11
Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG nicht.
12
b) Demgegenüber ist der Antrag der Verfahrenspflegerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit unzulässig.
13
Zwar hat der Verfahrenspfleger gemäß § 335 Abs. 2 FamFG in Unterbringungssachen ein eigenes Beschwerderecht. Dies umfasst im Falle der Erledigung indes nicht die Antragsbefugnis nach § 62 FamFG (aA Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 11). Denn § 62 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der "Beschwerdeführer" durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. BT-Drucks 16/6308 S. 205). Demgemäß kann auch nur derjenige Beteiligte antragsbefugt sein, dessen Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 62 Abs. 2 FamFG an der Feststellung hat.
14
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hat den Betroffenen in seinen Rechten verletzt.
15
a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung u. a. wie folgt begründet : Aufgrund der von ihm eingeholten, ergänzenden ärztlichen Stellung- nahme wie auch des vorangegangenen Gutachtens vom 15. Juni 2011 sowie des weiteren Akteninhalts stehe fest, dass bei dem Betroffenen eine schwere Alkoholerkrankung vorliege, die bereits zu einem erheblichen hirnorganischen Psychosyndrom geführt habe. Aufgrund dieses Syndroms könne der Betroffene den Gefahren der wiederholten Alkoholintoxikationen nicht selbständig begegnen. Daher bestehe aufgrund der hirnorganischen Defizite weiterhin die Gefahr, dass der Betroffene sich und andere Personen gefährde, wie zuletzt am 19. Mai 2011, als er sich - möglicherweise auch in suizidaler Absicht - alkoholisiert auf Bahngleisen aufgehalten habe. Er bringe damit, wie auch schon zuvor, krankheitsbedingt sich und andere im Bahn- und Straßenverkehr in lebensbedrohliche Gefahren und habe selbst nicht die Möglichkeit, derartige Situationen noch zu vermeiden. Von einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen habe die Kammer abgesehen, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu der hier entscheidenden medizinischen Indikation der Unterbringung zur Vermeidung selbstgefährdender Handlungen zu erwarten seien.
16
b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ist - wie die Rechtsbeschwerde im Ergebnis zu Recht rügt - verfahrensfehlerhaft, weil der Betroffene nicht in der gebotenen Weise angehört worden ist.
17
Nach § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich von diesem einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Diese Vorschrift sichert im Unterbringungsverfahren nicht nur den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Durch sie soll auch sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung über den mit einer Unterbringung verbundenen erheblichen Grundrechtseingriff einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, namentlich ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu würdigen. Die Pflichten aus § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 11 mwN).
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aa) Zwar räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG auch in einem Unterbringungsverfahren dem Beschwerdegericht die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen. Im Beschwerdeverfahren kann allerdings nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszuges zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen (Senatsbeschlüsse vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 14 und vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - juris Rn. 24).
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bb) Die vom Amtsgericht durchgeführte Anhörung war verfahrensfehlerhaft , weshalb das Beschwerdegericht die Anhörung des Betroffenen hätte wiederholen müssen.
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(1) Das Amtsgericht hätte den Betroffenen erst nach Vorlage des Sachverständigengutachtens anhören dürfen. Wie bereits ausgeführt, soll durch die persönliche Anhörung sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, das eingeholte Sachverständigengutachten zu würdigen. Hier wurde das Sachverständigengutachten indes erst am 15. Juni 2011, also nach Erlass der amtsgerichtlichen Entscheidung, gefertigt. Damit hat das Amtsgericht nicht nur seine Verpflichtung aus § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG verletzt, wonach vor einer Unterbringungsmaßnahme eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens für die Notwendigkeit der Maß- nahme stattzufinden hat. Vielmehr konnte das Amtsgericht deshalb auch das Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks des Betroffenen nicht hinreichend würdigen. Hinzu kommt der Umstand, dass - was die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt - der Betroffene auch nicht zu der vom Landgericht eingeholten ergänzenden Stellungnahme angehört worden ist.
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(2) Ferner ist die Anhörung fehlerhaft, weil das Amtsgericht die Verfahrenspflegerin nicht zu ihr hinzugezogen hat.
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(a) Nach § 317 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht im Unterbringungsverfahren dem Betroffenen einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Er soll bei den besonders schwerwiegenden Eingriffen in das Grundrecht der Freiheit der Person nicht allein stehen, sondern fachkundig beraten und vertreten werden. Der Verfahrenspfleger ist daher vom Gericht im selben Umfang wie der Betroffene an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen. Dies gebietet es zumindest dann, wenn das Betreuungsgericht bereits vor der Anhörung des Betroffenen die Erforderlichkeit einer Verfahrenspflegerbestellung erkennen kann, in Unterbringungssachen regelmäßig den Verfahrenspfleger bereits vor der abschließenden Anhörung des Betroffenen zu bestellen. Das Betreuungsgericht muss durch die rechtzeitige Bestellung eines Verfahrenspflegers und dessen Benachrichtigung zum Anhörungstermin sicherstellen, dass dieser an der Anhörung des Betroffenen teilnehmen kann. Außerdem steht dem Verfahrenspfleger ein eigenes Anhörungsrecht zu. Erfolgt die Anhörung dennoch ohne die Möglichkeit einer Beteiligung des Verfahrenspflegers, ist sie verfahrensfehlerhaft und verletzt den Betroffenen in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 18 f.).
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(b) Diesen Anforderungen wird das vom Amtsgericht gewählte Verfahren nicht gerecht. Das Amtsgericht hat dem Betroffenen erst mit dem Genehmigungsbeschluss vom 9. Juni 2011 eine Verfahrenspflegerin bestellt, obgleich es bereits vor der diesem Beschluss vorangegangenen Anhörung die Notwendigkeit einer solchen Bestellung erkannt hat, wie sich aus dem Vermerk und dem Protokoll der Anhörung vom 9. Juni 2011 ergibt. Von daher hätte das Amtsgericht die Verfahrenspflegerin zur Anhörung des Betroffenen hinzuziehen müssen.
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c) Der Betroffene ist durch diesen Verfahrensmangel in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden.
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Die Feststellung, dass der Betroffene durch die angefochtenen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen.
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aa) Nicht abschließend ist jedoch geklärt, ob Verfahrensfehler die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer sachlich zutreffenden Entscheidung nur insoweit ermöglichen, als sie bis zu dem erledigenden Ereignis nicht geheilt worden sind und auch nicht durch die Entscheidung über das gegebene Rechtsmittel geheilt worden wären (so zur Haftverlängerung BGH Beschluss vom 8. März 2007 - V ZB 149/06 - NJW-RR 2007, 1569, 1570; zweifelnd BVerfG NVwZ 2008, 304, 305 und Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 36 f. - zum Meinungsstand s. Hahne/Munzig/Gutjahr BeckOK FamFG § 62 Rn. 17 [Stand: 1. August 2011] mwN.). Die Streitfrage kann hier jedoch unbeantwortet bleiben.
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Nach wohl einhelliger Meinung ist die Feststellung nach § 62 FamFG jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Verfahrensfehler entweder so gravierend ist, dass die Entscheidung den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung hat, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (BGH Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 127/10 - NVwZ 2010, 1318 Rn. 9; Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 28; Hahne/Munzig/Gutjahr BeckOK FamFG § 62 Rn. 17 [Stand: 1. August 2011]) oder wenn eine Heilung im Nachhinein nicht mehr möglich ist, etwa wenn die unterbliebene Anhörung in einer Abschiebehaftsache nicht mehr möglich ist, weil der Betroffene bereits abgeschoben worden ist (BGH Beschluss vom 16. September 2010 - V ZB 120/10 - FGPrax 2010, 290 Rn. 16). In diesen Fällen ist zugunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. BGH aaO).
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bb) Ob die hier in verfahrensfehlerhafter Weise durchgeführte Anhörung des Betroffenen bereits dazu geeignet ist, der Genehmigung der Unterbringung einen Makel im vorgenannten Sinne zu verleihen, kann dahinstehen. Denn hier scheidet eine etwaige Heilung bereits deshalb aus, weil diese nicht mehr möglich wäre.
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Wegen des Zeitablaufs und der damit einhergehenden Änderung des Zustandes des Betroffenen kann im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob die Genehmigung der Unterbringung auch bei einer verfahrensgemäßen Anhörung des Betroffenen, also in Kenntnis der gesamten Sachverständigenäußerungen und im Beisein der Verfahrenspflegerin , gerechtfertigt gewesen wäre (vgl. dazu auch Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 36). Ausweislich des Beschlusses vom 14. Dezember 2011, mit dem das Amtsgericht die Genehmigung der Unterbringung aufgehoben hat, hat sich der Zustand des Betroffenen soweit verändert, dass er zwischenzeitlich aus der geschlossenen Abteilung habe entlassen werden können. Von daher lässt eine Anhörung des Betroffenen in seiner jetzigen Situation keine Rückschlüsse mehr auf die Notwendigkeit einer Unterbringung zur damaligen Zeit zu.
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Hinzu kommt, dass dem Betroffenen erneute Ermittlungen allein zur Klärung der Frage, ob der von den Gerichten zu verantwortende Verfahrensfehler noch zu heilen wäre, nicht zumutbar sind. Denn (auch) diese würden erheblich in die Rechtssphäre des - erst entlassenen - Betroffenen eingreifen und ihn erneut mit der "Akutphase seiner Erkrankung" konfrontieren (s. dazu Keidel/ Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 36).
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Aus den vorgenannten Gründen erscheint es untunlich, die Entscheidung des Landgerichts auf die Rechtsbeschwerde aufzuheben, um nachträglich im Wege der Tatsachenermittlung festzustellen, ob die Genehmigung der Unterbringung sachlich gerechtfertigt war. Es ist deshalb zugunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. BGH Beschluss vom 16. September 2010 - V ZB 120/10 - FGPrax 2010, 290 Rn. 16).
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4. Der - nach der Erledigung der Hauptsache im Rechtsbeschwerdeverfahren zulässige - Antrag auf Feststellung, dass der Betroffene bereits durch die Genehmigung der Unterbringung in seinen Rechten verletzt wurde, ist nach dem oben Gesagten ebenfalls begründet, weil der Beschluss des Amtsgerichts auf einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruht hat (vgl. auch BGH Beschluss vom 16. September 2010 - V ZB 120/10 - FGPrax 2010, 290 Rn. 17).
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 09.06.2011 - 666 XVII L 2856 -
LG Hannover, Entscheidung vom 07.07.2011 - 18 T 39/11 -