Landgericht Aschaffenburg Beschluss, 22. Jan. 2018 - Qs 6/18

published on 22/01/2018 00:00
Landgericht Aschaffenburg Beschluss, 22. Jan. 2018 - Qs 6/18
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Tenor

1. Die Beschwerde des Beschuldigten T. L. (Verteidigerschriftsatz vom 09.12.2017) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 20.11.2017 wird als unbegründet verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Am 05.09.2017 erstattete der Heimleiter des M.-C.-Hauses, M. R. unter anderem gegen den Beschwerdeführer als ehemaligen Leiter der im M.-C.-Hause befindlichen Cafeteria Anzeige. Bei dem M.C.-Haus handelt es sich um ein Wohn- und Pflegezentrum in Trägerschaft des Diakonischen Werks. Der Beschwerdeführer habe - so der Zeuge R. - die täglichen Bareinnahmen aus dem Café nicht ordnungsgemäß abgeführt. Das Café habe - wie sowohl der Zeuge R. als auch die Zeugin H. angab - täglich Bareinnahmen zwischen 80,- und 100,- EUR erzielt. Sofern darüber hinaus Bewohner der Einrichtung das Café besuchten, seien diese Kosten mit den Taschengeldkonten, d.h. nicht mit Bargeld, bezahlt worden. Die Funktion als Leiter der Cafeteria habe der Beschwerdeführer vom 01.06.2015 bis Anfang Juni 2017 gehabt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg ordnete das Amtsgericht Aschaffenburg mit Beschluss vom 20.11.2017 nach §§ 111e Abs. 1, Abs. 1 S. 1 StPO ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten L. (§ 33 Abs. 4 StPO) den Vermögensarrest in dessen Vermögen in Höhe von 52.724,12 EUR an. Es bestehe - so das Amtsgericht - gegen den Beschuldigten der Verdacht der Untreue und es seien Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für die Einziehung von Taterträgen vorliegen. Hinsichtlich der Höhe nahm das Amtsgericht eine Schätzung i.S.d. § 73d Abs. 2 StGB vor: Der errechnete Betrag ergebe sich aus den Tageseinnahmen in Höhe von 80,- EUR in der Zeit vom 01.06.2015 bis zum 30.05.2017 abzüglich von am 24.07.2017 in dem Büro des Beschwerdeführers aufgefundenen Bargelds von 5.675,88 EUR, das aus Barverkäufen in der Cafeteria stamme.

Gegen die Anordnung des Arrestes legte die Verteidigerin des Beschuldigten L. mit Schriftsatz vom 09.01.2018 Beschwerde ein: Es fehle vorliegend an einem dringenden Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer. Selbst wenn man den Zeugen Glauben schenke, handele es sich bei dem festgesetzten Betrag nur um eine Hochrechnung. Bei dieser Hochrechnung seien die Tage nicht berücksichtigt, an denen der Beschwerdeführer gar nicht im Café war und auch Einkaufskosten von Waren für das Café seien nicht berücksichtigt worden. Zudem seien nicht die Einkäufe von Heimbewohnern berücksichtigt worden, die gar nicht in bar zahlten, sondern deren Verzehr nur auf einer Liste notiert wurde. Insgesamt sei die Grundlage für das Strafverfahren und somit für den Arrest lediglich eine pauschale Hochrechnung ohne Nachweise.

Das Amtsgericht Aschaffenburg hat der Beschwerde mit Verfügung vom 17.01.2018 nicht abgeholfen; die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Kammer teilt die Auffassung des Erstgerichts und tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis bei.

Ergänzend zu den Ausführungen der Verteidigerin des Beschwerdeführers in dem Beschwerdeschriftsatz bemerkt die Kammer: 1) Ein dringender Tatverdacht einer Straftat ist für die Anordnung eines Vermögensarrestes nicht erforderlich: Der einfache Verdacht einer Straftat sowie die Annahme, dass im Urteil die Einziehung von Wertersatz angeordnet wird, ist ausreichend (vgl. Huber in BeckOK, Kommentar zur StPO, 28. Edition, Stand: 01.07.2017, § 111e StPO, Rn. 10).

Nach Überzeugung der Kammer rechtfertigt der derzeitige Ermittlungsstand ohne Weiteres die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts der Untreue bzw. Unterschlagung gegen den Beschwerdeführer. Gleiches gilt für die Annahme, dass das Gericht in einem Urteil die Einziehung von Taterträgen bzw. die Einziehung des Wertes von Taterträgen anordnen wird.

2) Soweit die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers vorträgt, dass der vom Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung festgesetzte Geldbetrag in Höhe von 52.724,12 EUR lediglich eine pauschale Hochrechnung darstelle, auf die ein Arrestbeschluss nicht gestützt werden könne, so folgt dem die Kammer nicht: Der der Entscheidung des Amtsgerichts Aschaffenburg zugrundeliegende § 111e StPO soll bei einem laufenden Ermittlungsverfahren eine spätere Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertes von Taterträgen sichern. Regelmäßig kann bei laufenden Ermittlungsverfahren dieser Geldbetrag noch nicht exakt festgesetzt sondern nur annäherungsweise durch Schätzung in Form einer Hochrechnung bestimmt werden. Die Höhe des Geldbetrages orientiert sich hierbei an dem Betrag, den - nach Stand der Ermittlungen - das erkennende Gericht nach Durchführung der Hauptverhandlung einziehen wird.

Eine solche Schätzung wurde auch vorliegend vorgenommen. Diese Berechnung erweist sich im Hinblick auf das derzeitige Ermittlungsergebnis auch als rechtlich nicht zu beanstanden. Es bleibt aber letztlich dem erkennenden Gericht nach Durchführung der Hauptverhandlung vorbehalten, den Umfang von Taterträgen unter Würdigung sämtlicher Beweismittel zu bestimmen, wobei hierbei insbesondere nachträglich bekannt gewordene (entlastende) Umstände wie etwa die erst nach Erlass des angefochtenen Beschlusses bekannt gewordenen Kontoeinzahlungen vom 27.01.2017 in Höhe von 1.851,44 EUR (Bl. 105, 106) zu berücksichtigen sein werden.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

(1) Eine Entscheidung des Gerichts, die im Laufe einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach Anhörung der Beteiligten erlassen. (2) Eine Entscheidung des Gerichts, die außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach schriftlicher oder mündlicher Erk

Annotations

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden.

(2) Der Vermögensarrest kann auch zur Sicherung der Vollstreckung einer Geldstrafe und der voraussichtlichen Kosten des Strafverfahrens angeordnet werden, wenn gegen den Beschuldigten ein Urteil ergangen oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.

(3) Zur Sicherung der Vollstreckungskosten ergeht kein Arrest.

(4) In der Anordnung ist der zu sichernde Anspruch unter Angabe des Geldbetrages zu bezeichnen. Zudem ist in der Anordnung ein Geldbetrag festzusetzen, durch dessen Hinterlegung der Betroffene die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes verlangen kann; § 108 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(6) Die Möglichkeit einer Anordnung nach § 324 der Abgabenordnung steht einer Anordnung nach Absatz 1 nicht entgegen.

(1) Eine Entscheidung des Gerichts, die im Laufe einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach Anhörung der Beteiligten erlassen.

(2) Eine Entscheidung des Gerichts, die außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach schriftlicher oder mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft erlassen.

(3) Bei einer in Absatz 2 bezeichneten Entscheidung ist ein anderer Beteiligter zu hören, bevor zu seinem Nachteil Tatsachen oder Beweisergebnisse, zu denen er noch nicht gehört worden ist, verwertet werden.

(4) Bei Anordnung der Untersuchungshaft, der Beschlagnahme oder anderer Maßnahmen ist Absatz 3 nicht anzuwenden, wenn die vorherige Anhörung den Zweck der Anordnung gefährden würde. Vorschriften, welche die Anhörung der Beteiligten besonders regeln, werden durch Absatz 3 nicht berührt.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden.

(2) Der Vermögensarrest kann auch zur Sicherung der Vollstreckung einer Geldstrafe und der voraussichtlichen Kosten des Strafverfahrens angeordnet werden, wenn gegen den Beschuldigten ein Urteil ergangen oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.

(3) Zur Sicherung der Vollstreckungskosten ergeht kein Arrest.

(4) In der Anordnung ist der zu sichernde Anspruch unter Angabe des Geldbetrages zu bezeichnen. Zudem ist in der Anordnung ein Geldbetrag festzusetzen, durch dessen Hinterlegung der Betroffene die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes verlangen kann; § 108 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(6) Die Möglichkeit einer Anordnung nach § 324 der Abgabenordnung steht einer Anordnung nach Absatz 1 nicht entgegen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.