Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 16. Juli 2015 - 3 Ta 123/15

Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 28.05.2015 – 2 Ca 534/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Die Parteien streiten vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs. In der Hauptsache geht es im Wesentlichen um Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit einer Überlassung eines Leasingfahrzeugs durch die Beklagte als ehemalige Arbeitgeberin an die Klägerin als ehemalige Arbeitnehmerin.
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Die Klägerin war vom 01.11.2013 bis zum 28.02.2015 bei der Beklagten als examinierte Pflegekraft angestellt. Am 10.02.2014 bestellte der Geschäftsführer der Beklagten beim Autohaus R… aus M... ein Leasingfahrzeug der Marke VW Golf. Die Beklagte erhält als Firmenkundin für Geschäftswagen deutlich günstigere Leasingkonditionen als Privatpersonen. Die Parteien vereinbarten, dass die Klägerin dieses Leasingfahrzeug privat nutzen durfte, sofern sie sämtliche laufenden Kosten trägt. Die Beklagte hat in der Vergangenheit auch anderen Arbeitnehmern, etwa Frau T... und Herrn H..., ein betrieblich nicht benötigtes Leasingfahrzeug zur Privatnutzung mit einer vergünstigten Leasingrate überlassen. Betriebsfremden Personen bot die Beklagte diese Möglichkeiten nicht.
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Mitte April 2014 verkaufte die Klägerin das bisher von ihr privat genutzte, ihrer Mutter gehörende, Fahrzeug VW-Passat Variant TDI an das Autohaus R… in M.... Der vereinbarte Kaufpreis von EUR 5.200,00 sollte laut Verkaufsangebot vom 15.04.2014 (Anlage K 4, Blatt 14 d.A.) mit einer Neuwagenbestellung verrechnet werden. Ein Betrag in Höhe von EUR 1.653,12 wurde für die Tilgung des restlichen Darlehens für den Pkw VW-Passat verwendet (Anlage K 5, Blatt 15 d.A.). Ein Betrag von EUR 2.729,96 wurde als Anzahlung für das von der Beklagten bestellte Leasing-Fahrzeug VW Golf verwendet.
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In der Folgezeit nutzte die Klägerin das Leasingfahrzeug und erstattete der Beklagten die Leasingraten, zahlte Kfz.-Versicherung, Kfz.-Steuer und Benzin. Die Beklagte zog der Klägerin monatlich von deren Nettoverdienst einen Betrag in Höhe von EUR 264,18 ab.
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Nach Eigenkündigung der Klägerin zum 28.02.2015 stellte diese das Leasingfahrzeug am 19.01.2015 auf dem Hof der Beklagten ab und die Zahlungen der Leasingraten ein. Sie verlangt mit ihrer vor dem Arbeitsgericht erhobenen Klage von der Beklagten im Wesentlichen die Auskehrung der Differenz zwischen dem Kaufpreis für den VW-Passat in Höhe von EUR 5.200,00 und dem zur Tilgung der Restschuld des VW-Passat verwendeten Betrag in Höhe von EUR 1.653,12, mithin EUR 3.646,88. Darüber hinaus streiten die Parteien ganz überwiegend um weitere Zahlungsansprüche im Umgang mit dem Leasingfahrzeug. Widerklagend verlangt die Beklagte von der Klägerin die Zahlung der monatlichen Leasingraten bzw. die Übernahme des Leasingvertrages oder hilfsweise die Freistellung der Beklagten hinsichtlich künftiger Ansprüche aus dem Leasingvertrag. Gleichzeitig rügt sie die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts.
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Die Klägerin hat stets die Ansicht vertreten, die Überlassung des Leasingfahrzeugs zur Privatnutzung sei allein im Hinblick auf das seinerzeitige Arbeitsverhältnis erfolgt. Daher sei das Arbeitsgericht zuständig.
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Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28.05.2015 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten als zulässig angesehen. Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 01.06.2015 zugestellten Beschluss hat sie am 15.06.2015 (Eingang) Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat ihr nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 25.6.2015 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Das als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig. Die sofortige Beschwerde ist an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt, §§ 17a Abs. 2 u. 4 S. 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569, Abs. 1 u. 2 ZPO.
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Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist in der vorliegenden Rechtssache eröffnet. Das hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung richtig erkannt.
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Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein unmittelbar wirtschaftlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn der Anspruch auf demselben wirtschaftlichen Verhältnis beruht oder wirtschaftliche Folge desselben Tatbestands ist. Die Ansprüche müssen innerlich eng zusammengehören, also einem einheitlichen Lebenssachverhalt entspringen. Diese Voraussetzungen liegen regelmäßig vor, wenn eine nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Leistung im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis erbracht wird oder beansprucht werden kann (BAG vom 24.09.2004, 5 AZB 46/04, Juris, Rz. 18 m.w.N.; BAG vom 11. 09.2002 - 5 AZB 3/02; BAG vom 23.08.2001 - 5 AZB 20/01, jeweils zitiert nach Juris). Der Zusammenhang muss derart sein, dass das Rechtsverhältnis, aus dem die Streitigkeit folgt, ohne das Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen wäre (Schwab-Weth/Walker, ArbGG, Rz. 150 zu § 2 m.w.N.).
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2. Danach ist der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis im Streitfalle zu bejahen.
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Wäre die Klägerin nicht Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen, so wäre die getroffene Abrede über die Privatnutzung des Leasingfahrzeuges durch die Klägerin nicht abgeschlossen worden. Mit der Überlassung des Leasingfahrzeuges als Privat-Pkw gewährt die Beklagte der Klägerin Sonderkonditionen, die sie (die Beklagte) als Firmenkundin erhält. Diese Sonderkonditionen räumt die Beklagte nach dem eigenen Vorbringen unstreitig betriebsfremden Personen nicht ein. Zwar resultieren die Ansprüche auf Überlassung des Leasingfahrzeuges gegen Zahlung der Leasingrate nicht unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis. Die Ansprüche bestehen jedoch im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis. Ohne das Arbeitsverhältnis wären sie gerade nicht zustande gekommen. Damit sind die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 4 a ArbGG gegeben.
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Das Arbeitsgericht hat seine Zuständigkeit zu Recht bejaht. Der diesbezügliche Vorabentscheidungsbeschluss vom 28.05.2015 war mithin unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde zu bejahen.
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Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht.

Annotations
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)