Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 27. Sept. 2016 - 1 Sa 63/16

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2016:0927.1SA63.16.0A
bei uns veröffentlicht am27.09.2016

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 21.01.2016 - ö. D. 5 Ca 1598 a/15 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Befristung.

2

Der Kläger ist seit dem 25.08.2008 als Briefzusteller auf der Grundlage von insgesamt 22 befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten beschäftigt. Wegen des Inhalts der einzelnen Arbeitsverträge und des jeweils dort angegebenen Befristungsgrundes wird auf Bl. 4 sowie 18 - 38 d. A. verwiesen. Die Beschäftigung des Klägers erfolgte zunächst ohne Unterbrechungen bis zum 31.07.2013 in Teilzeit. Vom 01.04. bis 31.08.2013 leistete der Kläger auf Grundlage eines „Vertrags über die Ableistung eines berufspraktischen Studiensemesters“ (Bl. 39 d. A.) ein Praktikum im Rahmen seines Betriebswirtschaftsstudiums/Fachbereich Logistik ab. Das Praktikum absolvierte er drei Monate in der Abteilung Verkehr der Beklagten, zwei Monate schrieb der Kläger an seiner Abschlussarbeit.

3

Ab dem 21.11.2013 war der Kläger dann wieder als Zustellkraft in Vollzeit tätig. Im letzten Arbeitsvertrag des Klägers vom 24.06.2015 für die Zeit vom 01.07. - 30.09.2015 ist als Befristungsgrund angegeben: „Vertretung wegen vorübergehender Abwesenheit des Mitarbeiters N. C.“. Dieser Befristungsgrund war auch bereits in den beiden vorherigen Arbeitsverträgen des Klägers vom 29.07. und 29.09.2014 benannt.

4

Herr C. N. ist bei der Beklagten seit 29.06.2006 als Zusteller, seit dem 01.04.2009 unbefristet in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie der Kläger ist er im Bereich des Zustellstützpunkts mit Leitung (ZSPL) K. eingesetzt. Ebenso wie der Kläger wird er vergütet nach der Entgeltgruppe 3. Herrn N. war auf Grundlage des für die Beklagte geltenden Manteltarifvertrags zunächst vom 01.10.2013 - 01.10.2014 Sonderurlaub bewilligt worden. Mit Schreiben vom 30.07.2014 verlängerte die Beklagte diese Bewilligung bis zum 01.10.2015. Mit Schreiben vom 07.06.2015 beantragte Herr N. die Verlängerung seines Sonderurlaubs um ein weiteres Jahr. Dem entsprach die Beklagte mit Schreiben vom 13.07.2015.

5

Bereits im Oktober 2013 hatte die Beklagte mit Herrn N. eine Rahmenvereinbarung (Anlage B5, Bl. 58 d. A.) geschlossen, nach der die Beklagte ihn in eine Liste von Interessenten für kurzfristige Arbeitseinsätze aufnahm. Weiter heißt es dort, die Beklagte werde sich im Bedarfsfall mit der Frage an Herrn N. wenden, ob er in der Lage und bereit sei, für einen näher bestimmten kurzen Zeitraum Arbeiten für die Beklagte zu erledigen. Eine Verpflichtung zur Unterbreitung von Angeboten durch die Beklagte oder zur Annahme dieser Angebote durch Herrn N. wurde durch die Vereinbarung ausdrücklich nicht begründet.

6

Mit seiner am 19.10.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24.06.2015.

7

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Beklagte habe bei Vertragsschluss schon gewusst, dass Herr N. ihr auch über den 30.09.2015 hinaus nicht zur Verfügung stehen werde, da er die Verlängerung seines Urlaubs bereits beantragt gehabt habe. Das spreche dafür, dass die Beklagte den Sachgrund der Befristung nur vorschiebe.

8

Darüber hinaus sei die Befristung wegen Rechtsmissbrauchs der Beklagten unwirksam. Das sei durch die Dauer der Arbeitsverhältnisse und die Anzahl der Befristungen indiziert. Die kurze Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit im Jahr 2013 falle nicht ins Gewicht. Für rechtsmissbräuchliches Verhalten spreche dagegen, dass die Befristungsdauer auch in den beiden Arbeitsverträgen vom 29.07. und 29.09.2014 hinter der Dauer des Beschäftigungsbedarfs zurückgeblieben sei.

9

Die Beklagte hat erwidert:

10

Die Befristung sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der Kläger habe Herrn N. mittelbar vertreten. Sie habe die Aufgaben des Klägers bei Vertragsschluss Herrn N. gedanklich zugeordnet und dies durch die Angabe des Namens von Herrn N. im Arbeitsvertrag auch nach außen deutlich gemacht. Herr N. und der Kläger seien - unstreitig - als Zusteller im ZSPL K. einsetzbar.

11

Sie habe auch davon ausgehen dürfen, dass Herr N. nach Beendigung des Sonderurlaubs wieder seine vertragliche Tätigkeit aufnehmen werde. Ob ein Sonderurlaub bewilligt werde, hänge von tatsächlichen Voraussetzungen ab, die nach dem Antrag von Herrn N. vom 07.06.2015 erst hätten geprüft werden müssen. Für diese Prüfung sei nicht der ZSPL K. zuständig. Daher habe erst am 13.07.2015 festgestanden, dass Herr N. auch über den 30.09.2015 hinaus abwesend sein werde.

12

Die bestehende Rahmenvereinbarung mit Herrn N. ändere an der Wirksamkeit der Befristung nichts. Hiervon sei der Vertretungsbedarf wegen des Sonderurlaubs nicht berührt gewesen. Im Übrigen sei Herr N. in der Zeit vom 01.07. - 30.09.2015 tatsächlich nur an drei Tagen beschäftigt gewesen.

13

Schließlich handele sie auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Kläger sei bis zum 31.07.2013 neben seinem Studium in Teilzeit beschäftigt gewesen. Anschließend sei eine Unterbrechung von fast vier Monaten erfolgt.

14

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

16

Gegen das am 01.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.02.2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11.04.2016 am 08.04.2016 begründet.

17

Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen aus der ersten Instanz und führt ergänzend aus:

18

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts liege der Sachgrund der mittelbaren Vertretung nicht vor. Die von der Beklagten behauptete gedankliche Zuordnung der vom Kläger zu erledigenden Aufgaben zu Herrn N. sei nicht dokumentiert. Die Beklagte habe auch nicht nachgewiesen, dass Herr N. während des Befristungszeitraums nur an drei Tagen für sie tätig gewesen sei. Aufgrund des Antrags des Herrn N. vom 07.06.2015 habe die Beklagte auch erhebliche Zweifel daran haben müssen, dass dieser zurückkehren werde.

19

Schließlich verkenne das Arbeitsgericht, dass die Beklagte sich rechtsmissbräuchlich verhalte. Die zeitliche Unterbrechung während des Praktikums falle nicht ins Gewicht. Fehlerhaft habe das Arbeitsgericht daher erst die Zeiten ab dem 21.11.2013 berücksichtigt. Bei einer Gesamtbeschäftigungsdauer von sieben Jahren und 22 befristeten Arbeitsverträgen seien die Maßstäbe des § 14 Abs. 2 TzBfG jeweils um ein mehrfaches überschritten. Er werde faktisch als dauerhafte Personalreserve mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt.

20

Der Kläger beantragt,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 21.01.2016, Az. ö. D. 5 Ca 1598 a/15, abzuändern und

22

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 01.07.2015 vereinbarten Befristung am 30.09.2015 beendet worden ist,

23

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Briefzusteller weiter zu beschäftigen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie erwidert:

27

Der Arbeitsvertrag des Klägers sei wirksam nach den Grundsätzen der mittelbaren Vertretung befristet. Wie der Kläger sei auch Herr N. als Zusteller in Vollzeit in der Entgeltgruppe Teil 3 tätig. Herrn N. könnten daher die Aufgaben des Klägers zugewiesen werden. Die Dokumentation dieser gedanklichen Zuordnung nach außen sei durch die Angabe im Arbeitsvertrag erfolgt.

28

Dem stehe der Antrag auf Verlängerung des Sonderurlaubs durch Herrn N. nicht entgegen. Für die Entscheidung über diesen Antrag sei bei der Beklagten die Tarifkanzlei Nord zuständig. Deren Entscheidung habe bei Vertragsschluss noch nicht festgestanden. Im Übrigen bedürfe die Vertretungsdauer keiner sachlichen Rechtfertigung. Aus den drei eintägigen Einsätzen des Herrn N. folge nicht, dass ein Vertretungsbedarf nicht bestanden habe.

29

Schließlich seien die Befristungen auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Unterbrechung von 3 1/2 Monaten im Jahr 2013 zeige, dass von einem planvollen Ausnutzen von befristeten Arbeitsverhältnissen nicht die Rede sein könne. Die Nichtbeschäftigung habe auf dem Interesse des Klägers beruht, sein Studium zu Ende zu führen. Bis auf die letzten beiden Verträge sei der Einsatz des Klägers auch genau für den prognostizierten Zeitraum erfolgt. Schließlich lege der Kläger auch keine zusätzlichen Gesichtspunkte dar, die für einen Rechtsmissbrauch sprächen.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Der Antrag zu 2. ist nicht zur Entscheidung angefallen.

A.

32

Der Antrag zu 1., der dahin auszulegen ist, dass sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag vom 24.06.2015 - nicht 01.07.2015 wie es im Antrag irrtümlich heißt - vereinbarten Befristung wendet, ist unbegründet. Die Befristung in diesem Vertrag ist nach § 14 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Ein Fall des institutionellen Rechtsmissbrauchs liegt nicht vor.

I.

33

Die Befristung ist nicht bereits nach § 17 TzBfG gerechtfertigt, da der Kläger am 19.10.2015 und damit rechtzeitig vor Ablauf von drei Wochen nach der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses Klage erhoben hat, die der Beklagten am 26.10.2015 und damit demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt worden ist.

II.

34

Die Befristung im Arbeitsvertrag ist als Befristung zur Vertretung i. S. von § 14 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt.

35

1. Nach § 14 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis.

36

Teil des Sachgrundes ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs nach Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Entsteht der Vertretungsbedarf für den Arbeitgeber „fremdbestimmt“, weil der Ausfall der Stammkraft - z. B. durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung - nicht in erster Linie auf seiner Entscheidung beruht, kann der Arbeitgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig damit rechnen, dass der Vertretene seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird. Die Stammkraft hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, nach Wegfall des Verhinderungsgrunds die vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber muss daher davon ausgehen, dass der Vertretene diesen Anspruch nach Beendigung der Krankheit, Beurlaubung oder Freistellung geltend machen wird.

37

Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass zwischen dem zeitweiligen Ausfall der Stammkraft und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Es muss sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden ist. Es ist deshalb aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG, Urt. v. 11.02.2015 - 7 AZR 113 /13 - Juris, Rn 15 - 17).

38

Hinsichtlich der Formen der Vertretung unterscheidet das Bundesarbeitsgericht zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren Vertretung und innerhalb letzterer danach, ob eine „Vertretungskette“ zwischen den Vertretenen und dem Vertreter besteht oder ein Fall der Vertretung in Form der gedanklichen Zuordnung erfolgt. Zu Letzterer führt das Bundesarbeitsgericht aus: Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Vertretungszusammenhang nicht nur, wenn eine mittelbare Vertretung erfolgt, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht (BAG, a. a. O., Rn 20).

39

2. Im hier zu entscheidenden Fall genügen die Darlegungen der Beklagten den Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtfertigung der Befristung nach den Grundsätzen der Vertretung in Form der gedanklichen Zuordnung.

40

a) Entgegen der Auffassung des Klägers durfte die Beklagte von einer Rückkehr des Arbeitnehmers N. auf seinen Arbeitsplatz ausgehen. Herr N. war befristet Sonderurlaub gewährt worden. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass er nach dessen Beendigung seine Arbeit nicht wieder aufnehmen werde, sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht dargelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die für die Vertragsverlängerung des Klägers zuständigen Mitarbeiter der Beklagten von dem Antrag des Mitarbeiters N. auf Verlängerung seines Sonderurlaubs am 24.06.2015 wussten. Selbst wenn festgestanden hätte, dass Herr N. auch über den 30.09.2015 abwesend sein werde, steht dieser Umstand allein der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen. Der Umstand, dass eine vereinbarte Vertragslaufzeit erheblich hinter der Dauer eines einem anderen Mitarbeiter bewilligten Sonderurlaubs zurückbleibt, stellt nämlich den Sachgrund für eine Befristung nicht in Frage (BAG, Urt. v. 25.03.2009 - 7 AZR 34/08 - Juris, Rn 26). Dem Arbeitgeber ist es vielmehr unbenommen zu entscheiden, ob er den vorübergehenden Ausfall eines Arbeitnehmers überhaupt durch Einstellung einer Vertretungskraft überbrückt. Deshalb kann er die Vertretung auch nur für einen kürzeren Zeitraum regeln (BAG, a. a. O.). Der Dauer einer Befristung und insbesondere der Frage ob diese hinter dem Zeitraum zurückbleibt, für den ein Beschäftigungsbedarf bestehen würde, kommt nur insoweit Bedeutung zu, als dieser Umstand einen Anhaltspunkt für eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Befristungsgrund Vertretung ist.

41

b) Die Voraussetzungen der Vertretung in Form der gedanklichen Zuordnung liegen im Streitfall vor.

42

aa) Herrn N. könnten im Fall seiner Anwesenheit die Aufgaben des Klägers tatsächlich und rechtlich zugewiesen werden.

43

Herr N. wäre im Fall seiner Anwesenheit, wie der Kläger, als Zusteller in der Entgeltgruppe 3 innerhalb derselben organisatorischen Einheit der Beklagten, dem ZSPL K., einsetzbar. Einwände gegen den Vortrag der Beklagten, dass Herrn N. die Tätigkeiten des Klägers tatsächlich und rechtlich zugeordnet werden können, hat der Kläger auch weder im Verfahren noch im Berufungstermin vor der Kammer geltend gemacht.

44

bb) Die Beklagte hat auch im Arbeitsvertrag mit dem Kläger die diesem zu übertragenen Aufgaben Herrn N. gedanklich zugeordnet. Entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren geäußerten, nicht näher begründeten Auffassung findet sich im Arbeitsvertrag des Klägers vom 24.06.2015, den der Kläger erstinstanzlich selbst zur Akte gereicht hat (Bl. 4 d. A.), der Hinweis darauf, dass der Befristungsgrund die Vertretung des Mitarbeiters N. wegen dessen vorübergehender Abwesenheit sei.

45

c) Der Rechtmäßigkeit der Befristung steht schließlich nicht die mit Herrn N. geschlossene Rahmenvereinbarung vom 10.10.2013 entgegen.

46

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Bestehen eines Vertretungsbedarfs im Zeitraum des befristeten Arbeitsverhältnisses ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also der 24.06.2015. Zu jenem Zeitpunkt war für die Beklagte nicht prognostizierbar, dass Herr N. im Befristungszeitraum als Arbeitnehmer für sie tätig werden würde. Allerdings dürfte eine Befristung zur Vertretung ausscheiden, wenn der Vertretene im Rahmen eines (Abruf-) Arbeitsverhältnisses tatsächlich für den Arbeitgeber tätig wird. Die Rahmenvereinbarung vom 10.10.2013 begründet aber gerade ausdrücklich kein Arbeitsverhältnis. Sie begründet auch keinen Anspruch seitens der Beklagten oder aber des Herrn N. auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. Beides ist in der Rahmenvereinbarung in den Absätzen 3 und 4 ausdrücklich ausgeschlossen.

47

Für die Beklagte gab es daher keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass einer Vertretung des Herrn N. durch den Kläger dessen Anwesenheit im Rahmen von 1-Tages-Arbeitsverhältnissen entgegenstehen würde. Dass die Beklagte am 24.06.2015 im Hinblick auf die Rahmenvereinbarung mit Herrn N. beabsichtigte, diesem in erheblichem Umfang 1-Tages-Arbeitsverhältnisse anzubieten und der Vertretungsgrund deswegen nur vorgeschoben ist, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht behauptet. Den Darlegungen der Beklagten, Herr N. sei tatsächlich nur an drei Tagen in der Zeit vom 01.07. - 30.09.2015 eingesetzt gewesen, hat er substantiiert nichts entgegengesetzt. Einem etwaigen von der Beklagen beabsichtigten Missbrauch stünde auch jedenfalls der Umstand entgegen, dass die Beklagte nicht prognostizieren konnte, ob und in welchem Umfang Herr N. überhaupt zur Begründung von 1-Tages-Arbeitsverhältnissen bereit war.

III.

48

Die Befristung ist schließlich auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam.

49

1. Aus unionsrechtlichen Gründen sind die Arbeitsgerichte verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. Diese zusätzliche Prüfung erfolgt nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (BAG, Urt. v. 07.10.2015 - 7 AZR 944/13 - Juris, Rn 14).

50

Dabei verlangt diese Prüfung eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift. Zu berücksichtigen ist außerdem, ob die Laufzeit der Verträge zeitlich hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt. Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei etwa an die Zahl und Dauer von Unterbrechungen zwischen den befristeten Verträgen. Die Übereinstimmung von Befristungsgrund und Befristungsdauer ist als Indiz gegen einen Gestaltungsmissbrauch zu berücksichtigen (BAG, a. a. O., Rn 15).

51

Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG angeknüpft werden. Regelmäßig besteht kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften (BAG, a. a. O., Rn 16). Von einem indizierten Gestaltungsmissbrauch kann ausgegangen werden, wenn beide Schwellenwerte für die nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG maximal zulässige sachgrundlose Befristung in Vertretungsfällen kumulativ um mehr als das Vierfache überschritten sind oder wenn einer der Schwellenwerte des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG um mehr als das Fünffache überschritten ist (Kiel, JbArbR, Bd. 50, 25, 46).

52

Diese Konkretisierung des Prüfungsmaßstabs hält auch die Berufungskammer insbesondere im Hinblick auf die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen und die Möglichkeit zur rechtssicheren Befristung für sachgerecht.

53

2. Nach diesen Vorgaben liegt hier kein Fall des institutionellen Rechtsmissbrauchs vor.

54

a) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist vorliegend allerdings ein institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert. Die Beklagte hat die höchstzulässige Zahl von befristeten Vertragsverlängerungen um mehr als das Fünffache überschritten. Insgesamt ist bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Befristung von 22 befristeten Arbeitsverträgen auszugehen.

55

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts stellt die Unterbrechung zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen in der Zeit vom 01.08. - 21.11.2013 keinen durchschlagen Grund dar, der es rechtfertigen würde, erst die Zeit ab dem 21.11.2013 der Missbrauchskontrolle zu unterziehen.

56

Ausschlaggebend hierfür ist aus Sicht des Berufungsgerichts, dass die Befristungen des Klägers, ab dem Zeitpunkt, ab dem sie eines Grundes bedurften, stets auf dem Sachgrund des vorübergehenden Personalbedarfs beruhten. Das beginnt mit dem 01.10.2009. Im dazugehörenden Vertrag vom 25.09.2009 ist als Sachgrund die Vertretung des Arbeitnehmers K. angegeben, wie auch im Folgevertrag. Vom 01.07.2010 bis zum 30.06.2013 ist als Befristungsgrund stets angegeben „Entlastung in der Zustellung“. Schließlich vom 01.07. - 31.07.2013 als Befristungsgrund „Erholungsurlaub“ im Zustellstützpunkt E,. Die Befristungsgründe in der Zeit ab dem 21.11.2013 liegen auf derselben Linie. Es ging um die Abwicklung von Erholungsurlaub, um vorübergehenden Personalbedarf zur Weihnachtszeit und zum Schluss um die Vertretung verschiedener Mitarbeiter. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger bis zum 31.07.2013 seine Tätigkeiten für die Beklagte in Teilzeit neben seinem Studium ableistete. Dieser Umstand mag dazu geführt haben, dass stets nur Teilzeitarbeitsverträge abgeschlossen worden sind. Dass die Befristung selbst aber etwa auf Wunsch des Klägers oder auf Rücksicht auf dessen Studium erfolgte, folgt hieraus nicht. Die Beklagte hätte den Kläger ohne weiteres auch neben seinem Studium in Teilzeit unbefristet beschäftigen können.

57

Der Umstand, dass zwischen den Parteien über drei Monate und drei Wochen kein Arbeitsverhältnis bestand, ist demgegenüber mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des europäischen Gerichtshofs im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände des Falls darauf, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, zu berücksichtigen.

58

b) Die Gesamtwürdigung aller Umstände führt nach Auffassung der Kammer dazu, dass trotz der Indizwirkung durch die Anzahl der Befristungen vorliegend kein Rechtsmissbrauch der Beklagten anzunehmen ist. Unter Berücksichtigung der vom Bundesarbeitsgericht genannten Kriterien ergibt sich Folgendes: Die Gesamtdauer der befristeten Verträge beläuft sich auf nicht ganz sieben Jahre und ist damit nicht besonders hoch. Hier wird die zulässige Befristungsdauer nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht um mehr als das Vierfache überschritten (vgl. zu diesem Faktor: Kiel, a. a. O.).

59

Dem steht allerdings die bereits genannte hohe Zahl von insgesamt 22 Verträgen gegenüber. Der Kläger ist auch stets mit denselben Aufgaben, nämlich mit der Briefzustellung betraut worden. Was die Laufzeit der befristeten Verträge angeht, so deckt sich teilweise die Dauer der Befristung mit dem Befristungsgrund, etwa im Vertrag vom 19.11.2013, im Vertrag vom 25.06.2014 und auch bei Abschluss des letzten Vertrags vom 24.06.2015 war jedenfalls den für die Vertragsverlängerung zuständigen Mitarbeitern der Beklagten nicht bekannt, dass auch über das Befristungsende hinaus Vertretungsbedarf bestand. Andererseits gibt es auch Verträge, in denen Befristungsdauer und Befristungsgrund auseinanderfallen, etwa im Vertrag vom 29.07.2014 oder vom 29.09.2014. Für Rechtsmissbrauch spricht auch, dass in der Zeit vom 01.07.2010 - 30.06.2013 insgesamt acht befristete Arbeitsverträge jeweils mit dem Befristungsgrund „Entlastung in der Zustellung“ geschlossen worden sind. Das lässt darauf schließen, dass jedenfalls in jenem Zeitraum ein Dauerbedarf an der Arbeitsleistung des Klägers bestand.

60

Aus Sicht des Berufungsgerichts entscheidend gegen die Annahme des Rechtsmissbrauchs spricht bei diesem Sachverhalt die zeitliche Zäsur in der Beschäftigung von drei Monaten und drei Wochen vom 01.08.2013 bis zum 20.11.2013. Nach einer Entscheidung des europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 03.07.2014 - C-362/13 - Fiamingo, Rn 71) kann eine Unterbrechung von mehr als 60 Tagen im Allgemeinen als ausreichend angesehen werden, um jedes bestehende Arbeitsverhältnis zu unterbrechen und dafür zu sorgen, dass jeder etwaige später unterschriebene Vertrag nicht mehr als darauffolgend angesehen wird. Dieser Bewertung schließt sich die Kammer an (in diesem Sinne auch Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, 5. Aufl., § 14, Rn 63, die in diesen Fällen die befristeten Arbeitsverhältnisse nicht mehr zusammenrechnen wollen). In diesem Zusammenhang spielt es aus Sicht des Berufungsgerichts ferner eine Rolle, dass die Unterbrechung darauf beruhte, dass dem Kläger die Möglichkeit eröffnet wurde, sein Studium zu beenden. Das spricht dagegen, dass die Beklagte die Befristung der Arbeitsverträge des Klägers missbraucht hat, um ihn nicht dauerhaft beschäftigen zu müssen. Nach der Unterbrechung war der Kläger keine zwei Jahre mehr bei der Beklagten tätig. Wegen dieses kurzen Zeitraums ist eine Missbrauchskontrolle nicht indiziert.

B.

61

Der Antrag zu 2., der nur für den Fall des Obsiegens gestellt worden ist, ist nicht zur Entscheidung angefallen.

C.

62

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

63

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden. Sowohl die Beurteilung der von der Beklagten mit Herrn N. geschlossenen Rahmenvereinbarungen, als auch die Bewertung der Dauer der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses sind für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und haben aus Sicht des Berufungsgerichts grundsätzliche Bedeutung. Abzuwägen ist aus Sicht des Berufungsgerichts, ob nach der zitierten Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs nicht davon auszugehen ist, dass bei einer Unterbrechung von mehr als 60 Tagen ein institutioneller Rechtsmissbrauch kontraindiziert ist.


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der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17. Juli 2013 - 7 Sa 450/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des letzten mit der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags sowie über Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit vom 28. August 2010 bis zum 31. Dezember 2010.

2

Die Klägerin war seit dem 29. Oktober 2001 auf der Grundlage von insgesamt 19 befristeten Arbeitsverträgen als Lehrkraft im Fach Hauswirtschaft bei dem beklagten Land beschäftigt. Sie wurde im Bereich von zwei Bezirksregierungen an drei Schulen eingesetzt. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beschäftigungszeiten:

        

29. Oktober 2001 bis 17. Juli 2002:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft C, 2/27 Stunden, Realschule G (Bezirksregierung K). Frau C war Erziehungsurlaub für die Zeit vom 20. August 2001 bis zum 31. August 2002 bewilligt worden.

        

18. Juli 2002 bis 30. Juli 2003:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft S, 2/27 Stunden, Realschule G. Frau S war Erziehungsurlaub für den Zeitraum vom 29. April 2001 bis zum 15. Februar 2004 bewilligt worden. Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 15. März 2003 bis zum 18. Juli 2003 im Mutterschutz.

        

31. Juli 2003 bis 13. Februar 2004:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft S, 2/27 Stunden, Realschule G.

        

6. September 2004 bis 23. Dezember 2004:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft M, 14/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

24. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft M, 14/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

10. Januar 2005 bis 31. Januar 2005:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkräfte M und F, 25/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

1. Februar 2005 bis 6. Juli 2005:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft E, 14/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

22. August 2005 bis 23. Dezember 2005:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft T, 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

24. Dezember 2005 bis 7. April 2006:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft T, 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

8. April 2006 bis 23. Juni 2006:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft T, 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

16. Oktober 2006 bis 20. Dezember 2006:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft T, 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

21. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft T, 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü). Die Mitarbeiterin T wurde mit Ablauf des 31. Januar 2007 in den Ruhestand versetzt.

        

12. Februar 2007 bis 20. Juni 2007:

        

16/28 Stunden aufgrund eines von der Schule ermittelten Vertretungskonzepts, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

6. August 2007 bis 20. August 2007:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft Sch, 13,5/25,5 Stunden, Gesamtschule N (Bezirksregierung D). Frau Sch war Elternzeit für den Zeitraum vom 4. August 2007 bis zum 8. August 2008 bewilligt worden.

        

21. August 2007 bis 27. November 2007:

        

Mutterschutzvertretung für die Lehrkraft Ka, Vollzeit, Gesamtschule N. Die Mutterschutzfrist von Frau Ka begann am 21. August 2007 und endete am 27. November 2007.

        

28. November 2007 bis 25. Juni 2008:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft Ka, Vollzeit, Gesamtschule N. Frau Ka war auf ihren Antrag vom 5. November 2007 Elternzeit bis zum 6. Oktober 2009 bewilligt worden.

        

26. Juni 2008 bis 31. Januar 2009:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft U, Vollzeit, Gesamtschule N. Frau U war auf ihren Antrag vom 17. Januar 2008 Elternzeit für den Zeitraum vom 9. August 2008 bis zum 25. Februar 2009 bewilligt worden.

        

1. Februar 2009 bis 6. Oktober 2009:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkräfte Ka und Ne, Vollzeit, Gesamtschule N. Frau Ne war Elternzeit bis zum 18. Oktober 2009 bewilligt worden.

        

7. Oktober 2009 bis 27. August 2010:

        

Mutterschutz- und Elternzeitvertretung für die Lehrkraft Ka (zweites Kind), Vollzeit, Gesamtschule N, Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 zum Arbeitsvertrag vom 3. August 2007. Frau Ka war auf Antrag vom 11. September 2009 Elternzeit bis zum 13. August 2011 gewährt worden.

3

Das beklagte Land lehnte eine Beschäftigung der Klägerin über den 27. August 2010 hinaus ab.

4

Mit ihrer am 2. September 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Befristungskontrollklage hat die Klägerin insbesondere die Auffassung vertreten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der im Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 getroffenen Befristungsabrede zum 27. August 2010 beendet worden sei. Die Befristung sei rechtsmissbräuchlich. Aufgrund der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von über acht Jahren sowie der Anzahl von 19 Befristungen sei ein sog. institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert.

5

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der im Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 unter § 1 getroffenen Befristungsabrede zum 27. August 2010 beendet ist,

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an sie

                 

a)    

für August 2010 ein restliches Bruttoentgelt in Höhe von 345,26 Euro nebst einem Ortszuschlag von 100,37 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 229,80 Euro netto zu zahlen,

                 

b)    

für September 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.675,76 Euro nebst Ortszuschlag in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen,

                 

c)    

für Oktober 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.675,76 Euro nebst Ortszuschlag in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen,

                 

d)    

für November 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 5.217,73 Euro nebst Ortszuschlag in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen,

                 

e)    

für Dezember 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.675,76 Euro nebst Ortszuschlag in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, ein möglicherweise indizierter institutioneller Rechtsmissbrauch sei widerlegt. Die Klägerin sei nicht über einen langen Zeitraum auf derselben Stelle beschäftigt worden. Sie habe ihre Arbeitsleistung vielmehr während der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses an drei verschiedenen Schulen in unterschiedlichen Städten und im Bereich von zwei verschiedenen Bezirksregierungen erbracht. Zudem sei sie in unterschiedlichen Schulformen mit einem unterschiedlichen Lehrdeputat zwischen zwei und 25,5 Stunden beschäftigt worden. Die einzelnen Befristungen hätten sich an Dauer und Umfang des Ausfalls der vertretenen Lehrkraft orientiert. Die Befristung des jeweiligen Arbeitsvertrags auf das Ende des Schulhalbjahres bzw. Schuljahres hänge damit zusammen, dass sich zu jedem neuen Schuljahr unter Berücksichtigung fächerspezifischer Gesichtspunkte ein spezieller Vertretungsbedarf stelle. Da keine Verpflichtung bestehe, eine Vertretungsreserve vorzuhalten, komme es nicht entscheidend darauf an, ob nach dem 27. August 2010 ein Vertretungsbedarf für die Klägerin im Land Nordrhein-Westfalen oder im Bereich der Bezirksregierung D vorhanden gewesen sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Befristungskontrollklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Deshalb stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Vergütungsansprüche für die Zeit nach dem Vertragsende am 27. August 2010 nicht zu.

9

I. Die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 vereinbarte Befristung zum 27. August 2010 ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Befristung sei nicht wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

10

1. Die streitbefangene Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

11

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 16; vgl. auch BAG 19. Februar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 27 ; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 16, BAGE 142, 308; 12. Januar 2011 -  7 AZR 194/09  - Rn. 13 ). Danach ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ua. dann gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer des Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird.

12

b) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von der Revision nicht gerügten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind hier die Voraussetzungen einer mittelbaren Vertretung erfüllt. Die streitgegenständliche Befristung beruht auf dem Ausfall der Lehrkraft Ka. Frau Ka befand sich zunächst im Mutterschutz und sodann in Elternzeit. Aufgrund einer Vertretungskette besteht der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der Lehrkraft Ka und der befristeten Einstellung der Klägerin. Dies wird von der Klägerin nicht in Frage gestellt.

13

2. Die Befristung ist auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam.

14

a) Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen ( EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 102 ff.; 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs(§ 242 BGB) vorzunehmen (vgl. BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 24; 12. November 2014 - 7 AZR 891/12 - Rn. 27 ; grundlegend BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 38 , BAGE 142, 308 und -  7 AZR 783/10  - Rn. 33).

15

aa) Die Prüfung, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat, verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 102; 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55; st. Rspr. seit BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 40 , BAGE 142, 308 ). Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift (BAG 19. Februar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 36 mwN). Zu berücksichtigen ist außerdem, ob die Laufzeit der Verträge zeitlich hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt (BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 46, aaO). Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei etwa an die Zahl und Dauer von Unterbrechungen zwischen den befristeten Verträgen (BAG 10. Juli 2013 - 7 AZR 761/11 - Rn. 27). Bei der Gesamtbeurteilung ist die Übereinstimmung von Befristungsgrund und Befristungsdauer als Indiz gegen einen Gestaltungsmissbrauch zu berücksichtigen. Daneben können grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von Bedeutung sein (BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 25; 24. September 2014 - 7 AZR 987/12 - Rn. 38; 19. Februar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 36; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 47, aaO). Außerdem sind die besonderen Anforderungen der in Rede stehenden Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien zu berücksichtigen, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist (EuGH 26. Februar 2015 - C-238/14 - [Kommission/Luxemburg] Rn. 40). Der Schulbereich zeugt von der Notwendigkeit besonderer Flexibilität, die den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge gemäß § 5 Nr. 1 Buchst. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 objektiv rechtfertigen kann, um dem Bedarf der Schulen angemessen gerecht zu werden und um zu verhindern, dass der Staat als Arbeitgeber dem Risiko ausgesetzt wird, erheblich mehr feste Lehrkräfte anzustellen, als zur Erfüllung seiner Verpflichtungen auf diesem Gebiet tatsächlich notwendig sind (EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 95). Allerdings wird auch in diesen für den Schulbereich nicht untypischen Fallkonstellationen eine weitere Prüfung der Umstände des Einzelfalls verlangt, um einen missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Sinne des § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung auszuschließen(vgl. EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 104). Deshalb muss der Arbeitgeber zwar auch dem branchentypisch wiederkehrenden, unplanbaren Vertretungsbedarf nicht grundsätzlich durch eine Personalreserve begegnen. Kann sich der Arbeitgeber jedoch ausnahmsweise wegen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Befristung des Arbeitsvertrags berufen, besteht damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, mag auch faktisch insoweit die Gefahr eines zeitweisen Personalüberhangs nicht völlig auszuschließen und bei den Personalplanungen zu berücksichtigen sein.

16

bb) Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften (BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 26; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 48, BAGE 142, 308).

17

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass sich die Befristung im vorliegenden Fall nicht als rechtsmissbräuchlich erweist, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen hier kumulativ - hinsichtlich der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses und der Anzahl der befristeten Arbeitsverträge - in besonders gravierendem Ausmaß überschritten sind. Die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses umfasst einen Zeitraum von acht Jahren und zehn Monaten und übersteigt damit das Vierfache des in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Werts. Innerhalb dieses Zeitraums wurden 18 Vertragsverlängerungen vereinbart. Dies ist das Sechsfache der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vorgesehenen Anzahl von drei Verlängerungen.

19

bb) Das Landesarbeitsgericht hat den damit indizierten Rechtsmissbrauch nach einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände als widerlegt angesehen.

20

Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass das beklagte Land keine Personalreserve vorhalten müsse, um den Vertretungsbedarf auszugleichen, der aufgrund der „branchenspezifischen Besonderheit“ des Schulbetriebs in jedem Schuljahr in nicht vorhersehbarem und planbarem Umfang durch die vorübergehende Verhinderung von Lehrkräften mit unterschiedlichen Fächerkombinationen in unterschiedlicher Stundenhöhe entsteht. Es hat zudem angenommen, gegen einen Gestaltungsmissbrauch spreche, dass die Klägerin an drei verschiedenen Schulen mit deutlich unterschiedlicher Stundenzahl beschäftigt worden sei und sich die Laufzeiten der mit der Klägerin geschlossenen Verträge weitestgehend an dem prognostizierten Vertretungsbedarf orientiert hätten. Daraus sei zu schließen, dass das beklagte Land die Befristungsmöglichkeit nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise genutzt habe, um einen dauerhaften Personalmangel auszugleichen. Ein solcher dauerhafter Vertretungsbedarf bestehe im Fach Hauswirtschaft nicht, für das allein die Klägerin die erforderliche Lehrbefähigung besitze.

21

cc) Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

(1) Die Erwägung des Landesarbeitsgerichts, eine „branchenspezifische Besonderheit des Schulbetriebs“ bestehe darin, dass aufgrund von nicht vorhersehbarem Sonderurlaub, Erziehungsurlaub, Erkrankung von Lehrkräften, die mit unterschiedlichen Fächerkombinationen in unterschiedlicher Stundenzahl beschäftigt seien, für das beklagte Land in jedem Schuljahr ein Vertretungsbedarf in nicht vorhersehbarem und planbarem Umfang entstehe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies allein reicht allerdings nicht aus, um einen Gestaltungsmissbrauch zu widerlegen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat aus der Vertragsbiographie der Klägerin, die an unterschiedlichen Schulen in unterschiedlichem Zeitumfang eingesetzt worden ist, rechtsfehlerfrei geschlossen, dass ihr nicht unter rechtsmissbräuchlicher Ausnutzung der Möglichkeiten der Vertretungsbefristung ein Vollzeitarbeitsverhältnis vorenthalten wurde. Dabei hat das Landesarbeitsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Klägerin nicht stets in derselben Dienststelle mit denselben Tätigkeiten beschäftigt, sondern an unterschiedlichen Schulen eingesetzt wurde. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dabei als gegen einen Gestaltungsmissbrauch sprechend gewürdigt, dass die Klägerin nicht zur Vertretung in Gestalt der sogenannten gedanklichen Zuordnung (vgl. hierzu BAG 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 20 f.; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 23 ff., BAGE 142, 308) beschäftigt wurde, sondern zur mittelbaren Vertretung von Lehrkräften an deren Schule. Wird ein Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum im Rahmen aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse in derselben Dienststelle im selben zeitlichen Umfang mit denselben Aufgaben - zudem noch im Wege der gedanklichen Zuordnung - betraut, spricht dies stärker für einen institutionellen Rechtsmissbrauch als eine Beschäftigung zur unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung. Unmittelbare oder mittelbare Vertretungen innerhalb einer überschaubaren Organisationseinheit lassen hingegen eher den Schluss darauf zu, dass kein dauernder Vertretungsbedarf besteht. Die Befristungen der Arbeitsverträge mit der Klägerin beruhen auf schulbezogenen und nicht auf schulübergreifend organisierten Vertretungsketten. Anhaltspunkte dafür, dass an derselben Schule ein dauerhafter Vertretungsbedarf für den Lehrbedarf der Klägerin bestanden hätte, sind nicht ersichtlich.

23

(2) Auch die signifikanten Unterschiede des jeweils vereinbarten Lehrdeputats der Klägerin von zwei bis zu 25,5 Wochenstunden hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als Anhaltspunkt dafür angesehen, dass das beklagte Land die wiederholt gegebenen Befristungsmöglichkeiten nicht genutzt hat, um einen dauerhaften Vertretungsbedarf wegen Erziehungsurlaubs oder Erkrankung von Stammkräften zu decken. Dies ergibt sich auch daraus, dass sich die Dauer der Befristung der mit der Klägerin geschlossenen Verträge weitgehend an dem prognostizierten Vertretungsbedarf orientiert hat.

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(3) Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht die fachlich eingeschränkte Einsetzbarkeit der Klägerin als Umstand bewertet, der gegen einen Gestaltungsmissbrauch spricht. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Qualifikation grundsätzlich nur als Lehrerin im Fachbereich Hauswirtschaft eingesetzt werden kann. Dem steht nicht entgegen, dass sie in der Vergangenheit während eines kurzen Zeitraums auch in den Fächern Kunst, Deutsch und Englisch unterrichtet hat. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, über die fachlichen Voraussetzungen für einen derartigen Einsatz, also über die erforderliche Lehrbefähigung, zu verfügen. Sie kann nicht verlangen, als Stammkraft auch in Fächern eingesetzt zu werden, deren fachliche Voraussetzungen sie nicht erfüllt.

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(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin musste das Landesarbeitsgericht auch nicht feststellen, ob und in welchem Umfang in der Vergangenheit bei landesweiter Betrachtung ein ständiger Vertretungsbedarf für das Fach Hauswirtschaft bestand. Selbst wenn insoweit ein ständiger Vertretungsbedarf bestanden haben sollte, wäre das beklagte Land nicht ohne weiteres verpflichtet, eine Personalreserve in Form unbefristet beschäftigter Vertretungskräfte vorzuhalten.

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(5) Schließlich unterliegt es keinem Rechtsfehler, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht geprüft hat, ob frühere, von der Klägerin nicht mit Befristungskontrollklagen angegriffene Befristungen möglicherweise nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt waren. Befristungsabreden, die nicht innerhalb der Frist des § 17 Satz 1 TzBfG mit einer Befristungskontrollklage angegriffen werden, gelten nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam. Diese Fiktion steht einer späteren Prüfung auf ihre Rechtfertigung im Rahmen einer Rechtsmissbrauchskontrolle entgegen. Dass die Klägerin vom beklagten Land von der Erhebung einer Befristungskontrollklage abgehalten worden wäre, hat sie nicht vorgetragen.

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3. Soweit sich die Klägerin in den Vorinstanzen darauf berufen hat, die Befristung verstoße gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts gemäß § 7 Abs. 2 iVm. § 3 Abs. 2 AGG, hat sie sich weder in der Revisionsbegründung noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf diese Rechtsauffassung berufen. Die Vorinstanzen haben dies verneint und angenommen, die tatsächlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Diskriminierung seien nicht dargelegt worden. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.

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II. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 27. August 2010 ist das beklagte Land nicht verpflichtet, der Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus nach § 615 Satz 1 BGB die vereinbarte Vergütung zu zahlen.

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III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Maaßen    

        

    Krollmann    

                 

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.