Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 21. Sept. 2017 - 7 Ta 115/17

bei uns veröffentlicht am21.09.2017
vorgehend
Arbeitsgericht Weiden, 1 Ca 1442/16, 19.04.2017

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 19.04.2017 wird teilweise abgeändert.

2. Dem Kläger wird für die im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens angefallenen Übersetzungskosten in Höhe von 40,00 € Prozesskostenhilfe bewilligt.

3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

4. Für diesen Beschluss werden Gebühren nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Parteien stritten vor dem Arbeitsgericht Weiden in der Hauptsache um die Wirksamkeit einer Kündigung.

Mit Schriftsatz vom 06.01.2017 beantragte der Kläger u.a., den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss auch auf die im Verfahren für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken.

Das Verfahren endete am 31.01.2017 mit dem Abschluss eines Vergleichs.

Mit Beschluss vom selben Tag bewilligte das Erstgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe und ordnete ihm Frau Rechtsanwältin J. als Prozessvertreterin bei.

Mit Schriftsatz vom 16.03.2017 beantragte die Prozessvertreterin des Klägers, Übersetzungskosten in Höhe von insgesamt 380,00 € festzusetzen. Der Betrag resultierte aus zwei Rechnungen von Frau Z. vom 30.01.2017 (115,00 €) und vom 28.02.2017 (265,00 €), die für Übersetzungstätigkeiten gestellt wurden (s. Kostenheft unter IV).

Unter dem 05.04.2017 führte die Prozessvertreterin des Klägers aus, über den Antrag, den Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss auch auf die im Verfahren für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken, sei noch nicht entschieden worden.

Außerdem machte sie als eigene Auslagen gemäß § 46 RVG die Übersetzungskosten aus der Rechnung vom 28.02.2017 geltend und beantragte insoweit, die Erforderlichkeit der geltend gemachten Übersetzungskosten gemäß § 46 Absatz 1 RVG festzustellen.

Das Arbeitsgericht Weiden erließ am 19.04.2017 folgenden Beschluss:

Der Antrag des Klägers, im Rahmen des Verfahrens der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Bewilligung auch auf die im Verfahren für die Übersetzung der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken, wird zurückgewiesen.

Der Beschluss wurde dem Kläger am 28.04.2017 zugestellt.

Der Kläger legte gegen den Beschluss am 24.05.2017 sofortige Beschwerde ein.

In seinem Schriftsatz vom 02.06.2017 trug der Kläger vor, die Position 3 der Rechnung vom 28.02.2017 sei versehentlich darin aufgenommen worden. Der Kostenfestsetzungsantrag vom 16.03.2017 werde in Höhe von 115,00 € zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 08.06.2017 stellte das Arbeitsgericht die Erforderlichkeit von Übersetzungskosten in Höhe von 150,00 € fest.

II.

Es wird zunächst klargestellt, dass Gegenstand der vorliegenden Beschwerde (ausschließlich) der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 19.04.2017 ist, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bezüglich der Übersetzungskosten laut Rechnung vom 30.01.2017 im Prozesskostenhilfeverfahren abgelehnt worden ist.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO, sowie ordnungsgemäß eingelegt worden, §§ 127 Absatz 3, 569 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hinsichtlich der im Prozesskostenhilfeverfahren angefallenen Übersetzungskosten in der geltend gemachten Höhe.

Allerdings steht der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht bereits entgegen, dass im Rahmen des § 114 ZPO grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst gewährt werden kann. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 114 ZPO, der die Prozesskostenhilfe (nur) für die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung vorsieht, und entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (Bundesgerichtshof ‒ Beschluss vom 29.06.2010 ‒ VI ZA 3/09; juris).

Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich um einen Rechtsstreit mit grenzüberschreitendem Charakter handelt. Vielmehr ist in diesen Fällen die Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen zu beachten.

Nach Artikel 1 der Richtlinie ist deren Ziel die Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen.

Insoweit sind insbesondere die Art. 7 b), 8 b) und 12 der Richtlinie zu beachten. Danach gehören gemäß Art. 7 b) zu den durch den grenzüberschreitenden Charakter der Streitsache bedingten Kosten die Übersetzungskosten für Schriftstücke, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind. Dies betrifft die Entscheidung in der Hauptsache.

Aus den Art. 8 b) iVm 12 der Richtlinie ergibt sich darüber hinaus, dass (auch) der Mitgliedstaat des Gerichtsstands verpflichtet ist, erforderliche Kosten für das Prozesskostenhilfeverfahren zu übernehmen.

Dementsprechend hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 26.07.2017 (C-670/15; juris) entschieden, dass die Prozesskostenhilfe, die der Mitgliedstaat des Gerichtsstands gewährt, in dem eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat, in einer Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug Prozesskostenhilfe beantragt hat, auch die von dieser Person verauslagten Kosten für die Übersetzung der Anlagen umfasst, die für die Entscheidung über diesen Antrag erforderlich sind.

Danach steht dem Kläger zwar grundsätzlich Prozesskostenhilfe auch für das Verfahren über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu, insbesondere für Übersetzungskosten.

Voraussetzung ist indes, dass sie erforderlich waren, um über die beantragte Prozesskostenhilfe zu entscheiden.

Für die Frage, ob die geltend gemachten Übersetzungskosten erforderlich waren, ist der Maßstab anzulegen, der für § 46 Absatz 2 Satz 3 RVG gilt. Insbesondere verlangt die Richtlinie 2003/8/EG nicht die Besserstellung einer Partei, die einen grenzüberschreitenden Rechtsstreit führt, sondern lediglich den Ausgleich der Nachteile, die dadurch entstehen, dass die Partei der beim Prozessgericht verwendeten Sprache nicht mächtig ist.

Erforderlich im Sinne des § 46 RVG sind diejenigen Auslagen, ohne die der beigeordnete Rechtsanwalt die Interessen seines Mandanten nicht sachgemäß wahrnehmen kann.

Dies ist vorliegend lediglich teilweise der Fall.

Die Rechnung vom 30.01.2017 beinhaltet Übersetzungskosten für folgende Schriftstücke:

– Vertrag über Kredit und Bausparvertrag

– Erklärung zu Punkt I des Prozesskostenhilfeantrags

– Kaufvertrag Immobilie

– Pfandvertrag Immobilie

– Kreditvertrag.

Es war lediglich die Übersetzung der Erklärung des Klägers zu Punkt I des Prozesskostenhilfeantrag und des Kaufvertrags über die Immobilie erforderlich.

Grundlage für die Prüfung ist vorliegend die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 23.12.2016, die der Kläger in tschechischer und deutscher Sprache eingereicht hat. Der Vertrag über den Kredit und der Bausparvertrag sowie der weitere Kreditvertrag sind für den Prozesskostenhilfeantrag unerheblich. Sie wären dann von Bedeutung, wenn der Kläger sich hieraus ergebende Zahlungsverpflichtungen geltend gemacht hätte. Dies ist nicht der Fall. Der Kläger hat unter der Rubrik „Sonstige Zahlungsverpflichtungen“ zwar die beiden Kreditverträge mit der jeweiligen Restschuld eingetragen. Nach seiner Erklärung zahlt er selbst indes nichts auf die Schuld. Wenn er aber selbst die anfallenden Belastungen nicht trägt, sind sie für den Prozesskostenhilfeantrag unerheblich.

Dass der Kläger die monatlichen Raten nicht selbst zu tragen hat, ergibt sich nicht aus den vorgelegten Verträgen, sondern ausschließlich aus der Erklärung selbst. Diese lag bereits am 23.12.2016 vor.

Zu welchem Zweck der Pfandvertrag über die Immobilie vorgelegt wurde, ist nicht ersichtlich.

Die auf diese drei Positionen entfallenden Kosten in Höhe von 75,00 € waren daher nicht erforderlich.

Dagegen sind die Übersetzungskosten für die Erklärung des Klägers sowie den Kaufvertrag über die Immobilie in Höhe von insgesamt 40,00 € als erforderlich anzusehen.

Mit seiner Erklärung erläuterte der Kläger den Umstand, dass er keinerlei Einkünfte hatte.

Gleichzeitig führte der Kläger aus, dass er das Haus für seine Mutter gekauft hatte. Dies war eventuell bedeutsam für die Rubrik „Grundeigentum“ in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier hatte der Kläger die Frage nach Grundeigentum bejaht.

Insoweit war auch die Vorlage des Kaufvertrags erforderlich, da sich aus ihm die Kaufsumme ergibt. Diese wiederum lässt Rückschlüsse auf den in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgefragten Verkehrswert der Immobilie zu.

Die hierfür in Rechnung gestellten Beträge von 15,00 € bzw. 25,00 € stellen zwar Pauschalbeträge dar. Dagegen werden Übersetzungskosten gemäß § 11 JVEG nach tatsächlichen Anschlägen errechnet. Nach der Zahl der Anschläge liegt die Vergütung für beide Texte indes noch unterhalb des Honorars nach § 11 JVEG.

Der Beschluss des Erstgerichts war daher teilweise abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 46 Auslagen und Aufwendungen


(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren. (2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, da

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 11 Honorar für Übersetzer


(1) Das Honorar für eine Übersetzung beträgt 1,80 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge des schriftlichen Textes, wenn der Text dem Übersetzer in editierbarer elektronischer Form zur Verfügung gestellt wird (Grundhonorar). Andernfalls beträgt das

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09

bei uns veröffentlicht am 29.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZA 3/09 vom 29. Juni 2010 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fd Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax muss ein Sendeprotokoll a

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(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren.

(2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, dass eine Reise erforderlich ist, ist diese Feststellung für das Festsetzungsverfahren (§ 55) bindend. Im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde tritt an die Stelle des Gerichts die Verwaltungsbehörde. Für Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gelten Absatz 1 und die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Höhe zu ersetzender Kosten für die Zuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers ist auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu zahlenden Beträge beschränkt.

(3) Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, für das die Vorschriften der Strafprozessordnung gelten, werden nur vergütet, wenn der Rechtsanwalt nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZA 3/09
vom
29. Juni 2010
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax muss ein Sendeprotokoll
ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes
neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 20. Januar 2009 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen behaupteter ärztlicher Fehlbehandlung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil, das nach einem Einspruch der Klägerin aufrechterhalten worden ist, abgewiesen. Gegen das ihr am 8. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Am letzten Tag der bis zum 8. Dezember 2006 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung hat sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und einen - ausdrücklich so bezeichneten und nicht vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschriebenen - Entwurf einer Berufungsbegründung per Telefax beim Berufungsgericht eingereicht. Zugleich hat sie für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das ausgefüllte Formular mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ist erst mit dem Originalschreiben der Berufungsbegründung am 20. Dezember 2006 bei Gericht eingegangen. In der Erklärung war zwar angekreuzt , dass die Klägerin Unterhaltsleistungen von ihren Eltern bezieht, ein Zweitstück des Vordrucks mit den Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern war jedoch nicht beigefügt. Der entsprechende Vordruck wurde erst nach einem gerichtlichen Hinweis vom 1. Juli 2008 eingereicht.
2
Nach Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts durch Beschlüsse vom 3. September 2008 und vom 22. Oktober 2008 sowie dem Hinweis, dass die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen werden soll, mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 hat das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin durch den angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2009 als unzulässig verworfen. Dagegen will die Klägerin eine Rechtsbeschwerde erheben. Dafür und für das Prozesskostenhilfeverfahren hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt.

II.

3
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil für das Bewilligungsverfahren selbst keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (BGHZ 91, 311; Senat, Beschluss vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 - NJW 2004, 2595, 2596). Hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist aber unzulässig , weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
4
1. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht fristgemäß begründet worden, weil am letzten Tag der Frist zur Berufungsbegründung lediglich ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und ein - ausdrücklich so bezeichneter und nicht vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschriebener - Entwurf einer Berufungsbegründung per Fax eingereicht worden ist.
5
2. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen , dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfolgen konnte, weil die Frist zur Begründung der Berufung nicht unverschuldet versäumt worden ist. Unterbleibt die fristgerechte Rechtsmittelbegründung wegen wirtschaftlichen Unvermögens, ist die Frist unverschuldet versäumt, wenn die Partei bis zu deren Ablauf einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag einreicht oder der ohne Verschulden der Partei unvollständige Antrag innerhalb der Frist des § 234 ZPO ergänzt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01 - NJW 2002, 2180; vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - NJW-RR 2006, 140, 141; vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06 - FamRZ 2007, 809).
6
a) Die Klägerin hat die zu einem vollständigen Prozesskostenhilfeantrag gehörende Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 117 Abs. 2, 4 ZPO) nicht bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt , sondern den Prozesskostenhilfeantrag ohne Beifügung einer solchen Erklärung an das Gericht gefaxt und die zusätzlich erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Eltern nebst den beizufügenden Belegen erst nach dem richterlichen Hinweis im August 2008 eingereicht.
7
b) Der vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt auch nicht die Annahme, dass sie an der verspäteten Vorlage kein Verschulden trifft. Ein der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist durch dessen anwaltliche Versicherungen nicht ausgeräumt.
8
aa) Ein Rechtsanwalt muss dafür Sorge tragen, dass der Prozesskostenhilfeantrag vollständig mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der entsprechenden Belege innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax muss er durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass eine Überprüfung erfolgt, ob der Antragsschriftsatz mit den erforderlichen Anlagen auch wirklich vollständig übermittelt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2001 - V ZB 5/01 - NJW-RR 2001, 1072; vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06 - aaO). Über die konkrete Übermittlung muss ein Sendeprotokoll ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1994 - V ZR 62/93 - NJW 1994, 1879 f.; Beschlüsse vom 13. Juni 1996 - VII ZB 13/96 - NJW 1996, 2513; vom 8. März 2001 - V ZB 5/01 - aaO; vom 7. Mai 2001 - II ZB 16/00 - BGH-Report 2001, 809; vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06 - aaO).
9
bb) Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten die allgemeine Anweisung bestand, die sich aus dem Sendebericht ergebenden Seitenzahlen mit denen der Originalvorlagen zu vergleichen oder dass insoweit eine Einzelanweisung an die damalige Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten erfolgt ist. Dieser hat vielmehr insoweit nur vorgetragen, dass diejenige Mitarbeiterin, die zur Fristwahrung die Schriftsätze an das Gericht faxte und/oder per Gerichtspost versandte, vorher abschließend zu prüfen hatte, ob diese vollständig und alle Anlagen beigefügt waren. Dies beinhaltet nicht die Kontrolle, ob nach den im Sendeprotokoll angegebenen Seitenzahlen dem Telefax tatsächlich die entsprechenden Unterlagen beigefügt waren oder - wie hier unstreitig - nur eine Übersendung des Prozesskostenhilfeantrags ohne Anlagen erfolgt ist. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die unvollständige Vorlage des Prozesskostenhilfeantrags auf ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen ist, da bei einer entsprechenden Kontrolle des Sendeprotokolls festgestellt worden wäre, dass die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und ihrer Eltern nicht mit übersandt worden ist.
10
3. Es ist im Übrigen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Vortrag, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe noch vor Unterzeichnung des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2006 alle Anlagen auf Vollständigkeit überprüft und die Akte sei dann mit diesen Unterlagen an eine Rechtsanwaltsfachangestellte zur Absendung zurückgegangen, nicht für eine Glaubhaftmachung als ausreichend angesehen hat. Die entsprechende Würdigung ist angesichts des Umstandes, dass die Unterlagen weder per Fax noch per Post zur Gerichtsakte gelangt sind und weder im Original noch in Kopie in der Akte des Prozessbevollmächtigten verblieben sind, lebensnah.
11
4. Der Entscheidung des Berufungsgerichts steht auch nicht der von der Klägerin angeführte Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 2008 (- II ZB 19/07 - NJW-RR 2008, 1306) entgegen. Bei dieser Entscheidung lag ein anderer Sachverhalt vor. In diesem Verfahren war nämlich dem Antrag auf Prozesskostenhilfe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt. Die Fristsetzung des Gerichts ist nur zur Vervollständigung dieser Angaben erfolgt. Auf die in der Entscheidung des Senats vom 6. Mai 2008 (VI ZB 16/07, VersR 2008, 1559) angestellten Erwägungen kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nicht an. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.08.2006 - 323 O 284/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.01.2009 - 1 U 117/06 -

(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren.

(2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, dass eine Reise erforderlich ist, ist diese Feststellung für das Festsetzungsverfahren (§ 55) bindend. Im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde tritt an die Stelle des Gerichts die Verwaltungsbehörde. Für Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gelten Absatz 1 und die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Höhe zu ersetzender Kosten für die Zuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers ist auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu zahlenden Beträge beschränkt.

(3) Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, für das die Vorschriften der Strafprozessordnung gelten, werden nur vergütet, wenn der Rechtsanwalt nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(1) Das Honorar für eine Übersetzung beträgt 1,80 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge des schriftlichen Textes, wenn der Text dem Übersetzer in editierbarer elektronischer Form zur Verfügung gestellt wird (Grundhonorar). Andernfalls beträgt das Honorar 1,95 Euro für jeweils angefangene 55 Anschläge (erhöhtes Honorar). Ist die Übersetzung wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls besonders erschwert, insbesondere wegen der häufigen Verwendung von Fachausdrücken, der schweren Lesbarkeit des Textes, einer besonderen Eilbedürftigkeit oder weil es sich um eine in der Bundesrepublik Deutschland selten vorkommende Fremdsprache handelt, so beträgt das Grundhonorar 1,95 Euro und das erhöhte Honorar 2,10 Euro.

(2) Maßgebend für die Anzahl der Anschläge ist der Text in der Zielsprache. Werden jedoch nur in der Ausgangssprache lateinische Schriftzeichen verwendet, ist die Anzahl der Anschläge des Textes in der Ausgangssprache maßgebend. Wäre eine Zählung der Anschläge mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden, so wird deren Anzahl unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Anzahl der Anschläge je Zeile nach der Anzahl der Zeilen bestimmt.

(3) Sind mehrere Texte zu übersetzen, ist die Höhe des Honorars für jeden Text gesondert zu bestimmen. Für eine oder für mehrere Übersetzungen aufgrund desselben Auftrags beträgt das Honorar mindestens 20 Euro.

(4) Der Übersetzer erhält ein Honorar wie ein Dolmetscher, wenn

1.
die Leistung des Übersetzers in der Überprüfung von Schriftstücken oder von Telekommunikationsaufzeichnungen auf bestimmte Inhalte besteht, ohne dass er insoweit eine schriftliche Übersetzung anfertigen muss, oder
2.
die Leistung des Übersetzers darin besteht, aus einer Telekommunikationsaufzeichnung ein Wortprotokoll anzufertigen.