Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 31. Jan. 2014 - 13 TaBV 66/13
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.06.2013 – 8 BV 149/12 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:
Die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung der Arbeitnehmer N und L jeweils in Tarifgruppe 8, 8. Berufsjahr, des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (Stand Juni 2012) wird ersetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens (noch) um die zutreffende Umgruppierung zweier Geschäftskundenberater.
4Im Betrieb der Arbeitgeberin kommen u.a. die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (Stand Juni 2012) - im Folgenden kurz: MTV - zur Anwendung. Soweit hier von Interesse, finden sich in § 6 MTV folgende Tarifgruppen:
5Tarifgruppe 6
6Tätigkeiten, die vertiefte gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen erfordern. …
7Tarifgruppe 7
8Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung erfordern, z.B.:
9Kundenberater …
10Tarifgruppe 8
11Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z.B.:
12Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl.
13Spezialberatung im Individualgeschäft) …
14Tarifgruppe 9
15Tätigkeiten, die sich durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Gruppe 8 hinausheben, z.B.:
16Kundenberater mit besonderen Anforderungen …
17§ 7 lautet auszugsweise wie folgt:
18Eingruppierung in die Tarifgruppen
19- 20
1. Die Arbeitnehmer werden nach der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Tarifgruppen eingruppiert …
- 21
2. Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, sind in diese Tarifgruppe einzugruppieren.
Neben diesem tariflichen Eingruppierungssystem besteht bei der Arbeitgeberin ein Funktionsmodell ComMap mit einer sog. Karriereleiter „Retail Banking - Vertrieb“ (RB), der die Funktion „Geschäftskundenberater“ zugeordnet ist. Dort ist eine Einstufung von RB 1 bis RB 4 möglich, wobei RB 1 der Tarifgruppe 8 MTV entspricht; ab RB 2 erfolgt dann eine außertarifliche Vergütung.
23Bei der Arbeitgeberin kommen im Zuge der Integration der Dresdner Bank seit dem 01.07.2010, soweit hier von Interesse, Privatkundenberater, Private Banking Berater, Geschäftskundenberater sowie – unterstützend – Spezialisten u.a. für den Kredit- und Wertpapierbereich zum Einsatz.
24Für die Tätigkeit eines Geschäftskundenberaters ist nach der bestehenden Stellenbeschreibung als „Zweck der Stelle“ ausgewiesen:
25Der Geschäftskundenberater betreut selbständig und aktiv die ihm zugeordneten Kunden. Er ist zuständig für die aktive Pflege und Weiterentwicklung der Kundenbeziehung, sowie für die Akquisition neuer Geschäftskunden. Maßgeblich für die Kundenzuordnung sind die kommunizierten Segmentierungskriterien. Neben der Weiterentwicklung im eigenen Segment hat der Geschäftskundenberater den Auftrag, Kunden mit weiterführendem Bedarf oder beim Überschreiten der Segmentierungskriterien aktiv in definierter Form weiterzuleiten und bei Bedarf Spezialisten professionell einzubinden. Hierbei orientiert er sich an den strategischen Zielen und geschäftspolitischen Schwerpunkten der Bank, unter Beachtung der Richtlinien innerhalb seines Verantwortungsbereiches.
26Der Geschäftskundenberater schenkt der Kundenzufriedenheit und Serviceorientierung besondere Beachtung und wendet die ihm von der Bank zur Verfügung gestellten DV-Systeme/DV-Anwendungen an. Er erbringt im Bedarfsfall und auf Anweisung seines Vorgesetzten Vertretungen innerhalb der Filiale.
27Zur persönlichen Weiterentwicklung kann der Geschäftskundenberater auf Empfehlung des Vorgesetzten bei Qualifizierungsmaßnahmen der Bank als Referent eingesetzt werden und kann Ausbildungspatenschaften übernehmen. Darüber hinaus kann er bei besonderer Qualifikation Produktpatenschaften in der Filiale übernehmen. In diesem Zusammenhang verfolgt er Änderungen und Neuerungen im ausgewählten Produktbereich und stellt diese eigeninitiativ innerhalb der Gruppe vor, um einen hohen Qualitätsstandard sicherzustellen.
28Die Kreditentscheidungen erfolgen gemäß bestehender Richtlinien und erteilter Kompetenzen.
29Als „Hauptaufgaben“ sind wiedergegeben:
30- 31
Aktive vertriebsorientierte Ansprache aller ihm zugeordneten Kunden, Interessenten und Nichtkunden mit dem Ziel der kontinuierlichen Ertragssteigerung
- 32
Regelmäßige und konsequente Terminvereinbarung unter Nutzung der zur Verfügung stehenden Anwendungen
- 33
Abschlussorientierte Beratung in allen Bedarfsfeldern seiner Kunden im Geschäfts-, Private Banking- und Privatkundengeschäft
- 34
Pflege und Ausbau bestehender Kundenverbindungen und Akquisition neuer Kunden
- 35
Verkauf aller der im Geschäftskundenbereich definierten Produkte und Dienstleistungen der privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierung
- 36
Abschlussorientierte und eigenverantwortliche Umsetzung zentralseitig generierter Vertriebshinweise
- 37
Einhaltung und Umsetzung der definierten Beratungsprozesse unter Einbezug der vertriebsunterstützenden Anwendungen
- 38
Aktive Planung der Vertriebsaktivitäten, Entwicklung und Ableitung der erforderlichen Maßnahmen und konsequente Ergebnisbesprechung mit dem Vorgesetzten zur kontinuierlichen Qualitätssteigerung
- 39
Sachliche sachgebietsübergreifende Kommunikation und erfolgreiche interne Zusammenarbeit
Daneben wird umfassendes Fachwissen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Einlagen, Wertpapier und Kredit verlangt.
41Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die Anlage ASt 6 zum Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 19.07.2012 (Bl. 26 ff. d. A.).
42Mit Schreiben vom 11.09.2012 (Bl. 73 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin bei dem im Betrieb bestehenden Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung und Umgruppierung des Mitarbeiters L von Tarifgruppe 7 MTV in Tarifgruppe 8 MTV. Dieser Arbeitnehmer ist seit dem 01.08.2006 im Betrieb tätig und kam nach Beendigung seiner Ausbildung zuletzt als Privatkundenberater mit einer Vergütung nach Tarifgruppe 7 MTV zum Einsatz. Nach erfolgreicher neunmonatiger Absolvierung eines Einarbeitungsprogramms, das gemäß der im Unternehmen geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung „ComGrow“ vom 12.12.2007 (Bl. 14 ff. d. A.) Mitarbeiter auf die Übernahme einer neuen Funktion vorbereitet, sollte er ab 01.10.2012 die Aufgaben eines Geschäftskundenberaters übernehmen.
43Mit Schreiben vom 06.06.2013 (Bl. 270 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat auch die Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers N ab dem 01.06.2013 von Tarifgruppe 7 MTV in Tarifgruppe 8 MTV. Dieser ist ebenfalls seit dem 01.08.2006 im Betrieb tätig und übernahm nach Beendigung seiner Ausbildung die Aufgaben eines Privatkundenberaters mit einer Vergütung nach Tarifgruppe 7 MTV, bevor er das genannte Einarbeitungsprogramm „ComGrow“ nach einem halben Jahr am 31.05.2013 erfolgreich abschloss.
44Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 19.09.2012 (Bl. 74 ff. d. A.) und 12.06.2013 (Bl. 271 ff. d. A.) stimmte der Betriebsrat den Versetzungen zu, verweigerte aber die Zustimmung zu den beabsichtigten Umgruppierungen unter Hinweis darauf, die beiden Arbeitnehmer hätten zumindest einen Anspruch auf Eingruppierung in Tarifgruppe 9 MTV.
45Daraufhin leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren ein mit dem Begehren, die Zustimmung des Betriebsrates zu ersetzen.
46Sie hat die Auffassung vertreten, die Funktion des Geschäftskundenberaters entspreche den allgemeinen Merkmalen der Tarifgruppe 8 MTV und sei dem dortigen Tätigkeitsbeispiel eines Kundenberaters mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft) zuzuordnen. Hingegen würden sich Tätigkeiten des Geschäftskundenberaters nicht durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Tarifgruppe 8 MTV hinausheben, wie es in Tarifgruppe 9 MTV vorausgesetzt werde; es sei kein Kundenberater mit besonderen Anforderungen.
47So würde die Erledigung seiner Aufgaben durch den Einsatz von EDV-Programmen sowie durch die Unterstützung von Back-Office-Einheiten erleichtert. Bilanzen würden regelmäßig an den Kreditentscheider weitergegeben. Dieser erstelle dann aufgrund der Bilanz ein Rating. Kreditgewährungen dürften zum Großteil nur mit einem Kreditentscheider im Vier-Augen-Prinzip getroffen werden. – Das Leistungsangebot solle mit verschiedenen Spezialisten, namentlich im Kredit- und Wertpapierbereich, abgedeckt werden. Auch dürfe eine Beratung nicht bei allen Produkten vollständig vom Geschäftskundenberater erfolgen.
48Die Arbeitgeberin hat beantragt,
49- 50
1. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters L in die Vergütungsgruppe 8, 7. Berufsjahr, des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung von Juni 2012 zu ersetzen,
- 51
2. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters N in die Vergütungsgruppe 8, 8. Berufsjahr, des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung von Juni 2012 zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
53die Anträge zurückzuweisen.
54Er hat die Auffassung zum Ausdruck gebracht, die beiden Geschäftskundenberater müssten in Tarifgruppe 9 MTV umgruppiert werden, wobei es der Arbeitgeberin obliege, darzulegen, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund vorliege.
55Die einschlägigen Tarifgruppen bauten aufeinander auf, beginnend für Kundenberater mit der Tarifgruppe 7 MTV. Dieser berate regelmäßig spartenübergreifend über einfache Formen standardisierter Produkte. Bei einem Kundenberater der Tarifgruppe 8 MTV liege der Schwerpunkt im Kredit-, Wertpapier- und Auslandsgeschäft. In dieser Funktion würden an seine Aufgabenerfüllung erhöhte Anforderungen gestellt, so dass die Voraussetzungen des ersten Tätigkeitsbeispiels erfüllt seien.
56In Tarifgruppe 9 MTV seien schließlich Kundenberater einzugruppieren, die eine qualifizierte Beratung in klassischen Geschäftssparten des Bankgeschäfts wahrnehmen würden, wozu die Geschäftskundenberater zu rechnen seien. Diese hätten sich nämlich um Gewerbetreibende und Freiberufler mit einem Jahresumsatz von bis zu 2,5 Millionen € zu kümmern und seien damit auch Firmenkundenbetreuer. Zur Erledigung der Aufgaben bedürfe es erhöhter Kenntnisse z.B. in Haftungsfragen. Die zu erstellenden Finanzierungen seien komplex, wobei vom Geschäftskundenberater Vorschläge zur individuellen Absicherung spezieller Risiken erwartet würden.
57Durch Beschluss vom 19.06.2013 hat das Arbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsanträgen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Geschäftskundenberater aufgrund der von ihm durchzuführenden Spezialberatung, die sich vom Massengeschäft abgrenze, den Anforderungen der Tarifgruppe 8 MTV gerecht werde. Die Voraussetzungen der Tarifgruppe 9 MTV seien aber nicht erfüllt. So könne nicht auf die Vielzahl der von ihm anzubietenden Produkte abgestellt werden, weil die Tarifgruppen daran nicht anknüpfen würden. Auch in Bezug auf Haftungsfragen sei eine besondere Schwierigkeit und/oder Verantwortung nicht ersichtlich.
58Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.
59Er weist darauf hin, dass Kundenberater mindestens in Tarifgruppe 7 MTV einzugruppieren seien; dazu gehörten die Privatkundenberater. Wenn diese vertieften Anforderungen hinsichtlich der Angebotspalette gerecht oder den Weg eines Spezialisten weitergehen würden, seien die Voraussetzungen der Tarifgruppe 8 MTV erfüllt, wie es bei den (ehemaligen) Senior-Privatkundenberatern der Fall gewesen sei.
60Demgegenüber erfüllten die Geschäftskundenberater die Voraussetzungen der Tarifgruppe 9 MTV. Ihre Tätigkeit erforderten ein breiteres Fachwissen, z.B. in den Bereichen Zahlungsverkehr, Wertpapier und Kredit; hinzu kämen umfassende Kenntnisse im Bereich Einlagen, um Kunden in mehreren Geschäftsbereichen der Bank kompetent beraten zu können.
61Was seine Verantwortung angehe, betreue der Geschäftskundenberater individuell Kunden bis zu einem Volumen von 1.250.000,-- €, im Falle N sogar bis vier Millionen €, wobei der Geschäftskundenberater erst bei einem Anlagevolumen von über 250.000,-- € einen Wertpapier- oder Kreditspezialisten unterstützend hinzuziehen müsse.
62Davon abgesehen sei die Arbeitgeberin bislang ihrer Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund vorliege, nicht gerecht geworden.
63Der Betriebsrat beantragt,
64den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.06.2013 – 8 BV 149/12 – abzuändern und die Anträge abzuweisen.
65Die Arbeitgeberin beantragt,
66die Beschwerde zurückzuweisen.
67Sie meint, die Tätigkeit eines Geschäftskundenberaters gehe weder im Anlage- bzw. Wertpapier- noch im Kreditgeschäft oder bei sonstigen Aufgaben bezüglich der in Tarifgruppe 9 MTV vorausgesetzten Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über die in Tarifgruppe 8 MTV verlangten Tätigkeiten hinaus. So würden die Aufgaben des Geschäftskundenberaters bei Finanzierungsanfragen und Kreditentscheidungen durch den Einsatz von EDV-Programmen und durch die Unterstützung bzw. Mitentscheidung von Back-Office-Einheiten erleichtert. Bilanzen würden ohne eine „tiefergehende“ Analyse an den Kreditentscheider weitergegeben, der aufgrund dessen ein Rating erstelle.
68Kreditentscheidungen würden durch Ratingsysteme unterstützt, wobei Kredite ganz überwiegend nur gemeinsam mit dem Kreditentscheider vergeben werden dürften.
69Der Geschäftskundenberater als Hauptansprechpartner der Kunden müsse jeweils gemeinsam mit Produktspezialisten eine sachgerechte Lösung für den konkreten Kundenbedarf ermitteln.
70Konkret betreue der Arbeitnehmer L heute einen festen Kundenstamm, wobei cirka 90 % einen geschäftlichen Hintergrund hätten. Hauptsächlich betreue er die Kunden in den Bereichen Zahlungsverkehr, Kreditanfragen und –bearbeitung sowie standardisierte Anlage- und Vorsorgelösungen – ggf. unter Hinzuziehung von Spezialisten. Daneben sei er für die Neuakquisition von Geschäftskunden verantwortlich, während er z.B. für Existenzgründungen nicht zuständig sei.
71Demgegenüber seien dem Arbeitnehmer N noch keine festen Kunden zugeordnet. Seine primären Aufgaben würden im Bereich von Neukunden liegen, z.B. Kontoeröffnungen sowie Finanzierungsanfragen und –bearbeitung. Auch wenn er mit einer Kreditkompetenz bis zu vier Millionen € ausgestattet sei, was nur bei Kunden mit einer Top-Bonität gelte, müsse er die einschlägigen Kompetenzregeln beachten; z.B. müsse dann generell der Wertpapierspezialist der Filiale eingebunden werden.
72Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
73B.
74Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist unbegründet.
75Zu Recht ist nämlich das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer L und N jeweils in Tarifgruppe 8 MTV zu ersetzen war.
76I. In dem Zusammenhang ist vorauszuschicken, dass es sich bei den personellen Einzelmaßnahmen um Umgruppierungen im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt, weil bei beiden Arbeitnehmern mit der versetzungsbedingten Veränderung ihrer Tätigkeitsbereiche auch eine Änderung der bisherigen Einordnung in das kollektive Entgeltschema der §§ 6 f. MTV verbunden ist (vgl. zuletzt BAG, 11.09.2013 – 7 ABR 29/12).
77II. Die vom ordnungsgemäß unterrichteten Betriebsrat mit Schreiben vom 19.09.2012 und 06.06.2013 wirksam verweigerten Zustimmungen waren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, weil die beiden Geschäftskundenberater L und N zu Recht der Tarifgruppe 8 MTV und nicht der höchsten Tarifgruppe 9 MTV zuzuordnen sind.
781. Die hier einschlägigen drei Tarifgruppen für Kundenberater, nämlich die Tarifgruppen 7 bis 9 MTV, sind durch allgemeine Merkmale (Oberbegriffe) und dazu ergangene Tätigkeitsbeispiele umschrieben. Dabei sind Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, gemäß § 7 Nr. 2 MTV in diese Tarifgruppe einzugruppieren.
79a) Nach den allgemeinen Merkmalen der Tarifgruppe 7 MTV ist es erforderlich, dass die Tätigkeiten umfassende, also mehr als die in Tarifgruppe 6 MTV schon vorausgesetzten gründlichen bzw. vertieften Kenntnisse voraussetzen. Daneben bedarf es zur Ausführung überwiegend eigener Entscheidungen – gegenüber solchen in nur begrenztem Umfang in Tarifgruppe 6 MTV. Schließlich muss ein entsprechendes Maß der Verantwortung hinzutreten.
80Hiervon ist im Falle von Kundenberatern, die in Tarifgruppe 7 MTV als erstes Tätigkeitsbeispiel aufgeführt sind, angesichts der Regelung in § 7 Nr. 2 MTV ohne Weiteres auszugehen. Damit ist dem Gesichtspunkt Rechnung getragen worden, dass Kundenberatern angesichts ihres erweiterten Fachwissens und ihrer erweiterten Entscheidungsbefugnisse sowie des Maßes der damit verbundenen Verantwortung eine herausgehobene Funktion im jeweiligen Unternehmen zukommt (vgl. Kappes/Sauer/Grimmke/Thau/Semler, Tarifverträge für das Bankgewerbe, § 6 Rn. 24b). Sie sind nämlich grundsätzlich nicht für das von Schalterangestellten abzuwickelnde Tagesgeschäft zuständig (BAG, 10.02.1999 – 10 ABR 38/98 u.a.).
81b) In Tarifgruppe 8 MTV werden sodann bei den Oberbegriffen nicht mehr bestimmte Voraussetzungen kumulativ aufgestellt, sondern es reicht, wenn die Tätigkeiten entweder besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, wobei allerdings das zweite zumeist mit dem ersten einhergeht (Kappes/Sauer/Grimmke/Thau/Semler, a.a.O., § 6 Rn. 26).
82In dem dazu ergangenen ersten Tätigkeitsbeispiel sind Kundenberater mit erhöhten Anforderungen aufgeführt, wobei im Klammerzusatz beispielhaft die Spezialberatung im Individualgeschäft erwähnt ist.
83In Tarifgruppe 9 MTV wird – wiederum alternativ oder kumulativ – auf die Merkmale der Schwierigkeit und Verantwortung abgestellt, wobei hinzukommt, dass die dadurch bedingte Hinaushebung über Tarifgruppe 8 MTV offenbar, d.h. ohne Weiteres erkennbar sein muss (Kappes/Sauer/Grimmke/Thau/Semler, a.a.O., § 6 Rn. 27).
84Bei den Tätigkeitsbeispielen ist dann wiederum der Kundenberater aufgeführt, allerdings mit der Hinzufügung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Anforderungen – im Unterschied zu den erhöhten Anforderungen in Tarifgruppe 8 MTV.
85Wird danach also maßgeblich auf den Grad der Anforderungen abgestellt, ergibt die gebotene Auslegung des Wortes „besonders“, dass es sich – im Verhältnis zu erhöhten Anforderungen – um solche handeln muss, die über das Übliche weit hinaus gehen und außergewöhnlich sind (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „besonder…“). Zu diesem Begriffsverständnis passt dann wiederum das Merkmal „ offenbar“, denn wenn Anforderungen über das übliche Maß weit hinausgehen, ist dies auch ohne Weiteres erkennbar.
862. Gemessen an diesen Vorgaben, sind die beiden Geschäftskundenberater L und N zu Recht in Tarifgruppe 8 und nicht in Tarifgruppe 9 MTV umzugruppieren.
87Ausweislich der einschlägigen Stellenausschreibung betreuen Geschäftskundenberater allgemein bestimmte, ihnen nach spezifischen Segmentierungskriterien zugeordnete Geschäftskunden, beraten diese abschlussorientiert in allen Bedarfsfeldern und sind für den Verkauf der einschlägigen Produkte und Dienstleistungen zuständig. Dabei haben sie die zur Verfügung stehenden Anwendungen zu nutzen, zentralseitig generierte Vertriebshinweise zu beachten und bei Bedarf Spezialisten einzubinden. Um den in vielerlei Hinsicht erhöhten Anforderungen gerecht werden zu können, benötigen sie ein umfassendes Fachwissen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Einlagen, Wertpapier und Kredit.
88Alle diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, ihn – über Tarifgruppe 7 MTV hinaus – der Tarifgruppe 8 MTV zuzuordnen.
89Hingegen sind keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, einen solchen Geschäftskundenberater in die Tarifgruppe 9 MTV einzugruppieren, weil an ihn nicht besondere Anforderungen im Sinne der Tarifnorm gestellt werden. So bedient er sich bei seiner Tätigkeit den arbeitgeberseits zur Verfügung gestellten umfangreichen Informationen und Unterlagen sowie Datenverarbeitungssystemen und weiterer vertriebsunterstützender Anwendungen, hat Vertriebshinweise zu beachten und muss bei komplexeren Fragestellungen die entsprechenden Produktspezialisten namentlich im Kredit- und Wertpapierbereich einbinden. Bei Kreditzusagen hat er sich nach bestehenden Richtlinien und Kompetenzverteilungsvorgaben zu richten, so dass er ganz überwiegend nur gemeinsam mit einem Kreditentscheider Kredite bewilligen kann.
90Aus alledem folgt, dass der Geschäftskundenberater für seinen Kundenbereich zwar Generalist für die Beratung in verschiedenen klassischen Bereichen des Bankgeschäfts ist, aber bei darüber hinausgehenden Geschäftsabwicklungen die jeweiligen Produktspezialisten hinzuziehen hat. Darin zeigt sich, dass an seine Tätigkeit keine besonderen Anforderungen im Sinne der Tarifgruppe 9 MTV gestellt werden.
91So bezieht sich aktuell auch die Haupttätigkeit des Arbeitnehmers L „nur“ auf die Betreuung seines Kundenstamms zu den Themen Zahlungsverkehr, Kreditanfragen und -bearbeitung sowie die Beratung zu standardisierten Anlage- und Vorsorgelösungen, wobei er ggf. Spezialisten hinzuzieht; daneben ist er für die Neuakquisition verantwortlich einschließlich des Prozesses der Kontoeröffnung.
92Die primären Aufgaben des Arbeitnehmers N liegen im Bereich der Neukunden, und zwar Kontoeröffnungen, Finanzierungsfragen und –bearbeitung. Daneben wird er im Bestandskundengeschäft eingesetzt. Finanzierungen hat er bislang in einfacherem Umfang nach Standardvorgaben betreut.
93Dies alles macht deutlich, dass an die Tätigkeit der beiden Geschäftskundenberater L und N weder nach den Vorgaben der Stellenbeschreibung noch nach deren tatsächlichen Einsatzgebieten – über die in Tarifgruppe 8 MTV vorausgesetzten erhöhten Anforderungen hinaus – besondere Anforderungen im Sinne der Tarifgruppe 9 MTV gestellt werden.
94Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 31. Jan. 2014 - 13 TaBV 66/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 31. Jan. 2014 - 13 TaBV 66/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 31. Jan. 2014 - 13 TaBV 66/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
Tenor
-
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 7. März 2012 - 2 TaBV 7/11 - aufgehoben.
-
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 17. März 2011 - 14 BV 80/10 - wird zurückgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten zuletzt noch darüber, ob der Betriebsrat verlangen kann, dass die Arbeitgeberin drei Arbeitnehmer für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum umgruppiert und hierzu das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG durchführt.
- 2
-
Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein zum Deutschen Bahn (DB) Konzern gehörendes Unternehmen, das in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Sie erbringt Leistungen im Schienenpersonennahverkehr und ist in Regionen gegliedert. Die Region Südost fasst - mit verschiedenen Verkehrsbetrieben - den DB-Nahverkehr in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in einer regionalen Einheit zusammen. Im „Wahlbetrieb Leipzig“ des Verkehrsbetriebs Mitteldeutschland ist der antragstellende und zu 1. beteiligte Betriebsrat gebildet.
- 3
-
Die Arbeitgeberin ist nach § 1 Abs. 1 Buchst. b iVm. der Anlage 1 des zwischen dem Arbeitgeberverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. (Agv MoVe) und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geschlossenen Tarifvertrags für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe (LfTV) ein Unternehmen, für das der LfTV gilt. Nach § 58 Abs. 1 Satz 2 des am 1. März 2008 in Kraft getretenen LfTV vom 30. Januar 2008 ergeben sich die - für die Eingruppierung der Arbeitnehmer maßgeblichen - Entgeltgruppen (künftig: EG) und deren Tätigkeitsmerkmale aus dem Tätigkeitsgruppenverzeichnis einer Anlage 2 zum Tarifvertrag. In der Anlage 2 zum LfTV ist auszugsweise bestimmt:
-
„LF 3:
·
Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, Steuerwagen oder Triebzüge (…)
und darüber hinaus
Arbeitnehmer fachlich ausbilden, fortbilden, anleiten und prüfen oder technische Fahrzeugabnahmen durchführen,
wie z.B. Lehrlokomotivführer, Abnahmelokomotivführer
LF 4:
·
Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, Steuerwagen oder Triebzüge (…)
und darüber hinaus
Arbeitnehmer fachlich ausbilden, fortbilden und anleiten,
wie z.B. Ausbildungslokomotivführer
oder
·
…“
- 4
-
Im Hinblick auf das Inkrafttreten des LfTV, mit dem die bis dahin geltende tarifliche Vergütungsstruktur geändert worden ist, ersuchte die Arbeitgeberin im Frühjahr 2008 den Betriebsrat um Zustimmung zu Umgruppierungen der Arbeitnehmer K, S und W jeweils in die EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV. Diese Arbeitnehmer sind Triebfahrzeugführer, fahren bei anderen Lokomotivführern mit und überprüfen deren Arbeitsausführungen. Der Betriebsrat, der anders als die Arbeitgeberin bei den drei Arbeitnehmern das Tätigkeitsmerkmal „prüfen“ iSd. EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV als erfüllt ansah, stimmte den Umgruppierungen nicht zu. Die Arbeitgeberin leitete daraufhin vor dem Arbeitsgericht Leipzig ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Im Termin zur Anhörung vor dem Arbeitsgericht am 6. Februar 2009 nahm die Arbeitgeberin ihren Antrag auf Zustimmung zur Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu den Umgruppierungen der Arbeitnehmer K, S und W in EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV zurück.
- 5
-
Ab Mitte Dezember 2009 führten die Tarifvertragsparteien Verhandlungen über Änderungen des LfTV. Die Verhandlungen mündeten in den Abschluss des „2. Tarifvertrags zur Änderung des Tarifvertrags für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe vom 31. Januar 2009“ vom 27. Januar 2010 (2. ÄTV LfTV 2009). Nach dessen § 1 Abs. 2, in Kraft getreten am 1. Mai 2010, lautet die EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV nunmehr wie folgt:
-
„LF 3:
·
Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, Steuerwagen oder Triebzüge (…)
und darüber hinaus
Arbeitnehmer oder Auszubildende fachlich ausbilden, fortbilden, anleiten und prüfen oder technische Fahrzeugabnahmen durchführen,
wie z.B. Lehrlokomotivführer, Abnahmelokomotivführer
Begriffsdefinition:
Prüfen im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals umfasst die verantwortliche
·
Abnahme des Nachweises der Befähigung zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen durch eine theoretische und praktische Prüfung entsprechend der VDV-Schrift 753,
·
Abnahme der Ergänzungsprüfung für Betriebsverfahren und Zugbeeinflussungssysteme entsprechend der VDV-Schrift 753 bzw. prüfungsrelevante Tätigkeiten, die zur Änderung des Eisenbahnfahrzeugführerscheins bzw. dessen Beiblatt führen,
·
Durchführung der direkten Überwachung der Lokomotivführer am Arbeitsplatz.“
- 6
-
Eine Protokollnotiz zu § 2 Abs. 2 des 2. ÄTV LfTV 2009 lautet:
-
„Werden Arbeitnehmer am 01. Mai 2010 aufgrund der Ergänzung der Entgeltgruppe LF 3 um die neue Begriffsdefinition ‚Prüfen‘ in die Entgeltgruppe LF 3 höhergruppiert, wird unwiderlegbar vermutet, dass diesen Arbeitnehmern diese Tätigkeit bereits seit dem 01. Januar 2010 nicht nur vorübergehend übertragen ist. Diese Arbeitnehmer erhalten für den Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis 30. April 2010 den Differenzbetrag zwischen ihrem bisherigen Monatstabellenentgelt und dem maßgeblichen Monatstabellenentgelt der Entgeltgruppe LF 3 mit der Entgeltzahlung für den Monat Juni 2010 als Einmalbetrag ausgezahlt.“
- 7
-
Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 sind die Arbeitnehmer K, S und W - unter Beteiligung des Betriebsrats, der einem entsprechenden Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin vom 23. Februar 2011 entsprochen hat - in EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV (in der Fassung des 2. ÄTV LfTV 2009) umgruppiert.
- 8
-
Mit dem vorliegenden, am 18. August 2009 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat zunächst in erster Linie eine Verpflichtung der Arbeitgeberin geltend gemacht, die Arbeitnehmer K, S und W mit Wirkung ab dem 1. März 2008 „in eine andere als die EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV“ einzureihen. Wegen der ab dem 1. Januar 2010 vollzogenen Umgruppierung der drei Arbeitnehmer in EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV (in der Fassung des 2. ÄTV LfTV 2009) hat er sein Begehren zuletzt ausdrücklich (nur noch) auf den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 bezogen.
- 9
-
Der Betriebsrat hat - zuletzt - beantragt,
-
1.
der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitnehmer
- W,
- K,
- S
in eine andere als die Lohngruppe LF 4 des Tarifvertrags für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe (LfTV) seit dem 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2009 umzugruppieren;
2.
der Arbeitgeberin weiterhin aufzugeben, bei ihm, dem Betriebsrat, die Zustimmung für die Umgruppierung gemäß vorstehendem Antrag für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 zu beantragen;
3.
der Arbeitgeberin des Weiteren aufzugeben, im Falle der Verweigerung der Zustimmung seiner (des Betriebsrats) Zustimmung zu einem Antrag gemäß vorstehendem Antrag das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2009 zu betreiben.
- 10
-
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, in der Zeit vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 habe beim Tarifmerkmal „prüfen“ der EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV eine tarifliche Regelungslücke bestanden, weswegen vor dem 1. Januar 2010 kein „Beteiligungsverfahren“ des Betriebsrats durchzuführen gewesen sei.
- 11
-
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht ihnen entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Betriebsrat meint, die Rechtsbeschwerde sei teilweise unzulässig und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung.
- 12
-
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrats entsprochen und eine der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegende Verpflichtung der Arbeitgeberin im Hinblick auf eine rein vergangenheitsbezogene Maßnahme angenommen.
- 13
-
I. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin (insgesamt) zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 92 Abs. 2 Satz 1, § 74 Abs. 1 ArbGG) sowie frist- und ordnungsgemäß begründet (§ 74 Abs. 1, § 94 Abs. 2 ArbGG). Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Dazu hat sie den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 13, BAGE 126, 176). Dem wird das Rechtsmittel der Arbeitgeberin gerecht. Die Rechtsbeschwerde setzt sich ausreichend mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses auseinander. Sofern der Betriebsrat seine Auffassung der teilweisen Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde darauf stützt, das Vorbringen der Arbeitgeberin zu den tarifvertraglichen Regelungen sei weder erforderlich noch notwendig, weil es vorliegend allein um die Sicherung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Ein- oder Umgruppierungen nach § 101 BetrVG gehe, ist dies kein die Zulässigkeit des Rechtsmittels berührender Einwand.
- 14
-
II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Anträgen zu Unrecht entsprochen.
- 15
-
1. Die Anträge sind zulässig, insbesondere sind sie hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist ausreichend bezeichnet, zu welchen Maßnahmen die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll. Die Arbeitnehmer, um deren Umgruppierungen es gehen soll, sind namentlich benannt. Es kann dahinstehen, ob ein Betriebsrat, der wie hier in einem „ersten Schritt“ eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung eines Arbeitgebers und in einem „zweiten Schritt“ seine Beteiligung hieran verlangt, immer (auch) die Vergütungsordnung angeben muss, in welche die Ein- oder Umgruppierung erfolgen soll. Im Streitfall hat der Betriebsrat die Vergütungsordnung klar bezeichnet. Wie sich aus Wortlaut und Begründung des Antrags unmissverständlich ergibt, geht es dem Betriebsrat darüber hinaus darum, eine Zuordnung der benannten Arbeitnehmer zu der EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV auszuschließen. Außerdem hat der Betriebsrat die verlangte Maßnahme und seine Mitbestimmung hierbei zuletzt auf einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum begrenzt. Nur die so beschriebene Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Umgruppierung und zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts ist Gegenstand des Verfahrens.
- 16
-
2. Die Anträge sind unbegründet.
- 17
-
a) Der Betriebsrat kann in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen(vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 138, 39). Voraussetzung hierfür ist eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung (vgl. BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 112, 238). Eine solche betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung besteht nicht für Ein- oder Umgruppierungen, die einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum betreffen.
- 18
-
aa) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Eine Ein- oder Umgruppierung besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Es handelt sich nicht - wie bei der Einstellung und Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - um konstitutive rechtsgestaltende Akte, sondern um Akte der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht. Die Richtigkeit der betreffenden Beurteilung unterliegt der Mitbeurteilung des Betriebsrats (vgl. BAG 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - zu B I 2 a der Gründe mwN, BAGE 107, 338). Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vorgenommen - also überhaupt eine Maßnahme getroffen - hat, die eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist( BAG 9. März 2011 - 7 ABR 118/09 - Rn. 13), oder er hierzu verpflichtet ist (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 112, 238).
- 19
-
bb) Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung. Eine Umgruppierung findetnicht nur statt, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe entspricht, sondern etwa auch dann, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert, also infolge einer Änderung der Vergütungsgruppenordnung eine „Neueingruppierung“ des Arbeitnehmers erforderlich wird ( vgl. BAG 27. Juli 1993 - 1 ABR 11/93 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 74, 10 ).
- 20
-
cc) Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Vergütungsordnung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, BAGE 138, 39; 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 136, 359).
- 21
-
dd) Die verfahrensrechtlich durch eine entsprechende Anwendung von § 101 BetrVG gesicherte betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern unter Beteiligung des Betriebsrats betrifft allein rechtsanwendende Akte mit Gegenwarts- und Zukunftsbezug.
- 22
-
(1) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht seine insoweit gegenteilige Ansicht - zutreffend - auf eine Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Mai 1994 gestützt (- 1 ABR 58/93 - BAGE 77, 1). In dieser Entscheidung ist ausgeführt, die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG bis zur Festlegung einer Entgeltgruppe durchzuführen, bestehe auch(fort), wenn sich die Maßnahme nur auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum beziehe (vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 3 der Gründe, aaO).
- 23
-
(2) Hieran hält der - seit dem 1. Januar 2010 für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten über die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen allein zuständige - Siebte Senat nicht fest.
- 24
-
(a) Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Der Aufhebungsantrag des Betriebsrats nach § 101 Satz 1 BetrVG dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber eine konkrete personelle Einzelmaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder aufrechterhält. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, den betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen. Entscheidungen im Aufhebungsverfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG haben damit nur Wirkung für die Zukunft; es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war. Folgerichtig wird ein Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG unbegründet, wenn die im Antrag bezeichnete personelle Einzelmaßnahme etwa durch Zeitablauf geendet hat(BAG 14. Mai 2013 - 1 ABR 10/12 - Rn. 33; 9. November 2010 - 1 ABR 76/09 - Rn. 22; vgl. auch bereits 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 65, 105; 6. Oktober 1978 - 1 ABR 75/76 - zu II 2 a der Gründe).
- 25
-
(b) Für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ein- oder Umgruppierungen gilt nichts Abweichendes. Auch hier ist entscheidend, ob die Ein- oder Umgruppierung gegenwärtig und zukünftig als Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufrechterhalten werden kann. Deshalb ist die Zustimmung des Betriebsrats für die Betriebsparteien nur solange von Bedeutung, wie der von der Eingruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt oder die streitige Ein- oder Umgruppierung nicht durch eine andere Ein- oder Umgruppierung beendet worden ist (vgl. BAG 10. Februar 1999 - 10 ABR 49/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - zu B I 4 b der Gründe, BAGE 65, 105). Ist eine Ein- oder Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgt, spielt die Frage, ob der Arbeitnehmer früher zutreffend eingruppiert war, für das Verhältnis der Betriebsparteien zueinander keine Rolle mehr(BAG 1. Juli 2009 - 4 ABR 17/08 - Rn. 19 mwN; 30. Oktober 2001 - 1 ABR 8/01 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 99, 258).
- 26
-
(c) Weder Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierungen nach § 99 BetrVG noch der besondere Sicherungszweck des § 101 BetrVG im Zusammenhang mit Ein- und Umgruppierungen gebieten eine Verpflichtung des Arbeitgebers, das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG durchzuführen, wenn sich die Ein- oder Umgruppierung allein auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum bezieht.
- 27
-
(aa) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG besteht bei Ein- und Umgruppierungen in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Es soll dazu beitragen, hinsichtlich der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe eines Entgeltschemas nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen. Die Beteiligung des Betriebsrats dient folglich einer „Richtigkeitskontrolle“ im Sinn der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung des Vergütungsschemas und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis (vgl. BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 131, 1). Dem ist genügt, wenn der Betriebsrat an der gegenwarts- und zukunftsbezogenen Ein- oder Umgruppierungsentscheidung beteiligt ist oder wird.
- 28
-
(bb) Die Mitbestimmungssicherung nach § 101 BetrVG ist auf die Aufhebung oder Beseitigung einer betriebsverfassungswidrigen Maßnahme - nicht auf die nachträgliche Korrektur eines nicht mehr anhaltenden betriebsverfassungswidrigen Zustandes - gerichtet. Wenngleich sich die zustimmungsbedürftige Ein- oder Umgruppierung nicht wie eine Einstellung oder Versetzung in einem tatsächlichen Handeln, sondern in der Äußerung einer Rechtsansicht vollzieht, so ist sie doch für die Betriebspartner nur solange relevant, als der von der Ein- oder Umgruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt ist oder seine gegenwärtige Ein- oder Umgruppierung betroffen ist. Gerichtliche Entscheidungen darüber, ob der Arbeitgeber früher zu einer Ein- oder Umgruppierung verpflichtet oder ob der Arbeitnehmer früher zutreffend ein- oder umgruppiert war, würden lediglich dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bestätigen, dass er recht gehabt habe (vgl. zu all dem BAG 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - zu B II der Gründe, BAGE 65, 105). Sie hätten auch allenfalls faktische Bedeutung für den individual-rechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe. Diesen Zwecken dient die Mitbestimmungssicherung nach § 101 BetrVG aber nicht. Die Regelung des Verfahrens nach § 101 BetrVG macht - im Gegenteil - gerade deutlich, dass ihr für das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis der Betriebspartner keine rückwirkende Bedeutung zukommt.
- 29
-
(cc) Aus der begrenzten Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung in einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG gegenüber dem Arbeitnehmer, um dessen Ein- oder Umgruppierung es geht(hierzu BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 2 c bb der Gründe, BAGE 77, 1), folgt nichts anderes. § 101 BetrVG zielt auf die Sicherung der Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen im Wege eines Anspruchs auf Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes und nicht auf die Klärung individual-rechtlicher Ansprüche.
- 30
-
b) Hiervon ausgehend kann der Betriebsrat sein Begehren nicht auf § 101 BetrVG stützen. Er hat zwar nach § 99 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Umgruppierung der im Antrag zu 1. benannten Arbeitnehmer. Denn in dem Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt (§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Auch gilt im Betrieb der Arbeitgeberin (unstreitig) eine kollektive Vergütungsordnung (der LfTV), in die die Arbeitgeberin die drei im Antrag zu 1. angeführten Arbeitnehmer einzureihen hat. Dem ist sie aber nachgekommen. Das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG hierzu ist abgeschlossen, nachdem der Betriebsrat der(aktuellen) Umgruppierung der Arbeitnehmer in EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV (idF des 2. ÄTV LfTV 2009) zugestimmt hat. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Umgruppierung dieser Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum.
-
Linsenmaier
Kiel
Schmidt
Schuh
M. Zwisler
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.