Finanzgericht München Urteil, 08. Juni 2015 - 7 K 2658/13

published on 08/06/2015 00:00
Finanzgericht München Urteil, 08. Juni 2015 - 7 K 2658/13
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 17.10.2000 gegründet und am 4.1.2001 ins Handelsregister eingetragen wurde. Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung erließ das beklagte Finanzamt (das Finanzamt) geänderte Bescheide u.a. über Körperschaftsteuer 2001 und 2002 und Gewerbesteuermessbetrag 2001 und 2002. Für die Jahre 2003-2006 führte das Finanzamt aufgrund des geänderten Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer Folgeänderungen durch. Die Klägerin legte gegen die Steuerbescheide 2001-2006 Einspruch ein und wandte sich gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung. Streitig war dabei insbesondere die Zurechnung der Umsätze des Jahres 2001 an die Klägerin, die nach ihrer Auffassung zu Unrecht von ihrem ehemaligen Gesellschafter bei ihr verbucht worden sind. Das Finanzamt wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 13.8.2013 als zum Teil unzulässig, zum Teil unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin ausdrücklich nicht gegen die Zurückweisung der Einsprüche in der Einspruchsentscheidung vom 13.8.2013, sondern gegen die Festsetzung von Nebenforderungen, insbesondere Zinsen und Säumniszuschlägen zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer für die Veranlagungszeiträume 2001-2006. Die Steuerfestsetzungen selbst greife sie nicht mit der Klage an, da ihr Alleingesellschafter gegen den Verkäufer der Gesellschaftsanteile beim OLG München für einen nicht unerheblichen Teil der nachgeforderten Steuerforderungen einen Regressanspruch zugesprochen erhalten habe. Die Streichung sämtlicher Nebenforderungen sei jedoch veranlasst, weil sie diese nicht zu vertreten habe. Vielmehr seien diese durch die zeitverzögerte Sachbehandlung des Finanzamts und die über mehrere Jahre völlig unnötig erfolgten Verfahrensverzögerung entstanden, was in unverhältnismäßiger Art und Weise zu ihren Lasten gegangen sei. Die Bezifferung der mit der Klage angegriffenen Nebenforderungen sei noch nicht möglich. Die Stadt X fordere derzeit Zinsen auf Gewerbesteuern für 2001 und 2002 in Höhe von ca. 17.469 €, die Gesamthöhe der Nebenforderung könne bisher nur geschätzt werden in Höhe eines Betrags von ca. 25.000 €.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Aufhebung der festgesetzten Nebenforderungen zur Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume 2001-2006, hilfsweise festzustellen, dass die Klägerin über die Hauptforderungen hinaus keine Nebenforderungen, insbesondere keine Zinsen und Säumniszuschläge, schuldet.

Das Finanzamt beantragt

die Klage abzuweisen.

Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2015 wird Bezug genommen.

Gründe

II. 1. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zinsen zu den Körperschaftsteuerbescheiden richtet, da gegen die Zinsfestsetzungen kein Einspruch eingelegt wurde und damit das nach § 44 FGO erforderliche Vorverfahren fehlt. Sie ist auch nicht als Sprungklage nach § 45 FGO zu behandeln, da die Anfechtungsfrist nach § 47 FGO nicht gewahrt worden ist. Die Zinsen zur Körperschaftsteuer sind in den Änderungsbescheiden vom 7. April 2008 festgesetzt worden und wurden bestandskräftig. Die am 13. September 2013 eingereichte Klage konnte die Sprungklagefrist nicht mehr wahren (FG Hamburg, Urteil vom 2. November 1994 V 259/93, EFG 1995, 464).

2. Die Klage ist auch unzulässig, soweit sie sich gegen die Säumniszuschläge zu den Körperschaftsteuerfestsetzungen richtet. Säumniszuschläge werden mit ihrer Entstehung fällig, ohne dass es hierfür einer Festsetzung bedarf, § 218 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AO. Bei Streitigkeiten über die Entstehung der Säumniszuschläge muss durch Abrechnungsbescheid entschieden werden, ob Säumniszuschläge überhaupt und ggf. in welcher Höhe entstanden sind (Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 218 Rz. 7). Da im Streitfalle ein Abrechnungsbescheid nicht vorliegt, ist die Klage unzulässig.

3. Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zulässig, dass der Wille der Klägerin dahingehend auszulegen ist, das Finanzamt möge die Nebenforderungen ganz oder teilweise aus Billigkeitsgründen erlassen. Für eine entsprechende Billigkeitsmaßnahme ist zunächst eine Entscheidung der Behörde erforderlich. Da diese nicht vorliegt, ist die Klage auch insoweit zu unzulässig.

4. Der Hilfsantrag auf Feststellung, dass die Klägerin über die Hauptforderungen hinaus keine Nebenforderungen schulde, ist unzulässig, da die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 41 Abs. 1 FGO nicht vorliegen. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Auf entsprechende Hinweise des Gerichts hat die Klägerin nicht reagiert.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. (2) Ge

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf

Annotations

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Die Klage ist ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Behörde, die über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden hat, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zustimmt. Hat von mehreren Berechtigten einer einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt, ein anderer unmittelbar Klage erhoben, ist zunächst über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden.

(2) Das Gericht kann eine Klage, die nach Absatz 1 ohne Vorverfahren erhoben worden ist, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Klagezustellung, durch Beschluss an die zuständige Behörde zur Durchführung des Vorverfahrens abgeben, wenn eine weitere Sachaufklärung notwendig ist, die nach Art oder Umfang erhebliche Ermittlungen erfordert, und die Abgabe auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(3) Stimmt die Behörde im Falle des Absatzes 1 nicht zu oder gibt das Gericht die Klage nach Absatz 2 ab, ist die Klage als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln.

(4) Die Klage ist außerdem ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Rechtswidrigkeit der Anordnung eines dinglichen Arrests geltend gemacht wird.*

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.