Finanzgericht München Beschluss, 17. März 2015 - 10 V 231/15

bei uns veröffentlicht am17.03.2015

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Am 3. September 2014 richtete die Staatsoberkasse Bayern an den Antragsgegner – das Finanzamt – ein Vollstreckungsersuchen über einen Betrag in Höhe von 882,00 €. Als rückständige Forderung bezeichnete es eine offene Kostenrechnung des Finanzgerichts München aus einem Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz mit dem Aktenzeichen […].

Das Finanzamt brachte darauf am 9. September 2014 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung aus und pfändete beim Arbeitgeber des Antragstellers (als Drittschuldner) den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens wegen eines Betrages in Höhe von 904,32 € (882,00 € plus 22,32 € Vollstreckungskosten). Mit Schreiben vom 18. September 2014 teilte das Finanzamt dem Antragsteller mit, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung dem Drittschuldner am 10. September 2014 zugestellt worden sei. Dieses Schreiben reichte die Deutsche Post an das Finanzamt mit der Begründung zurück, dass der Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln sei.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 wandte sich der Antragsteller an das Verwaltungsgericht München mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und begehrte die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Zur Begründung trug er vor, dass die Pfändung gegen alle Gesetze und Ordnungen verstoße. Die Pfändungsverfügung sei nicht unterschrieben und insbesondere sei die Pfändung unzulässig, da das Finanzamt seit dem 20. Dezember 2013 über seine Rechtsstellung informiert sei, er sei württembergischer Staatsbürger.

Mit Beschluss vom 10. November 2014 verwies das Verwaltungsgericht München den Rechtsstreit an das Finanzgericht München. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht München aus, dass der Verwaltungsrechtsweg unzulässig ist und gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) der Finanzrechtsweg eröffnet ist. Der Beschluss konnte dem Antragsteller nicht zugestellt werden. Das Verwaltungsgericht vertrat nach Ermittlungen zum Wohnsitz und Aufenthalt des Antragstellers die Auffassung, dass der Tatbestand der Annahmeverweigerung gemäß § 179 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegt und der Beschluss mit der Annahmeverweigerung als zugestellt gilt.

Das Finanzgericht ging davon aus, dass der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung erreichen will und teilte dies dem Antragsteller mit Schreiben vom 2. Februar 2015 an seine Adresse in [C-Stadt] und seine Adresse in [M-Town, GB] mit. Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 führte der Antragsteller aus, dass er in seinem Briefkasten in [M-Town] ein Vertragsangebot des Verwaltungsgerichts München und des Finanzgerichts München vorgefunden habe und dass er unter anderem die Vorlage folgender Urkunden vom Finanzgericht verlange: den Handelsvertrag zwischen ihm und dem Verwaltungsgericht München und dem Finanzgericht München sowie die in dem Vertragsangebot erwähnten Statuten.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

das Finanzamt aufgrund einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Vollstreckungsmaßnahme der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 9. September 2014 aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt das Finanzamt aus, dass der Antrag unzulässig sei. Weder ein Anordnungsgrund noch in Anordnungsanspruch seien schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht. Im Übrigen habe das Finanzamt mit Schreiben vom 24. November 2014 die Pfändungs- und Einziehungsverfügung aufgehoben, da der Pfändungsbetrag inzwischen vollständig vom Drittschuldner überwiesen worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Aktenteile verwiesen.

Gründe

1. Der Finanzrechtsweg ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO eröffnet. Das Finanzamt als Landesfinanzbehörde leistet Vollstreckungshilfe nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO).

2. Der Antrag ist unzulässig.

Soweit der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme Einziehungs- und Pfändungsverfügung (sog. Regelungsanordnung i. S. d. § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO; vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 10. August 1993 VII B 262/92, BFH/NV 1994, 719) begehrt, ist erforderlich, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Bereits daran fehlt es im Streitfall.

Da das Rechtsschutzziel des Antragstellers im Verfahren der einstweiligen Anordnung nur darin besteht, die Zwangsvollstreckung aus der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 9. September 2014 einzustellen, ist mit der vollständigen Überweisung des Pfändungsbetrages an das Finanzamt und der anschließenden Aufhebung mit Bescheid vom 11. Februar 2015 das Rechtsschutzbedürfnis für die einstweilige Anordnung entfallen (BFH-Beschlüsse vom 8. August 1989 VII S 1-3/89, VII S 1/89, VII S 2/89, VII S 3/89, BFH/NV 1990, 259; vom 23. August 1991 VII B 61/91, BFH/NV 1992, 319). Durch die Überweisung des Betrages und die anschließende Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme ist die Vollstreckung abgeschlossen worden. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist damit gegenstandslos geworden, weil der begehrte gerichtliche Rechtsschutz tatsächlich nicht mehr gewährt werden kann (BFH-Beschluss vom 7. Mai 1985 VII B 43/84, BFH/NV 1986, 611).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 114


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des An

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 33


(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben 1. in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,2. in öf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 179 Zustellung bei verweigerter Annahme


Wird die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks unberechtigt verweigert, so ist das Schriftstück in der Wohnung oder in dem Geschäftsraum zurückzulassen. Hat der Zustellungsadressat keine Wohnung oder ist kein Geschäftsraum vorhanden, ist das zuzus

Referenzen

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

Wird die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks unberechtigt verweigert, so ist das Schriftstück in der Wohnung oder in dem Geschäftsraum zurückzulassen. Hat der Zustellungsadressat keine Wohnung oder ist kein Geschäftsraum vorhanden, ist das zuzustellende Schriftstück zurückzusenden. Mit der Annahmeverweigerung gilt das Schriftstück als zugestellt.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.