Europäischer Gerichtshof Schlussantrag des Generalanwalts, 13. Sept. 2018 - C-266/17, C-267/17

ECLI: ECLI:EU:C:2018:723
published on 13/09/2018 00:00
Europäischer Gerichtshof Schlussantrag des Generalanwalts, 13. Sept. 2018 - C-266/17, C-267/17
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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 13. September 2018(1)

Verbundene Rechtssachen C266/17 und C267/17

Rhein-Sieg-Kreis

gegen

Verkehrsbetrieb Hüttebräucker GmbH,

BVR Busverkehr Rheinland GmbH (C266/17),

Streithelferin:

Regionalverkehr Köln GmbH,

und

Rhenus Veniro GmbH & Co. KG

gegen

Kreis Heinsberg (C267/17),

Streithelferin:

WestVerkehr GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Deutschland)

„Vorabentscheidungsersuchen – Verkehrsdienste – Öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Straße – Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge: interner Betreiber – Voraussetzungen für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 – Entsprechende Kontrolle – Nachfolgende Direktvergabe durch den internen Betreiber – Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für die Direktvergabe zu beurteilen sind“






1.        Diesen beiden Vorabentscheidungsersuchen liegen zwei öffentliche Dienstleistungsaufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen zugrunde, die von deutschen örtlichen Behörden direkt an ihre jeweiligen „internen Betreiber“ vergeben worden sind (bzw. vergeben werden sollten). Das vorlegende Gericht hebt hervor, dass keiner dieser Aufträge die Rechtsform einer Dienstleistungskonzession für Verkehrsdienste hat.

2.        Die Zunahme dieses Direktvergabemechanismus, der auf das Spiel des freien Wettbewerbs verzichtet und Verkehrsunternehmen der Gemeinden begünstigt, bereitet den übrigen, in Privateigentum stehenden Unternehmen des Sektors, deren Marktanteil sich verringert, während die Unternehmen mit öffentlichem Kapital ihren Anteil aufrechterhalten oder erhöhen, Sorge.

3.        Das vorlegende Gericht möchte erstens und vor allem wissen, ob sich die Direktvergabe solcher Aufträge an interne Betreiber nach der lex specialis, die in diesem Fall Art. 5 der Verordnung Nr. 1370/2007(2) wäre, den allgemeinen Vergaberichtlinien oder den Regeln des AEU-Vertrags richtet. Neben diesem Hauptzweifel betreffen seine Fragen weitere Aspekte der Beziehung zwischen den örtlichen Behörden und ihren internen Betreibern.

I.      Unionsrechtsrahmen. Verordnung Nr. 1370/2007

4.        Art. 2 lautet:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

b)      ‚zuständige Behörde‘ jede Behörde oder Gruppe von Behörden eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, die zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet befugt ist, oder jede mit einer derartigen Befugnis ausgestattete Einrichtung;

c)      ‚zuständige örtliche Behörde‘ jede zuständige Behörde, deren geografischer Zuständigkeitsbereich sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt;

h)      ‚Direktvergabe‘ die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags an einen bestimmten Betreiber eines öffentlichen Dienstes ohne Durchführung eines vorherigen wettbewerblichen Vergabeverfahrens;

i)      ‚öffentlicher Dienstleistungsauftrag‘ einen oder mehrere rechtsverbindliche Akte, die die Übereinkunft zwischen einer zuständigen Behörde und einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes bekunden, diesen Betreiber eines öffentlichen Dienstes mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten zu betrauen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen; …

j)      ‚interner Betreiber‘ eine rechtlich getrennte Einheit, über die eine zuständige örtliche Behörde – oder im Falle einer Gruppe von Behörden wenigstens eine zuständige örtliche Behörde – eine Kontrolle ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht;

…“

5.        Art. 4 lautet:

„…

(7)      … Werden Unteraufträge vergeben, so ist der mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten nach Maßgabe dieser Verordnung betraute Betreiber verpflichtet, einen bedeutenden Teil der öffentlichen Personenverkehrsdienste selbst zu erbringen. …“

6.        Art. 5 sieht vor:

„(1)      Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben. Dienstleistungsaufträge oder öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß der Definition in den Richtlinien 2004/17/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 1)] oder 2004/18/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114)] [im Folgenden zusammen: Vergaberichtlinien] für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen werden jedoch gemäß den in jenen Richtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben, sofern die Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne jener Richtlinien annehmen. Werden Aufträge nach den Richtlinien [2004/17] oder [2004/18] vergeben, so sind die Absätze 2 bis 6 des vorliegenden Artikels nicht anwendbar.

(2)      Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, kann jede zuständige örtliche Behörde – unabhängig davon, ob es sich dabei um eine einzelne Behörde oder eine Gruppe von Behörden handelt, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet – beschließen, selbst öffentliche Personenverkehrsdienste zu erbringen oder öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt an eine rechtlich getrennte Einheit zu vergeben, über die die zuständige örtliche Behörde – oder im Falle einer Gruppe von Behörden wenigstens eine zuständige örtliche Behörde – eine Kontrolle ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht. Fasst eine zuständige örtliche Behörde diesen Beschluss, so gilt Folgendes:

a)      Um festzustellen, ob die zuständige örtliche Behörde diese Kontrolle ausübt, sind Faktoren zu berücksichtigen, wie der Umfang der Vertretung in Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremien, diesbezügliche Bestimmungen in der Satzung, Eigentumsrechte, tatsächlicher Einfluss auf und tatsächliche Kontrolle über strategische Entscheidungen und einzelne Managemententscheidungen. Im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht ist zur Feststellung, dass eine Kontrolle im Sinne dieses Absatzes gegeben ist, – insbesondere bei öffentlich-privaten Partnerschaften – nicht zwingend erforderlich, dass die zuständige Behörde zu 100 % Eigentümer ist, sofern ein beherrschender öffentlicher Einfluss besteht und aufgrund anderer Kriterien festgestellt werden kann, dass eine Kontrolle ausgeübt wird.

b)      Die Voraussetzung für die Anwendung dieses Absatzes ist, dass der interne Betreiber und jede andere Einheit, auf die dieser Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, ihre öffentlichen Personenverkehrsdienste innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen – ungeachtet der abgehenden Linien oder sonstiger Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen – und nicht an außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde organisierten wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten teilnehmen.

c)      Ungeachtet des Buchstabens b kann ein interner Betreiber frühestens zwei Jahre vor Ablauf des direkt an ihn vergebenen Auftrags an fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren teilnehmen, sofern endgültig beschlossen wurde, die öffentlichen Personenverkehrsdienste, die Gegenstand des Auftrags des internen Betreibers sind, im Rahmen eines fairen wettbewerblichen Vergabeverfahrens zu vergeben und der interne Betreiber nicht Auftragnehmer anderer direkt vergebener öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist.

e)      Kommt eine Unterauftragsvergabe nach Artikel 4 Absatz 7 in Frage, so ist der interne Betreiber verpflichtet, den überwiegenden Teil des öffentlichen Personenverkehrsdienstes selbst zu erbringen.

(3)      Werden die Dienste Dritter, die keine internen Betreiber sind, in Anspruch genommen, so müssen die zuständigen Behörden die öffentlichen Dienstleistungsaufträge außer in den in den Absätzen 4, 5 und 6 vorgesehenen Fällen im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben. Das für die wettbewerbliche Vergabe angewandte Verfahren muss allen Betreibern offen stehen, fair sein und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügen. Nach Abgabe der Angebote und einer eventuellen Vorauswahl können in diesem Verfahren unter Einhaltung dieser Grundsätze Verhandlungen geführt werden, um festzulegen, wie der Besonderheit oder Komplexität der Anforderungen am besten Rechnung zu tragen ist.

…“

7.        Art. 7 schreibt vor:

„…

(2)      Jede zuständige Behörde ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass spätestens ein Jahr vor Einleitung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens oder ein Jahr vor der Direktvergabe mindestens die folgenden Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden:

a)      der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde;

b)      die Art des geplanten Vergabeverfahrens;

c)      die von der Vergabe möglicherweise betroffenen Dienste und Gebiete.

…“

8.        Art. 8 bestimmt:

„…

(2)      Unbeschadet des Absatzes 3 muss die Vergabe von Aufträgen für den öffentlichen Verkehr auf Schiene und Straße ab 3. Dezember 2019 im Einklang mit Artikel 5 erfolgen. Während dieses Übergangszeitraums treffen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um Artikel 5 schrittweise anzuwenden und ernste strukturelle Probleme insbesondere hinsichtlich der Transportkapazität zu vermeiden.

Binnen sechs Monaten nach der ersten Hälfte des Übergangszeitraums legen die Mitgliedstaaten der Kommission einen Fortschrittsbericht vor, in dem die Umsetzung der schrittweisen Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Einklang mit Artikel 5 dargelegt wird. Auf der Grundlage der Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten kann die Kommission den Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen vorschlagen.

(3)      Von Absatz 2 ausgenommen sind öffentliche Dienstleistungsaufträge, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht wie folgt vergeben wurden:

a)      vor dem 26. Juli 2000 nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

b)      vor dem 26. Juli 2000 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

c)      ab dem 26. Juli 2000 und vor dem 3. Dezember 2009 nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

d)      ab dem 26. Juli 2000 und vor dem 3. Dezember 2009 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren.

Die unter Buchstabe a genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben. Die unter den Buchstaben b und c genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, jedoch nicht länger als 30 Jahre. Die unter Buchstabe d genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, sofern ihre Laufzeit begrenzt und mit den Laufzeiten gemäß Artikel 4 vergleichbar ist.

Öffentliche Dienstleistungsaufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, wenn ihre Beendigung unangemessene rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen hätte, vorausgesetzt dass die Kommission der Weiterführung zugestimmt hat.

…“

II.    Sachverhalt und Vorlagefragen

A.      In der Rechtssache C266/17

9.        Der Rhein-Sieg-Kreis ist eine regionale Gebietskörperschaft im Land Nordrhein-Westfalen, die für die Zwecke der Verordnung nach nationalem Recht als zuständige Behörde in ihrem geografischen Gebiet betrachtet wird.

10.      Der Rhein-Sieg-Kreis verfügt über einen internen Betreiber (Regionalverkehr Köln GmbH, im Folgenden: RV Köln), der eigene Rechtspersönlichkeit besitzt(3). Im Vorlagebeschluss wird ausgeführt, dass der Kreis über den RV Köln eine Kontrolle ausübe, „die der Kontrolle über seine eigenen Dienststellen entspricht, in Form einer gemeinsamen Kontrolle zusammen mit den weiteren Gesellschaftern“(4).

11.      Darüber hinaus hat der Rhein-Sieg-Kreis zusammen mit weiteren Gebietskörperschaften einen Zweckverband (Verkehrsverbund Rhein-Sieg) gebildet, der insbesondere die Aufgabe der Tariffestlegung wahrnimmt, nicht aber die Durchführung des Verkehrs.

12.      Der Kreis kündigte(5) die Direktvergabe von öffentlichen Personenverkehrsleistungen gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung „in seinem Kreisgebiet mit abgehenden Linien in benachbarte Gebiete“ an(6).

13.      Der RV Köln führt öffentliche Personenverkehrsdienste im Zuständigkeitsgebiet des Kreises aus – abgesehen von abgehenden Linien oder sonstigen Teildiensten, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen(7).

14.      Die Ankündigung der Direktvergabe wurde vom Verkehrsbetrieb Hüttebräucker GmbH und der BVR Busverkehr Rheinland GmbH bei der Vergabekammer Rheinland (Deutschland) angefochten, die die direkte Vergabe des Auftrags an den internen Betreiber untersagte, da die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung nicht erfüllt seien: Es fehle an der Kontrolle der örtlichen Behörde über den Betreiber, und die öffentlichen Personenverkehrsdienste würden in anderen Zuständigkeitsgebieten als dem des öffentlichen Auftraggebers ausgeführt.

15.      Die Entscheidung der Vergabekammer Rheinland wurde beim vorlegenden Gericht angefochten. Dieses führt aus, es gebe in Deutschland unterschiedliche Rechtsauffassungen zu Aufträgen im Personenverkehr auf der Straße, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen annähmen:

–        Einige Gerichte meinten, nur eine Konzession rechtfertige die Anwendung der Verordnung. Fehle es an einer Konzession, seien die allgemeinen Vergaberichtlinien anzuwenden.

–        Andere meinten, durch Art. 5 Abs. 2 der Verordnung werde eine den allgemeinen Regeln vorrangige Spezialregelung eingeführt. Die abdrängende Zuweisung auf die Vergaberichtlinien in Art. 5 Abs. 1 laufe in Fällen wie dem vorliegenden leer, da In-House-Vergaben ihnen nicht unterfielen.

16.      Vor diesem Hintergrund legt das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1.      Ist Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf Aufträge anwendbar, bei denen es sich nicht um Aufträge handelt, die im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne der Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG annehmen?

Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:

2.      Steht, wenn eine einzelne zuständige Behörde gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergibt, es der gemeinsamen Kontrolle dieser Behörde zusammen mit den weiteren Gesellschaftern des internen Betreibers entgegen, wenn die Befugnis zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet (Art. 2 Buchst. b und c der Verordnung [EG] Nr. 1370/2007) zwischen der einzelnen zuständigen Behörde und einer Gruppe von Behörden, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet, aufgeteilt ist, beispielsweise indem die Befugnis zur Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen an einen internen Betreiber bei der einzelnen zuständigen Behörde verbleibt, die Aufgabe Tarif aber auf einen Zweckverband Verkehrsverbund übertragen wird, dem neben der einzelnen Behörde weitere in ihren geografischen Gebieten zuständige Behörden angehören?

3.      Steht, wenn eine einzelne zuständige Behörde gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergibt, es der gemeinsamen Kontrolle dieser Behörde zusammen mit den weiteren Gesellschaftern des internen Betreibers entgegen, wenn nach dessen Gesellschaftsvertrag bei Beschlüssen über das Zustandekommen, die Änderung oder die Beendigung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 alleine derjenige Gesellschafter stimmberechtigt ist, der selber oder dessen mittelbarer oder unmittelbarer Eigentümer einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 an den internen Betreiber vergibt?

4.      Erlaubt Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, dass der interne Betreiber auch für weitere örtlich zuständige Behörden innerhalb deren Zuständigkeitsbereichs (einschließlich der abgehenden Linien oder sonstiger Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen) öffentliche Personenverkehrsdienste ausführt, wenn diese nicht in organisierten wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben werden?

5.      Erlaubt Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, dass der interne Betreiber außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der ihn beauftragenden Behörde für andere Aufgabenträger aufgrund von Dienstleistungsaufträgen, die der Übergangsregelung des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unterfallen, öffentliche Personenverkehrsdienste ausführt?

6.      Zu welchem Zeitpunkt müssen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erfüllt sein?

B.      In der Rechtssache C267/17

17.      Der Kreis Heinsberg ist eine regionale Gebietskörperschaft im Land Nordrhein-Westfalen. Er ist neben der Stadt Aachen, der Städteregion Aachen und dem Kreis Düren Mitglied im Zweckverband Aachener Verkehrsverbund, der zur Förderung und Unterstützung des öffentlichen Personennahverkehrs der Mitglieder gebildet worden ist(8).

18.      Am 15. März 2016 kündigte(9) der Kreis Heinsberg ohne Aufruf zum Wettbewerb die Direktvergabe von öffentlichen Personenverkehrsdiensten mit Bussen und sonstigen Kraftfahrzeugen gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung an.

19.      Der interne Betreiber(10), an den diese Dienste ab dem 1. Januar 2018 für 120 Monate vergeben werden sollten, war die WestVerkehr GmbH, eine Gesellschaft, die ihre Tätigkeit vornehmlich von ihrer 100%igen Tochtergesellschaft, der Kreisverkehrsgesellschaft Heinsberg mbH, erbringen ließ und das auch für die Zeit nach der Direktvergabe beabsichtigte.

20.      Die Rhenus Veniro GmbH focht die Vergabe bei der Vergabekammer Rheinland an, die ihren Antrag am 11. November 2016 zurückwies, weshalb diese Gesellschaft das Oberlandesgericht Düsseldorf anrief, bei dem sie vorbrachte, a) dass Art. 5 Abs. 2 der Verordnung nicht einschlägig sei und b) dass, hilfsweise, der Kreis Heinsberg als Mitglied des Aachener Verkehrsverbunds für die Direktvergabe des Auftrags nicht zuständig sei, denn zuständig sei entweder eine einzelne Behörde oder eine Gruppe von Behörden, nicht aber eine Behörde als Mitglied einer Gruppe von Behörden.

21.      Vor diesem Hintergrund legt das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1.      Ist Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf direkt zu vergebende öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne von Art. 2 Buchst. i der Verordnung anwendbar, die nicht im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung die Form von Dienstleistungskonzessionen nach den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG annehmen?

2.      Gehen Art. 2 Buchst. b und Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vermittelt durch das Wort „oder“ von einer ausschließlichen Zuständigkeit entweder einer einzelnen Behörde oder einer Gruppe von Behörden aus, oder kann nach diesen Vorschriften eine einzelne Behörde auch Mitglied in einer Gruppe von Behörden sein und der Gruppe einzelne Aufgaben übertragen, aber zugleich gemäß Art. 2 Buchst. b zur Intervention befugt bleiben und zuständige örtliche Behörde im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung sein?

3.      Schließt es Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 mit der Verpflichtung, den überwiegenden Teil des öffentlichen Personenverkehrsdiensts selbst zu erbringen, aus, dass der interne Betreiber diesen überwiegenden Teil der Dienste durch eine hundertprozentige Tochtergesellschaft erbringen lässt?

4.      Zu welchem Zeitpunkt, schon dem der Veröffentlichung einer beabsichtigten Direktvergabe nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 oder erst dem der Direktvergabe selbst, müssen die Direktvergabevoraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorliegen?

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

22.      Die Vorlagebeschlüsse sind am 17. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen, und die Rechtssachen sind miteinander verbunden worden.

23.      Der Verkehrsbetrieb Hüttebräucker GmbH, die Rhenus Veniro GmbH, der Rhein-Sieg-Kreis, der Kreis Heinsberg, die österreichische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

24.      Der Verkehrsbetrieb Hüttebräucker GmbH, die Rhenus Veniro GmbH, die BVR Busverkehr Rheinland Gmbh, der Rhein-Sieg-Kreis und der Kreis Heinsberg sowie die Europäische Kommission sind zur mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2018 erschienen.

IV.    Prüfung

A.      Anwendbarkeit der Verordnung (erste Vorlagefrage in den Rechtssachen C266/17 und C267/17)

25.      Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts ist in diesen Rechtsstreitigkeiten davon auszugehen, dass es sich bei der Rechtsbeziehung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem mit der Erbringung des öffentlichen Personenverkehrsdiensts auf der Straße beauftragten Betreiber nicht um eine öffentliche Dienstleistungskonzession, sondern um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag handelt.

26.      Wenn es sich so verhält, kommt Art. 5 Abs. 1 der Verordnung ins Spiel, der dazu führt, dass die Vergabe dieses öffentlichen Dienstleistungsauftrags grundsätzlich nach den Richtlinien 2004/17 und 2004/18 durchzuführen ist(11).

27.      Das Problem besteht darin, dass diese beiden Richtlinien anders als die späteren Richtlinien von 2014(12) die Direktvergabe solcher Aufträge an interne Betreiber (die auch als In-House-Betreiber bezeichnet werden) nicht regeln. Vor diesem Hintergrund stellt sich folgende Alternative:

–        Man zieht die Rechtsprechung(13) heran, in der vor dem Hintergrund der vor den Vergaberichtlinien von 2014 geltenden Rechtslage die Konturen der direkten Auswahl eines Auftragnehmers, bei dem es sich lediglich um ein internes Instrument des öffentlichen Auftraggebers handelte, der es kontrollierte, herausgearbeitet wurden. Die Teckal-Rechtsprechung, die gerade eine Ausnahme von der Anwendung der Richtlinien 2004/17 und 2004/18 darstellt, stellt als Ergebnis richterlicher Rechtsschöpfung eine Reihe von Regeln zur Verfügung, um diese Art von Aufträgen öffentlicher Auftraggeber an ihre instrumentalen Einrichtungen zu ermöglichen.

–        Man wendet die spezifischen Vorschriften an, die die Verordnung für diese Art von Vergaben an interne Betreiber vorsieht.

28.      Die unterschiedlichen Auffassungen der deutschen Gerichte, auf die in den Vorlagebeschlüssen Bezug genommen wird, zeigen, dass die Lösung des Problems nicht auf der Hand liegt, und der Unterschied zwischen den rechtlichen Regelungen, die sich aus der einen bzw. aus der anderen Ansicht ergeben, ist erheblich. Etwas anderes wäre es, wenn in den Rechtsstreitigkeiten, die den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegen, die Richtlinien von 2014 angewandt werden könnten, da – mit gewissen Nuancen – die Teckal-Rechtsprechung(14) im Wesentlichen formell in ihren Wortlaut übernommen wurde.

29.      In diesem Fall ließe sich ohne Schwierigkeiten bejahen, dass der in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung enthaltene Verweis auf die Richtlinien von 2004 nach dem Inkrafttreten der Richtlinien von 2014 als Verweis auf diese Richtlinien zu verstehen ist(15). Und weil diese die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an In-House-Betreiber bereits ausdrücklich regeln, wäre zu prüfen, ob sie gegenüber den Regeln in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Vorrang haben(16). In den vorliegenden Rechtssachen lassen sich die Richtlinien von 2014 jedoch aus zeitlichen Gründen nicht anwenden(17).

30.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass „grundsätzlich diejenige Richtlinie anwendbar ist, die zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem der öffentliche Auftraggeber die Art des Verfahrens auswählt und endgültig entscheidet, ob die Verpflichtung zu einem vorherigen Aufruf zum Wettbewerb für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags besteht (Urteil Kommission/Niederlande, C‑576/10, EU:C:2013:510, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). Unanwendbar sind hingegen die Bestimmungen einer Richtlinie, deren Umsetzungsfrist nach diesem Zeitpunkt abgelaufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Frankreich, C‑337/98, EU:C:2000:543, Rn. 41 und 42).“(18)

31.      Anhand der beiden Vorlagebeschlüsse lässt sich feststellen, dass die Bekanntgaben der Direktvergabe vor dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinien von 2014 erfolgten(19). Darüber hinaus ist kein objektives Merkmal ersichtlich, aus dem sich ergibt, dass sich die Wahl des öffentlichen Auftraggebers gegenüber der, die er in diesen Bekanntmachungen zum Ausdruck gebracht hatte, geändert hat.

32.      Folglich muss die Aufmerksamkeit wieder auf die Alternative gerichtet werden, die ich weiter oben dargestellt habe, ohne dass die Möglichkeit besteht, die Regeln der Richtlinien von 2014 über die Direktvergabe an interne Betreiber anzuwenden.

33.      Die in den Richtlinien 2004/17 und 2004/18 vorgesehenen Verfahren sind auf diese Art von In-House-Vergaben nicht anwendbar. In anderen Schlussanträgen habe ich bereits ausgeführt, dass „[b]ei der In-House-Regelung … der Auftraggeber – funktionell gesehen – nicht mit einem anderen Unternehmen [kontrahiert], sondern aufgrund der Verbindung zwischen ihm und dem formell von ihm verschiedenen Unternehmen in Wirklichkeit mit sich selbst. Streng genommen kann man nicht von einer Auftragsvergabe sprechen, sondern lediglich von einer Bestellung oder Zuweisung einer Aufgabe, die von der anderen ‚Partei‘ nicht verweigert werden kann, unabhängig davon, wie diese Bestellung oder Aufgabe umgesetzt wird. … Das Fehlen einer echten Identitätsverschiedenheit rechtfertigt es, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet ist, öffentliche Ausschreibungen durchzuführen, wenn er auf eigene Mittel zurückgreift, um seine Aufgaben zu erfüllen“(20).

34.      Demnach muss sich die Vergabe an interne Betreiber entweder nach der Teckal-Rechtsprechung oder den besonderen Vorschriften von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (wenn es sich um Landverkehrsdienste handelt) richten.

35.      Ungeachtet des Gewichts der Gegenargumente hat meines Erachtens Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Vorrang. Meiner Ansicht nach wird dieser Standpunkt durch mehrere Argumente gestützt.

36.      Das erste beruht auf der wörtlichen Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Satz 3a sensu contrario. Wenn die Abs. 2 bis 5 dieses Artikels nur ausnahmsweise und mit Einschränkungen zurücktreten(21), soweit Dienstleistungsaufträge „nach den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG vergeben“ werden, so gelten sie uneingeschränkt, wenn diese Richtlinien solche Direktvergaben an interne Betreiber – so wie hier – nicht regeln. Ich habe bereits ausgeführt, dass dem Gerichtshof zufolge In-House-Vergaben von diesen beiden Richtlinien ausgeschlossen sind.

37.      Diese wörtliche Auslegung wird durch den Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 bestätigt: öffentliche Dienstleistungsaufträge für Personenverkehrsdienste mit Bussen werden „gemäß den in jenen Richtlinien [2004/17 und 2004/18] vorgesehenen Verfahren vergeben“, sofern sie nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen annehmen. Enthalten letztgenannte Richtlinien so wie hier kein Verfahren für die Vergabe an interne Betreiber, die eher ein Mechanismus der Eigenerbringung durch die Behörden ist, ist die Verweisung gegenstands- und sinnlos.

38.      Anders würde es sich verhalten, wenn es sich um Vergaben unter Wettbewerbsbedingungen handeln würde (also nicht an interne Betreiber), für die die Verweisung voll wirksam ist. Will eine Behörde einen derartigen Auftrag, der nicht die Form einer Konzession annimmt, an Dritte vergeben, muss sie dies über Ausschreibungsverfahren tun, die (ihrerseits tatsächlich) in den Richtlinien 2004/17 und 2004/18 geregelt sind.

39.      Das zweite Argument beruht auf einer systematischen Betrachtung der anwendbaren Vorschriften, die an die Spezialitätsregel anknüpft. Wenn der Unionsgesetzgeber im Jahr 2007 (also nach der Annahme der Richtlinien von 2004) eine Sonderregelung für die In-House-Vergabe von Land-Personenverkehrsdiensten treffen wollte, ist meiner Meinung nach im Zweifelsfall davon auszugehen, dass diese Regelung in ihrer Ausgestaltung durch Art. 5 Abs. 2 der Verordnung gegenüber der (allgemeinen) Regelung, die sich aus der Teckal-Rechtsprechung ergibt, als vorrangig anzusehen ist.

40.      Das dritte und letzte Argument berücksichtigt das mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung verfolgte Ziel. Der Unionsgesetzgeber wollte angesichts der Besonderheiten der Personenverkehrsdienste auf der Straße, dass „örtliche Behörden … öffentliche Personenverkehrsdienste in ihrem Gebiet entweder selbst erbringen oder einen internen Betreiber ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren damit beauftragen“ können. Die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Mechanismus sind ziemlich präzise und spiegeln das Gleichgewicht zwischen diesem und dem Ziel der „Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen“(22) wider.

41.      Es wird diesem Ziel eher gerecht, wenn man den einzelnen Regeln der Verordnung, die an die Besonderheiten des Personenverkehrs mit Bussen angepasst sind, Vorrang einräumt, statt sich an die Kriterien der Teckal-Rechtsprechung zu halten, die für alle anderen Dienstleistungssektoren gelten. Unter diesen Regeln sticht diejenige heraus, die es ermöglicht (und in gewissem Umfang begünstigt), dass sich die örtlichen Behörden zusammenschließen, um die Aufträge an einen internen Betreiber zu vergeben, über den sie eine Kontrolle haben, die der entspricht, die sie über ihre eigenen Dienststellen ausüben.

42.      Zusammenfassend muss eine örtliche Behörde, die beabsichtigt, einen Auftrag über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen direkt an einen internen Betreiber zu vergeben, dabei die in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung aufgestellten Voraussetzungen beachten.

B.      Intervention der örtlichen Behörde bei der Vergabe des Auftrags und der Kontrolle über den internen Betreiber (zweite Vorlagefrage in den Rechtssachen C266/17 und C267/17 und dritte Vorlagefrage in der Rechtssache C266/17)

43.      Die örtlichen Behörden (Kreise), die in diesen beiden Rechtssachen die Aufträge an ihre internen Betreiber vergeben haben (bzw. vergeben wollten), hatten mit anderen entsprechenden Behörden Verkehrsverbünde für eine übergeordnete räumliche Ebene gebildet. Zu den Zuständigkeiten, die diesen Verbünden zugewiesen wurden, gehört die Festlegung der gemeinsamen Tarife für die Personenverkehrsdienste in ihren jeweiligen Gebieten(23).

44.      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob dieser Umstand dem entgegensteht, dass die beiden örtlichen Behörden (Kreise), die Verkehrsverbünden angehören, jeweils ihre entsprechenden Aufträge vergeben.

45.      Wie ich bereits ausgeführt habe, erlaubt es Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung den örtlichen Behörden, für sich allein oder in einer Gruppe mit anderen Aufträge direkt an interne Betreiber zu vergeben, sofern sie „eine Kontrolle [ausüben], die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht“.

46.      Abstrakt betrachtet kann ich nicht erkennen, weshalb die Zuweisung der Befugnis zur Genehmigung der Tarife an den Verkehrsverbund die „entsprechende Kontrolle“ der einzelnen Behörden über ihren internen Betreiber beeinträchtigen sollte. Ich stimme daher in diesem Punkt mit dem vorlegenden Gericht überein. Die Festlegung eines gemeinsamen Tarifs durch den Verkehrsverbund ermöglicht es den Nutzern, mit dem Kauf eines einzigen Fahrscheins einen integrierten Verkehrsdienst in Anspruch zu nehmen, gleich welcher interne Betreiber ihn erbringt und mit welcher örtlichen Behörde er verbunden ist.

47.      Entscheidend ist, soweit es hier von Belang ist, ob die „entsprechende Kontrolle“ durch die örtliche Behörde (oder gegebenenfalls eine gemeinsame Kontrolle durch die Gruppe) über den internen Betreiber fortbesteht oder nicht. Je nachdem, wie sie ausgestaltet ist, könnte die Zuweisung von Befugnissen an den Verkehrsverbund der örtlichen Behörde Zuständigkeiten nehmen – bis hin zu dem Punkt, an dem sie über den internen Betreiber keine Kontrolle mehr ausübt, die mit der vergleichbar ist, die sie über ihre Dienststellen innehat.

48.      Die Vorlagefrage ist auf die Übertragung von Tarifbefugnissen auf den Verkehrsverbund beschränkt, und ich glaube nicht, dass dieser Umstand unbedingt den Verzicht auf die Kontrolle über den internen Betreiber impliziert. Zudem ist jeder Kreis, der als lokale Gebietskörperschaft dem Verkehrsverbund angehört, an dessen tariflichem Entscheidungsprozess beteiligt, woran deutlich wird, dass er die – wenn auch geteilte – Kontrolle sogar über diesen Aspekt des Dienstes behält.

49.      Die endgültige Beurteilung, ob unter den konkreten Umständen beider Rechtsstreitigkeiten die Kontrolle über den internen Betreiber durch die Kreise – individuell oder als Gruppe – fortbesteht, ist natürlich Sache des nationalen Gerichts, das als einziges über die hierzu geeigneten Beweiselemente verfügt(24). Die Vorlagebeschlüsse enthalten nämlich keine ausreichenden Angaben, um sich ein genaues und vollständiges Bild von den Beziehungen zwischen den örtlichen Behörden und den internen Betreibern machen zu können.

50.      Vor demselben Hintergrund bezieht sich die dritte Vorlagefrage in der Rechtssache C‑266/17 auf eine am 21. August 2015 von der Gesellschafterversammlung beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrags des RV Köln, mit der die Stimmrechte auf denjenigen Gesellschafter beschränkt wurden, der einen Auftrag gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung vergibt. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob diese Änderung des Gesellschaftsvertrags Auswirkungen auf die Kontrolle haben kann, die die den Auftrag vergebende örtliche Behörde ausübt.

51.      Der Wortlaut des Vorlagebeschlusses ist an dieser Stelle schwer verständlich. In Rn. 21 wird jedenfalls ausgeführt, dass „derzeit nicht absehbar [ist], ob der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen in seiner bisherigen Fassung oder der Neufassung vom 21. [August] 2015 Bestand haben wird“, während weiter oben (Rn. 6) erklärt wird, dass der Beschluss über die Änderung vom 21. August 2015 angefochten wurde und „nach dem rechtskräftigen Urteil … derzeit schwebend unwirksam“ ist.

52.      Sollte dies der Fall sein(25), könnte die Frage möglicherweise als hypothetisch eingestuft werden, denn sie würde eine Tatsache betreffen (die Änderung des Gesellschaftsvertrags), die das vorlegende Gericht selbst nicht als entscheidungserheblich ansieht, da sie nicht in Kraft ist.

53.      Allerdings wird durch die neue Fassung des Gesellschaftsvertrags des RV Köln in dieser Rechtssache nur bestätigt, dass der Kreis, gerade weil er es war, der den Auftrag an diesen Betreiber vergeben hat, ein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung hat, also die ihm zustehende Kontrolle über die Funktionsgesellschaft ausüben kann. Das vorlegende Gericht weist zutreffend darauf hin, dass die Änderung von § 17 Abs. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags „zu einer Verstärkung des Einflusses desjenigen Gesellschafters, der den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erteilt und in dessen Zuständigkeitsbereich die Personenverkehrsdienste ausgeführt werden sollen“, führt.

C.      Zum Gebiet, in dem der interne Betreiber Verkehrsdienstleistungen erbringen kann (vierte und fünfte Vorlagefrage in der Rechtssache C266/17)

54.      Mit seiner vierten Frage in der Rechtssache C‑266/17 will das vorlegende Gericht erfahren, ob ein interner Betreiber, an den der Auftrag direkt vergeben wurde, Personenverkehrsdienste nicht nur im Zuständigkeitsgebiet der örtlichen Behörde, die den Auftrag vergeben hat, ausführen kann, sondern auch im Zuständigkeitsgebiet anderer Behörden, die der Gruppe angehören.

55.      Der Vorlagebeschluss ist auch in dieser Hinsicht nicht sehr klar. Aus seinem Wortlaut könnte ein weiteres Mal der Schluss gezogen werden, dass die Frage hypothetisch ist, denn:

–        In der Bekanntmachung der Vergabe hat der Kreis angegeben, dass die Dienstleistung „in seinem Kreisgebiet mit abgehenden Linien in benachbarte Gebiete“ erbracht werde (Rn. 10 des Beschlusses);

–        das vorlegende Gericht selbst bestätigt diese Angabe, wenn es ausführt, dass „diese Personenverkehrsdienste – abgesehen von abgehenden Linien oder sonstigen Teildiensten, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen – im Zuständigkeitsgebiet der … beauftragenden Behörde“ ausgeführt werden (Rn. 22 des Beschlusses).

56.      Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die Frage auf die Klärung abzielt, ob unabhängig davon, dass diese Regel bei der Vergabe an den RV Köln beachtet worden ist, diese Gesellschaft daran gehindert ist, ihre Dienste an andere örtliche Behörden zu erbringen, also in deren Zuständigkeitsgebiet tätig zu werden.

57.      Nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung kann der interne Betreiber seine öffentlichen Personenverkehrsdienste nur innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen. Allerdings kann Letztere sowohl eine einzelne örtliche Behörde als auch eine Gruppe von örtlichen Behörden sein(26). Nichts hindert also daran, dass eine oder mehrere örtliche Behörden, die einer Gruppe angehören, einen einzigen, ihnen allen gemeinsamen Betreiber, über den sie eine Kontrolle ausüben, die derjenigen entspricht, die sie über ihre eigenen Dienststellen ausüben, mit der Dienstleistung beauftragen. In diesem Fall kann der interne Betreiber seine Tätigkeiten in jedem einzelnen Zuständigkeitsgebiet der (der Gruppe angehörenden) Behörden ausüben, die ihm die genannte Dienstleistung anvertraut haben.

58.      Diese Möglichkeit stellt auch keine Neuigkeit dar, die nur in der Verordnung vorkommt. Der Gerichtshof hat es bei der Fortentwicklung der Teckal-Rechtsprechung zugelassen, dass öffentliche Stellen ihrem gemeinwirtschaftlichen Auftrag in Zusammenarbeit mit anderen nachkommen, indem sie sich hierzu einer gemeinsamen instrumentalen Einrichtung bedienen, über die sie eine entsprechende (nicht identische) gemeinsame Kontrolle ausüben wie über ihre eigenen Dienststellen(27).

59.      Im Urteil Coditel Brabant(28) wurde der Fall einer Gebietskörperschaft geprüft, die „einem Zusammenschluss weiterer öffentlicher Stellen wie einer interkommunalen Genossenschaft beitreten möchte“, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Gerichtshof ließ eine gemeinsame Kontrolle durch die Gebietskörperschaften zu, die nicht unbedingt individuell ausgeübt werden musste(29).

60.      Kurzum, wenn der interne Betreiber eine gemeinsame instrumentale Einrichtung mehrerer Gebietskörperschaften ist, die eine (gemeinsame) Kontrolle über ihn ausüben, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht, ist davon auszugehen, dass das Zuständigkeitsgebiet im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung das jeder einzelnen dieser Körperschaften ist.

61.      In der fünften Vorlagefrage scheint das vorlegende Gericht nicht mehr nur auf das Zuständigkeitsgebiet der in einer Gruppe verbundenen Gebietskörperschaften abzustellen, sondern auf das anderer „beauftragender Behörden“, die hypothetisch mit dem RV Köln vor dem 3. Dezember 2003 Verträge über Beförderungsdienstleistungen geschlossen haben, die gemäß Art. 8 der Verordnung einer Übergangsregelung unterliegen.

62.      Dieser Artikel sah eine Reihe von Maßnahmen vor, die eine schrittweise Einführung der in der Verordnung selbst vorgesehenen Vergaberegeln zur Folge hatten. An dieser Stelle muss nicht näher auf seinen Inhalt eingegangen werden, sondern es reicht die Feststellung, dass öffentliche Dienstleistungsaufträge, die nach Gemeinschaftsrecht oder nationalem Recht vergeben wurden, unter den in Art. 8 Abs. 3 geregelten Voraussetzungen und in den dort detaillierten Zeiträumen mit gewissen Einschränkungen für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben konnten.

63.      Da im Vorlagebeschluss keine näheren Angaben gemacht werden, bin ich der Ansicht, dass die bereits vergebenen Aufträge, auf die er sich bezieht, aufgrund der Übergangsregelung des Art. 8, die in der Frage angeführt wird, gültig sind. Da die Verordnung eine ausdrückliche Ermächtigung enthält, die das Fortbestehen dieser Aufträge deckt, muss die Auslegung dahin gehen, dass sie von der räumlichen Beschränkung in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b nicht umfasst sind.

D.      Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung erfüllt sein müssen (sechste Vorlagefrage in der Rechtssache C266/17 und vierte Vorlagefrage in der Rechtssache C267/17)

64.      Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung a) zum Zeitpunkt der Direktvergabe oder b) zu dem Zeitpunkt, zu dem die zuständige Behörde gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung die Informationen über die beabsichtigte Direktvergabe imAmtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen muss, erfüllt sein müssen.

65.      Art. 7 Abs. 2 der Verordnung, in dem die Angaben aufgeführt sind, die die zuständige Behörde (mindestens ein Jahr vor der Direktvergabe) in ihre Veröffentlichung aufnehmen muss, verlangt nicht, dass die Identität des künftigen Auftragnehmers offengelegt wird. Die örtliche Behörde ist durch nichts daran gehindert, ihre instrumentalen Einheiten in der Zeit, die zwischen der Veröffentlichung der Bekanntmachung und der Vergabe liegt, auf die eine oder andere Weise zu organisieren: Entscheidend ist, dass der schlussendlich ausgewählte interne Betreiber die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt (insbesondere, dass er der Kontrolle durch die Behörde unterliegt, die ihm die Dienstleistung anvertraut).

66.      Die gemeinsame Lektüre von Art. 5 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung veranlasst mich daher zu der Feststellung, dass der Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen der ersten dieser beiden Vorschriften erfüllt sein müssen, genau der Zeitpunkt ist, in dem die Direktvergabe erfolgt. Erst dann wird die Identität des Ausgewählten bekannt, die die wesentliche Information für die Feststellung ist, ob die zuständige Behörde aufgrund der betreffenden Umstände eine Kontrolle über ihn ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht, und ob auf den Betreiber eine der Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und c der Verordnung zutrifft.

E.      Erbringung des Dienstes durch den internen Betreiber über eine Tochtergesellschaft (dritte Frage in der Rechtssache C267/17)

67.      Die interne Betreiberin WestVerkehr GmbH erbringt den öffentlichen Verkehrsdienst über eine Tochtergesellschaft, deren Kapital vollständig von ihr gehalten wird. In Anbetracht dieser Tatsache und angesichts des Wortlauts von Art. 5 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung („[k]ommt eine Unterauftragsvergabe … in Frage, so ist der interne Betreiber verpflichtet, den überwiegenden Teil des öffentlichen Personenverkehrsdienstes selbst zu erbringen“) fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Übertragung des Dienstes auf die Tochtergesellschaft nach dieser Vorschrift zulässig ist.

68.      Die Verordnung regelt die Unterauftragsvergabe als Öffnungsmechanismus für andere Unternehmen als den Auftragnehmer, die an ihn aufgrund einer Vertragsbeziehung gebunden sind. Die Unterauftragnehmer können aber nur einen beschränkten Prozentsatz der Dienste ausführen, und zwar aus folgenden Gründen:

–        Ist der Auftragnehmer ein selbständiges Unternehmen, also kein interner Betreiber, „so ist [er] verpflichtet, einen bedeutenden Teil der öffentlichen Personenverkehrsdienste selbst zu erbringen“ (Art. 4 Abs. 7)(30).

–        Ist der Auftragnehmer hingegen ein interner Betreiber, „so ist [er] verpflichtet, den überwiegenden Teil des öffentlichen Personenverkehrsdienstes selbst zu erbringen“ (Art. 5 Abs. 2 Buchst. e).

69.      Ich glaube jedoch nicht, dass man in einem Fall wie diesem wirklich von Unterauftragsvergabe sprechen kann. Ich stimme der vom Kreis Heinsberg in seinen schriftlichen Erklärungen vertretenen Auffassung zu, wonach das Verhältnis zwischen einer Tochtergesellschaft und einem internen Betreiber, der ihr gesamtes Stammkapital hält und sie kontrolliert, nicht charakteristisch für einen Unterauftrag ist. Für einen Unterauftrag bedarf es zweier selbständiger Unternehmen(31), die „gleichberechtigt und unter Ausschluss von Abhängigkeiten oder hierarchischer Unterordnung“(32) die Bedingungen ihrer Vertragsbeziehung miteinander aushandeln.

70.      Eine Unterauftragsvergabe im Sinne der oben angeführten Artikel der Verordnung liegt vor, wenn sich der interne Betreiber entscheidet, für die Erbringung des Dienstes auf einen Dritten zurückzugreifen, der nicht in seine Gesellschaftsstruktur eingegliedert ist(33). Greift er aber zu demselben Zweck auf eine Tochtergesellschaft zurück, die er zu 100 % hält und über die er die volle Kontrolle bis zu dem Punkt hat, dass er ihr seine unternehmerischen Entscheidungen vorgeben kann, wird der Dienst aus funktionaler Sicht in Wirklichkeit von derselben wirtschaftlichen und operativen Einheit erbracht. Es gibt mithin keinen echten Dritten, an den Unteraufträge vergeben werden könnten.

71.      Unter diesen Umständen erstreckt sich die In-House-Verbindung zwischen dem Kreis Heinsberg und seinem internen Betreiber (WestVerkehr GmbH) auch auf die von letztgenannter Gesellschaft zu 100 % gehaltene Tochtergesellschaft, über die die örtliche Behörde ebenfalls eine Kontrolle (zweiten Grades) ausübt, die der entspricht, die sie über ihre (restlichen) Dienststellen ausübt.

72.      Folglich schließt es Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. e der Verordnung nicht aus, dass ein interner Betreiber einer Tochtergesellschaft, an der er 100 % der Anteile hält und die er vollständig kontrolliert, die Erbringung des überwiegenden Teils der übertragenen Dienstleistungen überlässt.

V.      Ergebnis

73.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Deutschland) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates

–        ist auf die Direktvergabe durch zuständige örtliche Behörden an einen internen Betreiber, über den sie eine Kontrolle ausüben, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht, anwendbar, wenn es sich um Aufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste handelt, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste bzw. der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge annehmen;

–        steht dem nicht entgegen, dass die örtlichen Behörden einem von ihnen gebildeten Verbund von örtlichen Behörden die Aufgabe der Festlegung der gemeinsamen Tarife für den Dienst übertragen, sofern ihnen durch diese Übertragung nicht die Ausübung einer Kontrolle über den internen Betreiber entzogen wird, die der entspricht, die sie über ihre eigenen Dienststellen ausüben, was zu klären Sache des vorlegenden Gerichts ist;

–        schließt es nicht aus, dass der interne Betreiber, an den eine zuständige örtliche Behörde die Erbringung des Dienstes vergeben hat, ihn über eine Tochtergesellschaft ausführt, die er vollständig kontrolliert, der er seine Entscheidungen vorgeben kann und an der er 100 % der Anteile hält;

–        lässt es zu, dass ein interner Betreiber als instrumentale Einrichtung sämtlicher eine Gruppe bildenden örtlichen Behörden öffentliche Personenverkehrsdienste in jedem einzelnen Zuständigkeitsgebiet dieser Behörden erbringt;

–        gestattet es ebenso, dass ein interner Betreiber seine Dienste weiterhin außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der auftraggebenden örtlichen Behörde erbringt, wenn er dies auf der Grundlage von Aufträgen tut, die der Übergangsregelung gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1370/2007 unterliegen.

2.      Die Voraussetzungen für die Direktvergabe an den internen Betreiber gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1370/2007 müssen zum Zeitpunkt der Direktvergabe selbst erfüllt sein.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. 2007, L 315, S. 1, im Folgenden: Verordnung).


3      Es handelt sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an deren Kapital verschiedene öffentliche Einrichtungen gemeinsam mit dem Rhein-Sieg-Kreis (der dies mittelbar über eine Tochtergesellschaft tut, deren Kapital er zu 100 % hält) beteiligt sind.


4      Rn. 20 des Vorlagebeschlusses.


5      Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. September 2015.


6      Rn. 10 des Vorlagebeschlusses.


7      Ebd., Rn. 22.


8      § 10a der Satzung des Zweckverbands mit der Überschrift „Bildung einer Behördengruppe“ bestimmt, dass „[d]ie Verbandsmitglieder … eine Gruppe von Behörden im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 [der Verordnung bilden]. Ihre Mitglieder sind berechtigt, Direktvergaben öffentlicher Dienstleistungsaufträge an interne Betreiber vorzunehmen. Interne Betreiber dürfen öffentliche Personenverkehrsdienste auf den Gebieten aller Verbandsmitglieder, die über abgehende Linien hinausgehen, erbringen. Hierzu bedarf es im Einzelfall der Zustimmung des an einem internen Betreiber nicht beteiligten Verbandsmitglieds für die für sein Gebiet vorgesehenen ÖSPV-Verbundverkehre. Direktvergaben im vorstehenden Sinne gelten als von allen Verbandsmitgliedern beschlossen. … Die Durchführung von Vergabeverfahren mit der Funktion einer Vergabestelle gemäß Art. 5 Abs. 2 [der Verordnung] erfolgt im Regelfall durch das Mitglied, das den internen Betreiber im Sinne von Art. 5 Abs. 2 [der Verordnung] kontrolliert“.


9      Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 15. März 2016.


10      In der mündlichen Verhandlung hat eine der Parteien Vorbehalte gegenüber der Einordnung des beauftragten Unternehmens als interner Betreiber geäußert. Für das vorlegende Gericht ist diese Eigenschaft jedoch nicht Gegenstand der Erörterung.


11      Nach dieser Vorschrift werden „[ö]ffentliche Dienstleistungsaufträge … nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben. Dienstleistungsaufträge oder öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß der Definition in den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen werden jedoch gemäß den in jenen Richtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben, sofern die Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne jener Richtlinien annehmen. Werden Aufträge nach den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG vergeben, so sind die Absätze 2 bis 6 des vorliegenden Artikels nicht anwendbar“ (Hervorhebung nur hier).


12      Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65) und Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. 2014, L 94, S. 243), im Folgenden: Richtlinien von 2014.


13      Urteil vom 18. November 1999, Teckal (C‑107/98, EU:C:1999:562, im Folgenden: Teckal‑Rechtsprechung).


14      So regelt die Richtlinie 2014/24 in Art. 12 „[ö]ffentliche Aufträge zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors“. Die Richtlinie 2014/25 regelt in Art. 28 „[z]wischen öffentlichen Auftraggebern vergebene Aufträge“.


15      In der Mitteilung der Kommission über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (ABl. 2014, C 92, S. 1) heißt es: „Da die in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 genannten Richtlinien (Richtlinie 2004/17/EG und Richtlinie 2004/18/EG) aufgehoben und durch die vorstehend genannten Richtlinien ersetzt wurden, sind die Verweise in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 als Verweise auf die neuen Richtlinien zu verstehen“ (Abschnitt 2.1.1).


16      In der mündlichen Verhandlung wurde erörtert, ob die einen oder anderen Regeln simultan oder parallel angewandt werden könnten. Ich glaube jedoch, dass dies nicht der Zeitpunkt ist, um in diese Diskussion einzugreifen – wobei es sich anders verhielte, wenn es sich um nach dem 18. April 2016 erfolgte In-House-Vergaben handelte.


17      Die Kommission ist der Ansicht, Art. 5 Abs. 2 der Verordnung regele diese Fälle nicht, da er auf Konzessionen beschränkt sei. Ihre These läuft jedoch darauf hinaus, die Anwendung der In-House-Regeln der Richtlinien von 2014 auf Sachverhalte, die den Richtlinien von 2004 unterliegen, vorzuverlegen. Paradoxerweise zieht die Kommission im Rahmen der detaillierten Prüfung der zweiten und der folgenden Vorlagefragen in der Rechtssache C‑267/17 zur Begründung ihrer Argumente den Inhalt dieser Bestimmung heran.


18      Urteil vom 10. Juli 2014, Impresa Pizzarotti (C‑213/13, EU:C:2014:2067, Rn. 31). Vgl. auch Urteil vom 27. Oktober 2016, Hörmann Reisen (C‑292/15, EU:C:2016:817, Rn. 32), in dem das Urteil vom 7. April 2016, Partner Apelski Dariusz (C‑324/14, EU:C:2016:214, Rn. 83), angeführt wird.


19      Diese Richtlinien mussten spätestens am 18. April 2016 umgesetzt werden, und die Vergabeentscheidungen in den Ausgangsverfahren wurden am 30. September 2015 und am 16. März 2016 bekannt gegeben.


20      Schlussanträge in der Rechtssache LitSpecMet (C567/15, EU:C:2017:319, Nrn. 70 und 71).


21      Vgl. Urteil vom 27. Oktober 2016, Hörmann Reisen (C‑292/15, EU:C:2016:817, Rn. 39).


22      18. Erwägungsgrund der Verordnung.


23      In den Vorlagebeschlüssen wird der Umfang dieser Befugnisse nicht detailliert beschrieben. Das vorlegende Gericht bezieht sich nur auf die Tarife.


24      Die Faktoren, die es prüfen muss, „[u]m festzustellen, ob die zuständige örtliche Behörde diese Kontrolle ausübt“, werden in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung präzisiert.


25      In seinen schriftlichen Erklärungen in der Rechtssache C‑266/17 führt der Rhein-Sieg-Kreis aus, „dass – anders als dies noch von dem vorlegenden Gericht … dargestellt wird – die Neufassung des Gesellschaftsvertrags vom 21. August 2015 … vollumfänglich Geltung beansprucht“ (Nr. 29).


26      So ausdrücklich in Abs. 2 Satz 1 dieses Artikels.


27      Nach dem Urteil vom 29. April 2007, Asemfo (C‑295/05, EU:C:2007:227, Rn. 62), „ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Voraussetzung, wenn die Anteile an einem Unternehmen von mehreren Körperschaften gehalten werden, erfüllt sein kann, wenn dieses Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen nicht unbedingt für eine bestimmte dieser Körperschaften, sondern für diese Körperschaften insgesamt verrichtet (Urteil [vom 11. Mai 2006,] Carbotermo und Consorzio Alisei[, C‑340/04, EU:C:2006:308], Randnr. 70)“.


28      Urteil vom 13. November 2008 (C‑324/07, EU:C:2008:621).


29      Ebd. (Rn. 54 und Tenor): „Wenn eine öffentliche Stelle einer interkommunalen Genossenschaft, deren Mitglieder sämtlich öffentliche Stellen sind, beitritt, um ihr die Verwaltung eines gemeinwirtschaftlichen Dienstes zu übertragen, kann die Kontrolle über die Genossenschaft durch die ihr angeschlossenen Stellen, damit sie als eine Kontrolle wie über deren eigene Dienststellen angesehen werden kann, von den angeschlossenen Stellen gemeinsam, gegebenenfalls mit Mehrheitsbeschluss, ausgeübt werden.“


30      Im Urteil vom 27. Oktober 2016, Hörmann Reisen (C‑292/15, EU:C:2016:817), wurde die Anwendbarkeit dieses Artikels auf eine Ausschreibung nach der Richtlinie 2004/18 geprüft und festgestellt, dass es Art. 7 Abs. 4 der Verordnung nicht entgegensteht, einem Betreiber eine Selbsterbringungsquote von 70 % aufzuerlegen.


31      Der 19. Erwägungsgrund der Verordnung nimmt im Zusammenhang mit der Vergabe von Unteraufträgen Bezug auf die Beteiligung „weiterer Unternehmen neben dem Betreiber eines öffentlichen Dienstes“ (Hervorhebung nur hier).


32      Ich nehme Bezug auf meine Schlussanträge in der Rechtssache LitSpecMet (C567/15, EU:C:2017:319, Nrn. 71 ff).


33      In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache LitSpecMet (C567/15, EU:C:2017:319, Nr. 79) habe ich dieselbe Ansicht vertreten: „[D]er öffentliche Auftraggeber kann innerhalb der aufgezeigten Grenzen instrumentale Einrichtungen nutzen, um diesen bestimmte Aufgaben zuzuweisen, die zwar grundsätzlich Gegenstand der öffentlichen Auftragsvergabe sein müssten, dieser aber nicht unterliegen. … Fehlt es allerdings den Instrumenten ihrerseits an ausreichenden Ressourcen, um die ihnen zugewiesenen Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers selbst zu erfüllen, und sind sie deshalb gezwungen, auf Dritte zurückzugreifen, um sich diese Ressourcen zu beschaffen, so verlieren die Gründe der In-House-Ausnahme ihre Grundlage, und was ans Licht kommt, ist in Wirklichkeit ein verdeckter öffentlicher Auftrag über ein (Sub‑)Unternehmen, bei dem der öffentliche Auftraggeber über einen Vermittler (die instrumentale Einrichtung) Waren und Dienstleistungen von Dritten erwirbt, ohne die Richtlinien anzuwenden, die auf die Vergabe dieses Auftrags eigentlich Anwendung finden müssten.“

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