Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 318/01 Verkündet am:
6. Oktober 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Dezember 2001 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen des Scheidungsverbunds um nachehelichen Unterhalt. Die Antragstellerin hat die deutsche, der Antragsgegner die iranische Staatsangehörigkeit. Die 1988 in Deutschland geschlossene Ehe der Parteien blieb kinderlos. Der Antragsgegner absolvierte nach der Eheschließung eine Ausbildung zum Umwelttechniker, die 1994 beendet war. 1996 schloß er eine Fortbildung zum Umweltbeauftragten ab. Die Ausbildung umfaßte auch verschiedene Praktika. 1997 eröffnete er ein Einzelhandelsgeschäft, in dem er Lebensmittel veräußerte. Die Parteien trennten sich im Mai 1999. Im Mai 2000 gab der Antragsgegner den Geschäftsbetrieb auf, nachdem er während des gesamten Zeitraums seiner selbständigen Tätigkeit keinen Gewinn erwirtschaftet hatte. In der Folgezeit war er arbeitslos. Er bewarb sich auf eine Vielzahl von
Arbeitsstellen, was bis einschließlich Juni 2001 ohne Erfolg blieb. Im Juli 2001 war der Antragsgegner aushilfsweise tätig, ab Juli 2001 war er bei der D. beschäftigt. Die Antragstellerin eG war in den letzten Jahren vor der Trennung durchgehend erwerbstätig. Durch Urteil vom 7. März 2001 hat das Amtsgericht unter Anwendung deutschen Sachrechts die Ehe der Parteien geschieden - insoweit rechtskräftig seit 15. März 2001 -, den Versorgungsausgleich zugunsten des Antragsgegners durchgeführt und dessen auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 1.940,06 DM gerichteten Antrag abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Antragsgegner das Unterhaltsbegehren in eingeschränktem Umfang weiterverfolgt. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat er den Rechtsstreit für die Zeit ab Juli 2001 in der Hauptsache für erledigt erklärt , weil er aufgrund einer zwischenzeitlich erlangten Arbeitsstelle nicht mehr auf Unterhalt angewiesen sei. Da die Antragstellerin der Erledigungserklärung widersprochen hat, hat er beantragt, diese unter Berücksichtigung der Erledigungserklärung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 1.684,58 DM zu verurteilen, und zwar mit der Maßgabe, daß beginnend mit März 2001 Zahlung jeweils abzüglich 1.442 DM beantragt werde, die "an die Sozialhilfe" und nicht an ihn zu zahlen seien. Die Berufung blieb erfolglos. Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt der Antragsgegner sein Berufungsbegehren weiter. Das zunächst außerdem angekündigte Begehren auf Zahlung monatlichen Unterhalts in der vorgenannten Höhe (bzw. in Höhe von 861,31 €) für die Zeit ab 1. Januar 2003 hat er zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts incidenter zu Recht bejaht. In der Sache hat es angenommen, daß ein Unterhaltsanspruch des Antragsgegners mangels Bedürftigkeit nicht bestehe. Dieser müsse sich für die Zeit ab Januar 2001 ein fiktives monatliches Erwerbseinkommen von 2.000 DM netto zurechnen lassen, das im Wege der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen sei, da die ehelichen Lebensverhältnisse allein durch das Einkommen der Antragstellerin geprägt worden seien. Der Unterhaltsbedarf des Antragsgegners sei danach mit 1.498 DM (2/5 des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens der Antragstellerin von 3.745 DM) anzusetzen, so daß - nach Anrechnung des fiktiven Einkommens - kein offener Bedarf verbleibe. Zur weiteren Darstellung der betreffenden Ausführungen wird auf das Urteil des Senats in dem Parallelverfahren über den Trennungsunterhalt (XII ZR 319/01) Bezug genommen. 2. Die Auffassung, daß dem Antragsgegner für die Zeit bis einschließlich Juni 2001 kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, nämlich auf Aufstokkungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB, zustehe, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Ausweislich des Sitzungsprotokolls des Berufungsgerichts vom 25. Oktober 2001 hat der Antragsgegner in der Zeit von März bis Juni 2001 Sozialhilfe in Höhe von monatlich 1.442 DM bezogen. Ein nach bürgerlichem Recht bestehender Unterhaltsanspruch ist deshalb nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Diesem Umstand hat der Antragsgegner durch seine Antrag-
stellung Rechnung getragen. Das ergibt die Auslegung seines Antrags, die der Senat selbst vornehmen kann. Danach war das Begehren des Antragsgegners auf Zahlung monatlichen Unterhalts von 1.684,58 DM abzüglich des Betrags der gewährten Sozialhilfe von monatlich 1.442 DM gerichtet, d.h. der Antragsgegner begehrte für sich lediglich einen den Betrag von monatlich 1.442 DM übersteigenden Unterhalt. Im Umfang der Sozialhilfeleistungen wollte er - ebenso wie in dem gleichzeitig verhandelten Parallelverfahren über den Trennungsunterhalt - nicht auf Leistung an den Träger der Sozialhilfe antragen. Vielmehr ist die Formulierung, daß insoweit "an die Sozialhilfe" und nicht an den Antragsgegner zu leisten sei, als bloße Begründung für sein von dem zunächst gestellten Antrag abweichendes Begehren zu verstehen. Für eine Verurteilung zugunsten des Sozialhilfeträgers würde es neben der eindeutig formulierten Erklärung eines Zahlungsverlangens auch an jeglicher Konkretisierung des Zahlungsempfängers fehlen. Gerade darauf wäre aber besonders geachtet worden, wenn in dem vorliegenden Rechtsstreit anders als in dem Parallelprozeß hätte verfahren werden sollen.
b) Ein den Betrag der gewährten Sozialhilfe von 1.442 DM monatlich übersteigender Unterhaltsanspruch des Antragsgegners besteht indessen in keinem Fall. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, muß er sich ab Januar 2001 ein fiktives monatliches Nettoeinkommen von 2.000 DM zurechnen lassen. Insoweit wird zur Begründung auf das Senatsurteil in dem Verfahren XII ZR 319/01 Bezug genommen.
c) Selbst wenn dieses Einkommen - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht im Wege der Anrechnungsmethode, sondern der Additions - bzw. Differenzmethode berücksichtigt wird, verbleibt für die hier streitige Zeit kein den Betrag von 1.442 DM übersteigender Unterhaltsanspruch, sondern nur ein solcher von 698 DM [(3.745 DM - 20 %) 2.996 DM + (2.000 DM -
20 %) 1.600 DM = 4.596 DM : 2 = 2.298 DM - 1.600 DM]. Auf die Frage, deretwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, kommt es deshalb auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht an.
d) Bei dieser Sachlage erweist sich auch das Begehren, die Erledigung der Hauptsache für die Zeit ab Juli 2001 festzustellen, als unbegründet.
Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt


(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. (2) Reichen die Ei

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bei uns veröffentlicht am 06.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 319/01 Verkündet am: 6. Oktober 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2004 - XII ZR 318/01.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2005 - XII ZR 73/03

bei uns veröffentlicht am 23.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL XII ZR 73/03 Verkündet am: 23. November 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 319/01 Verkündet am:
6. Oktober 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Obliegenheit eines getrennt lebenden Ehegatten, eine angemessene Erwerbstätigkeit
aufzunehmen.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2004 - XII ZR 319/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Wiesbaden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Dezember 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Der Kläger hat die iranische, die Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre 1988 in Deutschland geschlossene Ehe blieb kinderlos. Der Kläger absolvierte nach der Eheschließung eine Ausbildung zum Umwelttechniker, die 1994 beendet war. 1996 schloß er eine Fortbildung zum Umweltbeauftragten ab. Die Ausbildung umfaßte auch verschiedene Praktika. 1997 eröffnete er ein Einzelhandelsgeschäft, in dem er Lebensmittel veräußerte. Die Parteien trennten sich im Mai 1999. Im Mai 2000 gab der Kläger den Geschäftsbetrieb auf, nachdem er während des gesamten Zeitraums seiner selbständigen Tätigkeit keinen Gewinn erwirtschaftet hatte. In der Folgezeit war er arbeitslos. Er bewarb sich auf eine Vielzahl von Arbeitsstellen, was bis einschließlich Juni 2001
ohne Erfolg blieb. Im Juli 2001 war der Kläger aushilfsweise tätig, ab Juli 2001 war er bei der D. G. eG beschäftigt. Die Beklagte war in den letzten Jahren vor der Trennung durchgehend erwerbstätig. Seit dem 15. März 2001 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Mit seiner Klage hat der Kläger unter Berücksichtigung der seitens der Beklagten bereits erbrachten Leistungen für die Zeit bis einschließlich Dezember 2000 Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 12.753,57 DM und für die Zeit ab Januar 2001 in Höhe von monatlich 279,70 DM - jeweils zuzüglich Zinsen - geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 1.747,40 DM zuzüglich Zinsen für die Zeit bis einschließlich Dezember 2000 verurteilt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die Berufung des Klägers führte nur für die Zeit bis Dezember 2000 teilweise zum Erfolg. Mit seiner (zugelassenen) Revision verfolgt er sein Klagebegehren für die Zeit ab Januar 2001 bis zur Rechtskraft der Scheidung weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FuR 2002, 321 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts incidenter zu Recht bejaht. In der Sache hat es angenommen, daß ein Unterhaltsanspruch des Klägers ab Januar 2001 mangels Unterhaltsbedürftigkeit nicht mehr bestehe. Dazu hat es ausge-
führt: Dem Kläger seien ab Januar 2001 fiktive Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit zuzurechnen, da er bei angemessenen Erwerbsbemühungen bereits zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsstelle habe finden können. Zwar sei ihm zunächst zuzubilligen gewesen, den Versuch fortzusetzen, als selbständiger Lebensmitteleinzelhändler ein Einkommen zu erzielen. Spätestens nach der Aufgabe des Geschäfts im Mai 2000 sei er jedoch gehalten gewesen, sich um eine seinen Fähigkeiten angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Die Zubilligung einer Orientierungsphase von mehr als einem halben Jahr trage bereits in großzügiger Weise dem Umstand Rechnung, daß der Kläger besondere Anstrengungen habe unternehmen müssen, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ihm sei dabei aber anzusinnen gewesen, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen, die den von ihm erworbenen Fähigkeiten Rechnung trage. Er habe berücksichtigen müssen, daß er in dem erlernten Beruf nie gearbeitet habe, zuletzt in einem fachfremden Bereich selbständig tätig gewesen sei, seinerzeit bereits 46 Jahre alt gewesen sei und weder ausreichende Computerkenntnisse aufgewiesen noch die Fähigkeit besessen habe, sich in der deutschen Sprache mündlich so auszudrücken, wie es den Anforderungen an den Bewerber für eine herausgehobene Position entspreche. Diesen Umständen trügen seine Bewerbungen durchweg nicht Rechnung. Der Kläger habe sich ganz überwiegend auf Stellen als Ingenieur, Entsorgungsberater oder Abfallbeauftragter sowie daneben auch als kaufmännischer Sachbearbeiter beworben. Für derartige qualifizierte Tätigkeiten fehle ihm aber die Berufserfahrung in seinem Fachbereich ; im kaufmännischen Bereich besitze er nicht die erforderlichen Kenntnisse. Realistische Einstellungsmöglichkeiten habe er dagegen im Bereich des Verkaufs gehabt, auf derartige Stellen habe er sich aber nur vereinzelt beworben. Daß er damit keinen Erfolg gehabt habe, rechtfertige deshalb nicht die Annahme , bei ausreichenden weiteren Bewerbungen hätte er ebenfalls keine solche Arbeitsstelle finden können. Dieser Einschätzung stehe auch nicht entge-
gen, daß es dem Kläger - aufgrund der Vermittlung einer Nachbarin - schließlich gelungen sei, eine Stelle zu erhalten, durch die er seit August 2001 ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.500 DM erziele. Denn diese Beschäftigung sei als "Glücksfall" für den Kläger zu bewerten. Die Bemessung des ihm deshalb ab Januar 2001 zuzurechnenden fiktiven Einkommens habe sich daran zu orientieren, was ein Verkäufer mit bestimmten Vorkenntnissen verdienen könne. Insoweit erscheine ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.000 DM auch unter Berücksichtigung damit verbundener Werbungskosten (Fahrtkosten etc.) als angemessen. Dieses Einkommen sei nach der Anrechnungsmethode von dem Unterhaltsbedarf des Klägers in Abzug zu bringen. Da er in den für die Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse maßgeblichen Jahren vor der Trennung aus dem von ihm geführten Lebensmittelgeschäft keine Einkünfte erzielt habe, sei allein das Erwerbseinkommen der Beklagten eheprägend gewesen. Das habe zur Folge, daß das dem Kläger zuzurechnende fiktive Einkommen für die Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse außer Betracht zu bleiben habe. Zu einer anderen Beurteilung gebe auch die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts bei einer Haushaltsführungsehe (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - BGHZ 148, 105 ff. = FamRZ 2001, 986 ff.) keinen Anlaß. Denn anders als die Haushaltsführung eines Ehegatten, durch die der Lebenszuschnitt einer Familie in vielfältiger Weise verbessert werde, sei die ertragslose Erwerbsarbeit des Klägers nicht geeignet gewesen, den ehelichen Lebensstandard zu prägen und wirtschaftlich zu verbessern. Die (fiktiven) Einkünfte könnten auch nicht als Surrogat einer schon vor der Trennung werthaltigen Leistung des Klägers für die eheliche Lebensgemeinschaft angesehen werden. Schließlich stelle die Erzielung von Einkünften aus abhängiger Beschäftigung auch keine normale Weiterentwicklung der in der Ehe angelegten Erwerbssituation dar; diese habe sich
vielmehr durch den Übergang von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers zu einer abhängigen Beschäftigung in nicht vorhersehbarer Weise geändert. Mit Rücksicht darauf errechne sich der Unterhaltsbedarf des Klägers allein nach dem von der Beklagten erzielten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von (bereinigt) rund 3.745 DM. Nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 20 % ergebe sich ein Unterhaltsbedarf von gerundet 1.497 DM (3.745 DM abzüglich 20 % : 2). Dieser Betrag liege unter dem dem Kläger - nach Abzug eines Berufsbonus - anzurechnenden Einkommen von 1.600 DM. 2. Die Auffassung, daß dem Kläger für den noch im Streit befindlichen Zeitraum kein Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 BGB zustehe, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger ab Mai 2000 Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt 1.428 DM monatlich bezogen. Ein nach bürgerlichem Recht bestehender Unterhaltsanspruch ist deshalb nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Diesem Umstand hat der Kläger insofern Rechnung getragen, als er für den Zeitraum des Sozialhilfebezugs lediglich in einer hierüber hinausgehenden Höhe Unterhalt verlangt und die Auffassung vertreten hat, eine Rückübertragung des geltend gemachten Unterhaltsanspruchs sei mit Rücksicht darauf nicht erforderlich. Der Kläger ist mithin selbst davon ausgegangen, daß ihm im Umfang der Sozialhilfeleistungen kein Unterhaltsanspruch mehr zusteht. Ein den Betrag von 1.428 DM übersteigender Unterhaltsanspruch besteht indessen nicht.
b) Nach § 1361 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Dabei kann der nicht er-
werbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen seiner früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann (§ 1361 Abs. 2 BGB). Daß das Berufungsgericht nach den persönlichen Verhältnissen des Klägers, der jedenfalls von der Eröffnung des Lebensmittelgeschäfts im Jahre 1997 an bis Mai 2000 durchgehend erwerbstätig war, eine Erwerbsobliegenheit angenommen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwendungen. Sie macht allerdings geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, daß der Kläger sich in ausreichender Weise um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht habe. Soweit es die Auffassung vertreten habe, er habe sich auf weniger qualifizierte Arbeitsstellen bewerben müssen, bleibe unberücksichtigt, daß der Kläger in der Ehe eine Ausbildung absolviert habe, die von der Beklagten finanziert worden sei, und die dabei erworbenen Kenntnisse beruflich habe nutzen können. Deshalb habe er sich um gehobene Positionen bewerben dürfen, die seiner Ausbildung entsprochen hätten. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Zwar braucht sich ein Trennungsunterhalt beanspruchender Ehegatte ebenso wie ein geschiedener Ehegatte nur darauf verweisen zu lassen, eine den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechende, also eheangemessene Tätigkeit aufnehmen zu müssen. Als Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit nennt § 1574 Abs. 2 BGB neben den ehelichen Lebensverhältnissen u.a. Ausbildung, Fähigkeiten und Lebensalter eines Ehegatten. Daraus kann indessen nicht hergeleitet werden, daß allein eine der Ausbildung des Unterhaltsberechtigten entsprechende Tätigkeit als angemessen in Betracht kommt.
Die Beurteilung, welche Erwerbstätigkeit angemessen ist, hängt vielmehr von einer Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Umstände ab, die dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 54/82 - FamRZ 1984, 561, 562). Mit Rücksicht darauf hat das Berufungsgericht zu Recht die Berufsausbildung des Klägers nicht als allein maßgebend angesehen, sondern in seine Beurteilung einbezogen, daß es dem Kläger, der seine Ausbildung bereits 1994 abgeschlossen hatte, seitdem nicht gelungen war, in dem erlernten Beruf eine geregelte Beschäftigung zu finden. Er war mithin Anfang 2001 im Alter von 46 Jahren Berufsanfänger und verfügte zudem nicht über ausreichende EDVKenntnisse. Hinzu kommt, daß er sich nach den getroffenen Feststellungen in der deutschen Sprache mündlich nicht so auszudrücken vermag, wie es in einer herausgehobenen beruflichen Stellung erwartet wird. Soweit die Revision diese Feststellung als verfahrensfehlerhaft rügt, bleibt ihr Einwand ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Kläger in zwei Verhandlungsterminen persönlich angehört und war deshalb in der Lage, sich einen unmittelbaren Eindruck über seine Fähigkeiten, in der deutschen Sprache zu kommunizieren, zu verschaffen. Der dabei gewonnenen Erkenntnis steht nicht entgegen, daß der Kläger in Deutschland das Fachabitur abgelegt und eine Fachhochschule besucht hat. Die zuvor genannten Umstände haben letztlich dazu geführt, daß der Kläger lange vor der Trennung der Parteien den Entschluß faßte, nicht entsprechend seiner Ausbildung tätig zu werden, sondern mit dem Betrieb eines Lebensmittelgeschäfts eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, die er auch drei Jahre lang ausübte. Im Vordergrund seines Erwerbslebens standen deshalb nach der Aufgabe des Gewerbebetriebs die hierbei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten. Daß das Berufungsgericht diesem Gesichtspunkt besondere Bedeutung beigemessen hat, ist rechtlich deshalb ebensowenig wie die Beurtei-
lung zu beanstanden, dem Kläger sei eine vergleichbare abhängige Beschäftigung auch unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse zuzumuten.
c) Gegen Zeitpunkt und Höhe des dem Kläger ab Januar 2001 fiktiv angerechneten Einkommens bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
d) Ausgehend von erzielbaren eigenen Einkünften des Klägers von monatlich 2.000 DM netto ergibt sich indessen kein Anspruch auf Trennungsunterhalt , der den Betrag der bezogenen Sozialhilfe von 1.428 DM monatlich übersteigt. Nach den getroffenen Feststellungen betrug das bereinigte monatliche Nettoeinkommen der Beklagten im Jahr 2001 3.745 DM. Nach Abzug des vom Oberlandesgericht angesetzten Erwerbstätigenbonus von 20 % verbleiben 2.996 DM. Selbst wenn das Einkommen des Klägers - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht nach der Anrechnungsmethode, sondern nach der Additions- bzw. Differenzmethode berücksichtigt wird, errechnet sich ein Unterhaltsanspruch von (nur) 698 DM [2.996 DM + (2.000 DM - 400 DM) 1.600 DM = 4.596 DM : 2 = 2.298 DM - 1.600 DM]. Die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob fiktives Einkommen eines während der Ehe ertragslos erwerbstätigen Ehegatten nach der Anrechnungsmethode zu behandeln ist (a.A. mit beachtlichen Gründen: Büttner FamRZ
2003, 641, 643; ebenso: Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl. Rdn. 442; Palandt/Brudermüller BGB 62. Aufl. § 1578 Rdn. 58), bedarf deshalb keiner Entscheidung.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 319/01 Verkündet am:
6. Oktober 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Obliegenheit eines getrennt lebenden Ehegatten, eine angemessene Erwerbstätigkeit
aufzunehmen.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2004 - XII ZR 319/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Wiesbaden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Dezember 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Der Kläger hat die iranische, die Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre 1988 in Deutschland geschlossene Ehe blieb kinderlos. Der Kläger absolvierte nach der Eheschließung eine Ausbildung zum Umwelttechniker, die 1994 beendet war. 1996 schloß er eine Fortbildung zum Umweltbeauftragten ab. Die Ausbildung umfaßte auch verschiedene Praktika. 1997 eröffnete er ein Einzelhandelsgeschäft, in dem er Lebensmittel veräußerte. Die Parteien trennten sich im Mai 1999. Im Mai 2000 gab der Kläger den Geschäftsbetrieb auf, nachdem er während des gesamten Zeitraums seiner selbständigen Tätigkeit keinen Gewinn erwirtschaftet hatte. In der Folgezeit war er arbeitslos. Er bewarb sich auf eine Vielzahl von Arbeitsstellen, was bis einschließlich Juni 2001
ohne Erfolg blieb. Im Juli 2001 war der Kläger aushilfsweise tätig, ab Juli 2001 war er bei der D. G. eG beschäftigt. Die Beklagte war in den letzten Jahren vor der Trennung durchgehend erwerbstätig. Seit dem 15. März 2001 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Mit seiner Klage hat der Kläger unter Berücksichtigung der seitens der Beklagten bereits erbrachten Leistungen für die Zeit bis einschließlich Dezember 2000 Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 12.753,57 DM und für die Zeit ab Januar 2001 in Höhe von monatlich 279,70 DM - jeweils zuzüglich Zinsen - geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 1.747,40 DM zuzüglich Zinsen für die Zeit bis einschließlich Dezember 2000 verurteilt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die Berufung des Klägers führte nur für die Zeit bis Dezember 2000 teilweise zum Erfolg. Mit seiner (zugelassenen) Revision verfolgt er sein Klagebegehren für die Zeit ab Januar 2001 bis zur Rechtskraft der Scheidung weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FuR 2002, 321 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts incidenter zu Recht bejaht. In der Sache hat es angenommen, daß ein Unterhaltsanspruch des Klägers ab Januar 2001 mangels Unterhaltsbedürftigkeit nicht mehr bestehe. Dazu hat es ausge-
führt: Dem Kläger seien ab Januar 2001 fiktive Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit zuzurechnen, da er bei angemessenen Erwerbsbemühungen bereits zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsstelle habe finden können. Zwar sei ihm zunächst zuzubilligen gewesen, den Versuch fortzusetzen, als selbständiger Lebensmitteleinzelhändler ein Einkommen zu erzielen. Spätestens nach der Aufgabe des Geschäfts im Mai 2000 sei er jedoch gehalten gewesen, sich um eine seinen Fähigkeiten angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Die Zubilligung einer Orientierungsphase von mehr als einem halben Jahr trage bereits in großzügiger Weise dem Umstand Rechnung, daß der Kläger besondere Anstrengungen habe unternehmen müssen, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ihm sei dabei aber anzusinnen gewesen, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen, die den von ihm erworbenen Fähigkeiten Rechnung trage. Er habe berücksichtigen müssen, daß er in dem erlernten Beruf nie gearbeitet habe, zuletzt in einem fachfremden Bereich selbständig tätig gewesen sei, seinerzeit bereits 46 Jahre alt gewesen sei und weder ausreichende Computerkenntnisse aufgewiesen noch die Fähigkeit besessen habe, sich in der deutschen Sprache mündlich so auszudrücken, wie es den Anforderungen an den Bewerber für eine herausgehobene Position entspreche. Diesen Umständen trügen seine Bewerbungen durchweg nicht Rechnung. Der Kläger habe sich ganz überwiegend auf Stellen als Ingenieur, Entsorgungsberater oder Abfallbeauftragter sowie daneben auch als kaufmännischer Sachbearbeiter beworben. Für derartige qualifizierte Tätigkeiten fehle ihm aber die Berufserfahrung in seinem Fachbereich ; im kaufmännischen Bereich besitze er nicht die erforderlichen Kenntnisse. Realistische Einstellungsmöglichkeiten habe er dagegen im Bereich des Verkaufs gehabt, auf derartige Stellen habe er sich aber nur vereinzelt beworben. Daß er damit keinen Erfolg gehabt habe, rechtfertige deshalb nicht die Annahme , bei ausreichenden weiteren Bewerbungen hätte er ebenfalls keine solche Arbeitsstelle finden können. Dieser Einschätzung stehe auch nicht entge-
gen, daß es dem Kläger - aufgrund der Vermittlung einer Nachbarin - schließlich gelungen sei, eine Stelle zu erhalten, durch die er seit August 2001 ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.500 DM erziele. Denn diese Beschäftigung sei als "Glücksfall" für den Kläger zu bewerten. Die Bemessung des ihm deshalb ab Januar 2001 zuzurechnenden fiktiven Einkommens habe sich daran zu orientieren, was ein Verkäufer mit bestimmten Vorkenntnissen verdienen könne. Insoweit erscheine ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.000 DM auch unter Berücksichtigung damit verbundener Werbungskosten (Fahrtkosten etc.) als angemessen. Dieses Einkommen sei nach der Anrechnungsmethode von dem Unterhaltsbedarf des Klägers in Abzug zu bringen. Da er in den für die Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse maßgeblichen Jahren vor der Trennung aus dem von ihm geführten Lebensmittelgeschäft keine Einkünfte erzielt habe, sei allein das Erwerbseinkommen der Beklagten eheprägend gewesen. Das habe zur Folge, daß das dem Kläger zuzurechnende fiktive Einkommen für die Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse außer Betracht zu bleiben habe. Zu einer anderen Beurteilung gebe auch die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts bei einer Haushaltsführungsehe (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - BGHZ 148, 105 ff. = FamRZ 2001, 986 ff.) keinen Anlaß. Denn anders als die Haushaltsführung eines Ehegatten, durch die der Lebenszuschnitt einer Familie in vielfältiger Weise verbessert werde, sei die ertragslose Erwerbsarbeit des Klägers nicht geeignet gewesen, den ehelichen Lebensstandard zu prägen und wirtschaftlich zu verbessern. Die (fiktiven) Einkünfte könnten auch nicht als Surrogat einer schon vor der Trennung werthaltigen Leistung des Klägers für die eheliche Lebensgemeinschaft angesehen werden. Schließlich stelle die Erzielung von Einkünften aus abhängiger Beschäftigung auch keine normale Weiterentwicklung der in der Ehe angelegten Erwerbssituation dar; diese habe sich
vielmehr durch den Übergang von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers zu einer abhängigen Beschäftigung in nicht vorhersehbarer Weise geändert. Mit Rücksicht darauf errechne sich der Unterhaltsbedarf des Klägers allein nach dem von der Beklagten erzielten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von (bereinigt) rund 3.745 DM. Nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 20 % ergebe sich ein Unterhaltsbedarf von gerundet 1.497 DM (3.745 DM abzüglich 20 % : 2). Dieser Betrag liege unter dem dem Kläger - nach Abzug eines Berufsbonus - anzurechnenden Einkommen von 1.600 DM. 2. Die Auffassung, daß dem Kläger für den noch im Streit befindlichen Zeitraum kein Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 BGB zustehe, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger ab Mai 2000 Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt 1.428 DM monatlich bezogen. Ein nach bürgerlichem Recht bestehender Unterhaltsanspruch ist deshalb nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Diesem Umstand hat der Kläger insofern Rechnung getragen, als er für den Zeitraum des Sozialhilfebezugs lediglich in einer hierüber hinausgehenden Höhe Unterhalt verlangt und die Auffassung vertreten hat, eine Rückübertragung des geltend gemachten Unterhaltsanspruchs sei mit Rücksicht darauf nicht erforderlich. Der Kläger ist mithin selbst davon ausgegangen, daß ihm im Umfang der Sozialhilfeleistungen kein Unterhaltsanspruch mehr zusteht. Ein den Betrag von 1.428 DM übersteigender Unterhaltsanspruch besteht indessen nicht.
b) Nach § 1361 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Dabei kann der nicht er-
werbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen seiner früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann (§ 1361 Abs. 2 BGB). Daß das Berufungsgericht nach den persönlichen Verhältnissen des Klägers, der jedenfalls von der Eröffnung des Lebensmittelgeschäfts im Jahre 1997 an bis Mai 2000 durchgehend erwerbstätig war, eine Erwerbsobliegenheit angenommen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwendungen. Sie macht allerdings geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, daß der Kläger sich in ausreichender Weise um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht habe. Soweit es die Auffassung vertreten habe, er habe sich auf weniger qualifizierte Arbeitsstellen bewerben müssen, bleibe unberücksichtigt, daß der Kläger in der Ehe eine Ausbildung absolviert habe, die von der Beklagten finanziert worden sei, und die dabei erworbenen Kenntnisse beruflich habe nutzen können. Deshalb habe er sich um gehobene Positionen bewerben dürfen, die seiner Ausbildung entsprochen hätten. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Zwar braucht sich ein Trennungsunterhalt beanspruchender Ehegatte ebenso wie ein geschiedener Ehegatte nur darauf verweisen zu lassen, eine den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechende, also eheangemessene Tätigkeit aufnehmen zu müssen. Als Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit nennt § 1574 Abs. 2 BGB neben den ehelichen Lebensverhältnissen u.a. Ausbildung, Fähigkeiten und Lebensalter eines Ehegatten. Daraus kann indessen nicht hergeleitet werden, daß allein eine der Ausbildung des Unterhaltsberechtigten entsprechende Tätigkeit als angemessen in Betracht kommt.
Die Beurteilung, welche Erwerbstätigkeit angemessen ist, hängt vielmehr von einer Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Umstände ab, die dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 54/82 - FamRZ 1984, 561, 562). Mit Rücksicht darauf hat das Berufungsgericht zu Recht die Berufsausbildung des Klägers nicht als allein maßgebend angesehen, sondern in seine Beurteilung einbezogen, daß es dem Kläger, der seine Ausbildung bereits 1994 abgeschlossen hatte, seitdem nicht gelungen war, in dem erlernten Beruf eine geregelte Beschäftigung zu finden. Er war mithin Anfang 2001 im Alter von 46 Jahren Berufsanfänger und verfügte zudem nicht über ausreichende EDVKenntnisse. Hinzu kommt, daß er sich nach den getroffenen Feststellungen in der deutschen Sprache mündlich nicht so auszudrücken vermag, wie es in einer herausgehobenen beruflichen Stellung erwartet wird. Soweit die Revision diese Feststellung als verfahrensfehlerhaft rügt, bleibt ihr Einwand ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Kläger in zwei Verhandlungsterminen persönlich angehört und war deshalb in der Lage, sich einen unmittelbaren Eindruck über seine Fähigkeiten, in der deutschen Sprache zu kommunizieren, zu verschaffen. Der dabei gewonnenen Erkenntnis steht nicht entgegen, daß der Kläger in Deutschland das Fachabitur abgelegt und eine Fachhochschule besucht hat. Die zuvor genannten Umstände haben letztlich dazu geführt, daß der Kläger lange vor der Trennung der Parteien den Entschluß faßte, nicht entsprechend seiner Ausbildung tätig zu werden, sondern mit dem Betrieb eines Lebensmittelgeschäfts eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, die er auch drei Jahre lang ausübte. Im Vordergrund seines Erwerbslebens standen deshalb nach der Aufgabe des Gewerbebetriebs die hierbei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten. Daß das Berufungsgericht diesem Gesichtspunkt besondere Bedeutung beigemessen hat, ist rechtlich deshalb ebensowenig wie die Beurtei-
lung zu beanstanden, dem Kläger sei eine vergleichbare abhängige Beschäftigung auch unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse zuzumuten.
c) Gegen Zeitpunkt und Höhe des dem Kläger ab Januar 2001 fiktiv angerechneten Einkommens bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
d) Ausgehend von erzielbaren eigenen Einkünften des Klägers von monatlich 2.000 DM netto ergibt sich indessen kein Anspruch auf Trennungsunterhalt , der den Betrag der bezogenen Sozialhilfe von 1.428 DM monatlich übersteigt. Nach den getroffenen Feststellungen betrug das bereinigte monatliche Nettoeinkommen der Beklagten im Jahr 2001 3.745 DM. Nach Abzug des vom Oberlandesgericht angesetzten Erwerbstätigenbonus von 20 % verbleiben 2.996 DM. Selbst wenn das Einkommen des Klägers - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht nach der Anrechnungsmethode, sondern nach der Additions- bzw. Differenzmethode berücksichtigt wird, errechnet sich ein Unterhaltsanspruch von (nur) 698 DM [2.996 DM + (2.000 DM - 400 DM) 1.600 DM = 4.596 DM : 2 = 2.298 DM - 1.600 DM]. Die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob fiktives Einkommen eines während der Ehe ertragslos erwerbstätigen Ehegatten nach der Anrechnungsmethode zu behandeln ist (a.A. mit beachtlichen Gründen: Büttner FamRZ
2003, 641, 643; ebenso: Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl. Rdn. 442; Palandt/Brudermüller BGB 62. Aufl. § 1578 Rdn. 58), bedarf deshalb keiner Entscheidung.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose