Bundesgerichtshof Urteil, 26. März 2003 - XII ZR 167/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte, eine Gesellschaft bürglichen Rechts, macht widerklagend die Räumung eines gewerblichen Mietobjektes sowie Zahlung von rückständiger Miete geltend. Mit schriftlichem Vertrag vom 3. Dezember 1996 vermietete sie an die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 1. Januar 2002 eine Freihalle sowie Büroräume. Die Miete samt Nebenkosten betrug monatlich 4.761 DM. § 7 Abs. 3 des Mietvertrages lautet:"Die Brandschutzwand zur anschließenden Halle wird vom Vermieter hergestellt." § 8 Nr. 4 lautet: "Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn die Gegenforderung auf unbestrittenen, rechtskräftig festgestellten oder entscheidungsreifen Ansprüchen beruht. ..." Die Beklagte errichtete die Brandschutzwand nicht. Deshalb und wegen angeblicher weiterer Mängel entrichtete die Klägerin die Miete ab Februar 1997 nur noch teilweise, ab Juli 1997 überhaupt nicht mehr. Die Beklagte erklärte danach mehrfach, zuletzt am 30. Juli 1999, die außerordentliche Kündigung und räumte Mitte September die Halle. Die Klägerin hat Klage auf Wiedereinräumung der aus der Halle entfernten Gegenstände, die Beklagte hat Widerklage auf Räumung sowie Zahlung von 16.360 DM nebst Zinsen erhoben. Hinsichtlich der Klage haben die Parteien nach Wiedereinräumung der entfernten Gegenstände den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Auf die Widerklage der Beklagten hat das Landgericht die Klägerin zur Räumung der Freihalle sowie zur Zahlung von 16.360 DM nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat angenommenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 556 Abs. 1 BGB zur Herausgabe der Freihalle verpflichtet, weil das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. Juli 1999 beendet worden sei. Die auf Zahlungsverzug gestützte Kündigung sei nach § 554 Abs. 1 BGB berechtigt. Die Klägerin sei in Verzug geraten. Zugunsten der Klägerin könne unterstellt werden, daß neben dem Fehlen der Brandmauer die weiter geltend gemachten - zum Teil streitigen Mängel - vorgelegen hätten. Den gravierendsten Mangel stelle die fehlende Brandschutzmauer dar. Dieser Mangel sei aber keineswegs so schwerwiegend, wie ihn die Klägerin darstelle. Sinn und Zweck der Mauer sei es nicht gewesen, die Freihalle diebstahlsicher abzuschließen. Die Halle sei konstruktionsbedingt nach den Seiten hin offen. Die Beklagten hätten sich nicht verpflichtet, die Halle abzuschließen. Es sei lediglich darum gegangen, mit der Brandschutzwand eine Abschirmung zum Nachbarmieter gegen Holzstaub herzustellen. Die teilweise fehlende Ausstattung (Briefkasten , Außenwerbeflächen, Ausschilderung, separate Stromversorgung) beeinträchtigten den Gebrauch der Mietsache allenfalls geringfügig. Das gleiche gelte für die behauptete Undichtigkeit des Daches. Ob die behauptete Entfernung von Lichtkuppeln einen Mangel darstelle, könne ohne nähere Darlegung nicht festgestellt werden. Die Minderung betrage maximal 50%. Damit ergebe sich ein Gesamtrückstand zum Zeitpunkt der Kündigung in Höhe von 61.804 DM. Die Errichtung der Brandmauer erfordere allenfalls einen Kostenaufwand von 15.000 DM. Bei Annahme eines Zurückbehaltungsrechts in Höhe des dreifachen Betrages des Kostenaufwandes habe die Klägerin somit nur 45.000 DM zurückbehalten dürfen. Selbst ein wegen der weiteren Mängel er-höhtes Zurückbehaltungsrecht übersteige den Betrag von 60.000 DM nicht. Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Kündigung das kündigungsunschädliche Maß an Rückständen überschritten. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch stehe den Beklagten ungekürzt zu. Die Beklagten machten ohnehin nur die Hälfte des Mietzinses geltend. Ein weitergehendes Recht aus § 320 Abs. 1 BGB bestehe nach der wirksamen Kündigung des Mietvertrages nicht mehr. 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Oberlandesgerichts , die behaupteten Mängel führten allenfalls zu einer Minderung um 50%. Das Oberlandesgericht hat seine Feststellung, Sinn der Mauer sei es nicht gewesen, die Halle diebstahlsicher abzuschließen, sondern eine Abschirmung zum Nachbarmieter herzustellen, unter Verstoß gegen das Verfahrensrecht (§ 286 ZPO) getroffen. Die Klägerin hatte vorgetragen und unter Beweis gestellt, bereits bei Vertragsschluß sei zwischen den Parteien vereinbart worden , daß die Brandmauer eine Abgeschlossenheit der Halle habe herbeiführen sollen. Absprachegemäß hätten die Beklagten die Brandschutzmauer an der Nordseite der Halle auf eigene Kosten errichten sollen, während es Aufgabe der Klägerin gewesen sei, die Südwand zu verkleiden und die Öffnungen an den Giebelseiten Ost und West durch Rolltore zu verschließen. Die Klägerin habe von Anfang an klargemacht, daß die Halle diebstahlsicher gemacht werden müsse, weil sie dort wertvolle Baumaschinen habe lagern wollen. Die Revision rügt zu recht, daß das Oberlandesgericht den angebotenen Zeugen hätte vernehmen müssen. Sollte die Mauer dazu dienen, die Halle diebstahlsicher zu machen, so wäre die Halle ohne Mauer für den vereinbarten
Zweck unbrauchbar, zumindest aber nur sehr eingeschränkt brauchbar. Die Annahme, es komme nur eine 50 %ige Minderung in Frage, wäre nicht haltbar. 3. Der Senat ist nicht in der Lage abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die erforderlichen Feststellungen verfahrensfehlerfrei nachholt. 4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Sollte die Beweisaufnahme ergeben, daß die Halle zum vertragsgemäßen Gebrauch völlig unbrauchbar ist, entfällt der Zahlungsanspruch. Auch der Räumungsanspruch ist dann - mangels wirksamer Kündigung - nicht gegeben. Verbleibt ein Mietrückstand, könnte das die Kündigung nach § 554 BGB a.F. rechtfertigen. Dann käme es auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB an. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts erstreckt sich der Ausschluß von Zurückbehaltungsrechten in § 8 Nr. 4 des Mietvertrages zwar auch auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 141/91 - NJW-RR 1993, 515, 520; BGH, Urteil vom 15. März 1972 - VII ZR 12/71 - DB 1972, 868). Die Klausel des Mietvertrages läßt ein Zurückbehaltungsrecht wegen unbestrittener Forderungen aber unberührt. Da der Anspruch auf Herstellung der Brandmauer hier unstreitig ist, hat das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des § 320 BGB im Ergebnis zutreffend bejaht. Grundsätzlich gewährt § 320 BGB ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem gesamten Mietzinsanspruch. Allerdings kann der Mieter gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er es in vollem Umfang geltend macht. Was als angemessen zu gelten hat, ist in erster Linie eine Frage des tatrichterlichen Ermessens und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. In der Literatur wird zum Teil auf das Drei- bis Fünffache des Minderungsbetrages oder des jeweils zur Reparatur erforderlichen Betrages abgestellt (vgl. hierzu Staudin-
ger/Emmerich BGB 13. Bearb. § 537 Rdn. 81; Joachim DB 1986, 2649 f.). Ein Zurückbehaltungsrecht nur in dieser Höhe mag im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn dem Mieter zuzumuten ist, die Reparatur - nach erfolgloser Fristsetzung - selbst auszuführen. Die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts in dreifacher Höhe der Herstellungskosten ist in einem Fall wie hier, in dem sich der Vermieter zur Erstellung einer Mauer verpflichtet hat, jedenfalls nicht übersetzt und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat die Kosten für die Errichtung der Mauer gemäß § 287 ZPO geschätzt. Eine solche Schätzung unterliegt in der Revision nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Zur Ermöglichung der Überprüfung muß der Tatrichter aber die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung und ihrer Auswertung darlegen (BGHZ 6, 62, 63). Das Berufungsgericht hat nicht zu erkennen gegeben, wie es auf Baukosten in Höhe von 15.000 DM gekommen ist. Vorsitzende Richterin am BGH Gerber Sprick Dr. Hahne hat Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Gerber
Weber-Monecke Fuchs
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(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt.
(2) Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet.
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.
(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.
(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.