Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Die Beklagte ist Inhaberin des am 30. September 1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 8. Oktober 1998 angemeldeten europäischen Patents 992 194 (Streitpatents), das eine NahrungsmittelBarrierehülle für Lebensmittel betrifft. Das Streitpatent umfasst neun Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet wie folgt: "Nahrungsmittel-Barrierehülle für Lebensmittel, die in der Hülle gebrüht, gekocht oder auf andere Weise erhitzt werden, insbesondere für Koch- oder Brühwürste, Schinken, Pökelwaren oder Schmelzkäse, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülle aus zumindest einer wasserdampf- und/oder gasundurchlässigen Folie (1) besteht und eine mit ihr verbundene saugfähige Innenlage (2) aus Einzelfasern oder einem Gewebe, Gewirk, Gestricke, vorzugsweise aus einem Vlies trägt und dass diese Innenlage (2) mit Farb- und/oder Aromastoffen getränkt ist."
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- Die Klägerin hat geltend gemacht, die Lehre des Streitpatents sei weder ausführbar noch patentfähig.
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- Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung, zu der sie fünf Hilfsanträge formuliert hat, verteidigt.
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- Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
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- I. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
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- 1. Das Streitpatent betrifft eine Barrierehülle für Lebensmittel, die in der Hülle gebrüht, gekocht oder anderweitig erhitzt werden. Nach der Patentbeschreibung werden Brühwurst und Kochpökelwaren in großem Umfang im Cellulosefaserdarm hergestellt. Dieser habe eine hohe Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit , um die Produkte während des Produktionsprozesses zu räuchern. Um die Räucherzeit zu verkürzen, werde der Cellulosefaserdarm mit Flüssigrauch imprägniert. Die Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit der Hülle sei jedoch immer mit Gewichts-, Geschmacks- und Aromaverlust beim Herstellungsprozess , beim Kühlen und bei der Lagerung der Ware verbunden. Somit hätten im Cellulosefaserdarm hergestellte Produkte eine geringe, begrenzte Haltbarkeit und müssten schnellstens nach der Herstellung mittels einer Barriereverpackung zweitverpackt werden, um diesen Nachteil auszugleichen. Eine Qualitätseinbuße und Haltbarkeitsverkürzung könne durch die zusätzliche Verpackung nicht ausgeschlossen werden; außerdem verursache sie zusätzliche Kosten. Um diesen Nachteil der Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit zu vermeiden , seien speziell für die Großindustrie Kunststoffhüllen aus wasserdampfund gasundurchlässigen Materialien entwickelt worden. Beim Einsatz dieser Kunststoffhüllen entstehe zwar weder bei der Produktion noch bei der Lagerung und dem Versand Gewichts-, Aroma- und Geschmacksverlust, jedoch verfüge das Fertigprodukt nicht über den typischen Rauchgeschmack, der bei vielen Produkten vom Verbraucher erwünscht sei und erwartet werde. Um dem in der Kunststoffhülle gefertigten Produkt den gewünschten Rauchgeschmack und die typische Farbe zu verleihen, müsse die Kunststoffhülle nach dem Herstellungsprozess entfernt werden und das Produkt auf herkömmliche Weise geräuchert oder mit Flüssigrauch behandelt werden. Dieser nachgeschaltete Prozess beinhalte erneut die Möglichkeit des Gewichts-, Aroma- und Geschmacksverlustes und außerdem die Gefahr der Rekontamination und Reinfektion. Außerdem sei nach der Behandlung wieder eine Zweitverpackung zwingend notwendig.
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- 2. Das zu lösende technische Problem besteht deshalb darin, eine Barrierehülle herzustellen, die einerseits eine hohe Dichtheit, andererseits aber auch eine gute Aufnahmefähigkeit und Speicherkapazität für die gewünschten Aroma - und/oder Farbstoffe aufweist und eine ausreichende Übertragung dieser Stoffe auf das Nahrungsmittel ermöglicht (Beschreibung Abs. 12). Dieses Problem soll durch eine Barrierehülle für Nahrungsmittel mit folgenden Merkmalen gelöst werden: 1. Die Barrierehülle 1.1 besteht aus zumindest einer wasserdampf- und/oder gasundurchlässigen Folie, 1.2 trägt eine mit dieser verbundene saugfähige Innenlage , die 1.2.1 aus Einzelfasern oder einem Gewebe, Gewirk, Gestricke, vorzugsweise aus einem Vlies, besteht und 1.2.2 mit Farb- und/oder Aromastoffen getränkt ist.
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- II. Das Patentgericht hat angenommen, das Streitpatent vermittle eine ausführbare Lehre zum technischen Handeln. Ob die Gegenstände der Patentansprüche neu seien, könne dahinstehen, da sie zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Die US-Patentschrift 4 377 187 (Chiu, Anlage GvR 7) offenbare faserverstärkte, mit Flüssigrauch getränkte Cellulosedarmhüllen , die mit Nahrungsmitteln gefüllt und dann bei erhöhter Temperatur behandelt würden. Dabei werde das Raucharoma auf die Nahrungsmittelfüllung übertragen und erzeuge eine vom Rauch herrührende Färbung des Nahrungsmittels nach Abziehen der Nahrungsmittelhülle. Die mit Rauch behandelten Hüllen könnten mit einer Außenbeschichtung aus einem feuchtigkeitsdichten Film, speziell einer Barrierebeschichtung aus einem Polyvinylidenchloridcopolymer, versehen werden. Aus GvR 7 seien somit Nahrungsmittel-Barrierehüllen be- kannt, die bis auf das Merkmal "Folie" alle Merkmale des Patentanspruchs 1 aufwiesen. Um Barrierehüllen mit hoher Dichtheit bereitzustellen, werde der Fachmann auch die Veröffentlichung der japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-219757 (Hei 2-69131, Anlage GvR 10a/b) heranziehen. Aus dieser Entgegenhaltung seien Hüllen aus Folien mit einer mit Farbstoff beaufschlagten, mit der Folie verbundenen Innenlage aus einem Cellophanfilm oder einem Material gleicher Eigenschaften bekannt, bei denen ein Farbstoff auf diese Innenlage aufgebracht werde. Bei diesen Hüllen handle es sich um Schrumpffolien, die entsprechend den Merkmalen des Patentanspruchs 7 des Streitpatents aus Polyamid und einer Polyethylenaußenlage aufgebaut seien. Aus der Entgegenhaltung GvR 10a/b ergebe sich zwar nicht ausdrücklich, dass diese Folien wasserdampf - und gasundurchlässig seien. Dem Fachmann sei aber bekannt, dass solche Folien diese Anforderungen erfüllten. Eine Kombination der beiden Entgegenhaltungen GvR 7 und GvR 10a/b liege auch nicht fern. Beim Gegenstand der GvR 7 handle es sich zwar um eine schlauchförmige Hülle, wogegen die Entgegenhaltung GvR 10a/b ein aus mehreren flachen Folien gebildetes Laminat beschreibe, das erst nach der Laminatbildung zum Schlauch geformt werde. Dem Fachmann sei aber geläufig, aus einer Schlauchfolie durch Aufschneiden eine Flachfolie zu bilden und aus dieser durch Zusammenfügen wieder eine schlauchförmige Folie zu formen. Auch die Gegenstände der Hilfsanträge beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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- III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand. Der Gegenstand des Streitpatents beruht - auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen - nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. 56 EPÜ).
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- 1. Als Fachmann hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei einen Ingenieur der Lebensmitteltechnik oder einen Lebensmittelchemiker mit langjähriger Erfahrung in der Fleischverarbeitung, der mit Hüllmaterialien für Lebensmittel vertraut ist, angesehen. Dieser hat die sich für den praxisnäheren Fleischereitechniker ergebenden Anforderungen an eine Nahrungsmittelhülle umzusetzen und muss deshalb sowohl mit dem Herstellungsprozess der Nahrungsmittel als auch mit der Beschaffenheit der Nahrungsmittelhülle vertraut sein. Er muss insbesondere das physikalische und chemische Verhalten der von ihm auszuwählenden Rohstoffe für die Herstellung der Nahrungsmittelhülle kennen und in der Lage sein, verschiedene Hüllen in Laborversuchen auf ihre Eignung hin zu testen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Ausführungen der Parteigutachter Prof. W. (Gutachten S. 45/46) und Prof. S. , der den Fachmann in dem Bereich der "Lebensmittelverarbeitung, Verpackungs(Darm)- und Füllmaschinenherstellung" angesiedelt sieht (Gutachten S. 2). Diese Beschreibung eines zwar allgemein gehaltenen, gleichwohl aber anspruchsvollen technischen Tätigkeitsfelds spricht dafür, den Fachmann auf Fachhochschul- oder Universitätsniveau anzusiedeln.
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- 2. Das US-Patent 4 377 187 (GvR 7) betrifft eine mit Flüssigrauch getränkte Nahrungsmittelhülle aus faserverstärkter Cellulose. In die Hüllenwand sind mit dem Flüssigrauch weitere Farb-, Geruchs- und Geschmacksbestandteile imprägniert (Sp. 4 Z. 23-27). Die Cellulosedarmhüllen werden mit dem Nahrungsmittel , z.B. Schinken oder Fleischwurstbrät, gefüllt und anschließend bei erhöhter Temperatur behandelt. Dabei sollen die in die Nahrungsmittelhülle eingebrachten Aromastoffe und gegebenenfalls eine Färbung auf das Nahrungsmittel übertragen werden (Sp. 1 Z. 57-63). Dies entspricht, wie das Patentgericht zutreffend und von der Berufung nicht beanstandet ausgeführt hat, der Merkmalsgruppe 1.2. Die Nahrungsmittelhülle kann eine äußere Sperrbe- schichtung enthalten ("including an external barrier coating", GvR 7, Patentanspruch 10). Die Sperrbeschichtung ist in der Beschreibung der GvR 7 dahingehend erläutert, dass die rauchbehandelte Hülle eine äußere Beschichtung aus einem feuchtigkeitsbeständigen Film aufweist, wie eine Sperrbeschichtung aus einem Polyvinylidenchloridcopolymer [PVDC] ("which has an external coating of a moisture proof film such as a barrier coating of a copolymer of polyvinylidene chloride", GvR 7, Sp. 22 Z. 59-63).
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- 3. Danach sind in der Entgegenhaltung GvR 7 die Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents mit Ausnahme des Merkmals 1.2 (wasserdampf - und/oder gasundurchlässige Folie) offenbart. Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, eine Cellulosehülle , wie sie die GvR 7 beschreibt, mit einer solchen (annähernd) wasserdampf - oder gasundurchlässigen Folie als äußere Hülle zu versehen.
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- a) Dem Fachmann war zum Prioritätszeitpunkt aus dem Fachbuch von Effenberger (Wursthüllen - Kunstdarm - Herstellung, Eigenschaften, Anwendung , Holzmann Buchverlag, 2. Aufl. 1991, GvR 21) bekannt, dass KunststoffWursthüllen mehr oder weniger gasundurchlässig sind und die Wasserdampfdurchlässigkeit der synthetischen Kunstdärme und der Kunstdärme, die aus regenerierten Naturprodukten und Kunststoffen (z.B. mit PVDC lackierte Faserdärme) gefertigt werden, gering ist (GvR 21, S. 35 li. Sp.). Effenberger legt auch dar, dass die Messung der Gas- und der Wasserdampfdurchlässigkeit in einer DIN-Norm (DIN 53380) festgelegt ist (GvR 7 S. 34 re. Sp. unten, S. 35 li. Sp.). Die Durchlässigkeit wird danach in einem bestimmten Zeitraum unter Einhaltung einer bestimmten Temperatur und eines bestimmten Druckgefälles bestimmt (s. hierzu auch die Ausführungen von Prof. W. , Gutachten Anlage GvR 50 S. 14-16). Daraus wird deutlich, dass der Grad der Gas- und der Was- serdampfdurchlässigkeit nicht nur von der stofflichen Beschaffenheit und der Dicke der Hülle, sondern auch von weiteren Parametern wie der Art des durch die Hülle geführten Gases, der bestehenden Temperatur und des Druckgefälles abhängt. Dies war dem Fachmann mithin bekannt und er konnte deshalb abhängig von diesen Parametern die optimale Durchlässigkeit bestimmen. Er hatte zudem die Möglichkeit, eine Folie aus mehreren Schichten zu verwenden, wie es bereits im Stand der Technik üblich war (vgl. Gutachten Prof. S. , B13, S. 4 Mitte). Der Begriff "wasserdampf- und/oder gasundurchlässig" bezeichnet daher eine Eigenschaft der aus einer Folie bestehenden Nahrungsmittelhülle , die dem Fachmann bekannt war und die er mit abgestimmten Parametern mehr oder weniger erreichen konnte; eine vollständige Wasserdampf- und Gasundurchlässigkeit ist, wie im Gutachten von Prof. W. (S. 24) erläutert wird, physikalisch mit Kunststoffen nicht realisierbar. Dem entspricht, dass auch Patentansprüche und Beschreibung des Streitpatents genaue Angaben in Maßzahl und Maßeinheit (Gutachten Prof. W. S. 18) dazu, ob und auf welche Weise eine vollständige Gas- und Wasserdampfundurchlässigkeit erreicht werden kann, nicht enthalten. Die in Patentanspruch 7 des Streitpatents angegebene Konkretisierung in Bezug auf das Material, aus dem die Außenfolie bestehen kann (Polyethylen und/oder Polyamid) steht dem nicht entgegen. Polyethylen und Polyamid waren als Material für Kunstdärme bekannt und ihre Eigenschaften sind in dem Beitrag bei Effenberger (GvR 21, S. 35 Tabelle li. Sp.) abgehandelt. Abweichende Eigenschaften dieser Stoffe ergeben sich aus dem Streitpatent nicht.
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- b) Aus der Fachliteratur (GvR 21, S. 34) war dem Fachmann weiterhin bekannt, dass bei Koch- und Brühwurstbräten durch den Einsatz (weitgehend) wasserdampfundurchlässiger Kunstdärme Gewichtsverlusten vorgebeugt werden muss. Darauf weisen auch die Privatgutachter übereinstimmend hin (W.
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- c) Der Fachmann hatte mithin Anlass zur Prüfung, wie die Nahrungsmittelhülle nach der GvR 7, die das Problem des zuverlässigen und ausreichenden Aromaübertrags löste, gleichzeitig möglichst wasserdampf- und gasundurchlässig ausgestaltet werden konnte. Schon die GvR 7 zeigte auf, dass mit einem Belag oder einer Folie als Sperrbeschichtung die Dichtheit der Nahrungsmittelhülle zu verbessern war. Aus der japanischen Patentanmeldung Hei 2-69131 (GvR 10a/b) erhielt der Fachmann den zusätzlichen Hinweis, eine Innenschicht - hier Cellophan - auf die das Färbemittel aufgebracht ist, mit einer Außenschicht , bestehend aus einer Kunststoffschrumpffolie, z.B. aus VinylidenchloridNylonfolie (GvR 10a/b Sp. 2 vorletzter Absatz) zu verbinden und somit eine hohe Dichtheit der Außenhülle zu erreichen. Ausgehend von der Innenschicht der Nahrungsmittelhülle der GvR 7 - faserverstärkte Cellulosehülle anstelle des Cellophans - konnte der Fachmann ohne erfinderisches Zutun eine Nahrungsmittelhülle , wie sie das Streitpatent vorschlägt, herstellen.
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- d) Entgegen der Auffassung der Berufung hat das Patentgericht zu Recht angenommen, dass der Fachmann, wenn er die Dichtheit einer Nahrungsmittelhülle nach der GvR 7 verbessern wollte, Anlass hatte, die Gestaltung der Hülle mit einer Außenfolie nach der Entgegenhaltung GvR 10a/b in Betracht zu ziehen. Die Beklagte meint, der Fachmann hätte die beiden Entgegenhaltungen nicht kombiniert, da in der GvR 7 eine schlauchförmige Hülle und in der GvR 10a/b ein aus mehreren flachen Folien gebildetes Laminat beschrieben sei. Diese Auffassung trifft nicht zu. Dem Fachmann waren, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, schlauchförmige Nahrungsmittelhüllen und auch flache Folien bekannt. Wenn ein Nahrungsmittel umhüllt werden soll, ist es erforderlich , die Umhüllung der Form des Nahrungsmittels anzupassen. Deshalb gab und gibt es in der Praxis sowohl schlauchförmige Hüllen, z.B. für Fleischwurstbrät als auch flache Folien, z.B. für die Umhüllung von Schinken. Dem Fachmann waren beide Umhüllungsarten bekannt, und ebenso bekannt war, dass ein Schlauch durch Aufschneiden zur Folie und eine Folie bspw. durch Verschweißen zu einem Schlauch umgestaltet werden kann. Er konnte und musste sich deshalb, was das Material und die Gestaltung des Aufbaus der Umhüllung betrifft, bei Bedarf die positiven Eigenschaften beider Umhüllungsarten zunutze machen. Dies gilt zumal dann, wenn der Fachmann, wie die Beklagte geltend gemacht hat (s. auch Gutachten S. S. 3 unten), Bedenken hegen musste, ob eine mit einer bloßen Beschichtung versehene Cellulosehülle zur Befüllung gerafft werden konnte, ohne dass die Beschichtung brach, und somit veranlasst war, nach einer anderen Form der Sperrschicht Ausschau zu halten.
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- 4. Auch die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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- a) In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I ist das Wort "oder" gestrichen, so dass eine wasserdampf- und gasundurchlässige Folie beansprucht wird. Eine Nahrungsmittelhülle mit einer derart gestalteten Folie ist ebenfalls, wie oben unter 3 a ausgeführt, durch die Entgegenhaltungen GvR 7 und GvR 10a/b nahegelegt.
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- b) Nach den mit den Hilfsanträgen II und III begehrten Einschränkungen soll die Hülle an ihrer Außenseite aus zumindest einer dichten Kunststofffolie und einer Polyamidfolie bestehen, die flächig miteinander verbunden sind. In Patentanspruch 7, der mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III übereinstimmt, ist der Begriff Kunststofffolie durch Polyethylenfolie ersetzt. Auch diese Ausgestaltung der Nahrungsmittelhülle beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit. In der japanischen Entgegenhaltung GvR 10a/b ist eine Beschichtung aus Polyethylenfolie vorgesehen ("A polyethylene film 4 is pasted to the external side of the outer layer shrunken nylon film through an anchor coating agent", GvR 10a/b S. 3, li. Sp. 2. Abs.). Auch die Verwendung von Polyamid für Nahrungsmittelhüllen war, wie sich aus der Abhandlung in Effenberger (GvR 21, S. 35) ergibt, im Stand der Technik bekannt.
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- c) In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV ist hinzugefügt, dass die Innenlage mit Farb- und/oder Aromastoffen getränkt ist (Merkmal 1.2.2) zur Übertragung der Farb- und/oder Aromastoffe auf das eingefüllte Nahrungsmittel. Dieses zusätzliche Merkmal ist durch die Entgegenhaltung GvR 7 nahegelegt, in der von einer Flüssigrauchimprägnierung der Nahrungsmittelhülle die Rede ist, die dem Nahrungsmittel eine dunkle Rauchfarbe verleihen soll (GvR 7 Sp. 4 Z. 22-40: "…This article provides…an optimum liquid smoke loading … considered necessary for imparting dask smoke colour in the encased processed food").
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- d) Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag V enthält gegenüber Patentanspruch 1 des ersten Hilfsantrags das weitere Merkmal, dass die Hülle aus zwei Polyethylenfolien und einer dazwischen angeordneten Polyamidfolie besteht, wobei die der Hüllenseite zugeordnete Polyethylenfolie nass aufextrudiert ist und als Kleber für die anschließend aufgebrachte saugfähige Innenlage fungiert. Das Patentgericht hat hierzu zutreffend die Verwendung von Polyethylenfolie als Klebeschicht bei der Laminatbildung als im Stand der Technik bekannt und handwerkliche Maßnahme des Fachmanns bezeichnet. Auf die Ausführun- gen im patentgerichtlichen Urteil, denen die Beklagte in der Berufung nicht gesondert entgegengetreten ist, und die dort zitierten Nachweise wird Bezug genommen.
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- 5. Ein eigenständig erfinderischer Gehalt der weiteren Unteransprüche nach der erteilten Fassung des Streitpatents und den hilfsweise beantragten Fassungen ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - X ZR 109/08, GRUR 2012, 149 - Sensoranordnung).
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- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.04.2011 - 3 Ni 15/10 (EU) -
Annotations
(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.
(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)