Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11

bei uns veröffentlicht am21.08.2012
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 15/10, 05.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 87/11 Verkündet am:
21. August 2012
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Gröning, Dr. Grabinski, Hoffmann und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 5. April 2011 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 30. September 1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 8. Oktober 1998 angemeldeten europäischen Patents 992 194 (Streitpatents), das eine NahrungsmittelBarrierehülle für Lebensmittel betrifft. Das Streitpatent umfasst neun Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet wie folgt: "Nahrungsmittel-Barrierehülle für Lebensmittel, die in der Hülle gebrüht, gekocht oder auf andere Weise erhitzt werden, insbesondere für Koch- oder Brühwürste, Schinken, Pökelwaren oder Schmelzkäse, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülle aus zumindest einer wasserdampf- und/oder gasundurchlässigen Folie (1) besteht und eine mit ihr verbundene saugfähige Innenlage (2) aus Einzelfasern oder einem Gewebe, Gewirk, Gestricke, vorzugsweise aus einem Vlies trägt und dass diese Innenlage (2) mit Farb- und/oder Aromastoffen getränkt ist."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Lehre des Streitpatents sei weder ausführbar noch patentfähig.
3
Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung, zu der sie fünf Hilfsanträge formuliert hat, verteidigt.
4
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
6
1. Das Streitpatent betrifft eine Barrierehülle für Lebensmittel, die in der Hülle gebrüht, gekocht oder anderweitig erhitzt werden. Nach der Patentbeschreibung werden Brühwurst und Kochpökelwaren in großem Umfang im Cellulosefaserdarm hergestellt. Dieser habe eine hohe Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit , um die Produkte während des Produktionsprozesses zu räuchern. Um die Räucherzeit zu verkürzen, werde der Cellulosefaserdarm mit Flüssigrauch imprägniert. Die Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit der Hülle sei jedoch immer mit Gewichts-, Geschmacks- und Aromaverlust beim Herstellungsprozess , beim Kühlen und bei der Lagerung der Ware verbunden. Somit hätten im Cellulosefaserdarm hergestellte Produkte eine geringe, begrenzte Haltbarkeit und müssten schnellstens nach der Herstellung mittels einer Barriereverpackung zweitverpackt werden, um diesen Nachteil auszugleichen. Eine Qualitätseinbuße und Haltbarkeitsverkürzung könne durch die zusätzliche Verpackung nicht ausgeschlossen werden; außerdem verursache sie zusätzliche Kosten. Um diesen Nachteil der Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit zu vermeiden , seien speziell für die Großindustrie Kunststoffhüllen aus wasserdampfund gasundurchlässigen Materialien entwickelt worden. Beim Einsatz dieser Kunststoffhüllen entstehe zwar weder bei der Produktion noch bei der Lagerung und dem Versand Gewichts-, Aroma- und Geschmacksverlust, jedoch verfüge das Fertigprodukt nicht über den typischen Rauchgeschmack, der bei vielen Produkten vom Verbraucher erwünscht sei und erwartet werde. Um dem in der Kunststoffhülle gefertigten Produkt den gewünschten Rauchgeschmack und die typische Farbe zu verleihen, müsse die Kunststoffhülle nach dem Herstellungsprozess entfernt werden und das Produkt auf herkömmliche Weise geräuchert oder mit Flüssigrauch behandelt werden. Dieser nachgeschaltete Prozess beinhalte erneut die Möglichkeit des Gewichts-, Aroma- und Geschmacksverlustes und außerdem die Gefahr der Rekontamination und Reinfektion. Außerdem sei nach der Behandlung wieder eine Zweitverpackung zwingend notwendig.
7
2. Das zu lösende technische Problem besteht deshalb darin, eine Barrierehülle herzustellen, die einerseits eine hohe Dichtheit, andererseits aber auch eine gute Aufnahmefähigkeit und Speicherkapazität für die gewünschten Aroma - und/oder Farbstoffe aufweist und eine ausreichende Übertragung dieser Stoffe auf das Nahrungsmittel ermöglicht (Beschreibung Abs. 12). Dieses Problem soll durch eine Barrierehülle für Nahrungsmittel mit folgenden Merkmalen gelöst werden: 1. Die Barrierehülle 1.1 besteht aus zumindest einer wasserdampf- und/oder gasundurchlässigen Folie, 1.2 trägt eine mit dieser verbundene saugfähige Innenlage , die 1.2.1 aus Einzelfasern oder einem Gewebe, Gewirk, Gestricke, vorzugsweise aus einem Vlies, besteht und 1.2.2 mit Farb- und/oder Aromastoffen getränkt ist.
2. Die Barrierehülle ist für Lebensmittel, insbesondere Kochoder Brühwürste, Schinken, Pökelwaren oder Schmelzkäse bestimmt, die in der Hülle gebrüht, gekocht oder auf andere Weise erhitzt werden.
8
II. Das Patentgericht hat angenommen, das Streitpatent vermittle eine ausführbare Lehre zum technischen Handeln. Ob die Gegenstände der Patentansprüche neu seien, könne dahinstehen, da sie zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Die US-Patentschrift 4 377 187 (Chiu, Anlage GvR 7) offenbare faserverstärkte, mit Flüssigrauch getränkte Cellulosedarmhüllen , die mit Nahrungsmitteln gefüllt und dann bei erhöhter Temperatur behandelt würden. Dabei werde das Raucharoma auf die Nahrungsmittelfüllung übertragen und erzeuge eine vom Rauch herrührende Färbung des Nahrungsmittels nach Abziehen der Nahrungsmittelhülle. Die mit Rauch behandelten Hüllen könnten mit einer Außenbeschichtung aus einem feuchtigkeitsdichten Film, speziell einer Barrierebeschichtung aus einem Polyvinylidenchloridcopolymer, versehen werden. Aus GvR 7 seien somit Nahrungsmittel-Barrierehüllen be- kannt, die bis auf das Merkmal "Folie" alle Merkmale des Patentanspruchs 1 aufwiesen. Um Barrierehüllen mit hoher Dichtheit bereitzustellen, werde der Fachmann auch die Veröffentlichung der japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-219757 (Hei 2-69131, Anlage GvR 10a/b) heranziehen. Aus dieser Entgegenhaltung seien Hüllen aus Folien mit einer mit Farbstoff beaufschlagten, mit der Folie verbundenen Innenlage aus einem Cellophanfilm oder einem Material gleicher Eigenschaften bekannt, bei denen ein Farbstoff auf diese Innenlage aufgebracht werde. Bei diesen Hüllen handle es sich um Schrumpffolien, die entsprechend den Merkmalen des Patentanspruchs 7 des Streitpatents aus Polyamid und einer Polyethylenaußenlage aufgebaut seien. Aus der Entgegenhaltung GvR 10a/b ergebe sich zwar nicht ausdrücklich, dass diese Folien wasserdampf - und gasundurchlässig seien. Dem Fachmann sei aber bekannt, dass solche Folien diese Anforderungen erfüllten. Eine Kombination der beiden Entgegenhaltungen GvR 7 und GvR 10a/b liege auch nicht fern. Beim Gegenstand der GvR 7 handle es sich zwar um eine schlauchförmige Hülle, wogegen die Entgegenhaltung GvR 10a/b ein aus mehreren flachen Folien gebildetes Laminat beschreibe, das erst nach der Laminatbildung zum Schlauch geformt werde. Dem Fachmann sei aber geläufig, aus einer Schlauchfolie durch Aufschneiden eine Flachfolie zu bilden und aus dieser durch Zusammenfügen wieder eine schlauchförmige Folie zu formen. Auch die Gegenstände der Hilfsanträge beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
9
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand. Der Gegenstand des Streitpatents beruht - auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen - nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. 56 EPÜ).
10
1. Als Fachmann hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei einen Ingenieur der Lebensmitteltechnik oder einen Lebensmittelchemiker mit langjähriger Erfahrung in der Fleischverarbeitung, der mit Hüllmaterialien für Lebensmittel vertraut ist, angesehen. Dieser hat die sich für den praxisnäheren Fleischereitechniker ergebenden Anforderungen an eine Nahrungsmittelhülle umzusetzen und muss deshalb sowohl mit dem Herstellungsprozess der Nahrungsmittel als auch mit der Beschaffenheit der Nahrungsmittelhülle vertraut sein. Er muss insbesondere das physikalische und chemische Verhalten der von ihm auszuwählenden Rohstoffe für die Herstellung der Nahrungsmittelhülle kennen und in der Lage sein, verschiedene Hüllen in Laborversuchen auf ihre Eignung hin zu testen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Ausführungen der Parteigutachter Prof. W. (Gutachten S. 45/46) und Prof. S. , der den Fachmann in dem Bereich der "Lebensmittelverarbeitung, Verpackungs(Darm)- und Füllmaschinenherstellung" angesiedelt sieht (Gutachten S. 2). Diese Beschreibung eines zwar allgemein gehaltenen, gleichwohl aber anspruchsvollen technischen Tätigkeitsfelds spricht dafür, den Fachmann auf Fachhochschul- oder Universitätsniveau anzusiedeln.
11
2. Das US-Patent 4 377 187 (GvR 7) betrifft eine mit Flüssigrauch getränkte Nahrungsmittelhülle aus faserverstärkter Cellulose. In die Hüllenwand sind mit dem Flüssigrauch weitere Farb-, Geruchs- und Geschmacksbestandteile imprägniert (Sp. 4 Z. 23-27). Die Cellulosedarmhüllen werden mit dem Nahrungsmittel , z.B. Schinken oder Fleischwurstbrät, gefüllt und anschließend bei erhöhter Temperatur behandelt. Dabei sollen die in die Nahrungsmittelhülle eingebrachten Aromastoffe und gegebenenfalls eine Färbung auf das Nahrungsmittel übertragen werden (Sp. 1 Z. 57-63). Dies entspricht, wie das Patentgericht zutreffend und von der Berufung nicht beanstandet ausgeführt hat, der Merkmalsgruppe 1.2. Die Nahrungsmittelhülle kann eine äußere Sperrbe- schichtung enthalten ("including an external barrier coating", GvR 7, Patentanspruch 10). Die Sperrbeschichtung ist in der Beschreibung der GvR 7 dahingehend erläutert, dass die rauchbehandelte Hülle eine äußere Beschichtung aus einem feuchtigkeitsbeständigen Film aufweist, wie eine Sperrbeschichtung aus einem Polyvinylidenchloridcopolymer [PVDC] ("which has an external coating of a moisture proof film such as a barrier coating of a copolymer of polyvinylidene chloride", GvR 7, Sp. 22 Z. 59-63).
12
3. Danach sind in der Entgegenhaltung GvR 7 die Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents mit Ausnahme des Merkmals 1.2 (wasserdampf - und/oder gasundurchlässige Folie) offenbart. Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, eine Cellulosehülle , wie sie die GvR 7 beschreibt, mit einer solchen (annähernd) wasserdampf - oder gasundurchlässigen Folie als äußere Hülle zu versehen.
13
a) Dem Fachmann war zum Prioritätszeitpunkt aus dem Fachbuch von Effenberger (Wursthüllen - Kunstdarm - Herstellung, Eigenschaften, Anwendung , Holzmann Buchverlag, 2. Aufl. 1991, GvR 21) bekannt, dass KunststoffWursthüllen mehr oder weniger gasundurchlässig sind und die Wasserdampfdurchlässigkeit der synthetischen Kunstdärme und der Kunstdärme, die aus regenerierten Naturprodukten und Kunststoffen (z.B. mit PVDC lackierte Faserdärme) gefertigt werden, gering ist (GvR 21, S. 35 li. Sp.). Effenberger legt auch dar, dass die Messung der Gas- und der Wasserdampfdurchlässigkeit in einer DIN-Norm (DIN 53380) festgelegt ist (GvR 7 S. 34 re. Sp. unten, S. 35 li. Sp.). Die Durchlässigkeit wird danach in einem bestimmten Zeitraum unter Einhaltung einer bestimmten Temperatur und eines bestimmten Druckgefälles bestimmt (s. hierzu auch die Ausführungen von Prof. W. , Gutachten Anlage GvR 50 S. 14-16). Daraus wird deutlich, dass der Grad der Gas- und der Was- serdampfdurchlässigkeit nicht nur von der stofflichen Beschaffenheit und der Dicke der Hülle, sondern auch von weiteren Parametern wie der Art des durch die Hülle geführten Gases, der bestehenden Temperatur und des Druckgefälles abhängt. Dies war dem Fachmann mithin bekannt und er konnte deshalb abhängig von diesen Parametern die optimale Durchlässigkeit bestimmen. Er hatte zudem die Möglichkeit, eine Folie aus mehreren Schichten zu verwenden, wie es bereits im Stand der Technik üblich war (vgl. Gutachten Prof. S. , B13, S. 4 Mitte). Der Begriff "wasserdampf- und/oder gasundurchlässig" bezeichnet daher eine Eigenschaft der aus einer Folie bestehenden Nahrungsmittelhülle , die dem Fachmann bekannt war und die er mit abgestimmten Parametern mehr oder weniger erreichen konnte; eine vollständige Wasserdampf- und Gasundurchlässigkeit ist, wie im Gutachten von Prof. W. (S. 24) erläutert wird, physikalisch mit Kunststoffen nicht realisierbar. Dem entspricht, dass auch Patentansprüche und Beschreibung des Streitpatents genaue Angaben in Maßzahl und Maßeinheit (Gutachten Prof. W. S. 18) dazu, ob und auf welche Weise eine vollständige Gas- und Wasserdampfundurchlässigkeit erreicht werden kann, nicht enthalten. Die in Patentanspruch 7 des Streitpatents angegebene Konkretisierung in Bezug auf das Material, aus dem die Außenfolie bestehen kann (Polyethylen und/oder Polyamid) steht dem nicht entgegen. Polyethylen und Polyamid waren als Material für Kunstdärme bekannt und ihre Eigenschaften sind in dem Beitrag bei Effenberger (GvR 21, S. 35 Tabelle li. Sp.) abgehandelt. Abweichende Eigenschaften dieser Stoffe ergeben sich aus dem Streitpatent nicht.
14
b) Aus der Fachliteratur (GvR 21, S. 34) war dem Fachmann weiterhin bekannt, dass bei Koch- und Brühwurstbräten durch den Einsatz (weitgehend) wasserdampfundurchlässiger Kunstdärme Gewichtsverlusten vorgebeugt werden muss. Darauf weisen auch die Privatgutachter übereinstimmend hin (W.
S. 8, S. S. 3), die ferner erläutern, dass eine Sauerstoffbarriere unerwünschten Farb-, Geruchs- und Geschmacksabweichungen entgegenwirken soll (W. S. 8, S. S. 5).
15
c) Der Fachmann hatte mithin Anlass zur Prüfung, wie die Nahrungsmittelhülle nach der GvR 7, die das Problem des zuverlässigen und ausreichenden Aromaübertrags löste, gleichzeitig möglichst wasserdampf- und gasundurchlässig ausgestaltet werden konnte. Schon die GvR 7 zeigte auf, dass mit einem Belag oder einer Folie als Sperrbeschichtung die Dichtheit der Nahrungsmittelhülle zu verbessern war. Aus der japanischen Patentanmeldung Hei 2-69131 (GvR 10a/b) erhielt der Fachmann den zusätzlichen Hinweis, eine Innenschicht - hier Cellophan - auf die das Färbemittel aufgebracht ist, mit einer Außenschicht , bestehend aus einer Kunststoffschrumpffolie, z.B. aus VinylidenchloridNylonfolie (GvR 10a/b Sp. 2 vorletzter Absatz) zu verbinden und somit eine hohe Dichtheit der Außenhülle zu erreichen. Ausgehend von der Innenschicht der Nahrungsmittelhülle der GvR 7 - faserverstärkte Cellulosehülle anstelle des Cellophans - konnte der Fachmann ohne erfinderisches Zutun eine Nahrungsmittelhülle , wie sie das Streitpatent vorschlägt, herstellen.
16
d) Entgegen der Auffassung der Berufung hat das Patentgericht zu Recht angenommen, dass der Fachmann, wenn er die Dichtheit einer Nahrungsmittelhülle nach der GvR 7 verbessern wollte, Anlass hatte, die Gestaltung der Hülle mit einer Außenfolie nach der Entgegenhaltung GvR 10a/b in Betracht zu ziehen. Die Beklagte meint, der Fachmann hätte die beiden Entgegenhaltungen nicht kombiniert, da in der GvR 7 eine schlauchförmige Hülle und in der GvR 10a/b ein aus mehreren flachen Folien gebildetes Laminat beschrieben sei. Diese Auffassung trifft nicht zu. Dem Fachmann waren, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, schlauchförmige Nahrungsmittelhüllen und auch flache Folien bekannt. Wenn ein Nahrungsmittel umhüllt werden soll, ist es erforderlich , die Umhüllung der Form des Nahrungsmittels anzupassen. Deshalb gab und gibt es in der Praxis sowohl schlauchförmige Hüllen, z.B. für Fleischwurstbrät als auch flache Folien, z.B. für die Umhüllung von Schinken. Dem Fachmann waren beide Umhüllungsarten bekannt, und ebenso bekannt war, dass ein Schlauch durch Aufschneiden zur Folie und eine Folie bspw. durch Verschweißen zu einem Schlauch umgestaltet werden kann. Er konnte und musste sich deshalb, was das Material und die Gestaltung des Aufbaus der Umhüllung betrifft, bei Bedarf die positiven Eigenschaften beider Umhüllungsarten zunutze machen. Dies gilt zumal dann, wenn der Fachmann, wie die Beklagte geltend gemacht hat (s. auch Gutachten S. S. 3 unten), Bedenken hegen musste, ob eine mit einer bloßen Beschichtung versehene Cellulosehülle zur Befüllung gerafft werden konnte, ohne dass die Beschichtung brach, und somit veranlasst war, nach einer anderen Form der Sperrschicht Ausschau zu halten.
17
4. Auch die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
18
a) In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I ist das Wort "oder" gestrichen, so dass eine wasserdampf- und gasundurchlässige Folie beansprucht wird. Eine Nahrungsmittelhülle mit einer derart gestalteten Folie ist ebenfalls, wie oben unter 3 a ausgeführt, durch die Entgegenhaltungen GvR 7 und GvR 10a/b nahegelegt.
19
b) Nach den mit den Hilfsanträgen II und III begehrten Einschränkungen soll die Hülle an ihrer Außenseite aus zumindest einer dichten Kunststofffolie und einer Polyamidfolie bestehen, die flächig miteinander verbunden sind. In Patentanspruch 7, der mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III übereinstimmt, ist der Begriff Kunststofffolie durch Polyethylenfolie ersetzt. Auch diese Ausgestaltung der Nahrungsmittelhülle beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit. In der japanischen Entgegenhaltung GvR 10a/b ist eine Beschichtung aus Polyethylenfolie vorgesehen ("A polyethylene film 4 is pasted to the external side of the outer layer shrunken nylon film through an anchor coating agent", GvR 10a/b S. 3, li. Sp. 2. Abs.). Auch die Verwendung von Polyamid für Nahrungsmittelhüllen war, wie sich aus der Abhandlung in Effenberger (GvR 21, S. 35) ergibt, im Stand der Technik bekannt.
20
c) In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV ist hinzugefügt, dass die Innenlage mit Farb- und/oder Aromastoffen getränkt ist (Merkmal 1.2.2) zur Übertragung der Farb- und/oder Aromastoffe auf das eingefüllte Nahrungsmittel. Dieses zusätzliche Merkmal ist durch die Entgegenhaltung GvR 7 nahegelegt, in der von einer Flüssigrauchimprägnierung der Nahrungsmittelhülle die Rede ist, die dem Nahrungsmittel eine dunkle Rauchfarbe verleihen soll (GvR 7 Sp. 4 Z. 22-40: "…This article provides…an optimum liquid smoke loading … considered necessary for imparting dask smoke colour in the encased processed food").
21
d) Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag V enthält gegenüber Patentanspruch 1 des ersten Hilfsantrags das weitere Merkmal, dass die Hülle aus zwei Polyethylenfolien und einer dazwischen angeordneten Polyamidfolie besteht, wobei die der Hüllenseite zugeordnete Polyethylenfolie nass aufextrudiert ist und als Kleber für die anschließend aufgebrachte saugfähige Innenlage fungiert. Das Patentgericht hat hierzu zutreffend die Verwendung von Polyethylenfolie als Klebeschicht bei der Laminatbildung als im Stand der Technik bekannt und handwerkliche Maßnahme des Fachmanns bezeichnet. Auf die Ausführun- gen im patentgerichtlichen Urteil, denen die Beklagte in der Berufung nicht gesondert entgegengetreten ist, und die dort zitierten Nachweise wird Bezug genommen.
22
5. Ein eigenständig erfinderischer Gehalt der weiteren Unteransprüche nach der erteilten Fassung des Streitpatents und den hilfsweise beantragten Fassungen ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - X ZR 109/08, GRUR 2012, 149 - Sensoranordnung).
23
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.04.2011 - 3 Ni 15/10 (EU) -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - X ZR 87/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2011 - X ZR 109/08

bei uns veröffentlicht am 29.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 109/08 Verkündet am: 29. September 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 109/08 Verkündet am:
29. September 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sensoranordnung
Wenn sich der Gegenstand eines Patentanspruchs als nicht patentfähig erweist
, führt dies nicht ohne weiteres dazu, dass auch der Gegenstand eines auf
ihn zurückbezogenen Unteranspruchs als nicht patentfähig angesehen werden
kann. Das Patent ist aber auch hinsichtlich des angegriffenen Unteranspruchs
für nichtig zu erklären, wenn weder geltend gemacht wird noch sonst ersichtlich
ist, dass die zusätzlichen Merkmale zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit
führen.
Der Erwerber des Patents, der einem vor der Eintragung des Rechtsübergangs
eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren auf Seiten des Beklagten beitritt, ist nicht
streitgenössischer Nebenintervenient.
BGH, Urteil vom 29. September 2011 - X ZR 109/08 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. September 2011 durch die Richter Keukenschrijver, Gröning,
Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung und die Anschlussberufung gegen das am 16. Juli 2008 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das europäische Patent 866 971 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt wird, als es über folgende Fassung der Patentansprüche hinausgeht: 1. Steueranordnung für ein Rückhaltemittel in einem Kraftfahrzeug - mit einer Sensoranordnung zum Erkennen eines Aufpralls, mit einer Vorrichtung (11, 12) zum Aufnehmen einer Beschleunigung (LS1, LS2, QS1, QS2) in jeder Fahrzeughälfte (LH, RH), bezogen auf die Fahrzeuglängsachse (A-A´), wobei jede Vorrichtung (11, 12) einen Längsbeschleunigungssensor (111, 121) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung in Richtung der Fahrzeuglängsachse (A-A´) und einen Querbeschleunigungssensor (112, 122) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung quer zur Fahrzeuglängs-achse (A-A´) aufweist , - mit zwei Steuergeräten (31, 32), wobei jedes Steuergerät (31, 32) eine Vorrichtung (11, 12) und eine ihr zugeordnete Auswerteeinheit (21, 22) zum Auswerten der von den Vorrichtungen (11, 12) gelieferten Signale (LS1, LS2, QS1, QS2) und zum Erzeugen von Steuersignalen (S) für Rückhaltemittel (4) abhängig davon aufweist, - bei der beide Steuergeräte (31, 32) über eine Leitung (3) zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind, und - bei der das eine Steuergerät (31) in der linken Fahrzeughälfte (LH) und das andere Steuergerät (32) in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordnet ist.
2. Insassenschutzsystem mit einer Steueranordnung nach Anspruch 1, mit mindestens einem Rückhaltemittel (42) zum Seitenaufprallschutz und mit mindestens einem Rückhaltemittel (41) zum Frontaufprallschutz in jeder Fahrzeughälfte (LH, RH), bei dem die in der linken Fahrzeughälfte (LH) angeordneten Rückhaltemittel zum Seitenaufprallschutz (421) und zum Frontaufprallschutz (411) elektrisch mit der in der linken Fahrzeughälfte (LH) angeordneten Auswerteeinheit (21) verbunden sind, und bei dem die in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordneten Rückhaltemittel zum Seitenaufprallschutz (422) und zum Frontaufprallschutz (412) elektrisch mit der in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordneten Auswerteeinheit (22) verbunden sind.
Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagte zwei Drittel und die Klägerin ein Drittel. Die Klägerin trägt ferner ein Drittel der zweitinstanzlichen Kosten der Nebenintervention.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 866 971 (Streitpatents), das sie im Laufe des Rechtsstreits an die Streithelferin übertragen hat. Das Streitpatent ist am 9. Dezember 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 195 46 358 (BK2, Prioritätsdokument) vom 12. Dezember 1995 angemeldet worden. Es betrifft eine Sensoranordnung für ein Kraftfahrzeug zum Erkennen eines Aufpralls. Patentanspruch 1, auf den die übrigen Patentansprüche zurückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung in der Verfahrenssprache Deutsch: "Sensoranordnung für ein Kraftfahrzeug zum Erkennen eines Aufpralls, mit einer Vorrichtung (11, 12) zum Aufnehmen einer Beschleunigung (LS1, LS2, QS1, QS2) in jeder Fahrzeughälfte (LH, RH), bezogen auf die Fahrzeuglängsachse (A-A’), dadurch gekennzeichnet, dass jede Vorrichtung (11, 12) zwei Beschleunigungssensoren (111, 112, 121, 122) mit unterschiedlich gerichteten Empfindlichkeitsachsen aufweist."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, und beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären.
3
Die Beklagte hat das Streitpatent in einer geänderten Fassung verteidigt, die die nachfolgend wiedergegebenen Patentansprüche 1 bis 3 sowie die unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 3 zurückbezogenen Patentansprüche 4 bis 7 umfasst: "1. Steueranordnung für ein Rückhaltemittel in einem Kraftfahrzeug - mit einer Sensoranordnung zum Erkennen eines Aufpralls, mit einer Vorrichtung (11, 12) zum Aufnehmen einer Beschleunigung (LS1, LS2, QS1, QS2) in jeder Fahrzeughälfte (LH, RH), bezogen auf die Fahrzeuglängsachse (A-A´), wobei jede Vorrichtung (11, 12) einen Längsbeschleunigungssensor (111, 121) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung in Richtung der Fahrzeuglängsachse (A-A´) und einen Querbeschleunigungssensor (112, 122) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung quer zur Fahrzeuglängs-achse (A-A´) aufweist , - mit zwei Steuergeräten (31, 32), wobei jedes Steuergerät (31, 32) eine Vorrichtung (11, 12) und eine ihr zugeordnete Auswerteeinheit (21, 22) zum Auswerten der von den Vorrichtungen (11, 12) gelieferten Signale (LS1, LS2, QS1, QS2) und zum Erzeugen von Steuersignalen (S) für Rückhaltemittel (4) abhängig davon aufweist, - bei der beide Auswerteeinheiten (21, 22) über eine Leitung (3) zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind, und - bei der das eine Steuergerät (31) in der linken Fahrzeughälfte (LH) und das andere Steuergerät (32) in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordnet ist.
2. Insassenschutzsystem mit einer Steueranordnung nach Anspruch 1, mit mindestens einem Rückhaltemittel (42) zum Seitenaufprallschutz und mit mindestens einem Rückhaltemittel (41) zum Frontaufprallschutz in jeder Fahrzeughälfte (LH, RH), bei dem die in der linken Fahrzeughälfte (LH) angeordneten Rückhaltemittel zum Seitenaufprallschutz (421) und zum Front[en]aufprallschutz (411) elektrisch mit der in der linken Fahrzeughälfte (LH) angeordneten Auswerteeinheit (21) verbunden sind, und bei dem die in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordneten Rückhaltemittel zum Seitenaufprallschutz (422) und zum Frontaufprallschutz (412) elektrisch mit der in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordneten Auswerteeinheit (22) verbunden sind.
3. Steueranordnung für ein Rückhaltemittel in einem Kraftfahrzeug - mit einer Sensoranordnung zum Erkennen eines Aufpralls, mit einer Vorrichtung (11, 12) zum Aufnehmen einer Beschleunigung (LS1, LS2, QS1, QS2) in jeder Fahrzeughälfte (LH, RH), bezogen auf die Fahrzeuglängsachse (A-A’), wobei jede Vorrichtung (11, 12) einen Längsbeschleunigungssensor (111, 121) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung in Richtung der Fahrzeuglängsachse (A-A’) und einen Querbeschleunigungssensor (112, 122) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung quer zur Fahrzeuglängsachse (A-A’) aufweist , - mit einer Auswerteeinrichtung (2) zum Auswerten der von den Vorrichtungen 11, 12) gelieferten Signale (LS1, LS2, QS1, QS2) derart, dass Signale (LS1, LS2, QS1, QS2) der aufprallortentfernten Fahrzeughälfte (LH, RH) in die Auslöseentscheidung für Rückhaltemittel der aufprallortnahen Fahrzeughälfte (LH, RH) miteinbezogen werden, und zum Erzeugen eines Steuersignals (S) für das Rückhaltemittel (4) abhängig davon."
4
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über eine Fassung hinausgeht, die die verteidigten Patentansprüche 1 und 2 um- fasst, und die weitergehende Klage abgewiesen. Dagegen wenden sich die Klägerin mit der Berufung und die Beklagte mit der Anschlussberufung.
5
Die Klägerin strebt weiterhin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents an. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent mit einem gegenüber der ersten Instanz geringfügig geänderten Hauptantrag und sieben Hilfsanträgen.
6
Nach dem Hauptantrag der Beklagten soll die in erster Instanz verteidigte Fassung des Streitpatents dahin modifiziert werden, dass es in Patentanspruch 1 im vorletzten Spiegelstrich statt "Auswerteeinheiten (21, 22)" nunmehr "Steuergeräte (31, 32)" heißt.
7
Nach Hilfsantrag I soll in den Patentansprüchen 1 und 3 gemäß der in erster Linie verteidigten Fassung hinter den Worten "Steueranordnung für ein Rückhaltemittel in einem Kraftfahrzeug" jeweils eingefügt werden: ", nämlich für mindestens ein Rückhaltemittel zum Seitenaufprallschutz in jeder Fahrzeughälfte, bezogen auf die Fahrzeuglängsachse, und mindestens ein Rückhaltemittel zum Frontaufprallschutz,"
8
Nach Hilfsantrag II sollen in den Patentansprüchen 1 und 3 gemäß Hauptantrag die Worte "wobei jede Vorrichtung (11, 12) einen Längsbeschleuni- gungssensor … und einen Querbeschleunigungssensor … aufweist" jeweils ersetzt werden durch: "wobei jede Vorrichtung (11, 12) aus einem Längsbeschleunigungssensor … und einem Querbeschleunigungssensor … besteht"
9
Nach Hilfsantrag III sollen die Patentansprüche 1 und 3 sowohl mit den in Hilfsantrag I als auch mit den in Hilfsantrag II vorgesehenen Änderungen versehen werden.
10
Mit den Hilfsanträgen IV bis VII wird das Streitpatent jeweils nur im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 verteidigt, deren Fassung derjenigen nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen I bis III entspricht.
11
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. M. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


12
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die ebenfalls zulässige Anschlussberufung hat nur insoweit Erfolg, als die erstinstanzliche Einfügung "Auswerteeinheiten (21, 22)" ersetzt wird durch "Steuergeräte (31, 32)".
13
I. Das Streitpatent betrifft eine Sensoranordnung für ein Kraftfahrzeug zum Erkennen eines Aufpralls.
14
1. Nach den Ausführungen im Streitpatent waren im Stand der Technik Anordnungen dieser Art bekannt, bei denen in den Seitentüren jeweils ein Querbeschleunigungssensor zur Erkennung von Fahrzeugbeschleunigungen quer zur Fahrzeugachse und in einem zentralen Steuergerät zwei um jeweils 45° zur Fahrzeuglängsachse versetzt angeordnete Beschleunigungssensoren zur Erkennung eines Frontaufpralls angebracht waren.
15
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine Sensoranordnung zur Verfügung zu stellen, die bei geringem Aufwand an Beschleunigungsaufnehmern eine zuverlässige Auslösung bei gleichzeitiger Verhinderung von Fehlauslösungen bereitstellt.
16
2. Zur Lösung dieses Problems sieht Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung eine Steueranordnung vor, die folgende Merkmale aufweist: A Die Anordnung dient der Steuerung eines Rückhaltemittels in einem Kraftfahrzeug.
B Die Anordnung umfasst eine Sensoranordnung zum Erkennen eines Aufpralls. B1 In jeder Fahrzeughälfte (LH, RH) ist eine Vorrichtung (11, 12) zum Aufnehmen einer Beschleunigung (LS1, LS2, QS1, QS2), bezogen auf die Fahrzeuglängsachse (A-A’), angeordnet. Diese Vorrichtung weist auf: B2 einen Längsbeschleunigungssensor (111, 121) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung in Richtung der Fahrzeuglängsachse und B3 einen Querbeschleunigungssensor (112, 122) zum Erfassen einer Fahrzeugbeschleunigung quer zur Fahrzeuglängsachse.
C Die Anordnung umfasst zwei Steuergeräte (31, 32). C1 Das eine Steuergerät (31) ist in der linken Fahrzeughälfte (LH) angeordnet. C2 Das andere Steuergerät (32) ist in der rechten Fahrzeughälfte (RH) angeordnet.
D Jedes Steuergerät weist (eine der Vorrichtung (11, 12) zugeordnete ) Auswerteeinheit (21, 22) auf D1 zum Auswerten der von den Vorrichtungen (11, 12) gelieferten Signale (LS1, LS2, QS1, QS2) und
D2 zum Erzeugen von Steuersignalen (S) für Rückhaltemittel (4) abhängig von diesen Signalen.
E Beide Steuergeräte (31, 32) sind über eine Leitung (3) zur Codesignalübertragung miteinander verbunden.
17
Nach Patentanspruch 3 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung weist die Steueranordnung die Merkmale A und B sowie das nachfolgend aufgegliederte Merkmal D' auf: D' Die Anordnung umfasst eine Auswerteeinrichtung (2) D1' zum Auswerten der von den Vorrichtungen (11, 12) gelieferten Signale (LS1, LS2, QS1, QS2), und zwar derart, dass Signale (LS1, LS2, QS1, QS2) der aufprallortentfernten Fahrzeughälfte (LH, RH) in die Auslöseentscheidung für Rückhaltemittel der aufprallortnahen Fahrzeughälfte (LH, RH) miteinbezogen werden, und D2' zum Erzeugen eines Steuersignals (S) für das Rückhaltemittel (4) abhängig von diesen Signalen.
18
Der Unterschied zwischen den beiden Lösungen liegt hauptsächlich darin, dass nach Patentanspruch 1 zwei separate Auswerteeinheiten (21, 22) vorgesehen sind, die zusammen mit den in Merkmal B vorgesehenen Vorrichtungen (11, 12) in jeweils einem Steuergerät (31, 32) in der linken und der rechten Fahrzeughälfte angeordnet sind, wobei die Steuergeräte über eine Leitung miteinander verbunden sind, während von Patentanspruch 3 auch Anordnungen mit nur einer Auswerteeinrichtung (2) erfasst werden, die die Steuersignale von beiden Beschleunigungsaufnehmervorrichtungen in der in Merkmal D1' näher festgelegten Weise auswertet.
19
3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erörterung.
20
a) Die in beiden Patentansprüchen in Merkmal B vorgesehene dezentrale Anordnung der Beschleunigungssensoren eröffnet die Möglichkeit, genaue Informationen über den Ort des Aufpralls zu gewinnen.
21
Die bei einem Aufprall entstehenden Kräfte treten aufgrund der plastischen und elastischen Eigenschaften der Karosserie bei zunehmendem Abstand vom Aufprallort mit zunehmender Zeitverzögerung (Abs. 9 und 13) und mit abnehmender Intensität auf. Ein näher an der Aufprallstelle angeordneter Sensor liefert deshalb andere Messwerte als ein weiter entfernt angeordneter Sensor.
22
Dies kann dazu genutzt werden, die auf einer Fahrzeugseite angeordneten Rückhaltemittel (Airbags oder Gurtstraffer) nur dann auszulösen, wenn die auf dieser Seite angeordneten Beschleunigungssensoren ein entsprechendes Signal liefern. Genaue Informationen können gewonnen werden, wenn die Signale der auf beiden Seiten angeordneten Sensoren miteinander verglichen und die Rückhaltemittel nur dann ausgelöst werden, wenn beide Werte bestimmte Kriterien erfüllen.
23
Die Nutzung dieser Möglichkeit ist nur in der verteidigten Fassung von Patentanspruch 3 (dort Merkmal D1') und den darauf zurückbezogenen Patentansprüchen vorgesehen. Nach der insgesamt zulässigerweise verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 (dort Merkmal E), die insoweit auf die erteilte Fassung von Patentanspruch 5 zurückgeht, ist hingegen nur vorgesehen, dass die beiden Steuergeräte über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind. Damit ist die Möglichkeit eröffnet, beide Signale in der beschriebenen Weise zu nutzen, aber keine Festlegung getroffen, dass dies tatsächlich zu geschehen hat.
24
Die Leitung zur Codesignalübertragung kann auch dafür genutzt werden, dass beim Ausfall eines Steuergeräts das verbleibende Steuergerät zur Steuerung sämtlicher Rückhaltemittel genutzt wird (Abs. 21).
25
b) Nach der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 muss die Anordnung (mindestens) zwei Steuergeräte umfassen (Merkmal C), die jeweils eine Vorrichtung mit einem Längs- und einem Querbeschleunigungssensor und eine ihr zugeordnete Auswerteeinheit aufweisen (Merkmal D) und die über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind (Merkmal E).
26
Entgegen der Auffassung der Klägerin werden damit Anordnungen, bei denen die Auswerteeinheit oder eine Auswerteeinrichtung mit mehreren logisch getrennten Auswerteeinheiten an zentraler Stelle im Fahrzeug angeordnet ist, nicht erfasst. Zwar könnte die Formulierung, dass die Auswerteeinheit der Vorrichtung mit den Beschleunigungssensoren zugeordnet ist, bei isolierter Betrachtung auch diese Möglichkeit einschließen. Nach der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 ist jedoch zusätzlich erforderlich, dass das Steuergerät die Auswerteeinheit umfasst. Daraus ergibt sich, wie auch der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, dass sowohl die Beschleunigungssensoren als auch die Auswerteeinheit einen Bestandteil des Steuergeräts bilden und an der gleichen Stelle im Fahrzeug angeordnet sind. Dieses Verständnis wird bestätigt durch die Ausführungen in der Beschreibung, wonach bei dem in Figur 2 wiedergegebenen Ausführungsbeispiel, das mit der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 korrespondiert, jede Vorrichtung zum Erkennen einer Beschleunigung mit einer zugeordneten und räumlich bei ihr angeordneten Auswerteeinheit verbunden ist (Abs. 42). Die in Figur 1 wiedergegebene alternative Ausführungsform , die nur eine zentrale Auswerteeinheit umfasst, hat in der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 hingegen keinen Niederschlag gefunden.
27
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
28
Der Gegenstand von Patentanspruch 3 in der verteidigten Fassung sei durch den Inhalt der im Prioritätsintervall veröffentlichten Entgegenhaltung K6 (BK3, Vogt und Witt) nahegelegt. Dieser Patentanspruch könne sich nicht auf die geltend gemachte Priorität stützen. Im Prioritätsdokument sei nur eine Anordnung mit zwei getrennten, über eine Leitung miteinander verbundenen Steuergeräten offenbart, nicht aber eine Anordnung mit einer einzigen integralen Auswerteeinrichtung. Dass eine derartige Abwandlung im Griffbereich des Fachmanns gelegen habe, reiche für eine Offenbarung gemäß den Prinzipien der Neuheitsprüfung nicht aus. In BK3 sei zwar auch eine Anordnung mit zwei getrennten Auswerteeinheiten beschrieben. Dem Fachmann seien am Prioritätstag aber sowohl integrale, baulich einheitliche als auch verteilte Auswerteeinheiten geläufig gewesen. Deshalb habe er ohne erfinderische Überlegungen zum Gegenstand von Patentanspruch 3 in der verteidigten Fassung gelangen können.
29
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung sei nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. In einigen Entgegenhaltungen (K8, K10 und K15) seien Anordnungen mit mehreren Sensoren, aber nur einem Steuergerät offenbart. In anderen Entgegenhaltungen (K4 = BK10, K7 = BK9 und K10) seien zwar Anordnungen mit mehreren Steuergeräten offenbart; diese seien aber nicht wie beim Streitpatent über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden. Aus diesen Entgegenhaltungen und dem übrigen Stand der Technik habe sich für den Fachmann auch keine Anregung ergeben, die einzelnen Vorrichtungen in der in Patentanspruch 1 festgelegten Weise anzuordnen.
30
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren im Wesentlichen stand.
31
1. Der Gegenstand der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 ist patentfähig.
32
a) Der Gegenstand dieses Patentanspruchs ist neu.
33
(1) Der im Prioritätsintervall veröffentlichte Aufsatz von Vogt und Witt (Restraint System Electronics, in: Automotive Engineering, August 1996, S. 27-31, BK3) gehört hinsichtlich dieses Anspruchs nicht zum Stand der Technik im Sinne von Art. 54 Abs. 2 EPÜ. Maßgebliches Datum ist insoweit gemäß Art. 89 EPÜ der Anmeldetag des Prioritätsdokuments. Dieses betrifft dieselbe Erfindung wie die verteidigte Fassung von Patentanspruch 1.
34
Gemäß Art. 87 Abs. 1 EPÜ kann die Priorität einer früheren Anmeldung in Anspruch genommen werden, wenn die nachfolgende Anmeldung dieselbe Erfindung betrifft. Nach der auch vom Patentgericht herangezogenen Rechtsprechung des Senats ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (BGH, Urteil vom 30. Januar 2008 - X ZR 107/04, GRUR 2008, 597 Rn. 17 - Betonstraßenfertiger ; Urteil vom 9. Dezember 2008 - X ZR 124/05, GRUR 2009, 390 Rn. 23 - Lagerregal; Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 389 ff. = GRUR 2002, 146 - Luftverteiler).
35
Im Prioritätsdokument wird ein Insassenschutzsystem für ein Fahrzeug zum Auslösen von jeweils mindestens einem Rückhaltemittel zum Front- und Seitenaufprallschutz mit zwei Steuergeräten offenbart. Gemäß Patentanspruch 1 des Prioritätsdokuments umfasst jedes Steuergerät einen Längsbeschleunigungssensor , einen Querbeschleunigungssensor und eine Auswer- teeinheit, die die von den Sensoren gelieferten Daten auswertet und unter bestimmten Voraussetzungen für die Auslösung der Rückhaltemittel sorgt. Das eine Steuergerät ist in der linken Fahrzeughälfte angeordnet, das andere in der rechten Fahrzeughälfte. Beide Steuergeräte sind über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden. Damit sind alle Merkmale der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 offenbart.
36
Ob im Prioritätsdokument auch Ausgestaltungsformen offenbart sind, bei denen die beiden Auswerteeinheiten über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind, bedarf keiner Entscheidung, weil die in zweiter Instanz verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 dieses Merkmal nicht mehr vorsieht. Die Beklagte war nicht gehindert, als Anschlussberufungsklägerin die in erster Instanz verteidigte Fassung dahin zu erweitern, dass die genannte Verbindung nicht zwischen den Auswerteeinheiten besteht, sondern zwischen den beiden Steuergeräten, deren Teil die Auswerteeinheiten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1994 - X ZB 9/94, BGHZ 128, 149, 154 = GRUR 1995, 210 - Lüfterkappe).
37
(2) Der Aufsatz von Wetzel (Steuerung eines MehrfachRückhaltesystems , Automobiltechnische Zeitschrift 96 (1994), 618 f., BK4) befasst sich mit der Frage, an welcher Stelle die Sensoren für die Feststellung eines seitlichen Aufpralls zweckmäßigerweise angebracht werden. Die zentrale Anbringung im Bereich des Fahrzeugtunnels, die für Messstellen für einen Frontalaufprall als üblich bezeichnet wird, habe sich bei ersten Messungen nicht als ohne weiteres geeignet erwiesen. Durch Vermeiden der kritischen Stellen (Tunnel und Quersicken) lasse sich ein wesentlich besseres Ergebnis erzielen. Deshalb werde bei einem neueren System ein "Assistent-Sensor" in der Nähe der Aufprallstelle, zum Beispiel auf einem Querträger oder bei steifer Tür auch dort eingesetzt. Die Information über den Crashzustand werde dem Zentralgerät übermittelt, das die vorverarbeitete Information des "Assistenten" mit Rich- tungsinformation und geringen Beschleunigungsdaten bestätige und zum Triggersignal ergänze. In Bild 2 der Entgegenhaltung wird eine schematische Zeichnung wiedergegeben, die ein Zentralgerät im Bereich des Tunnels und je ein ausgelagertes Sensorsystem in der rechten und der linken Fahrzeughälfte zeigt.
38
Damit sind die Merkmale A, B1 und B3 offenbart. Die beiden "AssistentSensoren" können ferner als Steuergeräte mit den Merkmalen C1, C2, D1 und E angesehen werden, weil sie die Beschleunigungsdaten nicht nur erfassen und weiterleiten, sondern vorverarbeiten und daraus die Informationswerte "mittelschwerer Crash", "schwerer Crash" oder "Crash von gegenüberliegender Seite" erzeugen. Das Zentralgerät ergänzt diese Informationen um die Angaben "Richtung erkannt (Li/Re)", "mittelschwerer Crash", "schwerer Crash".
39
Nicht offenbart ist Merkmal D2. Das Steuersignal für die Rückhaltemittel wird nicht von den "Assistent-Sensoren", sondern vom Zentralgerät erzeugt, auch wenn dieses die vorverarbeiteten Informationen dieser Sensoren mit berücksichtigt.
40
Nicht offenbart ist ferner das Merkmal B2. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann den Ausführungen in BK4 nicht entnommen werden, dass die "Assistent-Sensoren" auch Sensoren für einen Frontalaufprall aufweisen. In Abschnitt 3 der Entgegenhaltung ("Prinzipbeschreibung") wird zwischen einer Messstelle für den Frontalaufprall ("Tunnelgegend") und den Messstellen für einen seitlichen Aufprall unterschieden. Dies deutet darauf hin, dass der zur Feststellung eines Frontalaufpralls erforderliche Längssensor an anderer Stelle angeordnet ist als der "Assistent-Sensor". Den Ausführungen in Abschnitt 4 ("Systembeschreibung"), wonach die Richtungsinformation durch die Auswertung von zwei in einem Winkel angeordneten Beschleunigungsaufnehmern gewonnen wird, kann entgegen der Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht ent- nommen werden, dass diese beiden Aufnehmer in den Assistent-Sensoren angebracht sind. Nach den weiteren Ausführungen in diesem Abschnitt wird die Richtungsinformation nicht von den "Assistent-Sensoren" geliefert, sondern vom Zentralgerät.
41
Vor diesem Hintergrund führt die vom gerichtlichen Sachverständigen angestellte Überlegung, aus Sicht des Fachmanns komme auch eine Ausgestaltung in Betracht, bei der bereits die "Assistent-Sensoren" eine Richtungsinformation liefern und deshalb sowohl einen Quer- als auch einen Längsbeschleunigungssensor aufweisen, nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Selbst wenn der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens in der Lage gewesen wäre, eine solche Lösung aufzufinden, enthalten die Darlegungen in BK4, wie auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, keinen Hinweis darauf.
42
(3) In der im Jahr 1975 veröffentlichten japanischen Offenlegungsschrift Shō-50-149026 (BK9) ist ein Aufprallsensor für Insassenschutzgeräte offenbart, der aus mehreren Verzögerungssensorpaaren besteht, die jeweils auf der Beifahrer - und auf der Fahrerseite angeordnet sind.
43
In der Beschreibung wird anhand von schematisch dargestellten Messwerten dargelegt, dass die in einzelnen Teilen der Karosserie auftretenden Verzögerungen in Abhängigkeit des Aufprallwinkels, des Aufprallgegenstands und der Aufprallstelle differieren. Wenn beispielsweise die linke Vorderseite einer Karosserie mit einem Winkel von 30° und einer Geschwindigkeit von 50 km/h gegen eine Wand pralle, trete auf der linken Fahrzeugseite bereits nach vier Millisekunden eine Beschleunigung von 15g auf. Auf der rechten Fahrzeugseite werde dieser Wert erst nach 43 Millisekunden erreicht.
44
Um auch für solche Situationen eine zuverlässige Auslösung der Insassenschutzgeräte zu gewährleisten, wird in BK9 vorgeschlagen, in der linken und der rechten Fahrzeughälfte jeweils ein Sensorpaar anzuordnen. In einem der beiden näher geschilderten Ausführungsbeispiele werden dazu Sensoren ohne besondere Richtungsfähigkeit eingesetzt. Die Auslösung des Insassenschutzgeräts erfolgt nur dann, wenn beide Sensoren eines Paars aktiviert werden, um Fehlfunktionen zu vermeiden. Die beiden Sensorpaare sind in der Weise gekoppelt , dass jedes von ihnen sowohl die Anlassvorrichtung für das auf der rechten Seite angebrachte Insassenschutzgerät als auch die Auslassvorrichtung für die linke Seite auslöst.
45
In einem zweiten Ausführungsbeispiel enthalten die Sensorpaare Verzögerungssensoren mit Richtungsfähigkeit. In der dazu gehörenden Figur 4 sind die zu einem Paar zusammengefassten Sensoren jeweils in einem Winkel von 90° zueinander versetzt angeordnet.


46
Nach den ergänzenden Angaben in der Beschreibung werden auch bei dieser Ausführungsform beide Anlassvorrichtungen (11, 12) aktiviert, wenn ei- nes der beiden Sensorpaare aktiviert wird. Zur Aktivierung eines Sensorpaars genügt hier, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Aktivierung eines einzelnen Richtungssensors.
47
Damit sind zwar die Merkmale A, B und C, entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht die Merkmale D und E offenbart.
48
Weder die Sensorpaare (13, 14) noch die Anlassvorrichtungen (11, 12) sind Steuergeräte mit den in Merkmal D beschriebenen Funktionen. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt und auch die Klägerin nicht in Zweifel gezogen hat, wurden im Zeitpunkt der Veröffentlichung von BK9 mechanische Aufprallsensoren eingesetzt, die die Funktion eines elektrischen Schalters hatten. Dies entspricht der Darstellung in den Figuren 3 und 4. Die in BK9 offenbarten Sensoren geben mithin keine Signale aus, die in den Anlassvorrichtungen oder an anderer Stelle ausgewertet und zum Erzeugen eines Steuersignals herangezogen werden können. Sie geben vielmehr selbst das Steuersignal, indem sie bei ihrer Aktivierung eine Verbindung zwischen der Stromquelle (8) und den beiden Anlassvorrichtungen herstellen. Dieses Signal wird durch mechanische Vorgänge in den Sensoren ausgelöst und nicht durch ein Steuergerät , das von den Sensoren erzeugte Signale auswertet.
49
Damit fehlt es auch, wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, an einer Leitungsverbindung zur Codesignalübertragung im Sinne von Merkmal E. Zwar sind die beiden Sensorpaare in Figur 4 in Parallelschaltung angeordnet und damit, wie die Klägerin im Ansatz zutreffend darlegt, über eine Leitung miteinander verbunden. Diese Leitung dient aber nicht der Übertragung von Codesignalen im Sinne des Streitpatents, sondern der Spannungszufuhr zu beiden Anlassvorrichtungen, also zur Übertragung des Auslösesignals.
50
(4) In der Abhandlung von Härtl et al. (Physically Different Sensor Concepts for Reliable Detection of Side-Impact Collisions, BK7) werden zwei verschiedene Konzepte zur Erkennung eines Seitenaufpralls vorgestellt.
51
Eines dieser Konzepte sieht vor, innerhalb der Fahrzeugtür eine als Satellit bezeichnete Vorrichtung anzubringen, die aus einem Drucksensor und einer Schaltung zur Signalkonditionierung und Entscheidungsfällung besteht. Kommt es innerhalb der Tür zu einem Druckanstieg, der bestimmte Kriterien erfüllt, wird ein Seitenairbag ausgelöst.
52
Das andere Konzept sieht vor, innerhalb der Fahrzeugtür oder in deren Nähe eine Beschleunigungssensorik anzubringen, die die als bekannt bezeichnete Single-Point-Sensing-Technologie nutzt. Das Signal des im "g-Satellit" angeordneten herkömmlichen Beschleunigungsmessers wird an einen Mikrocontroller weitergeleitet, der es anhand bestimmter Kriterien auswertet und gegebenenfalls die Zündung des Airbags auslöst. Entscheidende Bedeutung für die Funktionssicherheit wird dem Anbringungsort des Sensors beigemessen. Bei einer Anbringung in der Fahrzeugtür sei es schwer, zwischen einem Aufprall und einer Missbrauchsituation zu unterscheiden. Bei einer Anbringung außerhalb der Tür könne hingegen klar zwischen diesen beiden Fällen unterschieden werden. An welcher Stelle der Mikrocontroller angeordnet ist, wird nicht ausdrücklich dargelegt. Im Zusammenhang mit den Erwägungen zum Anbringungsort des Sensors wird ausgeführt, bei hinreichend steifer Fahrzeugstruktur könnten die Signale eines zusätzlichen Querbeschleunigungssensors im zentralen Steuergerät mit den Signalen der Satelliten kombiniert werden, um eine Aufprallsituation festzustellen.
53
In den Ausführungen zum zweiten Konzept ist eine Anordnung mit den Merkmalen A und B3 offenbart. Aus dem Zusammenhang kann zudem ent- nommen werden, dass ein Sensor der beschriebenen Art wie in Merkmal B1 vorgesehen auf beiden Seiten des Fahrzeugs angebracht werden kann.
54
Nicht offenbart ist hingegen, dass der Beschleunigungssatellit auch einen Längsbeschleunigungssensor aufweist, wie dies in Merkmal B2 vorgesehen ist.
55
Nicht offenbart ist ferner, dass die in der Nähe der Türen angebrachten Beschleunigungssensoren zugleich Steuergeräte im Sinne von Merkmal C mit den Merkmal D beschriebenen Funktionen sind, also die gelieferten Signale auswerten und ein Steuersignal für die Auslösung des Airbags erzeugen. Diese Funktion kommt zwar den beim ersten Konzept beschriebenen "Satelliten" zu. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zusammenhang der Ausführungen kann aber entnommen werden, dass dies auch für die nach dem zweiten Konzept vorgesehenen Beschleunigungssensoren gilt. Die Ausführungen, wonach ein herkömmlicher Beschleunigungsmesser eingesetzt und dessen Signal an "den" Mikrocontroller weitergeleitet wird, und die Erwähnung eines zentralen Steuergeräts, das die von den Satelliten gelieferten Signale mit den Signalen eines zusätzlichen, zentral angeordneten Querbeschleunigungssensors kombiniert , sprechen entgegen der Auffassung der Klägerin eher dafür, dass der Satellit selbst keine Auswertungs- und Steuerungsfunktion hat.
56
Ebenfalls nicht offenbart ist Merkmal E. Erwähnt ist lediglich eine Verbindung der in der Nähe der Tür angebrachten Satelliten mit einem zentralen Steuergerät, nicht aber eine Leitungsverbindung zur Codeübertragung zwischen mehreren Steuergeräten.
57
(5) In der deutschen Offenlegungsschrift 38 11 217 (BK8) ist eine elektronische Einrichtung für die Sicherung von Fahrzeuginsassen offenbart, die aus mehreren Sensoren und einem zentralen Steuergerät besteht. Jede Sensoreinheit umfasst neben einem Sensor auch eine zugeordnete Auswerteschaltung, die die Ausgangssignale aufbereitet. Die aufbereitete Information kann über eine Schnittstelle an ein zentrales Steuergerät übermittelt werden. Besonderes Gewicht wird auf die Kommunikation zwischen dem Steuergerät und den Sensoren in der Einschaltphase gelegt. Hierfür werden mehrere alternative Ausführungsformen aufgezeigt. Bei einer dieser Ausführungsformen überwachen alle Sensoren die gemeinsame Verbindungsleitung zum Steuergerät und können so die von den übrigen Sensoren ausgesendeten Signale erkennen (BK8 Sp. 7 Z. 5-7).
58
Als Vorteil der offenbarten Lösung wird unter anderem angeführt, dass das System beim Ausfall einzelner Sensoren funktionsfähig bleibt, beispielsweise dadurch, dass das Steuergerät in diesem Fall die Informationen der verbliebenen Sensoren nach anderen Kriterien auswertet (BK8 Sp. 1 Z. 37 ff., Sp. 8 Z. 49 ff.). Die in den Sensoreinheiten enthaltenen Auswerteschaltungen können nach den Ausführungen in der Beschreibung unter anderem dazu genutzt werden , um dem zentralen Steuergerät nicht nur das eigentliche Ausgangssignal des jeweiligen Sensors zu übermitteln, sondern auch lediglich die Spitzenwerte, einen bestimmten Mittelwert, einen Integrationswert oder auch Fehlerinformationen , die auf einen schleichenden Leistungsabfall des Sensors hinweisen (BK8 Sp. 9 Z. 22-38). Der Einbauort der Sensoren wird nicht näher beschrieben. Als allgemeiner Vorteil der Erfindung wird hervorgehoben, die Sensoren könnten an einem geeigneten Einbauort angebracht werden (BK8 Sp. 9 Z. 56-60). Als vorteilhafte weitere Ausgestaltung wird die Anbringung mindestens eines weiteren Sensors im Steuergerät selbst angeführt, um eine Auslösung der Rückhaltemittel auch dann noch zu ermöglichen, wenn die externen Sensoren oder deren Verbindung zum Steuergerät wegen eines Defekts oder aufgrund des Unfallgeschehens ausfallen (BK8 Sp. 9 Z. 60 ff.)
59
Damit sind die Merkmale A, B1, C, D1 und E verwirklicht. Die in den Sensoreinheiten angebrachten Auswerteschaltungen dienen der Auswertung der von den Sensoren gelieferten Signale und können in dieser Funktion als Steu- ergeräte im Sinne des Streitpatents angesehen werden. Zumindest in einer der in BK8 offenbarten Ausführungsformen sind diese Geräte auch über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden.
60
Nicht offenbart ist die Kombination der Merkmale B2 und B3. Zwar mag der Fachmann aus dem allgemeinen Hinweis, die Sensoren könnten "an den dafür geeignetsten Einbauorten" angebracht werden, die Schlussfolgerung ziehen , zumindest die Querbeschleunigungssensoren dezentral anzubringen. Eine ausdrückliche oder zumindest konkludente Anregung, an der gleichen Stelle jeweils auch einen Längsbeschleunigungssensor anzubringen, lässt sich der Entgegenhaltung hingegen nicht entnehmen.
61
Nicht offenbart ist ferner das Merkmal D2. Die Steuersignale für die Auslösung der Rückhaltemittel werden nicht von den Auswerteschaltungen, sondern von dem zentralen Steuergerät erzeugt.
62
(6) In der US-Patentschrift 5 441 300 (BK10) wird ein in drei Dimensionen wirksamer Beschleunigungssensor offenbart, der für die Betätigung eines Airbag oder für eine aktive Federung bei der Steuerung von Karosseriebewegungen eingesetzt werden kann. In Figur 12 ist die schematische Abbildung eines Personenkraftwagens wiedergegeben, bei dem im Bereich des rechten und des linken vorderen Radkastens jeweils ein erfindungsgemäßer Sensor angebracht ist. Aus dem ebenfalls in Figur 12 wiedergegebenen Blockschaltbild ergibt sich, dass der Sensor aus mehreren feststehenden (1 bis 4) und einer beweglichen Elektrode (movable electrode), einem Detektor für die Erkennung von Kapazitätsschwankungen (50), einem Verstärker (51), einer Einheit zur Pulsbreitenmodulation (52) und einer Rechenausgabeeinheit (arithmetic output unit, 53) besteht. Nach den Ausführungen in der Beschreibung liefert die Rechenausgabeeinheit drei Spannungswerte, die die Beschleunigung in Richtung der drei Raumachsen angeben (BK10 Sp. 5 Z. 24-29).
63
Damit sind die Merkmale A, B, C und D1 offenbart, nicht aber das Merkmal E und entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht das Merkmal D2.
64
Wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, kann die arithmetische Ausgabeeinheit (53) mit ihrer in der Beschreibung angegebenen Funktion als Steuergerät angesehen werden, das die von den Beschleunigungssensoren gelieferten Signale auswertet. Sie erzeugt daraus jedoch kein Steuersignal für die Rückhaltemittel, sondern lediglich drei Spannungswerte, die die gemessenen Beschleunigungswerte wiedergeben. Wo und in welcher Weise diese Werte in ein Signal für die Auslösung des Airbag umgesetzt werden, ist in BK10 nicht beschrieben.
65
(7) In der Veröffentlichung "Elektronik, die auf die Millisekunde entscheidet" (BK22) sind Auslösegeräte für Rückhaltesysteme aus dem Haus der Klägerin offenbart. Dazu gehört ein Seitenairbag-Auslösegerät mit der Bezeichnung SSU1, das als "völlig eigenständig" bezeichnet und als dessen Standardfunktion die Überwachung und Aktivierung je eines Seitenairbag-Zündkreises angegeben wird (BK22 S. 7 Mitte). In einem Blockdiagramm ist eine Schnittstelle dargestellt, über die dieses Gerät mit einer Diagnosevorrichtung verbunden ist (BK22 S. 7 unten). Eine Diagnoseschnittstelle weist auch das ebenfalls in BK22 beschriebene zentrale Auslösegerät AB7.1 auf (BK22 S. 7 oben).
66
Damit sind die Merkmale A, B, B1, B3 und die Merkmalsgruppen C und D offenbart.
67
Nicht offenbart ist, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, das Merkmal B2. Aus den Ausführungen in BK22 kann nicht entnommen werden, dass die auf beiden Fahrzeugseiten angebrachten Auslösegeräte vom Typ SSU1 einen Längsbeschleunigungssensor aufweisen.
68
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann den Ausführungen in BK22 ferner nicht entnommen werden, dass die beiden Steuergeräte vom Typ SSU1 über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind, wie dies in Merkmal E vorgesehen ist. Die in BK22 dargestellte Diagnoseschnittstelle könnte zwar theoretisch so ausgestaltet werden, dass sie auch zur Codesignalübertragung zwischen den beiden Steuergeräten geeignet ist. Hierfür bedürfte es aber, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, weiterer Maßnahmen , insbesondere einer geeigneten Software, die eine solche Kommunikation zwischen den Steuergeräten ermöglicht. BK7 enthält keine Hinweise oder Anregungen, die Diagnoseschnittstelle in dieser Weise auszugestalten.
69
b) Zutreffend ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
70
(1) Im Stand der Technik waren verschiedene Anordnungen bekannt, bei denen ein zentrales Steuergerät - teils mit, teils ohne eingebaute Sensoren - mit dezentral in der linken und der rechten Fahrzeughälfte angeordneten Sensoren kombiniert wird. Bei einigen dieser Anordnungen sind die dezentral angeordneten Sensoren - anders bei der in der Streitpatentschrift abgehandelten Anordnung nach der (im Prioritätsintervall veröffentlichten) deutschen Offenlegungsschrift 44 25 846 (BK5) - auch dafür geeignet, sowohl eine Längs- als auch eine Querbeschleunigung zu erfassen. Bei allen diesen Anordnungen erfolgt die Umsetzung der von den Sensoren gelieferten Messwerte in ein Steuersignal jedoch in einer zentralen Vorrichtung.
71
(2) Diese Veröffentlichungen gaben dem Fachmann, einem Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Elektrotechnik mit mehrjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Insassenschutzsystemen für Fahrzeuge, keine Veranlassung, auch die zuletzt genannte Funktion in die dezentral angeordneten Sensorvorrichtungen auszulagern.
72
In BK4 sind zwar gewisse Ansätze in diese Richtung offenbart, indem darauf hingewiesen wird, dass die Vorverarbeitung der von den Sensoren gelieferten Daten im Assistenten dazu führt, dass die Anzahl und die Frequenz der zu übermittelnden Informationen klein gehalten werden kann. Dies gab dem Fachmann jedoch auch bei ergänzender Berücksichtigung von allgemeinem Fachwissen keine hinreichende Veranlassung, über eine bloße Vorverarbeitung der Sensordaten hinaus die gesamte Logik zur Erzeugung des Steuersignals für die Auslösung der Rückhaltemittel in die dezentralen Vorrichtungen auszulagern , so dass ein zentrales Steuergerät - von dessen Vorhandensein die Ausführungen in BK4 unausgesprochen ausgehen - entbehrlich wird.
73
Entsprechendes gilt für die Ausführungen in den Entgegenhaltungen BK8 und BK10. Auch dort sind die dezentral angeordneten Sensoreinheiten zwar mit gewissen Steuerungsfunktionen und in BK8 sogar mit der Fähigkeit versehen, die von den übrigen Sensoren ausgegebenen Informationen entgegenzunehmen. Dies wird dort jedoch nicht zum Anlass genommen, die Erzeugung des Steuersignals für die Rückhaltemittel in die externen Einheiten auszulagern. Der Schwerpunkt der Ausführungen in BK8 betrifft das möglichst zuverlässige Zusammenspiel zwischen den externen Sensoreinheiten und dem zentralen Steuergerät. Diese Überlegungen wären zu einem großen Teil obsolet, wenn auf ein zentrales Steuergerät verzichtet würde, wie dies in der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 geschützt werden soll.
74
In der Entgegenhaltung BK7 werden zwar Sensoren offenbart, die zugleich für die Auslösung der Rückhaltemittel eingesetzt werden. Eine solche Anordnung wird dort aber nur im Zusammenhang mit Drucksensoren aufgezeigt. Bei der als Alternative dargestellten Anordnung mit Beschleunigungs- sensoren werden die Signale der Sensoren demgegenüber an einen zentralen Mikrocontroller weitergeleitet. Weder aus BK7 noch aus sonstigen Veröffentlichungen oder aus allgemeinen Fachkenntnissen ergaben sich hinreichende Hinweise darauf, dass einzelne Merkmale aus den beiden in BK7 alternativ dargestellten Lösungskonzepten kombiniert werden können, so dass auch bei Verwendung von Beschleunigungssensoren das im Stand der Technik übliche zentrale Steuergerät entfallen kann.
75
Die Ausführungen in BK9 führen nicht zu einer anderen Beurteilung. In dieser Veröffentlichung, die von der Verwendung mechanischer Beschleunigungssensoren ausgeht, sind die Beschleunigungserkennung und die Erzeugung des Auslösesignals zwar in einer Vorrichtung zusammengefasst. Diese Zusammenfassung ergibt sich aber aus dem anderen Konstruktionsprinzip, das den eingesetzten Sensoren zu Grunde liegt. Ausgehend von den am Prioritätstag bekannten Anordnungen, bei denen die von den Beschleunigungssensoren erzeugten Signale in einer zentralen elektronischen Steuerungsvorrichtung ausgewertet und unter Anwendung von mehr oder weniger komplexen Regeln zur Erzeugung des Auslösesignals genutzt werden, hätte sich der Fachmann vom seither erreichten Stand der Technik weitgehend lösen und die Eigenschaften einer als überholt betrachteten Sensortechnologie auf die elektronischen Sensoren übertragen müssen.
76
Auch aus BK22 lassen sich keine ausreichenden Anregungen für eine Ausgestaltung nach Patentanspruch 1 entnehmen. Dort werden die Seitenairbag -Auslösegeräte SSU1 zwar als "völlig eigenständig" bezeichnet. Es finden sich aber keine Hinweise darauf, diese Auslösegeräte mit einem Längsbeschleunigungssensor auszurüsten und dessen Signale in die Entscheidung über die Auslösung des Seitenairbags mit einzubeziehen.
77
(3) Die vom gerichtlichen Sachverständigen aufgezeigten allgemeinen fachlichen Zusammenhänge führen ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung.
78
Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen führt die Festlegung der für ein Insassenschutzsystem benötigten Teilsysteme und der von diesen zu erfüllenden Funktionen nicht ohne weiteres zu einer Vorentscheidung hinsichtlich der räumlichen Verteilung oder Anordnung dieser Teilsysteme im Fahrzeug. Der oben behandelte Stand der Technik gab dem Fachmann indes keine hinreichende Veranlassung, die dort offenbarten Vorschläge zur räumlichen Verteilung und Anordnung der einzelnen Komponenten grundlegend in Frage zu stellen und alle damit zusammenhängenden Fragen von Grund auf neu zu thematisieren. Zwar hätte der Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige im Einzelnen aufgezeigt hat, die Möglichkeit gehabt, aufgrund von bekannten Prinzipien und Lösungsansätzen zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen. Weder die oben behandelten Veröffentlichungen noch sonstige Umstände gaben jedoch Anlass, diesen Weg zu beschreiten.
79
2. Der Gegenstand der mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen verteidigten Fassung von Patentanspruch 3 ist nicht patentfähig. Er beruht jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
80
a) In diesem Zusammenhang zählt auch die im Prioritätsintervall veröffentlichte Entgegenhaltung BK3 zum Stand der Technik. Eine Steuerungsanordnung mit den Merkmalen A, B und D' ist im Prioritätsdokument nicht als zur Erfindung gehörend offenbart.
81
Im Prioritätsdokument wird ein Insassenschutzsystem beschrieben, das zwei Steuergeräte aufweist, von denen jedes einen Längsbeschleunigungssensor , einen Querbeschleunigungssensor und eine Auswerteeinheit enthält und die über eine Leitung zur Codesignalübertragung miteinander verbunden sind. Als Vorteil einer solchen Anordnung wird in der Beschreibung des Prioritätsdokuments unter anderem aufgeführt, dass die Steuergeräte an den Stellen im Fahrzeug angeordnet seien, die ohnehin eine große Anzahl von Sensorikund Aktuarikeinrichtungen wie Seitenairbags, Gurtstraffer, Sitzbelegungssensoren , Querbeschleunigungssensoren, Kindersitzerkennungseinrichtungen und dergleichen enthielten (BK2 S. 3 Z. 8-12). Ferner könne die Zahl der Steuergeräte von drei auf zwei verringert werden, während bei herkömmlichen Systemen Querbeschleunigungssignale gleich vor Ort, also dezentral in einer vorverarbeitenden Auswerteeinheit ausgewertet würden (BK2 S. 3 Z. 13-17). Außerdem sei ein Totalausfall des Systems unwahrscheinlich, weil beim Ausfall eines der Steuergeräte dessen Auslösefunktionen vom verbliebenen Steuergerät übernommen werden könnten (BK2 S. 3 Z. 19-26). Die Anordnung der Steuergeräte bei dem Fahrer- bzw. Beifahrersitz ermögliche gleichzeitig eine kurze Leitungsführung zu Sitzbelegungserkennungs- und Kindersitzerkennungssensoren (BK2 S. 3 Z. 33 bis S. 4 Z. 2). In der einzigen Figur des Prioritätsdokuments ist je ein Steuergerät im Bereich jedes Vordersitzes dargestellt. Patentanspruch 1 des Prioritätsdokuments, auf den die übrigen Patentansprüche zurückbezogen sind, betrifft ebenfalls ausschließlich ein Insassenschutzsystem mit zwei Steuergeräten , von denen eines in der linken und das andere in der rechten Fahrzeughälfte angeordnet ist.
82
Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass weite Passagen in der Beschreibung des Prioritätsdokuments sich mit der Frage befassen , in welcher Weise die Signale der Beschleunigungssensoren ausgewertet werden können, nicht dazu, dass auch Systeme als zur Erfindung gehörend offenbart sind, bei denen es nur eine Auswerteeinrichtung gibt. Zwar mag es zur Realisierung der beschriebenen Verfahren ausreichen, wenn das System jeweils zwei Längs- und zwei Querbeschleunigungssensoren, aber nur eine Auswerteeinrichtung umfasst. Den Ausführungen im Prioritätsdokument kann jedoch nicht entnommen werden, dass auch solche Systeme, bei denen auf die in der Beschreibung geschilderten Vorteile des Vorhandenseins von zwei Steuergeräten vollständig verzichtet wird, zur offenbarten Erfindung gehören. Sowohl nach der Beschreibung als auch nach dem Wortsinn der im Prioritätsdokument formulierten Patentansprüche gehört es vielmehr zu den unabdingbaren Merkmalen der offenbarten Erfindung, dass nicht nur die Sensoren, sondern auch die Steuergeräte redundant ausgelegt sind.
83
Dass es aus Sicht des Fachmanns nahegelegen haben mag, diese Lehre in Richtung auf Systeme mit nur einer Auswerteeinrichtung abzuwandeln, führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine Priorität kann nur dann beansprucht werden , wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung nicht nur nahegelegt, sondern in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist.
84
Der von der Beklagten angeführte Grundsatz, wonach bei der Beschränkung auf ein Ausführungsbeispiel nicht unbedingt alle Merkmale des Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufgenommen werden müssen, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Für die Anwendung dieses Grundsatzes ist nur Raum, soweit der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen entnommen werden kann, dass auch Ausführungsformen ohne die in Rede stehenden Merkmale als zur Erfindung gehörend offenbart sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 Rn. 30 - Sammelhefter II). Dies ist hier aus den genannten Gründen nicht der Fall.
85
b) Der Gegenstand der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 3 ist durch die Entgegenhaltung BK3 jedenfalls nahegelegt.
86
(1) In BK3 werden verschiedene Möglichkeiten zur Anordnung von Sensoren und Steuereinheiten (electronic control units) zur Auslösung von Rückhaltemitteln in Kraftfahrzeugen aufgezeigt. Hierbei wird unterschieden zwischen Systemen mit Fernzündschaltung (remote firing circuitry), bei denen die Schal- tungen für die Auslösung der einzelnen Rückhaltemittel nicht in einer zentralen Steuereinheit, sondern in der Nähe der jeweiligen Zündpille (firing squib) angeordnet sind, und Systemen mit intelligenten Knoten (intelligent nodes), bei denen mehrere Steuereinheiten eingesetzt werden, die über einen Kommunikationskanal miteinander verbunden sind. Ein Ausführungsbeispiel für ein System mit intelligenten Knoten, das in Figur 4 der Entgegenhaltung illustriert ist, umfasst insgesamt drei Steuereinheiten, von denen eine im Bereich des linken und eine im Bereich des rechten Vordersitzes angebracht ist. Eine weitere Einheit ist an zentraler Position hinter dem Rücksitz angeordnet. Alle drei Steuereinheiten sind untereinander mit einem Bussystem verbunden. Die im Bereich der Vordersitze angebrachten Steuereinheiten dienen der Erfassung und Auswertung eines Seiten- oder Frontaufpralls und der Aktivierung der Rückhaltemittel auf der jeweiligen Fahrzeugseite. Die Beschleunigungssignalwerte werden jeweils auch an die andere Einheit übertragen. Als Vorteil dieser Anordnung wird angeführt, durch die Übertragung der Signalwerte könnten Unzulänglichkeiten bei der Erfassung eines Aufpralls kompensiert werden. Die Verfügbarkeit von zwei Längsbeschleunigungssensoren ermögliche ferner die Umsetzung einer Safing-Funktion.
87
(2) Damit sind die Merkmale A, B, D1' und D2' offenbart.
88
(3) Merkmal D', wonach die Anordnung "eine" Auswerteeinrichtung umfasst , ist ebenfalls offenbart, wenn dieses Merkmal - wofür vieles spricht - dahin auszulegen ist, dass auch weitere Auswerteeinrichtungen vorhanden sein können.
89
(4) Selbst wenn Merkmal D' dahin auszulegen wäre, dass die Anordnung nur eine einzige Auswerteeinrichtung umfassen darf, wäre eine Ausgestaltung gemäß Patentanspruch 3 dem Fachmann durch die Ausführungen in BK3 jedenfalls nahegelegt.
90
In BK3 wird als weiteres Beispiel für den Einsatz von intelligenten Knoten in Abbildung 3 ein System dargestellt, das drei zentral angeordnete, untereinander verbundene Steuereinheiten umfasst, an die unter anderem zwei in den beiden Vordertüren angebrachte "Satelliten" für die Erkennung eines Seitenaufpralls angeschlossen sind. Jeder dieser Steuereinheiten sind bestimmte Rückhalteeinrichtungen zugeordnet. Als Aufgabe der ersten Steuereinheit werden beispielhaft die Ansteuerung der Frontairbags und der Gurtstraffer sowie der linken und rechten Seitenairbags genannt (BK3 S. 31 links). Sowohl bei der Beschreibung dieser Ausführungsform als auch bei der Beschreibung der bereits erwähnten Ausführungsform gemäß Abbildung 4 werden die Vorteile einer Modularisierung und Standardisierung hervorgehoben.
91
Dies gab dem Fachmann hinreichend Anlass, neben den in den Abbildungen 3 und 4 offenbarten Ausführungsformen auch ähnliche Ausgestaltungen in den Blick zu nehmen, und zwar auch eine Anordnung, bei der die seitlich angebrachten "Satelliten" wie in Abbildung 4 nicht nur zur Detektion eines Seitenaufpralls , sondern auch zur Detektion eines Längsaufpralls geeignet sind, die Auswerteeinrichtung für Front- und Seitenairbags aber wie in Abbildung 3 zentral angeordnet ist. Zwar musste sich der Fachmann hierzu von der aus anderen Entgegenhaltungen geläufigen Vorstellung lösen, dass die Längsbeschleunigungssensoren zweckmäßigerweise zentral angebracht werden. Hierzu gaben die in BK3 enthaltenen Ausführungen über die Vorteile einer Modularisierung jedoch hinreichende Veranlassung.
92
c) Für den Gegenstand der mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassung von Patentanspruch 3 ergibt sich keine andere Beurteilung.
93
(1) Nach Hilfsantrag I werden die Rückhaltemittel dahin konkretisiert, dass mindestens eines dem Seitenaufprallschutz in jeder Fahrzeughälfte und mindestens eines dem Frontaufprallschutz dient. Dies führt zu keiner anderen Beurteilung im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit. Auch in BK3 werden Front- und Seitenairbags ausdrücklich als Beispiele für Rückhaltemittel aufgeführt. Bei dem in Abbildung 3 dargestellten Ausführungsbeispiel werden diese Rückhaltemittel auch über eine gemeinsame Steuerungseinrichtung angesteuert.
94
(2) Nach Hilfsantrag II werden die Anforderungen an den Aufbau der Vorrichtung zum Aufnehmen einer Beschleunigung dahin konkretisiert, dass diese nicht nur je einen Längs- und einem Querbeschleunigungssensor umfasst , sondern aus diesen Teilen besteht. Dies betrifft die konkrete räumliche Ausgestaltung dieser Vorrichtung. Anlass, insoweit nach verfügbaren Alternativen zu suchen, gaben jedenfalls die Ausführungen in BK3 über die Vorteile einer Modularisierung und Standardisierung von Komponenten und die in den einzelnen Ausführungsbeispielen aufgezeigten Möglichkeiten, die einzelnen Funktionen eines Insassenschutzsystems an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug anzuordnen.
95
(3) Die in Hilfsantrag III vorgesehene Kombination der beiden zusätzlichen Merkmale ist durch die aufgezeigten Ausführungen in BK3 ebenfalls nahegelegt.
96
d) Dass die zusätzlichen Merkmale, die in der verteidigten Fassung der auf Patentanspruch 3 zurückbezogenen Patentansprüche 4 bis 7 vorgesehen sind, zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit führen könnten, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Dies trägt im Ergebnis die Entscheidung des Patentgerichts, das allerdings zu Unrecht darauf abgestellt hat, dass die Nichtigerklärung des Patentanspruchs 3 den nachgeordneten Patentansprüchen ohne weiteres die Grundlage entziehe.
97
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG sowie § 92 Abs. 1, § 97 ZPO und § 101 Abs. 1 ZPO.
98
Entsprechend § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist die Nebenintervenientin, die dem Rechtsstreit als Rechtsnachfolgerin der Beklagten beigetreten ist, nicht als deren Streitgenossin anzusehen.
99
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat die Veräußerung eines Patents entsprechend § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich keinen Einfluss auf einen vor der Veräußerung eingeleiteten Nichtigkeitsrechtsstreit (BGH, Urteil vom 4. Februar 1992 - X ZR 43/91, BGHZ 117, 144, 146 - Tauchcomputer ). Die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO beruht auf dem allgemeinen Gedanken , dass der Beklagte nicht ohne weiteres die Möglichkeit haben darf, sich einem bestehenden Prozessrechtsverhältnis zu entziehen und den Kläger so dazu zu zwingen, einen neuen Prozess gegen einen anderen Gegner von neuem zu beginnen. Dieser Gedanke greift auch im Patentnichtigkeitsverfahren (BGHZ 117, 144, 146 - Tauchcomputer).
100
Zu den danach entsprechend anwendbaren Vorschriften gehört auch § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Diese Vorschrift hindert den Rechtsnachfolger des Beklagten, der dem Rechtsstreit beigetreten ist, daran, entgegen § 67 ZPO Angriffs - und Verteidigungsmittel geltend zu machen, die mit Erklärungen und Handlungen des Beklagten in Widerspruch stehen. Sie stellt damit sicher, dass die prozessuale Lage des Klägers durch die Veräußerung des Patents nicht verschlechtert wird, und beruht mithin auf demselben allgemeinen Gedanken wie die beiden übrigen Sätze von § 265 Abs. 2 ZPO.
Keukenschrijver Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.07.2008 - 4 Ni 73/06 (EU) -

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)