Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2005 - X ZR 207/01

published on 24.05.2005 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2005 - X ZR 207/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 207/01 Verkündet am:
24. Mai 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 24. Juli 2001 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 19. Juli 1991 angemeldeten deutschen Patents 41 24 066 (Streitpatents), das 21 Patentansprüche umfaßt.
Patentanspruch 1 lautet:
Elektrisches Leuchtensystem mit einer mittels einem oder mehrerer Schienenhalter an Wänden oder Decken befestigbaren bandförmigen Halteschiene, die eine isolierende Mittelschicht, eine erste leitende Außenschicht an der einen Seite der Mittelschicht und eine zweite leitende Außenschicht an der gegenüberliegenden Seite der Mittelschicht aufweist, sowie mit mindestens einem je Lampe tragenden Lampenhalter, mit dem die Lampe mit den beiden Außenschichten elektrisch verbunden ist, wobei der Lampenhalter und/oder der Schienenhalter zwei aus einem elektrisch leitfähigen Material bestehende Halteelemente aufweist, die an den einander gegenüberliegenden Außenschichten der Halteschiene unter Ausbildung eines flächigen elektrischen Kontakts anliegen, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , - daß die Halteelemente (16, 16'; 116, 116'; 216, 216'; 316, 316') starr ausgebildet und zumindest im Bereich der Halteschiene (10) jeweils aus einem Stück sind, und
- daß die Halteelemente (16, 16'; 116, 116'; 216, 216'; 316, 316') unter Aufrechterhaltung der elektrischen Trennung zur Festlegung der Relativlage zwischen Lampenhalter (11, 111) und/oder Schienenhalter (211, 311) und Halteschiene (10) gegeneinander verspannbar sind, derart, daß sie direkt an der Halteschiene fixierbar sind.
Wegen der übrigen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
Mit seiner Klage greift der Kläger die Patentansprüche 1 und 21 an und macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei insoweit nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang für nichtig erklärt.
Nach Auskunft des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Mai 2005 ist das Streitpatent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr am 10. Februar 2005 erloschen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen. In der mündlichen Verhandlung war der Beklagte nicht erschienen und nicht vertreten.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Dr.-Ing. R. S. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang zu Recht für nichtig erklärt, weil der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche 1 und 21 nicht patentfähig ist; er ist nicht neu (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 3 PatG).

I. Einer abschließenden Entscheidung steht nicht entgegen, daß der Beklagte im Verhandlungstermin weder erschienen noch vertreten war. Wie sich aus § 82 PatG, der gemäß § 118 PatG auch im Berufungsverfahren Anwendung findet, ergibt, kann im Falle der Säumnis der ordnungsgemäß geladenen Partei in der Sache entschieden werden (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. Urt. v. 01.02.1994 - X ZR 57/93, GRUR 1994, 360 - Schutzüberzug für Klosettbrillen; Urt. v. 30.04.1996 - X ZR 114/92, GRUR 1996, 757 - Tracheotomiegerät ). Auf diese Folge des Nichterscheinens ist der Beklagte mit der Ladung hingewiesen worden.
II. Das nach Erlöschen des Streitpatents erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage ergibt sich hier daraus, daß ein Verletzungsrechtsstreit zwischen den Parteien vor dem Landgericht München I anhängig ist (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Senats; Urt. v. 29.09.1964 - Ia ZR 285/63, GRUR 1965, 231 - Zierfalten; Urt. v. 26.06.1973 - X ZR 23/71, GRUR 1974, 146 - Schraubennahtrohr; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren , 2. Aufl., Rdn. 120 mit weiteren Hinweisen).
III. Das Streitpatent betrifft ein elektrisches Leuchtensystem.
1. Die Beschreibung des Streitpatents erläutert eingangs, daß derartige Leuchtensysteme im Bereich der Niederspannungsbeleuchtung eingesetzt werden. In Verbindung mit entsprechenden Lampen oder Leuchtmitteln ermöglichten sie eine nicht unbeachtliche Stromeinsparung gegenüber einer herkömmlichen 220-V-Beleuchtung. Außerdem könnten die stromführenden Elemente ohne besondere Isolierungsmaßnahmen im Raum frei zugänglich ver-
legt werden, so daß sie ein beliebtes Gestaltungsobjekt im Einrichtungsbereich geworden seien.
Das Streitpatent geht sodann auf das deutsche Gebrauchsmuster 88 14 295 ein, aus dem ein elektrisches Leuchtensystem mit einer bandförmigen Halteschiene bekannt sei, an der die Lampe mittels U-förmig gebogener Drahtbügel befestigt werde. Nachteilig sei bei dieser Lösung, daß sich der Lampenhalter relativ zur Längsachse der Halteschiene nicht verschwenken lasse und hinsichtlich seiner Stabilität verbesserungsbedürftig sei. Aus dem deutschen Gebrauchsmuster 83 11 846 ergebe sich eine Lösung, bei der der Lampenhalter aus einem elektrisch nicht leitenden U-Profil bestehe, dessen beide Schenkel an ihren Innenseiten jeweils eine flexible, elektrisch leitfähige Blattfeder trügen, die über einen Arretierbolzen mit einem die Lampe tragenden Leuchtgestänge elektrisch und mechanisch in Verbindung stehe.
Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, ein elektrisches Leuchtensystem zu schaffen, das eine sichere und einfache Befestigung von Lampenhalter und Halteschiene ermöglicht und eine sichere Stromübertragung gewährleistet.
2. Das Streitpatent schlägt ein Leuchtensystem vor mit

a) einer mittels einem oder mehrerer Schienenhalter an Wänden oder Decken befestigbaren bandförmigen Halteschiene,

b) die eine isolierende Mittelschicht, eine erste leitende Außenschicht an der einen Seite der Mittelschicht und eine zweite lei-
tende Außenschicht an der gegenüberliegenden Seite der Mittelschicht aufweist, sowie

c) mit mindestens einem je eine Lampe tragenden Lampenhalter, wobei die Lampe mit dem Lampenhalter mit den beiden Außenschichten elektrisch verbunden ist,

d) wobei der Lampenhalter und/oder der Schienenhalter zwei aus einem elektrisch leitfähigen Material bestehende Halteelemente aufweist;

e) die Halteelemente liegen an den einander gegenüberliegenden Außenschichten der Halteschiene unter Ausbildung eines flächigen elektrischen Kontaktes an;

f) die Halteelemente sind starr ausgebildet und zumindest im Bereich der Halteschiene jeweils aus einem Stück;

g) die Halteelemente sind unter Aufrechterhaltung der elektrischen Trennung zur Festlegung der Relativlage zwischen Lampenhalter und/oder Schienenhalter und Halteschiene derart gegeneinander verspannbar, daß sie direkt an der Halteschiene fixierbar sind.
Zu den Halteelementen (Merkmale e bis g) wird in der Beschreibung (Sp. 1 Z. 44 ff.) ausgeführt, daß für den Lampenhalter und/oder Schienenhalter zwei im wesentlichen starre, trennbare Halteelemente vorzusehen sind, die von
entgegengesetzten Seiten her mit der Halteschiene in Anlage gebracht und gegenseitig - beispielsweise durch Verschrauben - verspannt werden können, wodurch die Halteschiene fest zwischen den Halteelementen eingeklemmt wird. Als Vorteile dieser Anordnung bezeichnet es die Streitpatentschrift, daß eine feste und starre mechanische Verbindung zwischen der Halteschiene, die bandförmig ausgebildet ist, und den an der Halteschiene anliegenden Halteelementen erreicht werde, was in beträchtlichem Maße die Stabilität des gesamten Leuchtensystems gewährleiste (Sp. 1 Z. 50-59). Außerdem sei die Montage des Lampenhalters sehr einfach. Die beiden Halteelemente müßten lediglich von den Seiten an die Halteschiene angelegt und miteinander verschraubt werden. Dabei werde zugleich der elektrische Kontakt geschaffen, und zusätzliche elektrische Leitungen seien nicht erforderlich (Sp. 1 Z. 59-65).
IV. Ein elektrisches Leuchtensystem mit allen oben wiedergegebenen Merkmalen des Streitpatents war bereits aus der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 0 129 325 bekannt. Diese betrifft ebenfalls ein Stromschienenleuchtensystem. Es umfaßt eine Schiene, die aus einem Strangpreßprofil aus isolierendem Material besteht, sowie ein Paar längliche, an beiden Seiten des Strangpreßprofils abgestützte Leiterschienen. Der Querschnitt des Strangpreßprofils ist ein T, dessen senkrechter Mittelsteg die Leiterschienen aufnimmt und dessen oberer Quersteg zur Befestigung der Schiene an Decke oder Wand ausgebildet ist. Die europäische Patentanmeldung beschreibt auf S. 3 Z. 18-23 sodann eine bevorzugte Ausführungsform, bei der ein zweites separates Strangpreßprofil vorgesehen ist. Dieses zusätzliche Profil dient der Befestigung an Decke oder Wand. Nach der Beschreibung (S. 2 Z. 34 - S. 3 Z. 3) sind die Leiterschienen vorzugsweise als Flachprofil ausgebildet und werden an beiden Seiten eines Mittelstegs des Strangpreßprofils angeordnet. Sie können
durch ein Flanschenpaar, das mit Abstand zum Mittelsteg und den Leiterschienen angeordnet ist, geschützt werden. Die Beschreibung weist jedoch darauf hin, daß dies nicht notwendig ist, weil die Leiterschienen wegen der niedrigen Spannung keines Schutzes bedürften (S. 3 Z. 4-9). Damit beschreibt diese Schrift eine rechteckige Stromschiene, die eine isolierende Mittelschicht aufweist , an gegenüberliegenden Seiten je eine leitende Außenschicht besitzt und mit Schienenhaltern befestigt werden kann. Damit erfüllt das Stromschienenleuchtensystem nach dieser Schrift die Merkmale a und b der obigen Merkmalsgliederung. Auch die Merkmale c bis e sind in dieser Schrift beschrieben. Nach Patentanspruch 1 ist ein Lampenträger vorgesehen, der ein Kontaktpaar (nach der Beschreibung aus Messing) besitzt, wobei nach Patentanspruch 5 die Kontaktflächen so ausgebildet sind, daß sie mit den flachen Außenflächen der Leitschienen zusammenpassen.
Die Stromentnahme des Lampenhalters wird in Fig. 2 dieser Schrift verdeutlicht. Danach werden die Kontakte in Pfeilrichtung A von beiden Seiten zur Mitte gedrückt, so daß zwischen ihnen und den auf beiden Seiten des Mittelstegs befindlichen Kupferleitern ein effektiver elektrischer Kontakt hergestellt wird. Zum Zwecke des Anpressens der Kontakte besitzen diese je einen äußeren Zapfen, der jeweils durch ein Führungsteil (26) des zentralen zylindrischen Körpers (15) ragt. Den Körper (15) umgibt im unteren Teil eine Nockenhülse (27), die sich nach oben in Nockenteilen (30) fortsetzt. Diese Nockenteile sind konisch ausgebildet und reichen über die äußeren Enden der Zapfen hinaus. Dreht man die Nockenhülse im Uhrzeigersinn, so verstärkt sich der Druck auf die äußeren Enden der Zapfen, bis sie die Kontakte mit Andruck von außen gegen die Kupferschienen verspannen. Mit dieser Vorrichtung zum Anpressen der Kontakte sind auch die Merkmale f und g der obigen Merkmalsgliederung
verwirklicht. Die Halteelemente (hier die Kontakte) sind starr ausgebildet und bestehen aus einem Stück. Die Kontakte sind durch Verdrehen der konischen Nockenteile gegeneinander verspannbar, so daß sie direkt an der Schiene fixiert werden können, wobei die elektrische Trennung aufrechterhalten wird und die Relativlage zwischen Lampenhalter und Schiene festgelegt ist. Damit sind alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents erfüllt.
Patentanspruch 21 betrifft ein elektrisches Leuchtensystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, also auch nach Patentanspruch 1, bei dem die Halteelemente aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung bestehen. Auch die Beklagte macht nicht geltend, daß allein diese Materialwahl auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Das Bundespatentgericht hat zu Recht darauf abgestellt , daß Aluminium und Aluminiumlegierungen ein für elektrische Leiter und Leuchten aus elektrotechnischen wie auch ästhetischen Gründen bekanntes und übliches Material ist.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 ZPO.
Melullis Scharen Mühlens
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung od

Annotations

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

(2) Als Stand der Technik gilt auch der Inhalt folgender Patentanmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst an oder nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind:

1.
der nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung;
2.
der europäischen Anmeldungen in der bei der zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird und die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 79 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens gezahlt ist und, wenn es sich um eine Euro-PCT-Anmeldung (Artikel 153 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens) handelt, die in Artikel 153 Abs. 5 des Europäischen Patentübereinkommens genannten Voraussetzungen erfüllt sind;
3.
der internationalen Anmeldungen nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag in der beim Anmeldeamt ursprünglich eingereichten Fassung, wenn für die Anmeldung das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist.
Beruht der ältere Zeitrang einer Anmeldung auf der Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung, so ist Satz 1 nur insoweit anzuwenden, als die danach maßgebliche Fassung nicht über die Fassung der Voranmeldung hinausgeht. Patentanmeldungen nach Satz 1 Nr. 1, für die eine Anordnung nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 4 erlassen worden ist, gelten vom Ablauf des achtzehnten Monats nach ihrer Einreichung an als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

(3) Gehören Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik, so wird ihre Patentfähigkeit durch die Absätze 1 und 2 nicht ausgeschlossen, sofern sie zur Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört.

(4) Ebenso wenig wird die Patentfähigkeit der in Absatz 3 genannten Stoffe oder Stoffgemische zur spezifischen Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren durch die Absätze 1 und 2 ausgeschlossen, wenn diese Anwendung nicht zum Stand der Technik gehört.

(5) Für die Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt eine Offenbarung der Erfindung außer Betracht, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und unmittelbar oder mittelbar zurückgeht

1.
auf einen offensichtlichen Mißbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers oder
2.
auf die Tatsache, daß der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen im Sinne des am 22. November 1928 in Paris unterzeichneten Abkommens über internationale Ausstellungen zur Schau gestellt hat.
Satz 1 Nr. 2 ist nur anzuwenden, wenn der Anmelder bei Einreichung der Anmeldung angibt, daß die Erfindung tatsächlich zur Schau gestellt worden ist und er innerhalb von vier Monaten nach der Einreichung hierüber eine Bescheinigung einreicht. Die in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Ausstellungen werden vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger bekanntgemacht.

(1) Das Patentgericht stellt dem Beklagten die Klage unverzüglich zu und fordert ihn auf, sich darüber innerhalb eines Monats zu erklären.

(2) Erklärt sich der Beklagte nicht rechtzeitig, so kann ohne mündliche Verhandlung sofort nach der Klage entschieden und dabei jede vom Kläger behauptete Tatsache für erwiesen angenommen werden.

(3) Widerspricht der Beklagte rechtzeitig, so teilt das Patentgericht dem Kläger den Widerspruch mit. Der Beklagte kann den Widerspruch innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klage begründen. Der Vorsitzende kann auf Antrag die Frist um bis zu einem Monat verlängern, wenn der Beklagte hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen. § 81 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend, soweit sich die betreffenden Informationen nicht schon aus der Klageschrift ergeben.

(4) Der Vorsitzende bestimmt einen möglichst frühen Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Zustimmung der Parteien kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Absatz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Urteil des Bundesgerichtshofs ergeht auf Grund mündlicher Verhandlung. § 69 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Die Ladungsfrist beträgt mindestens zwei Wochen.

(3) Von der mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn

1.
die Parteien zustimmen oder
2.
nur über die Kosten entschieden werden soll.

(4) Erscheint eine Partei im Termin nicht, so kann ohne sie verhandelt und durch streitiges Urteil entschieden werden. Erscheint keine der Parteien, ergeht das Urteil auf Grund der Akten.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.