Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2005 - X ZR 191/02

published on 19/04/2005 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2005 - X ZR 191/02
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
X ZR 191/02 Verkündet am:
19. April 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juni 2002 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht u.a. aus abgetretenem Recht Ansprüche aus der Lieferung und Montage von Fenstern geltend.
Die Beklagte, eine Kommanditgesellschaft, betrieb als Generalunternehmerin die Renovierung des unter Denkmalschutz stehenden Hauses G. Z. , das in im Eigentu m des Geschäftsführers ihrer Komplementärin, eines Herrn K. , stand. Die Demontage der al-
ten Fenster und die Montage der neuen gab die Beklagte unter Vereinbarung der Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) und zusätzlich eines Abtretungsverbots bei einem unter der Bezeichnung "UPR" handelnden Herrn W. gegen eine Vergütung von 141.793,71 DM brutto in Auftrag, auf die W. eine Anzahlung von 42.538,11 DM erhielt. W. gab die Lieferung der Fenster bei der inzwischen insolvent gewordenen G. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Zedentin) in Auftrag. In der Folgezeit kam es zu Unstimmigkeiten zwischen der Beklagten und W. und zur Kündigung des zwischen diesen bestehenden Vertrags durch die Beklagte nach § 8 Nr. 3 VOB/B. W. wurde darauf zahlungsunfähig. Die Zedentin lieferte die Fenster gegen Rechnungsstellung über 99.900,50 DM brutto und Abtretung der Forderungen aus der Weiterverwendung unter verlängertem Eigentumsvorbehalt ;W. baute diese zum Teil noch in das Gebäude ein. Am 6. September 1995 kam es zu einer Besprechung zwischen Vertretern der Zedentin und der Beklagten, deren Ergebnis die Parteien unterschiedlich werten. Die Beklagte ließ die Baumaßnahme unter Verwendung der von der Zedentin gelieferten Fenster, z.T. nach Nacharbeiten durch Dritte, fertigstellen. Die Zedentin und nach Offenlegung der Abtretung die Klägerin anstelle der Zedentin haben die Beklagte auf Zahlung von 100.050 DM in Anspruch genommen. Dabei haben sie sich auf eigene Ansprüche der Zedentin aus der behaupteten Vereinbarung vom 6. September 1995, auf von W. abgetretene Ansprüche aus Vertrag mit der Beklagten, auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des behaupteten Vertrags vom 6. September 1995 und auf Bereicherungsansprüche gestützt. Die Beklagte hat einen Vertragsschluß mit der Zedentin in Abrede gestellt, den Einbau der Fenster als durch § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B gedeckt angesehen, die Abtretung der Forderung durch W. als wegen Verstoßes gegen das vertragliche Abtretungsverbot unwirksam, jedenfalls aber eine restliche Werklohnforderung von W. gegen die Beklagte als nicht fällig angesehen.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage im wesentlichen stattgegeben, weil der Klägerin aus der Abtretung von W. dessen Vergütungsanspruch abzüglich der geleisteten Anzahlung zustehe und das Abtretungsverbot nach § 354a HGB unwirksam gewesen sei. Eine förmliche Abrechnung sei ausnahmsweise entbehrlich gewesen. Die Berufung der Beklagten führte nach ergänzender Beweisaufnahme zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung, während die Anschlußberufung der Klägerin gegen die Teilabweisung der Klage ohne Erfolg blieb. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung in vollem Umfang weiter. Die Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten.

Entscheidungsgründe:


Über die Revision ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil die Beklagte im Verhandlungstermin nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
In der Sache führt die Revision zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I. Das Berufungsgericht hat mit dem Landgericht das Zustandekommen eines Vertrags zwischen der Zedentin und der Beklagten verneint. Es hat weiter Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und aus Delikt verneint, weil die Beklagte nicht unberechtigterweise, sondern auf Grund ihres nach § 8 Nr. 3
Abs. 3 VOB/B bestehenden Nutzungsrechts die angelieferten Fenster verwendet habe.
II. 1. Das Berufungsgericht hat die Fälligkeit der abgetretenen Forderung verneint, weil die Klägerin den Werklohnanspruch für bereits erbrachte Leistungen aus dem gekündigten Pauschalpreisvertrag W. mit der Beklagten nicht prüffähig dargestellt und zudem auch nie eine Schlußrechnung erstellt habe, weshalb ein etwaiger restlicher Werklohnanspruch nicht fällig sei. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.
2. Dabei hätte auf der Grundlage der vom Berufungsgericht verneinten Fälligkeit die Klage nur als derzeit unbegründet abgewiesen werden dürfen (BGHZ 140, 365, 368; BGH, Urt. v. 11.2.1999 - VII ZR 399/97, BauR 1999, 635, 636 = ZfBR 1999, 196; Urt. v. 28.9.2000 - VII ZR 42/98, BGHR VOB/B § 8 Nr. 6 Rechnung 2).
3. a) Zwar ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß das Verhalten der Beklagten die Erteilung einer prüfbaren Rechnung an sich nicht entbehrlich machte (vgl. BGHZ 105, 290; BGHZ 145, 245, 248; BGH, Urt. v. 4.7.1996 - VII ZR 227/93, NJW 1996, 3270 = BGHR BGB § 649 Satz 2 Pauschalpreisvertrag 1). Jedoch hat das Berufungsgericht nicht ausreichend beachtet, daß die Abrechnung schon dann prüffähig ist, wenn der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, zu überprüfen. Der Auftraggeber muß die Möglichkeit bekommen, eventuelle Unrichtigkeiten einer Abrechnung zu erkennen. Fehler der Abrechnung berühren hingegen die Prüfbarkeit nicht. Die Abrechnung muß den Auftraggeber in die Lage versetzen zu überprüfen, ob der Auftragnehmer ersparte Kosten auf der Grundlage der konkreten, dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation zutreffend berücksichtigt hat (BGHZ 140, 365, 369). Die Prüffähigkeit ist dabei kein Selbstzweck (BGHZ 140, 365, 370). Wel-
che Anforderungen an eine prüffähige Schlußrechnung zu stellen sind, hängt dabei vom Einzelfall ab (BGHZ 140, 365, 369).

b) Demnach war jedenfalls die Abrechnung, die die Klägerin im Berufungsverfahren erstellt hat, prüffähig. Die abweichende Ansicht des Berufungsgerichts wird von dessen Feststellungen nicht getragen; denn das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe vorgetragen, daß 42 der 66 Fenster bereits von W. selbst eingebaut und montiert worden seien, während die restlichen 24 Fenster lediglich auf der Baustelle bereitgestanden und nachträglich durch ein Drittunternehmen montiert worden seien. Demnach sind alle Fenster, deren Lieferung und Einbau W. schuldete, auch geliefert und eingebaut worden. Weshalb in einem solchen Fall, wie das Berufungsgericht meint, eine Differenzierung nach Art und Größe der einzelnen Fenster erforderlich gewesen sein soll, erschließt sich aus dessen Ausführungen nicht. Allenfalls könnte dies auf den Umfang der Montageleistung Einfluß haben, wenn hierbei je nach Fenstergröße unterschiedliche Kosten anzusetzen wären. Insoweit hat sich die Klägerin die von dritter Seite nach Angaben der Beklagten verlangten Montagekosten zu eigen gemacht und von dem mit W. vereinbarten Pauschalpreis abgezogen. Soweit sich das Berufungsgericht darauf stützt, in diesen Kosten seien "teilweise auch Änderungen " enthalten, konnte dies nur zu Lasten der Klägerin gehen, weil damit zu deren Lasten Kosten abgesetzt worden wären, die den abgetretenen Anspruch W. jedenfalls nicht ohne weiteres betrafen. Darauf, daß die Abrechnung insoweit nicht dem Vertrag der Beklagten mit W. entsprochen haben mag, kann es für die Beurteilung der Prüffähigkeit nicht ankommen. Im übrigen erschließt sich nicht ohne weiteres, wie bei Vereinbarung von Lieferung und Montage von 66 Fenstern zu einem Pauschalpreis eine Aufteilung ausstehender Montageleistungen anders erfolgen konnte als durch Anrechnung eines bezifferten Betrags für die nicht ausgeführten Montageleistungen; daß sich die Klägerin dabei auf die Kosten der Ausführung durch einen Drittunternehmer stützte, war schon mehr, als
ihr oblag. Die Beklagte konnte danach auch beurteilen, ob die Abrechnung dem Vertrag mit W. entsprach. Die Fälligkeit der Forderung kann mit mangelnder Prüffähigkeit daher nicht verneint werden.

c) Im übrigen hing jedenfalls die Fälligkeit eines Anspruchs nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B nicht notwendig auch von der Erstellung einer Schlußrechung ab (vgl. BGHZ 140, 365, 378; BGHZ 145, 245, 248 f.).
III. Die Klageabweisung wegen mangelnder Fälligkeit kann deshalb keinen Bestand haben. Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Oberlandesgericht zu prüfen haben, in welchem Umfang der Anspruch der Klägerin begründet ist.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

3 Referenzen - Gesetze

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar i

(1) Ist die Abtretung einer Geldforderung durch Vereinbarung mit dem Schuldner gemäß § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen und ist das Rechtsgeschäft, das diese Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft, oder ist der Sc
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 28/09/2000 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 42/98 Verkündet am: 28. September 2000 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein VOB/B §§ 8 Nr. 6, 1
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Ist die Abtretung einer Geldforderung durch Vereinbarung mit dem Schuldner gemäß § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen und ist das Rechtsgeschäft, das diese Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft, oder ist der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen, so ist die Abtretung gleichwohl wirksam. Der Schuldner kann jedoch mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten. Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

(2) Absatz 1 ist nicht auf eine Forderung aus einem Darlehensvertrag anzuwenden, deren Gläubiger ein Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes ist.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.