Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2012 - VIII ZR 100/11

published on 26/09/2012 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2012 - VIII ZR 100/11
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Previous court decisions
Landgericht Koblenz, O 47/06, 27/03/2007
Oberlandesgericht Koblenz, 6 U 555/07, 24/02/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 100/11 Verkündet am:
26. September 2012
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
CISG Art. 7, Art. 35, Art. 40, Art. 45, Art. 74, Art. 77, Art. 80

a) Um den Anforderungen an den gewöhnlichen Gebrauch im Sinne von Art. 35
Abs. 2 Buchst. a CISG gerecht zu werden, muss sich eine gelieferte Ware für diejenigen
Verwendungsmöglichkeiten eignen, die nach ihrer stofflichen und technischen
Auslegung und der hieran anknüpfenden Verkehrserwartung nahe liegen.
Bleiben die tatsächlich vorhandenen Verwendungsmöglichkeiten dahinter zurück,
fehlt der Ware die Eignung zum gewöhnlichen Gebrauch, sofern der Verkäufer die
bestehende Einschränkung nicht deutlich macht.

b) Die im UN-Kaufrechtsübereinkommen nicht ausdrücklich geregelte Frage, wie
Fallgestaltungen zu behandeln sind, in denen die Vertragsparteien zum entstandenen
Schaden unabhängig voneinander durch jeweils eigenständige Pflichtverletzungen
beigetragen haben, ist gemäß Art. 7 Abs. 2 CISG durch Rückgriff auf
die den Art. 77 und 80 CISG zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze dahin
zu entscheiden, dass bei teilbaren Rechtsbehelfen wie dem Schadensersatz die
jeweiligen Verursachungsbeiträge bei der Schadensverteilung angemessen zu berücksichtigen
sind.
BGH, Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 100/11 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger
sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. Februar 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. April 2011 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 27. März 2007 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin und - soweit Schadensersatzansprüche auf ihren Versicherer, die C. , H. /N. , übergegangen sind - dieser sämtlichen Schaden zur Hälfte zu ersetzen, der ihr und der C. durch die Lieferung dioxinhaltiger Tonerde im Jahre 2004 durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten , die W. GmbH und Co. KG, an die Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird. Die weitergehende Revision der Klägerin und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die in Deutschland ansässige Beklagte gewinnt und vertreibt mineralische Rohstoffe. Ihre Rechtsvorgängerinnen (im Folgenden einheitlich: Beklagte ) belieferten die in den Niederlanden ansässige Klägerin, die dort tiefgekühlte Kartoffelprodukte herstellt, in langjähriger Geschäftsbeziehung mit gemahlenem Ton (Kaolinit) unter der Bezeichnung "Aardappelbescheidingsklei A 01" (Kartoffelseparierungston A 01) zur Sortierung von Kartoffeln. Hierzu wird ein TonWasser -Bad hergestellt, in dem die stärkeärmeren Kartoffeln aufgrund ihres geringeren spezifischen Gewichts von den zur Lebensmittelverarbeitung benötigten stärkereicheren Kartoffeln getrennt werden. Die Klägerin veräußert anschließend die ausgeschiedenen stärkeärmeren Kartoffeln zusammen mit den Schälabfällen der stärkereicheren Kartoffeln an Futtermittelhersteller zur Weiterverwertung in Tierfutter.
2
Im Jahre 1999 war in Ton, der aus Tongruben im Westerwald gewonnen wurde, eine erhebliche natürliche Dioxinbelastung festgestellt worden, darunter auch in Ton aus der der Beklagten gehörenden Tongrube R. . Der Beklagten war daraufhin durch Ordnungsverfügung untersagt worden , ihre Mahltone in den Verkehr zu bringen, "soweit sie dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Futtermitteln als Zusatzstoff verwendet zu werden". Im Zeitraum von Juli bis Oktober 2004 belieferte die Beklagte die Klägerin mit einem in der Tongrube R. gewonnenen "Aardappelbescheidingsklei A 01". Die Klägerin setzte den Ton in der beschriebenen Weise zur Separierung der Kartoffeln ein und lieferte die dabei ausgeschiedenen Kartoffeln einschließlich der Schälreste an Futtermittelhersteller. Nachdem im Herbst 2004 in Milch und Milchprodukten aus niederländischer Produktion erhöhte Dioxinwerte festgestellt worden waren, ergab eine Anfang November 2004 durchgeführte Überprüfung der bei der Klägerin vorhandenen Bestände des von der Beklagten gelieferten Tons einen Dioxingehalt, der weit über dem Grenzwert für Kaolinit-Tone und andere in der Tierernährung zur Verwendung als Bindemittel, Fließhilfsstoffe oder Gerinnungshilfsstoffe zugelassene Zusatzstoffe lag. Dies rügte die Klägerin, in deren Kartoffelprodukten keine erhöhten Dioxinwerte gemessen wurden, unter dem 4. November 2004 gegenüber der Beklagten.
3
Die Feststellungsklage, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin und deren Haftpflichtversicherer sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die Lieferung dioxinhaltiger Tonerde im Jahre 2004 an die Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage mit der Einschränkung stattgegeben, dass eine Ersatzverpflichtung der Beklagten nicht über den Betrag der Vermögensnachteile hinaus besteht, die der Klägerin entstanden wären, wenn sie durch Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen verhindert hätte , dass Dioxin mit oder aus der gelieferten Tonerde in einer unzulässigen Konzentration in Futtermittel gelangt. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Klägerin ihr Feststellungsbegehren und die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision der Klägerin hat teilweise, die Revision der Beklagten dagegen keinen Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, CISG-online Nr. 2301) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Beklagte sei der Klägerin nach Maßgabe der Bestimmungen des auf das Vertragsverhältnis anwendbaren Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) grundsätzlich zum Ersatz des Schadens verpflichtet, welcher der Klägerin durch die Lieferung dio- xinhaltiger Tonerde entstanden sei. Allerdings könne dahinstehen, ob der gelieferte Ton - wie in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig - von den zu trennenden Kartoffeln problemlos hätte abgewaschen werden können oder ob dies entsprechend einem von der Klägerin erstmals im Berufungsrechtszug gehaltenen Sachvortrag nicht der Fall sei. Auf die hiervon abhängige Frage, ob es sich bei dem gelieferten Ton um einen zur beabsichtigten Kartoffelseparierung zulässigen Verarbeitungshilfsstoff und damit um eine mangelfreie Lieferung im Sinne von Art. 35 CISG gehandelt habe, komme es aber ebenso wenig an wie auf die für eine etwaige Eingangskontrolle nach Art. 38 CISG bedeutsame Frage , ob eine Vertragswidrigkeit des gelieferten Tons auf Tatsachen beruht habe, welche die Beklagte im Sinne von Art. 40 CISG gekannt habe oder über die sie nicht hätte in Unkenntnis sein können. Denn unabhängig davon hafte die Beklagte gemäß Art. 45 CISG für die Verletzung einer aus dem Grundsatz des guten Glaubens im Sinne von Art. 7 Abs. 1 CISG folgenden Pflicht, die Klägerin vor dem Dioxingehalt des gelieferten Tons zu warnen.
7
Eine solche Pflicht, die neben der Haftung für die Vertragsmäßigkeit der Ware bestehe, wenn der Verkäufer aufgrund überlegener Sachkunde erkenne, dass die Ware für den ihr zugedachten Zweck nicht geeignet sei, habe die Beklagte verletzt. Aufgrund der im Jahre 1999 durchgeführten ordnungsbehördlichen Untersuchungen habe sie positiv gewusst, dass der von ihr in R. geförderte und an die Klägerin gelieferte Ton, der nach der vertraglichen Bezeichnung der Ware bei der Herstellung von Lebensmitteln habe verwendet werden sollen, in erheblichem Maße Dioxin enthalten habe. Dies sei der Klägerin, wie die Beklagte gewusst habe, unbekannt gewesen. Zwar habe die Klägerin wissen müssen, dass aus Deutschland stammende Tonerden Dioxin enthalten könnten. Dass gerade der an sie verkaufte Ton aus der betreffenden Tongrube ganz erheblich dioxinbelastet gewesen sei, habe der Klägerin jedoch nicht bekannt sein müssen. Die Beklagte hätte ihr spezielles Wissen deshalb der Klägerin angesichts der allgemein bekannten Gesundheitsgefahren durch Dioxin und des Umstandes, dass der dioxinhaltige Ton mit Kartoffeln habe in Berührung kommen sollen, nicht vorenthalten dürfen.
8
Die Beklagte habe sich auch nicht darauf verlassen dürfen, dass die Klägerin ohne ihr Zutun die erhebliche Dioxinbelastung erkennen würde. Zwar sei die Klägerin in ihrem eigenen Interesse gehalten gewesen, den Ton auf eine mögliche Dioxinbelastung zu prüfen. Jedoch habe die Beklagte zumindest damit rechnen müssen, dass solche Untersuchungen möglicherweise unterbleiben oder nicht sorgfältig genug durchgeführt würden. Das gelte umso mehr, als die Klägerin den Dioxingehalt des gelieferten Tons erst durch Hinzuziehung eines Chemikers mittels relativ aufwändiger Labortests habe erkennen können, während die Beklagte hiervon sichere Kenntnis gehabt habe und dies ohne Weiteres durch eine einfache Mitteilung hätte weitergeben können. Ebenso wenig habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass die Kartoffeln bei der Klägerin nach der Separierung gründlich gewaschen und auf diese Weise von Dioxinrückständen vollständig befreit würden. Sie habe vielmehr in Erwägung ziehen müssen, dass die Klägerin in Unkenntnis der Dioxinbelastung die Reinigung nicht mit der andernfalls gebotenen Gründlichkeit vornehmen würde.
9
Die Beklagte entlaste auch nicht, dass sich die von dem gelieferten Ton ausgehende Gefahr nicht bei den zum menschlichen Verzehr bestimmten Kartoffeln aus der Produktion der Klägerin, sondern allein bei den für die Futtermittelproduktion bestimmten Reststoffen verwirklicht habe. Insoweit komme es nicht darauf an, ob die später in den Milchprodukten festgestellte Dioxinbelastung auf den an den Kartoffelschalen anhaftenden Tonresten oder - wie von der Beklagten behauptet - darauf beruht habe, dass die Klägerin auch das zur Separierung verwendete Ton-Wasser-Bad selbst der Tierfutterherstellung zugeführt habe. Denn die Beklagte habe gewusst, dass der gelieferte Ton für das Separieren von Kartoffeln im Zusammenhang mit der Lebensmittelproduktion bestimmt gewesen sei. Außerdem hätte sie erkennen können, dass die Reststoffe nicht vernichtet, sondern gewinnbringend verwertet würden, wobei die Verarbeitung zu Tierfutter eine der wahrscheinlichsten Verwendungsarten gewesen sei, bei der ebenfalls keine unzulässigen Dioxinwerte hätten auftreten dürfen.
10
Der gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b CISG wegen dieser Pflichtverletzung zu leistende Schadensersatz sei weder durch Art. 79 CISG ausgeschlossen noch sei die Klägerin durch Art. 80 CISG daran gehindert, die Beklagte wegen der Verletzung ihrer Hinweispflicht in Anspruch zu nehmen. An dieser Pflichtverletzung sei sie nicht beteiligt gewesen. Denn ihr habe es weder oblegen, bei der Beklagten anzufragen, ob deren Produkte möglicherweise Dioxin enthielten, noch ihrerseits darauf hinzuweisen, dass die Produktionsreste aus ihrem Betrieb ungereinigt weiterverkauft würden. Ihren Interessen hätte sie auch Genüge getan, wenn sie den Ton nach der Anlieferung und ohne vorherige Mitteilung an die Beklagte auf Dioxin hätte testen lassen. Jedenfalls stehe einer Anwendbarkeit von Art. 80 CISG entgegen, dass es die Beklagte gewesen sei, die die entscheidende Ursache für die Vertragsverletzung gesetzt habe.
11
Der nach Art. 74 CISG zu ersetzende und von der Beklagten auch vorhersehbare Schaden sei aber gemäß Art. 77 CISG insoweit nicht zu ersetzen, als die Klägerin die nach den Umständen angemessenen Maßnahmen zur Verringerung des Schadens unterlassen habe. Ihr sei anzulasten, dass sie sich vor Verwendung des an sie gelieferten Separierungstons nicht vergewissert habe, dass von diesem keine Dioxingefahr für die zu verarbeitenden Lebensmittel und die anschließend herzustellenden Futtermittel ausgegangen sei. Falls sie bei Verwendung des Tons gewusst habe, dass man im Jahr 1999 bei Ton aus deutscher Produktion teilweise einen hohen Dioxingehalt mit der Folge einer mangelnden Verwendungsfähigkeit in Tierfutter festgestellt habe, sei sie gehalten gewesen, Vorkehrungen gegen eine Vergiftung nicht nur der von ihr hergestellten Lebensmittel, sondern auch der zur Verfütterung bestimmten Abfälle zu treffen. Habe sie entsprechend ihren Behauptungen von dieser Möglichkeit nicht gewusst, sei ihr in gleicher Weise anzulasten, dass sie sich nicht hinrei- chend anhand der allgemein zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten über die Gefahren informiert habe, die mit dem von ihr verwendeten Separierungston verbunden sein konnten. Gerade als Lebensmittelproduzentin sei sie im Rahmen ihrer Produktverantwortung gehalten gewesen, sich über die einschlägigen Fragen der Lebensmittelsicherheit und der Entsorgung oder Verwendung der in ihrem Betrieb anfallenden Abfälle auf dem Laufenden zu halten.
12
Als Folge dieser Informationsobliegenheiten hätte sie sich deshalb auch vergewissern müssen, ob der von der Beklagten gelieferte Ton ungefährlich gewesen sei. Dazu hätte sie die Beklagte etwa zur Ergänzung ihrer Angaben über eine Unbedenklichkeit des Tons, die hinsichtlich eines Dioxingehalts nicht aussagekräftig gewesen seien, auffordern oder stichprobenartig den Ton in eigener Verantwortung auf eine eventuelle Überschreitung der zulässigen Dioxinwerte hin kontrollieren müssen, was nach dem erhobenen Sachverständigenbeweis ohne außergewöhnlichen Aufwand möglich gewesen wäre. Dass man nach ihrem Vorbringen auch sonst in der Branche nicht so verfahren sei und insbesondere die Ware nach Verwendung eines solchen Tons nicht gewaschen habe, entlaste sie nicht.
13
Hiernach könne die Klägerin keinen Schadensersatz für diejenigen Schäden beanspruchen, die durch die ungeprüfte Verwendung des dioxinhaltigen Tons und die dadurch verursachte Kontamination von Futtermitteln entstanden seien. Zu ersetzen seien ihr lediglich die Vermögensnachteile, die entstanden wären, wenn sie die notwendigen Maßnahmen zur Verringerung des Schadens wie etwa die Entsorgung des Separierungstons getroffen hätte.
14
Weitere Ansprüche aus einem Verschulden bei Vertragsschluss oder aus unerlaubter Handlung stünden der Klägerin neben dem Schadensersatzanspruch aus Art. 45 CISG nicht zu. Insoweit enthalte das UN-Kaufrecht vielmehr eine abschließende Regelung und verdränge das nationale Recht.

II.

15
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
16
Die Beklagte ist der Klägerin auf der Grundlage des hier zur Anwendung kommenden UN-Kaufrechtsübereinkommens (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a CISG, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 EGBGB aF) gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b, Art. 74 CISG zum Schadenersatz verpflichtet. Sie hat ihre Pflicht zur Lieferung vertragsgemäßer Ware verletzt, weil der gelieferte Separierungston den Anforderungen des Vertrages im Sinne von Art. 35 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a CISG nicht entsprochen hat. Allerdings kann die Klägerin hierfür keinen vollen Schadensersatz beanspruchen. Denn sie hat selbst in schwerwiegender Weise gegen ihre Produktverantwortlichkeit bei dem Inverkehrbringen von (Vor-)Produkten für die Futtermittelherstellung verstoßen und dadurch einen eigenen, bei der Bemessung des Ersatzanspruchs zu berücksichtigenden Beitrag zur Schadensentstehung geleistet.
17
1. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen die Frage der Mangelhaftigkeit des gelieferten Separierungstons zu Unrecht offen gelassen.
18
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der von der Klägerin als Herstellerin von Lebensmitteln ohne weitere Konkretisierung von Eigenschaften oder Beschaffenheitsanforderungen bestellte Mahlton (Kaolinit) angesichts seiner Produktbezeichnung als "Aardappelbescheidingsklei A 01" nicht nur technisch als Trennmittel zur Separierung von Kartoffeln geeignet sein musste. Er musste wegen seines Einsatzes als Verarbeitungshilfsstoff bei der Lebensmittelherstellung gemäß Art. 35 Abs. 1, 2 Buchst. b CISG auch den dafür bestehenden lebensmittelrechtlichen Anforderungen genügen. Da nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine Verwendung der hierbei als ungeeignet aussortierten Kartoffeln zusammen mit den angefallenen Kartoffelschalen zur Herstellung von Futtermitteln allgemein üblich war, hat darüber hinaus die gleichzeitige Verwendung des gelieferten Tons zur Behandlung von Vorprodukten der Futtermittelherstellung zu den Zwecken gehört, für die dieser neben dem in der Produktkennzeichnung benannten Zweck gewöhnlich im Sinne von Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG gebraucht wird. Der Ton musste bei seiner üblichen Verwendung daher zugleich den bestehenden futtermittelrechtlichen Anforderungen genügen.
19
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dies sei deswegen der Fall, weil der dioxinbelastete Ton entsprechend den Behauptungen der Beklagten nach Sortierung der Kartoffeln durch Abwaschen vollständig und problemlos hätte entfernt werden können. Diese Auffassung engt den in Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG geregelten Begriff der Anforderungen an die Tauglichkeit einer Ware zum gewöhnlichen Gebrauch angesichts der mit der Dioxinbelastung einhergehenden Verwendungseinschränkungen unzulässig ein.
20
aa) Nach Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG entspricht eine gelieferte Ware, für die - wie hier - nichts anderes vereinbart ist, dem Vertrag nur, wenn sie sich für die Zwecke eignet, für die Ware der gleichen Art gewöhnlich gebraucht wird. Sie wird also den Anforderungen an ihren gewöhnlichen Gebrauch im Sinne dieser Bestimmung nur gerecht, wenn sie ganz allgemein den Erwartungen entspricht, die ein durchschnittlicher Nutzer bei Anlegung eines objektiven Maßstabs unter üblichen Verwendungsbedingungen zur Verwirklichung des normalen Gebrauchszwecks an sie stellt (Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2005, Art. 35 CISG Rn. 18 mwN). Zwar muss sich eine Ware, um diesen Verkehrserwartungen zu genügen, nicht für alle theoretisch denkbaren Verwendungsformen und Verwendungsmöglichkeiten eignen, sondern nur für diejenigen , die nach ihrer stofflichen und technischen Auslegung und der hieran anknüpfenden Verkehrserwartung nahe liegen. Wird allerdings eine an sich nahe liegende Verwendung von den tatsächlich vorhandenen Verwendungs- und Einsatzmöglichkeiten nicht mehr abgedeckt, fehlt ihr die von Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG geforderte Eignung zum gewöhnlichen Gebrauch, sofern der Verkäufer die bestehende Einschränkung nicht deutlich macht (Achilles, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, 2000, Art. 35 Rn. 4; vgl. ferner Staudinger/Magnus, aaO Art. 35 Rn. 20; Piltz, Internationales Kaufrecht, 2. Aufl., Rn. 5-45; Kröll in Kröll/Mistelis/Viscasillas, UN Convention on Contracts for the International Sale of Goods, 2011, Art. 35 Rn. 69; MünchKommBGB/ Gruber, 6. Aufl., Art. 35 CISG Rn. 16; jeweils mwN).
21
bb) So liegt es im Streitfall. Entgegen der Sichtweise des Berufungsgerichts ist der gelieferte Ton allein schon wegen der besonderen Verwendungsanforderungen , die aufgrund der Dioxinverunreinigung und des dadurch selbst nach den Behauptungen der Beklagten unabdingbaren Erfordernisses einer anschließenden Reinigung der separierten Kartoffeln bestanden haben, nachteilig hinter den Verkehrserwartungen zurückgeblieben. Denn ein Verwender von Kartoffelseparierungston der gelieferten Art kann gewöhnlich davon ausgehen , dass der Ton - dem Regelfall entsprechend - keine Verunreinigungen oder Beimengungen enthält, die lebens- oder futtermittelrechtlich unerwünscht sind und deshalb bei seiner Verwendung besondere Vorkehrungen wie etwa einen anschließenden Waschvorgang der separierten Kartoffeln erfordern. Insbesondere ist ein solches Reinigungserfordernis entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten auch nicht lebens- oder futtermittelrechtlich zwingend und damit verwendungsprägend vorgegeben. Denn Kaolinit-Tone zählen, worauf die Revision der Klägerin zutreffend hinweist und wie insbesondere auch die Benennung dieser Tone im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2439/1999 der Kommission vom 17. November 1999 über die Bedingungen für die Zulassung von Zusatzstoffen der Gruppe "Bindemittel, Fließhilfsstoffe und Gerinnungshilfsstoffe" in der Tierernährung (ABl. EG Nr. L 297 S. 11) unter der EGNummer E 559 belegt, zu den grundsätzlich für die Tierernährung zugelassenen Zusatzstoffen, sofern sie im Einzelfall nicht den festgelegten Höchstgehalt an Dioxinen überschreiten.
22
2. Die Klägerin hat ihr Recht, sich auf die Vertragswidrigkeit des gelieferten Tons zu berufen, nicht gemäß Art. 39 Abs. 1 CISG dadurch verloren, dass sie der Beklagten die Vertragswidrigkeit nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt angezeigt hat, in dem sie - wie von der Beklagten geltend gemacht - die Vertragswidrigkeit hätte feststellen müssen.
23
a) Das Berufungsgericht hat zwar in anderem Zusammenhang angenommen , dass die Klägerin sich über die Ungefährlichkeit des gelieferten Tons hätte vergewissern und ihn zu diesem Zweck in eigener Verantwortung auf eine eventuelle Überschreitung der zulässigen Dioxinwerte hätte kontrollieren können. Jedoch kann dahinstehen, ob die Klägerin eine aus Art. 38 f. CISG folgende Obliegenheit zur Untersuchung der Ware und zur Anzeige sich danach ergebender Vertragswidrigkeiten, die lediglich im Interesse der Vertragsparteien untereinander zur alsbaldigen Klärung einer Tauglichkeit der gelieferten Ware und der daraus zu ziehenden Folgerungen besteht (vgl. Staudinger/Magnus, aaO Art. 39 Rn. 3; Schwenzer in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5. Aufl., Art. 38 Rn. 4), verletzt hat. Denn die Beklagte kann sich hierauf jedenfalls gemäß Art. 40 CISG nicht berufen, weil sie über die Dioxinverunreinigung des gelieferten Tons und ein daraus folgendes, den gewöhnlichen Gebrauch von Kartoffelseparierungston im Sinne von Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG einschränkendes Erfordernis, die separierten Kartoffeln in einem zusätzlichen Waschvorgang zu reinigen, nicht in Unkenntnis sein konnte und weil sie der Klägerin diesen Umstand nicht offenbart hat.
24
b) Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass der Beklagten aufgrund der im Jahre 1999 gezogenen Materialproben die erhebliche Dioxinbelastung des in der Grube R. geförderten Tons bekannt war und dass sie wusste, dass der Klägerin die Dioxinbelastung unbekannt war. Die ihr bekannte Dioxinbelastung, aufgrund derer sich ein Reinigungserfordernis geradezu aufdrängte, hätte die Beklagte - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - der Klägerin nicht verschweigen dürfen. Sie hätte ihr diesen Umstand vielmehr offenbaren müssen, um ihr, sofern die Klägerin daraufhin den verunreinigten Ton überhaupt abgenommen hätte, zumindest Anlass zu geben, durch geeignete Vorsorgemaßnahmen wie ein - nach den Behauptungen der Beklagten als tauglich zu unterstellendes - Abwaschen der separierten Kartoffeln nach Durchlaufen des Ton-Wasser-Bades eine durch die Dioxinbelastung bedingte Kontamination der Folgeprodukte auszuschließen.
25
c) Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagten nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts das bei der Klägerin praktizierte Verfahren zur Verarbeitung der mit Hilfe des gelieferten Tons im Ton-Wasserbad separierten Kartoffeln und die anschließende ungereinigte Verwendung der so behandelten Kartoffeln und Kartoffelreste nicht positiv bekannt waren. Vielmehr hätte gerade die fehlende Kenntnis, ob ein sicherer Einsatz des gelieferten Separierungstons bei der Klägerin gewährleistet war, die Beklagte zur Vorsicht veranlassen müssen. Deshalb wäre ein entsprechender Gefahrenhinweis geboten gewesen, um von vornherein jegliche Gefahrverwirklichung durch den dioxinverunreinigten Separierungston bei der anschließenden Futtermittelproduktion auszuschließen.
26
3. Die Klägerin kann danach gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b, Art. 74 Abs. 1 CISG den Ersatz des Schadens beanspruchen, der ihr daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte ihre nach Art. 35 Abs. 1, 2 Buchst. a CISG bestehende Pflicht verletzt hat, Kartoffelseparierungston zu liefern , der den vorstehend unter II 1 b bb beschriebenen Anforderungen des Vertrages entspricht, und dadurch aufgrund des Dioxingehalts des Tons eine hier eingetretene Verwendungsgefahr geschaffen hat, mit der bei normalem Gebrauch nicht zu rechnen war (vgl. Staudinger/Magnus, aaO Art. 35 CISG Rn. 18 mwN). Allerdings ist dieser Schadensersatz zu mindern, weil die Klägerin selbst in schwer wiegender Weise ihrer Produktverantwortlichkeit für die in die Futtermittelproduktion gegebenen ausgesonderten Kartoffeln und Kartoffelreste nicht genügt und dadurch einen ihr anzulastenden eigenen Beitrag zur Entstehung des durch die mangelhafte Lieferung verursachten (Regress-)Schadens geleistet hat.
27
a) Die Klägerin war - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - ihrerseits verpflichtet, angemessene Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass von den von ihr in den Verkehr gebrachten Futtermitteln oder den dafür bestimmten Vorprodukten Gesundheitsgefahren für Mensch oder Tier in der nachfolgenden Futter- und Nahrungsmittelkette ausgehen. Daran fehlt es.
28
aa) Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die ausgesonderten Kartoffeln und Kartoffelreste zur Verwertung als Futtermittel in den Verkehr gebracht, ohne sich zuvor über die futtermittelrechtliche Unbedenklichkeit des als Verarbeitungshilfsstoff mit verwerteten Tons in einer Weise zu vergewissern, die durch die im Lebens- und Futtermittelrecht bestehenden Sorgfaltsanforderungen geboten war (vgl. dazu Meyer in Meyer/Streinz, LFGBBasisVO , 2007, Art. 17 VO 178/2002/EG Rn. 21 f.; Wehlau, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 2010, Vorbemerkung zu § 58 Rn. 72, 79 f.). Dazu hatte die Klägerin - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - hier durchaus Anlass. Denn ihr hätte eine mögliche Dioxinbelastung des von der Beklagten gelieferten Tons bei der auch insoweit gebotenen Sorgfalt nicht verborgen bleiben können. Hierüber war nicht nur in der Presse berichtet worden. Vielmehr war eine Dioxinbelastung von in Deutschland geförderten Kaolinit-Tonen sogar in der für das Tätigkeitsgebiet der Klägerin einschlägigen EU-Normgebung aufgegriffen worden (vgl. Erwägungsgründe 1, 8 der Verordnung (EG) Nr. 2439/1999, aaO) und hatte - worauf auch die Revision der Beklagten hinweist - in der Folgezeit zu einer Vielzahl gesetzgeberischer Vorhaben, Maßnahmen und Empfehlungen geführt (z.B. Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/29/EG des Rates über unerwünschte Stoffe und Erzeugnisse in der Tierernährung vom 28. August 2001, KOM [2001] 493 endgültig [ABl. EG Nr. C 332E S. 242]; Empfehlung der Kommission vom 4. März 2002 zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln [ABl. EG Nr. L 67 S. 69]; Erwägungsgrund 5 sowie Art. 1 i.V.m. dem Anhang der Richtlinie 2003/57/EG der Kommission vom 17. Juni 2003 zur Änderung der Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung [ABl. EG Nr. L 151 S. 38]).
29
bb) Ohne Erfolg macht die Revision der Klägerin demgegenüber geltend, die Klägerin habe zu einer dahingehenden Prüfung des gelieferten Tons keine Veranlassung gehabt, weil die Beklagte durch Vorlage des hierfür erstellten Sicherheitsdatenblatts mit der darin enthaltenen toxikologischen Information "non toxic" zugleich die Erklärung abgegeben habe, dass der Ton dioxinfrei und deshalb insoweit unbedenklich sei. Eine dahingehende Aussage enthält das Sicherheitsdatenblatt nicht. Bei dem Sicherheitsdatenblatt hat es sich - worauf die Revision der Beklagten mit Recht hinweist - um eine gemäß § 14 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in der Fassung von Art. 2 Nr. 8 der Verordnung vom 4. Juli 2002 (BGBl. I S. 2514) zu übermittelnde Information des Gefahrstoffrechts gehandelt, die allein schon nach ihrem Zweck keine tauglichen Rückschlüsse auf einen nach Lebens- oder Futtermittelrecht relevanten Gehalt an Inhaltsstoffen oder Verunreinigungen zugelassen hat. Denn das Gefahrstoffrecht zielt - anders als das Lebens- und Futtermittelrecht - nicht auf eine Sicherheit der Lebens- und Futtermittelkette unter dem Gesichtspunkt eines Verzehrs der Inhaltsstoffe ab (vgl. Weinmann/Thomas/Klein, Gefahrstoffverordnung , Stand 2003, § 2 Anm. 3.2.2 zu Nr. 1). Es bezweckt vielmehr eine Gefahrvermeidung im Umgang mit solchen Stoffen bei deren Herstellung und Verwendung sowie bei Tätigkeiten in deren Gefahrenbereich (vgl. § 19 des Chemikaliengesetzes [ChemG] in der Neufassung vom 20. Juni 2002 [BGBl. I S. 2090], §§ 1, 2 Abs. 2 GefStoffV). Dementsprechend war das Sicherheitsdatenblatt nur dazu bestimmt, dem berufsmäßigen Verwender die beim Umgang mit Stoffen und Zubereitungen notwendigen Daten und Umgangsempfehlungen zu vermitteln , um die für den Gesundheitsschutz, die Sicherheit am Arbeitsplatz und den Schutz der Umwelt erforderlichen Maßnahmen treffen zu können (Ziff. 4 Abs. 1 der Technischen Regeln für Gefahrstoffe [TRGS] 220, abgedruckt bei Weinmann /Thomas/Klein, aaO Teil 2 Ordner 2/1; Weinmann/Thomas/Klein, aaO § 14 Anm. 2.5).
30
b) Im Umfang des Gewichts ihrer eigenen Sorgfaltspflichtverletzung kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht auf deren Pflichtverletzung durch Lieferung vertragswidrigen Tons berufen, so dass ihr Schadensersatzanspruch entsprechend zu kürzen ist.
31
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann eine Kürzung des der Klägerin zustehenden Schadensersatzes aufgrund des Beitrags, den sie durch ihre vorstehend unter II 3 a aa beschriebene Sorgfaltspflichtverletzung selbst zur Schadensverursachung geleistet hat, allerdings nicht unmittelbar auf Art. 77 CISG gestützt werden. Nach dieser Bestimmung kann in Fällen, in denen eine Partei es versäumt, alle den Umständen nach angemessenen Maßnahmen zur Verringerung des aus der Vertragsverletzung folgenden Verlusts zu treffen, die vertragsbrüchige Partei Herabsetzung des Schadens in Höhe des Betrages verlangen, um den der Verlust hätte verringert werden sollen. Allerdings erfasst die Vorschrift nur diejenigen Fälle, in denen die ersatzberechtigte Partei es nach Kenntniserlangung von den Umständen des (drohenden) Schadenseintritts unter Verstoß gegen eine dann einsetzende Obliegenheit unterlassen hat, den durch eine Vertragsverletzung der anderen Partei verursachten Schaden durch Vornahme angemessener Maßnahmen zu mindern oder den durch eine Vertragsverletzung der anderen Partei drohenden Schaden zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 1999 - VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 135 f.; Staudinger/Magnus, aaO Art. 77 Rn. 5, 8, 11; Piltz, aaO Rn. 5-555). Eine solche Kenntnis von den Umständen des (drohenden) Schadenseintritts, die der Klägerin hätten Anlass geben müssen, in den (drohenden) Schadensverlauf durch schadensmindernde Maßnahmen einzugreifen, stellt das Berufungsgericht indessen nicht fest. Dafür besteht auch sonst kein Anhalt.
32
Ebenso wenig kann - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - eine Kürzung des Schadensersatzes unmittelbar auf Art. 80 CISG gestützt werden, wonach sich eine Partei auf die Nichterfüllung von Pflichten durch die andere Partei nicht berufen kann, soweit diese Nichterfüllung durch ihre Handlung oder Unterlassung verursacht wurde. Denn die Klägerin hat die in der Lieferung vertragswidrigen Tons liegende Vertragsverletzung der Beklagten nicht mitverursacht. Dass sie im Verhältnis zur Beklagten die Anforderungen an den zu liefernden Ton nicht näher spezifiziert und insbesondere nicht ausdrücklich auf das Erfordernis einer Dioxinfreiheit hingewiesen hat, stellt keinen berücksichtigungsfähigen Mitverursachungsbeitrag dar. Denn es lag auch für die Beklagte auf der Hand, dass der zu dem beschriebenen Zweck bestellte Ton kein Dioxin enthalten durfte, so dass diese Selbstverständlichkeit keiner ausdrücklichen Erwähnung bedurfte.
33
bb) Die im UN-Kaufrechtsübereinkommen nicht ausdrücklich entschiedene Frage, wie Fallgestaltungen zu behandeln sind, in denen - wie hier - die Vertragsparteien zum entstandenen Schaden unabhängig voneinander durch jeweils eigenständige Pflichtverletzungen beigetragen haben, ist gemäß Art. 7 Abs. 2 CISG durch Rückgriff auf die insbesondere den Art. 77 und 80 CISG zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze zu entscheiden.
34
(1) Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass beide Vorschriften einen besonderen Ausdruck des in Art. 7 Abs. 1 CISG geregelten Gebots darstellen, die Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel zu fördern (Staudinger /Magnus, aaO Art. 77 CISG Rn. 2, Art. 80 CISG Rn. 2; Schwenzer, aaO Art. 77 Rn. 1; MünchKommBGB/Huber, aaO, Art. 77 CISG Rn. 1, Art. 80 CISG Rn. 1; MünchKommHGB/Mankowski, 2. Aufl., Art. 80 CISG Rn. 1; Brunner, UNKaufrecht , 2004, Art. 77 Rn. 1, Art. 80 Rn. 1; Rathjen, RIW 1999, 561, 565). Dabei geht Art. 77 CISG auf den verallgemeinerungsfähigen Grundgedanken zurück, dass ein in zumutbarer Weise vermeidbarer Schaden nicht entschädigungswürdig ist (Schwenzer, aaO; Staudinger/Magnus, aaO Art. 77 CISGRn.
2; MünchKommBGB/Huber, aaO Art. 77 CISG Rn. 1; Brunner, aaO Art. 77 Rn. 1), während Art. 80 CISG Ausdruck des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ist und den allgemeinen Gedanken formuliert, dass ein Gläubiger aus eigenem schadensbegründenden Verhalten keinen Vorteil ziehen darf (Staudinger /Magnus, aaO Art. 80 CISG Rn. 2; Brunner, aaO Art. 80 Rn. 1; MünchKommBGB /Huber, aaO Art. 80 CISG Rn. 1; Rathjen, aaO). Zugleich lassen beide Vorschriften (Art. 77 CISG: "…Herabsetzung des Schadens in Höhe des Betrags…, um den der Verlust hätte verringert werden sollen"; Art. 80 CISG: "… soweit diese Nichterfüllung durch ihre Handlung oder Unterlassung verursacht wurde") erkennen, dass die Rechtsfolge einer Schadensmitverursachung durch den Gläubiger nicht dessen Anspruchsverlust sein soll, sondern dass im Falle beiderseitiger Schadensverursachung jedenfalls bei teilbaren Rechtsbehelfen wie dem Schadensersatz die jeweiligen Beiträge bei der Schadensverteilung durch Bewertung, Gewichtung und Abwägung zu berücksichtigen sind (Schwenzer, aaO Art. 80 Rn. 7; Staudinger/Magnus, aaO Art. 80 CISG Rn. 14; MünchKommBGB/Huber, aaO Art. 80 CISG Rn. 6; Atamer in Kröll/Mistelis/ Viscasillas, aaO Art. 80 Rn. 17; Rathjen, aaO; jeweils mwN).
35
(2) Diesen allgemeinen Grundsätzen entsprechend ist der der Klägerin entstandene Schaden vorliegend dahin zu verteilen, dass die Klägerin ihren Schaden zur Hälfte selbst zu tragen hat. Dazu bedarf es keiner weiteren tatrichterlichen Feststellungen, so dass der Senat die Schadensverteilung selbst vornehmen kann. Denn das Berufungsgericht hat die zu den einzelnen Schadensbeiträgen der Parteien und ihrem Gewicht erforderlichen Feststellungen bereits getroffen und sich lediglich durch die von ihm für unmittelbar anwendbar erachtete Vorschrift des Art. 77 CISG rechtsfehlerhaft in der Rechtsfolge dahin gebunden gesehen, dass die Klägerin nur Ersatz derjenigen Vermögensnachteile sollte beanspruchen können, welche sie (noch) gehabt hätte, wenn sie die notwendigen Maßnahmen zur Verringerung des Schadens ergriffen hätte.
36
Im Rahmen der erforderlichen Gewichtung und Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ist zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass der von ihr gelieferte Ton nicht nur den beschriebenen Mangel aufwies, sondern dass sie die Klägerin zudem über den ihr bekannten Dioxingehalt im Unklaren gelassen und dadurch in schwer wiegender Weise das Risiko eines Fehlgebrauchs durch die Klägerin erhöht hat. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen , dass die Klägerin selbst jede Sorgfalt im Umgang mit dem in die Futtermittelverwertung gelangten Ton hat vermissen lassen, obgleich ihr die Gefahr einer Dioxinverunreinigung und die damit verbundenen Risiken nicht hatten verborgen bleiben können. Beide Parteien haben ihre Pflichten dadurch in einem unabhängig voneinander zum Schadenseintritt führenden Ausmaß verletzt, das in seiner Schwere etwa gleich wiegt und deshalb eine hälftige Schadensteilung rechtfertigt, worüber zugleich im hier gegebenen Verfahren über den Grund des Anspruchs zu entscheiden ist (vgl. Senatsurteil vom 24. März 1999 - VIII ZR 121/98, aaO).
37
4. Über die von der Revision der Klägerin weiter zur Überprüfung durch den Senat gestellte Frage, ob und inwieweit nationales Deliktsrecht bei den von der Klägerin geltend gemachten Schäden neben den für eine Verletzung vertraglicher Pflichten im UN-Kaufrecht vorgesehenen Rechtsbehelfen zur Anwendung kommen kann (zum Meinungsstand Staudinger/Magnus, aaO Art. 5 CISG Rn. 11 ff.; Piltz, aaO Rn. 2-139 ff.; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer, aaO Art. 5 Rn. 12; jeweils mwN), ist eine Entscheidung nicht veranlasst. Dieses Konkurrenzverhältnis bedarf vorliegend schon deshalb keiner näheren Klärung, weil man im Falle eines etwaigen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruchs der Klägerin über den dann anwendbaren § 254 BGB in gleicher Weise zu der vorstehend beschriebenen Schadensteilung käme.

III.

38
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat, da der Rechtsstreit - wie aufgezeigt - nach dem festgestellten Sachverhältnis zur Endentscheidung reif ist, in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies führt unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur erkannten Schadensteilung. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 27.03.2007 - 4 HK.O 47/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 24.02.2011 - 6 U 555/07 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

12 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Annotations

(1) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass den Beschäftigten eine schriftliche Betriebsanweisung, die der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 Rechnung trägt, in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zugänglich gemacht wird. Die Betriebsanweisung muss mindestens Folgendes enthalten:

1.
Informationen über die am Arbeitsplatz vorhandenen oder entstehenden Gefahrstoffe, wie beispielsweise die Bezeichnung der Gefahrstoffe, ihre Kennzeichnung sowie mögliche Gefährdungen der Gesundheit und der Sicherheit,
2.
Informationen über angemessene Vorsichtsmaßregeln und Maßnahmen, die die Beschäftigten zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der anderen Beschäftigten am Arbeitsplatz durchzuführen haben; dazu gehören insbesondere
a)
Hygienevorschriften,
b)
Informationen über Maßnahmen, die zur Verhütung einer Exposition zu ergreifen sind,
c)
Informationen zum Tragen und Verwenden von persönlicher Schutzausrüstung und Schutzkleidung,
3.
Informationen über Maßnahmen, die bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen und zur Verhütung dieser von den Beschäftigten, insbesondere von Rettungsmannschaften, durchzuführen sind.
Die Betriebsanweisung muss bei jeder maßgeblichen Veränderung der Arbeitsbedingungen aktualisiert werden. Der Arbeitgeber hat ferner sicherzustellen, dass die Beschäftigten
1.
Zugang haben zu allen Informationen nach Artikel 35 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 über die Stoffe und Gemische, mit denen sie Tätigkeiten ausüben, insbesondere zu Sicherheitsdatenblättern, und
2.
über Methoden und Verfahren unterrichtet werden, die bei der Verwendung von Gefahrstoffen zum Schutz der Beschäftigten angewendet werden müssen.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Beschäftigten anhand der Betriebsanweisung nach Absatz 1 über alle auftretenden Gefährdungen und entsprechende Schutzmaßnahmen mündlich unterwiesen werden. Teil dieser Unterweisung ist ferner eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung. Diese dient auch zur Information der Beschäftigten über die Voraussetzungen, unter denen sie Anspruch auf arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge haben, und über den Zweck dieser Vorsorgeuntersuchungen. Die Beratung ist unter Beteiligung der Ärztin oder des Arztes nach § 7 Absatz 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge durchzuführen, falls dies erforderlich sein sollte. Die Unterweisung muss vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens jährlich arbeitsplatzbezogen durchgeführt werden. Sie muss in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

(3) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B sicherzustellen, dass

1.
die Beschäftigten und ihre Vertretung nachprüfen können, ob die Bestimmungen dieser Verordnung eingehalten werden, und zwar insbesondere in Bezug auf
a)
die Auswahl und Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung und die damit verbundenen Belastungen der Beschäftigten,
b)
durchzuführende Maßnahmen im Sinne des § 10 Absatz 4 Satz 1,
2.
die Beschäftigten und ihre Vertretung bei einer erhöhten Exposition, einschließlich der in § 10 Absatz 4 Satz 1 genannten Fälle, unverzüglich unterrichtet und über die Ursachen sowie über die bereits ergriffenen oder noch zu ergreifenden Gegenmaßnahmen informiert werden,
3.
ein aktualisiertes Verzeichnis über die Beschäftigten geführt wird, die Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B ausüben, bei denen die Gefährdungsbeurteilung nach § 6 eine Gefährdung der Gesundheit oder der Sicherheit der Beschäftigten ergibt; in dem Verzeichnis ist auch die Höhe und die Dauer der Exposition anzugeben, der die Beschäftigten ausgesetzt waren,
4.
das Verzeichnis nach Nummer 3 mit allen Aktualisierungen 40 Jahre nach Ende der Exposition aufbewahrt wird; bei Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen hat der Arbeitgeber den Beschäftigten einen Auszug über die sie betreffenden Angaben des Verzeichnisses auszuhändigen und einen Nachweis hierüber wie Personalunterlagen aufzubewahren,
5.
die Ärztin oder der Arzt nach § 7 Absatz 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, die zuständige Behörde sowie jede für die Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz verantwortliche Person Zugang zu dem Verzeichnis nach Nummer 3 haben,
6.
alle Beschäftigten Zugang zu den sie persönlich betreffenden Angaben in dem Verzeichnis haben,
7.
die Beschäftigten und ihre Vertretung Zugang zu den nicht personenbezogenen Informationen allgemeiner Art in dem Verzeichnis haben.

(4) Der Arbeitgeber kann mit Einwilligung des betroffenen Beschäftigten die Aufbewahrungs- einschließlich der Aushändigungspflicht nach Absatz 3 Nummer 4 auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger übertragen. Dafür übergibt der Arbeitgeber dem Unfallversicherungsträger die erforderlichen Unterlagen in einer für die elektronische Datenverarbeitung geeigneten Form. Der Unfallversicherungsträger händigt der betroffenen Person auf Anforderung einen Auszug des Verzeichnisses mit den sie betreffenden Angaben aus.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen einschließlich des Schutzes der Arbeitskraft und der menschengerechten Gestaltung der Arbeit erforderlich ist, beim Herstellen und Verwenden von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen sowie bei Tätigkeiten in deren Gefahrenbereich Maßnahmen der in Absatz 3 beschriebenen Art vorzuschreiben. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen nach Absatz 3, soweit entsprechende Vorschriften nach dem Atomgesetz, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Pflanzenschutzgesetz oder Sprengstoffgesetz bestehen.

(2) Gefahrstoffe im Sinne dieser Vorschrift sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3a Absatz 1,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber aufgrund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert im Sinne der Rechtsverordnung nach Absatz 1 zugewiesen ist.

(3) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann insbesondere bestimmt werden,

1.
wie derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen beschäftigt, zu ermitteln hat, ob es sich im Hinblick auf die vorgesehene Herstellung oder Verwendung um einen Gefahrstoff handelt, soweit nicht bereits eine Einstufung nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts erfolgt ist,
2.
dass derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Gefahrstoffen beschäftigt, verpflichtet wird zu prüfen, ob Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse oder Herstellungs- oder Verwendungsverfahren mit einem geringeren Risiko für die menschliche Gesundheit verfügbar sind und dass er diese verwenden soll oder zu verwenden hat, soweit es ihm zumutbar ist,
2a.
dass der Hersteller oder Einführer dem Arbeitgeber auf Verlangen die gefährlichen Inhaltsstoffe der Gefahrstoffe sowie die gültigen Grenzwerte und, falls solche noch nicht vorhanden sind, Empfehlungen für einzuhaltende Stoffkonzentrationen und die von den Gefahrstoffen ausgehenden Gefahren oder die zu ergreifenden Maßnahmen mitzuteilen hat,
3.
wie die Arbeitsstätte einschließlich der technischen Anlagen, die technischen Arbeitsmittel und die Arbeitsverfahren beschaffen, eingerichtet sein oder betrieben werden müssen, damit sie dem Standder Technik,Arbeitsmedizin und Hygiene sowie den gesicherten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, die zum Schutz der Beschäftigten zu beachten sind,
4.
wie der Betrieb geregelt sein muss, insbesondere
a)
dass Stoffe und Gemische bezeichnet und wie Gefahrstoffe innerbetrieblich verpackt, gekennzeichnet und erfasst sein müssen, damit die Beschäftigten durch eine ungeeignete Verpackung nicht gefährdet und durch eine Kennzeichnung über die von ihnen ausgehenden Gefahren unterrichtet werden,
b)
wie das Herstellungs- oder Verwendungsverfahren gestaltet sein muss, damit die Beschäftigten nicht gefährdet und die Grenzwerte oder Richtwerte über die Konzentration gefährlicher Stoffe oder Gemische am Arbeitsplatz nach dem Stand der Technik unterschritten werden,
c)
welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit Gefahrstoffe nicht in die Hände Unbefugter gelangen oder sonst abhanden kommen,
d)
welche persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt und von den Beschäftigten bestimmungsgemäß benutzt werden müssen,
e)
wie die Zahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt werden, beschränkt und wie die Dauer einer solchen Beschäftigung begrenzt sein muss,
f)
wie die Beschäftigten sich verhalten müssen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden, und welche Voraussetzungen hierfür zu treffen sind, insbesondere welche Kenntnisse und Fähigkeiten Beschäftigte haben müssen und welche Nachweise hierüber zu erbringen sind,
g)
unter welchen Umständen Zugangs- und Beschäftigungsbeschränkungen zum Schutz der Beschäftigten vorgesehen werden müssen,
h)
dass ein Projektleiter für bestimmte Herstellungs- oder Verwendungsverfahren zu bestellen ist, welche Verantwortlichkeiten diesem zuzuweisen sind und welche Sachkunde dieser nachzuweisen hat,
5.
wie den Beschäftigten die anzuwendenden Vorschriften in einer tätigkeitsbezogenen Betriebsanweisung dauerhaft zur Kenntnis zu bringen sind und in welchen Zeitabständen anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu unterweisen ist,
6.
welche Vorkehrungen zur Verhinderung von Betriebsstörungen und zur Begrenzung ihrer Auswirkungen für die Beschäftigten und welche Maßnahmen zur Organisation der Ersten Hilfe zu treffen sind,
7.
dass und welche verantwortlichen Aufsichtspersonen für Bereiche, in denen Beschäftigte besonderen Gefahren ausgesetzt sind, bestellt und welche Befugnisse ihnen übertragen werden müssen, damit die Arbeitsschutzaufgaben erfüllt werden können,
8.
dass im Hinblick auf den Schutz der Beschäftigten eine Gefahrenbeurteilung vorzunehmen ist, welche Unterlagen hierfür zu erstellen sind und dass diese Unterlagen zur Überprüfung der Gefahrenbeurteilung von der zuständigen Landesbehörde der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zugeleitet werden können,
9.
welche Unterlagen zur Abwendung von Gefahren für die Beschäftigten zur Einsicht durch die zuständige Landesbehörde bereitzuhalten und auf Verlangen vorzulegen sind,
10.
dass ein Herstellungs- oder Verwendungsverfahren, bei dem besondere Gefahren für die Beschäftigten bestehen oder zu besorgen sind, der zuständigen Landesbehörde angezeigt oder von der zuständigen Landesbehörde erlaubt sein muss,
11.
dass Arbeiten, bei denen bestimmte gefährliche Stoffe oder Gemische freigesetzt werden können, nur von dafür behördlich anerkannten Betrieben durchgeführt werden dürfen,
12.
dass die Beschäftigten gesundheitlich zu überwachen sind, hierüber Aufzeichnungen zu führen sind und zu diesem Zweck
a)
derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Gefahrstoffen beschäftigt, insbesondere verpflichtet werden kann, die Beschäftigten ärztlich untersuchen zu lassen,
b)
der Arzt, der mit einer Vorsorgeuntersuchung beauftragt ist, in Zusammenhang mit dem Untersuchungsbefund bestimmte Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere hinsichtlich des Inhalts einer von ihm auszustellenden Bescheinigung und der Unterrichtung und Beratung über das Ergebnis der Untersuchung,
c)
die zuständige Behörde entscheidet, wenn Feststellungen des Arztes für unzutreffend gehalten werden,
d)
die in die Aufzeichnung aufzunehmenden Daten dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer von ihm beauftragten Stelle zum Zwecke der Ermittlung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren oder Berufskrankheiten übermittelt werden,
13.
dass der Arbeitgeber dem Betriebs- oder Personalrat Vorgänge mitzuteilen hat, die er erfahren muss, um seine Aufgaben erfüllen zu können,
14.
dass die zuständigen Landesbehörden ermächtigt werden, zur Durchführung von Rechtsverordnungen bestimmte Anordnungen im Einzelfall zu erlassen, insbesondere bei Gefahr im Verzug auch gegen Aufsichtspersonen und sonstige Beschäftigte,
15.
dass die Betriebsanlagen und Arbeitsverfahren, in denen bestimmte Gefahrstoffe hergestellt oder verwendet werden, durch einen Sachkundigen oder einen Sachverständigen geprüft werden müssen,
16.
dass und welche Informations- und Mitwirkungspflichten derjenige hat, der Tätigkeiten an Erzeugnissen oder Bauwerken veranlasst, welche Gefahrstoffe enthalten, die durch diese Tätigkeiten freigesetzt werden können und zu besonderen Gesundheitsgefahren führen können.

(4) Wegen der Anforderungen nach Absatz 3 kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei ist

1.
in der Rechtsverordnung das Datum der Bekanntmachung anzugeben und die Bezugsquelle genau zu bezeichnen,
2.
die Bekanntmachung bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin archivmäßig gesichert niederzulegen und in der Rechtsverordnung darauf hinzuweisen.

(1) Ziel dieser Verordnung ist es, den Menschen und die Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen zu schützen durch

1.
Regelungen zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische,
2.
Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und
3.
Beschränkungen für das Herstellen und Verwenden bestimmter gefährlicher Stoffe, Gemische und Erzeugnisse.

(2) Abschnitt 2 gilt für das Inverkehrbringen von

1.
gefährlichen Stoffen und Gemischen,
2.
bestimmten Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen, die mit zusätzlichen Kennzeichnungen zu versehen sind, nach Maßgabe der Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) (ABl. L 243 vom 24.9.1996, S. 31), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
3.
Biozid-Produkten im Sinne des § 3 Nummer 11 des Chemikaliengesetzes, die keine gefährlichen Stoffe oder Gemische sind, sowie
4.
Biozid-Wirkstoffen im Sinne des § 3 Nummer 12 des Chemikaliengesetzes, die biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung sind, und Biozid-Produkten im Sinne des § 3 Nummer 11 des Chemikaliengesetzes, die als Wirkstoffe solche biologischen Arbeitsstoffe enthalten.
Abschnitt 2 gilt nicht für Lebensmittel oder Futtermittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbrauch bestimmt sind.

(3) Die Abschnitte 3 bis 6 gelten für Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse ausgesetzt sein können. Sie gelten auch, wenn die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen aufgrund von Tätigkeiten im Sinne von § 2 Absatz 5 gefährdet sein können, die durch Beschäftigte oder Unternehmer ohne Beschäftigte ausgeübt werden. Die Sätze 1 und 2 finden auch Anwendung auf Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Beförderung von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen ausgeübt werden. Die Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen bleiben unberührt.

(4) Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung nicht für

1.
biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung und
2.
private Haushalte.
Diese Verordnung gilt ferner nicht für Betriebe, die dem Bundesberggesetz unterliegen, soweit dort oder in Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, entsprechende Rechtsvorschriften bestehen.

(1) Gefahrstoffe im Sinne dieser Verordnung sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber auf Grund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen worden ist.

(2) Für die Begriffe Stoff, Gemisch, Erzeugnis, Lieferant, nachgeschalteter Anwender und Hersteller gelten die Begriffsbestimmungen nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/1221 (ABl. L 197 vom 25.7.2015, S. 10) geändert worden ist.

(2a) Umweltgefährlich sind, über die Gefahrenklasse gewässergefährdend nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 hinaus, Stoffe oder Gemische, wenn sie selbst oder ihre Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit von Naturhaushalt, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.

(3) Krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch sind

1.
Stoffe, die in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft sind,
2.
Stoffe, welche die Kriterien für die Einstufung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,
3.
Gemische, die einen oder mehrere der in § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe enthalten, wenn die Konzentration dieses Stoffs oder dieser Stoffe die stoffspezifischen oder die allgemeinen Konzentrationsgrenzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erreicht oder übersteigt, die für die Einstufung eines Gemischs als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch festgelegt sind,
4.
Stoffe, Gemische oder Verfahren, die in den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch bezeichnet werden.

(4) Organische Peroxide im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind Stoffe, die sich vom Wasserstoffperoxid dadurch ableiten, dass ein oder beide Wasserstoffatome durch organische Gruppen ersetzt sind, sowie Gemische, die diese Stoffe enthalten.

(5) Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbetriebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten.

(5a) Begasung bezeichnet eine Verwendung von Biozid-Produkten oder Pflanzenschutzmitteln

1.
bei der bestimmungsgemäß Stoffe gasförmig freigesetzt werden,
a)
die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3 eingestuft sind oder
b)
für die in der Zulassung festgelegt wurde, dass eine Messung oder Überwachung der Wirkstoff- oder Sauerstoffkonzentration zu erfolgen hat,
2.
für die in der Zulassung die Bereitstellung und Verwendung eines unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkenden Atemschutzgeräts festgelegt wurde oder
3.
die zur Raumdesinfektion sämtlicher Flächen eines umschlossenen Raums eingesetzt werden, wobei Formaldehyd aus einer wässrigen Formaldehydlösung in Form schwebfähiger Flüssigkeitstropfen ausgebracht wird.

(6) Lagern ist das Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Es schließt die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn die Beförderung nicht innerhalb von 24 Stunden nach der Bereitstellung oder am darauffolgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Samstag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(7) Es stehen gleich

1.
den Beschäftigten die in Heimarbeit beschäftigten Personen sowie Schülerinnen und Schüler, Studierende und sonstige, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen tätige Personen, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben; für Schülerinnen und Schüler und Studierende gelten jedoch nicht die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung der Personalvertretungen,
2.
dem Arbeitgeber der Unternehmer ohne Beschäftigte sowie der Auftraggeber und der Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 804-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 225 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist.

(8) Der Arbeitsplatzgrenzwert ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.

(9) Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

(9a) Physikalisch-chemische Einwirkungen umfassen Gefährdungen, die hervorgerufen werden können durch Tätigkeiten mit

1.
Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen mit einer physikalischen Gefahr nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 oder
2.
weiteren Gefahrstoffen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 nicht mit einer physikalischen Gefahr eingestuft sind, die aber miteinander oder aufgrund anderer Wechselwirkungen so reagieren können, dass Brände oder Explosionen entstehen können.

(10) Ein explosionsfähiges Gemisch ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.

(11) Chemisch instabile Gase, die auch ohne ein Oxidationsmittel nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagieren können, sodass ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird, stehen explosionsfähigen Gemischen nach Absatz 10 gleich.

(12) Ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden.

(13) Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ist ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch mit Luft als Oxidationsmittel unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur von –20 °C bis +60 °C und Druck von 0,8 Bar bis 1,1 Bar).

(14) Explosionsgefährdeter Bereich ist der Gefahrenbereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.

(15) Der Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.

(16) Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit sowie die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen.

(17) Sachkundig ist, wer seine bestehende Fachkunde durch Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang erweitert hat. In Abhängigkeit vom Aufgabengebiet kann es zum Erwerb der Sachkunde auch erforderlich sein, den Lehrgang mit einer erfolgreichen Prüfung abzuschließen. Sachkundig ist ferner, wer über eine von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannte oder in dieser Verordnung als gleichwertig bestimmte Qualifikation verfügt.

(18) Eine Verwenderkategorie bezeichnet eine Personengruppe, die berechtigt ist, ein bestimmtes Biozid-Produkt zu verwenden. Sie beschreibt den Grad der Qualifikation, die für diese Verwendung erforderlich ist. Die zugehörige Verwenderkategorie eines Biozid-Produkts wird nach der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/1825 (ABl. L 279 vom 31.10.2019, S. 19) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, im Zulassungsverfahren festgelegt. Verwenderkategorien sind:

1.
die breite Öffentlichkeit,
2.
der berufsmäßige Verwender,
3.
der geschulte berufsmäßige Verwender.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.