Bundesgerichtshof Urteil, 4. Juni 2024 - VI ZR 374/23

published on 24/07/2024 15:25
Bundesgerichtshof Urteil, 4. Juni 2024 - VI ZR 374/23
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

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Amtliche Leitsätze

Die Pflicht, beim Überholen einer Kolonne im Falle einer sich auftuenden Lücke wegen des dann häufig zu gewärtigenden Querverkehrs besonders besonnen und rücksichtsvoll zu fahren und nicht auf die Einhaltung der eigenen Vorfahrt zu vertrauen (sog. Lückenrechtsprechung), besteht nicht im Fall des bloßen Vorbeifahrens an einem in zweiter Reihe vor einer Grundstückseinfahrt stehenden Lkw.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 4. Juni 2024

Az.: VI ZR 374/23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von den Beklagten den Ersatz von Sachschaden nach einem Verkehrsunfall.

Der Beklagte zu 1 befuhr am 22. Juli 2021 gegen 17.30 Uhr mit einem vom Beklagten zu 2 gehaltenen und bei der Beklagten zu 3 versicherten Pkw die in beide Fahrtrichtungen jeweils einspurige K.-Straße in N. Unmittelbar vor der Ein- und Ausfahrt zu einem Unternehmensgelände befand sich in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1 ein Lkw am rechten Fahrbahnrand. Der Beklagte zu 1 fuhr, da kein Gegenverkehr nahte, unter teilweiser Mitbenutzung der Gegenfahrbahn links an dem Lkw vorbei. Rechts neben der Fahrbahn in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1 befanden sich Längsparkplätze. Der Kläger hatte mit seinem Pkw zunächst auf einem dieser Parkplätze vor der Firmenzufahrt geparkt und beabsichtigte, auf die gegenüberliegende Seite umzuparken. Auf der Höhe der Firmenzufahrt kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge, wobei sich jedenfalls das Fahrzeug des Beklagten zu 1 in Bewegung befand.

Das Landgericht hat der Klage auf Grundlage einer Mitverschuldensquote von 75 % zu Lasten des Klägers teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren in vollem Umfang weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts (zfs 2024, 86) ist im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG auf Seiten des Klägers ein Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen nach § 10 Satz 1 (Einfahren und Anfahren) und § 9 Abs. 5 StVO (Wenden) zu berücksichtigen. Denn der Kläger sei aus seiner Längsparkbucht am rechten Straßenrand rechts an dem stehenden Lkw vorbei teilweise über den Gehweg in den Bereich der Firmenzufahrt gefahren, um zu wenden und letztlich auf der anderen Straßenseite wieder einzuparken. Komme es wie im Streitfall im Zusammenhang mit einem solchen Fahrmanöver zu einem Unfall, spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Anfahrende bzw. Wendende schuldhaft gegen diese Sorgfaltsanforderungen verstoßen habe. Diesen Anscheinsbeweis habe der Kläger weder erschüttert noch entkräftet.

Dagegen sei dem Beklagten zu 1 kein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Beklagte zu 1 nicht gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot (§ 1 Abs. 2 StVO) verstoßen. Für den im vorrangigen fließenden Verkehr fahrenden Beklagten zu 1 sei nicht erkennbar oder vorhersehbar gewesen, dass der Kläger seinen Vorrang missachten werde. Etwas anderes folge auch nicht aus der Rechtsprechung zu den sog. Lückenfällen, wonach derjenige, der eine Kolonne von Fahrzeugen überhole, die aber eine Lücke gelassen habe, grundsätzlich damit rechnen müsse, dass aus dieser Lücke ein anderes Fahrzeug auf seine Fahrbahn fahre. Denn diese Rechtsprechung setze zum einen die Erkennbarkeit der Lücke für den die Kolonne im fließenden Verkehr Überholenden voraus, die hier nach den Umständen des Falles nicht gegeben gewesen sei, und sei zum anderen auf den vorliegenden Sachverhalt des Vorbeifahrens an einem in zweiter Reihe stehenden Lkw nicht übertragbar.

Im Ergebnis trete die allgemeine Betriebsgefahr des Pkw des Beklagten zu 1 hinter den zweifachen Sorgfaltspflichtverstoß des Klägers vollständig zurück.

II.

Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG frei von Rechtsfehlern verneint. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 3 StVG sind nicht zu beanstanden.

1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 17 StVG ist - wie bei § 254 BGB - grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (stRspr, vgl. zuletzt Senat, Urteile vom 10. Oktober 2023 - VI ZR 287/22, NJW 2024, 146 Rn. 12; vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 29; vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 8; jeweils mwN).

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Verstoß gegen § 9 Abs. 5, § 10 Satz 1 StVO zur Last gelegt.

Nach § 9 Abs. 5 StVO hat sich der Führer eines Fahrzeugs beim Wenden, nach § 10 Satz 1 StVO derjenige, der aus einem Grundstück (hier: der Firmenzufahrt) auf die Straße bzw. von einem anderen Straßenteil (hier: dem Längsparkplatz) auf die Fahrbahn einfahren will, besonders sorgfältig, nämlich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die auf der Straße fahrenden Fahrzeuge haben gegenüber dem vom rechten Fahrbahnrand bzw. einer Zufahrt an- und auf die Straße einfahrenden Verkehr Vorrang. Auf diesen Vorrang gegenüber dem an- und einfahrenden Verkehr dürfen die auf der Straße fahrenden Fahrzeuge vertrauen. Der An- bzw. Einfahrende hat sich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber vorrangig Berechtigte in diesem Sinne von seinem Recht Gebrauch macht (vgl. Senat, Urteile vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 9, 15; vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, NJW-RR 2012, 157 Rn. 8; jeweils mwN). Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber dem auf die Straße an- und einfahrenden Verkehr gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn (Senat, Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, NJW-RR 2012, 157 Rn. 8), zudem muss der An- bzw. Einfahrende stets mit einem Fahrstreifenwechsel eines Teilnehmers des fließenden Verkehrs rechnen (Senat, Urteil vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 9).

Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass der Kläger von seinem ursprünglichen Längsparkplatz am rechten Fahrbahnrand teilweise über den Gehweg rechts an dem in zweiter Reihe stehenden Lkw vorbei in den Bereich der Firmenzufahrt gefahren und von dort - also hinter dem Lkw - auf die Straße gefahren ist, um zu wenden. Hierbei ist er mit dem Beklagten zu 1 in dessen Fahrbahn kollidiert, der soeben auf der Straße den Lkw links umfahren hatte. Die hierin liegende Verletzung des Vorfahrtsrechts des Beklagten zu 1 durch den Kläger indiziert nach den Regeln des Anscheinsbeweises dessen Verschulden (vgl. Senat, Urteile vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, NJW-RR 2012, 157 Rn. 9; vom 4. Juni 1985 - VI ZR 15/84, NJWRR 1986, 384, 385, juris Rn. 9; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23. September 2020 - 1 U 6/19, juris Rn. 3; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., § 9 StVO Rn. 50, § 10 StVO Rn. 11; jeweils mwN). Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger, wie das Berufungsgericht ebenfalls frei von Rechtsfehlern erkannt hat, nicht erschüttert; die Revision trägt hiergegen auch nichts vor.

3. Dagegen fällt dem Beklagten zu 1, anders als die Revision meint, kein Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 1 Abs. 2 StVO beim Wiedereinscheren nach dem Umfahren des Lkw zur Last.

a) Zwar hat der fließende Verkehr trotz seines grundsätzlichen Vorrangs auf den Ein- oder Anfahrenden im Rahmen des § 1 StVO Rücksicht zu nehmen und eine mäßige Behinderung hinzunehmen. Insbesondere darf er seine ungehinderte Weiterfahrt nicht erzwingen (§ 11 Abs. 3 StVO) und muss das Ein- oder Anfahren gegebenenfalls durch Verringern seiner Geschwindigkeit erleichtern, da ansonsten im Stadtverkehr jedes Ein- oder Anfahren zum Erliegen käme (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 16 mwN). Doch setzt dies voraus, dass der vorfahrtsberechtigte Verkehrsteilnehmer konkrete Anzeichen dafür hat, dass seine Vorfahrt missachtet werden könnte. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn nur die abstrakte, stets gegebene Gefahr eines Fehlverhaltens anderer besteht, vielmehr müssen erkennbare Umstände eine bevorstehende Verletzung seines Vorrechts nahelegen. Andernfalls darf der sich im fließenden Verkehr bewegende Vorfahrtsberechtigte darauf vertrauen, dass der Ein- und Anfahrende sein Vorrecht beachten werde (vgl. Senat, Urteile vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02, NJW 2003, 1929, 1930, juris Rn. 12; vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, NJW-RR 2012, 157 Rn. 9).

Im Streitfall ließ sich nicht feststellen, dass der Beklagte zu 1 solche konkreten Anzeichen für eine Vorfahrtsmissachtung durch den Kläger gehabt hätte. Das Berufungsgericht konnte nicht feststellen, dass der Beklagte zu 1, der sich nach den weiteren Feststellungen selbst ordnungsgemäß im fließenden Verkehr bewegt und insbesondere die innerorts geltende Geschwindigkeitsbegrenzung sowie bei der Umfahrung des in zweiter Reihe stehenden Lkws den gebotenen Seitenabstand eingehalten und den Gegenverkehr nicht gefährdet hat, den Kläger rechtzeitig vor dem Unfall gesehen hätte. Nach den von der Revision auch insoweit nicht in Frage gestellten tatrichterlichen Feststellungen hätte der Kläger mindestens 2,5 Sekunden vor der Kollision in der Kollisionsstellung stehen müssen, damit der Beklagte zu 1 noch hätte reagieren können; einen solchen Stillstand hielt das Berufungsgericht aber für nicht erwiesen.

b) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Lückenfälle.

aa) Nach der sogenannten Lückenrechtsprechung darf ein vorfahrtsberechtigter Verkehrsteilnehmer beim Überholen einer Fahrzeugkolonne nicht uneingeschränkt auf die Achtung seines Vorrangs vertrauen. Vielmehr hat er, wenn er an einer zum Stillstand gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifährt, bei Annäherung an eine Kreuzung oder Einmündung auf größere Lücken in der Kolonne zu achten und sich darauf einzustellen, dass diese Lücken vom Querverkehr benutzt werden. Er muss damit rechnen, dass der eine solche Lücke ausnutzende Verkehrsteilnehmer nur unter erheblichen Schwierigkeiten an der haltenden Fahrzeugschlange vorbei Einblick in den parallel verlaufenden Fahrstreifen nehmen kann. Der Vorfahrtsberechtigte darf sich daher der Lücke nur mit voller Aufmerksamkeit und unter Beachtung einer Geschwindigkeit nähern, die ihm notfalls ein sofortiges Anhalten ermöglicht. Dabei gilt dies nicht nur dann, wenn mit einem Einfahren des wartepflichtigen Verkehrs wegen der Erkennbarkeit der Lücke zu rechnen war, sondern bereits dann, wenn eine Fahrzeugreihe vor einer Einmündung ins Stocken gerät. Denn dann muss derjenige, der diese Reihe überholen oder an dieser vorbeifahren will, mit dem Vorhandensein ihm unsichtbarer Hindernisse rechnen und seine Geschwindigkeit darauf einstellen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28. Mai 2019 - 7 U 85/18, juris Rn. 27; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2017, 922 Rn. 36, juris Rn. 49; OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2014, 403, juris Rn. 51; BayObLG, NZV 1988, 77 f.; grundlegend Senat, Urteil vom 13. Mai 1969 - VI ZR 176/68, VersR 1969, 756, juris Rn. 13). Dies soll nach einem Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung auch dann gelten, wenn sich die Lücke vor einer besonders signifikanten Grundstückseinfahrt wie etwa einer Tankstelle oder einem Schnellrestaurant auftut (vgl. OLG Hamm, r+s 2019, 44 Rn. 27 f.; OLG Köln, VersR 2015, 1135, 1136, juris Rn. 5; OLG Frankfurt, DAR 2006, 156 f., juris Rn. 18 f.; aA KG, NZV 1998, 376, 377, juris Rn. 27 ff.).

bb) Diese Rechtsprechung ist auf den dem Streitfall zugrundeliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Die Berechtigung der Lückenrechtsprechung in Kolonnenfällen liegt darin, dass der vorfahrtsberechtigte, die Kolonne überholende Verkehrsteilnehmer gerade durch das Stocken der Kolonne und die Lückenbildung konkreten Anlass hat, besonders besonnen und rücksichtsvoll zu fahren und nicht länger auf die Einhaltung seines Vorrangs zu vertrauen, weil derartige Stockungen mit besonderer Häufigkeit auf Vorfahrtsverletzungen Dritter, auf unbedachter Straßenüberquerung von Fußgängern oder aber darauf zu beruhen pflegen, dass vorausfahrende Fahrzeuge Dritten die Möglichkeit zur Querung der Fahrbahn ermöglichen wollen (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 1969 - VI ZR 176/68, VersR 1969, 756, juris Rn. 13). Die Lückenrechtsprechung ist folglich keine Sonderrechtsprechung, sondern lediglich ein Anwendungsfall für den oben unter II.3.a näher dargelegten Grundsatz, dass der vorfahrtsberechtigte Verkehrsteilnehmer seinen Vorrang nicht erzwingen darf, wenn er konkrete Anzeichen dafür hat, dass seine Vorfahrt missachtet werden könnte.

Im Streitfall hatte der Beklagte zu 1, der nicht eine ins Stocken geratene Kolonne überholt, sondern lediglich einen in zweiter Reihe stehenden einzelnen Lkw umfahren hat, derartige Anzeichen nicht. Der Lkw ist nach den tatrichterlichen Feststellungen auch nicht erst wegen des einfahrenden Klägers zum Stehen gekommen, sondern stand bereits zuvor und wurde seinerseits zunächst - rechts - vom Kläger umfahren. Allein der Umstand eines in zweiter Reihe stehenden Lkw und einer dahinter liegenden Firmenzufahrt stellt das Recht des vorfahrtsberechtigten Teilnehmers des fließenden Verkehrs, auf seinen Vorrang zu vertrauen, nach der grundsätzlichen Wertung der § 10 Satz 1 und § 9 Abs. 5 StVO aber nicht in Frage.

4. Wahrt der Ein- bzw. Anfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen und insbesondere dem Unfallgegner nicht ebenfalls ein Sorgfaltspflichtverstoß zur Last liegt, in vollem Umfang oder doch zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, NJW-RR 2012, 157 Rn. 9). Unter den Umständen des Streitfalles ist es daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Betriebsgefahr des Pkw des vorfahrtsberechtigten Beklagten zu 1 bei der gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung hat zurücktreten lassen.

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