Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2003 - V ZR 320/02

bei uns veröffentlicht am06.06.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 320/02 Verkündet am:
6. Juni 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 233 § 10, Art. 237 § 2; BGB § 744 Abs. 2
Die auf ein gesetzliches Notprozeßführungsrecht gestützte Grundbuchberichtigungsklage
einzelner Separationsinteressenten wahrt die Frist des Art. 237 § 2
Abs. 2 EGBGB nicht, wenn die Interessenten bereits von der Gemeinde zur Geltendmachung
des Eigentums der Interessentengesamtheit ermächtigt sind, dies aber
nicht offenlegen.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 320/02 - OLG Naumburg
LG Stendal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. August 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Grundbuch von H. waren "Die Separationsinteressenten von H. " als Eigentümer der Flurstücke 226/20 und 233/21 der Flur 2 eingetragen. Ein Rechtsträgernachweis vom 9. November 1983 gibt als Grund der Überführung der Flächen in Volkseigentum einen Beschluß des Rates der Gemeinde vom 1. November 1983 an. Volkseigentum wurde am 29. November 1983 im Grundbuch vermerkt. Aufgrund von Vermögenszuordnungsbescheiden vom 18. Juni 1996 wurde die Beklagte am 27. März 1997 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Mit ihrer am 29. September 1998 eingegangenen, am 20. Oktober 1998 zugestellten Klage haben die Kläger hinsichtlich des Flurstücks 226/20 und des aus Flurstück 233/21 hervorgegangenen Flurstücks 21/14 die Zustimmung zur
Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Separationsinteressenten bean- tragt. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig, das Oberlandesgericht als unbegründet abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den Berichtigungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage, soweit die Kläger den Berichtigungsanspruch der Interessentengemeinschaft in gesetzlicher Prozeßstandschaft verfolgen, für unzulässig. Soweit sie sich auf eine Ermächtigung der Gemeinde H. zur Prozeßführung stützen, sei die Klage unbegründet. Denn die Gemeinde habe - jedenfalls - mit Ablauf des 30. September 1998 Eigentum an den Flächen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB erworben. Die Ermächtigung zur Prozeßführung hätten die Kläger nämlich erst nach diesem Zeitpunkt dem Gericht angezeigt.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.


1. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine gesetzliche Prozeßstandschaft der Kläger verneint, eine gewillkürte Prozeßstandschaft dagegen bejaht.

a) Revisionsrechtlich ist zwar davon auszugehen, daß die Kläger Mitglieder , der weitere Personen umfassenden Separationsinteressentengemeinschaft sind. Dies berechtigte sie jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht, die Rechte der Interessenten im eigenen Namen geltend zu machen. Die Interessenten an den von den Gemeinheitsteilungen des 19. Jahrhunderts (für Preußen: Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, GS.S. 53) ausgenommenen , den gemeinsamen Zwecken benachbarter Höfe dienenden Zweckgrundstücken bilden einen altrechtlichen Personenzusammenschluß, der, was das gemeinsame Vermögen angeht, grundsätzlich eine Gemeinschaft zur gesamten Hand darstellt (h.M.; näher, auch zu hier nicht interessierenden Ausnahmefällen , Böhringer, NJ 2000, 120, 122; zum Fortbestehen der Interessentengemeinschaften vgl. Art. 113 EGBGB, für die Zeit der DDR § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB). Ob und inwieweit Mitgliedern von Gesellschaften mit gesamthänderisch gebundenem Vermögen, entsprechend der Regel für Teilhaber einer Gemeinschaft (§ 744 Abs. 2 BGB), die Befugnis zukommt, Rechte der Gesamtheit im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, ist umstritten und von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt (ablehnend BGHZ 17, 181, 182; ablehnend für die Klage im Eigeninteresse bei Verweigerung der Mitwirkung der Mitgesellschafter BGHZ 39, 14, 20; offengelassen Urteil v. 11. Februar 1980, II ZR 41/79, WM 1980, 1141, 1143; zum Streitstand vgl. MünchKommBGB /Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rdn. 21; Staudinger/Langhein, BGB [2002], § 744 Rdn. 31). Für ein Notgeschäftsführungsrecht der klagenden Separationsinteressenten spricht, daß die Berichtigungsklage der Erhaltung des Vermögenswertes des Personenzusammenschlusses dient. Dagegen spricht die an die Körperschaften angenäherte Vertretung der Gesamtheit durch "Organe", die Art. 233 § 10 Abs. 3 EGBGB aufgreift. Dies geht zurück auf die gesetzliche Anordnung der Vertretungsverhältnisse für die von den Gemeinheitsteilungen
ausgeschlossenen Zweckgrundstücke (für Preußen: Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887, GS. S. 105, wonach die Vertretung auf Antrag dem Gemeindevorstand zu übertragen war). Der Streitstand nötigt den Senat indes nicht, die Frage zu entscheiden. Jedenfalls für die entsprechende Anwendung im Bereich der Gesamthandsgemeinschaften ist eine Verwaltungsmaßregel nach § 744 Abs. 2 BGB nicht nur durch die Erforderlichkeit der Maßnahme als solche bedingt, sondern mit Rücksicht auf den Vorrang der für die Gemeinschaft geltenden Regelungen als subsidiäres Recht zu verstehen (zutr. MünchKomm-BGB/Karsten Schmidt, aaO, §§ 744, 745 Rdn. 41), das nur eingreift, wenn die handlungsbefugten Organe der Gemeinschaft nicht handeln. Für Gemeinschaften im Bereich des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten findet dieser Gesichtspunkt der Subsidiarität des Notgeschäftsführungsrechts einzelner Mitglieder in der dort vorgesehenen Bestellung eines Administrators bei Ausbleiben einer gemeinschaftlichen Verwaltung eine weitere Stütze (LRS 37 I 17; vgl. auch MünchKomm-BGB/Quack, aaO, Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der das gesetzliche Vertretungsrecht der Gemeinde als "eine Art Notgeschäftsführung durch die Gemeinde" begreift; zutr. dagegen Staudinger/Rauscher, aaO [1996] Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes allein von einem Handeln in fremdem Namen ausgeht). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Prozeßführungsrecht der Kläger im Interesse der Separationsinteressenten; denn die Gemeinde H. , auf deren Gemarkung die Zweckgrundstücke gelegen sind, hatte die Kläger, wie diese selbst vortragen, bereits vor Prozeßbeginn ermächtigt, im eigenen Namen den Berichtigungsantrag zu verfolgen. Hierzu war sie gemäß Art. 233 § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB befugt. Die Interessentengemeinschaft hatte mithin durch ihre gesetzliche Vertreterin gehandelt. Eine Notwendigkeit, die
Klage, wie dies ausdrücklich erfolgt ist, als gesetzliche Prozeßstandschafter, gestützt auf § 744 Abs. 2 BGB, zu erheben, bestand nicht.

b) Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klageerhebung in gewillkürter Prozeßstandschaft bestehen nicht. Die Kläger haben als Separationsinteressenten ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Wahrung der Rechte der Gesamtheit. Eine unbillige Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten (BGHZ 96, 151, 155) ist mit ihr nicht verbunden. Auf die Ermächtigung haben sich die Kläger, was grundsätzlich erforderlich ist (BGHZ 125, 196, 201), in der Tatsacheninstanz, nämlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15. Dezember 1998, berufen.
2. Die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung konnte den Verlust des Eigentums der Separationsinteressenten, falls dieses die Enteignungsmaßnahme zur Zeit der DDR überstanden hat, durch Fristablauf (Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB) nicht hindern.

a) Die Vorschrift ist, unbeschadet des Umstandes, daß zum Stichtag, dem 30. September 1998, Volkseigentum im Grundbuch nicht mehr eingetragen war, heranzuziehen. Der Senat hat bereits - weitergehend - entschieden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB eingreift, wenn nicht mehr, wie hier, der Abwicklungsberechtigte selbst, sondern eine Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist, die dessen Funktion übernommen hat (Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02 z. Veröff. best.). Die Beklagte war Abwicklungsberechtigte. In ihrer, den Vermerk zugunsten des Volkseigentums ablösenden Eintragung als Eigentümerin kam die bestehende Zuordnung des ehemaligen volkseigenen Vermögens berichtigend zum Ausdruck.


b) Die Kläger haben es versäumt, sich vor Ablauf des 30. September 1998 auf die von der Gegenseite erteilte Ermächtigung zu berufen. Die Wirkungen der gewillkürten Prozeßstandschaft treten erst in dem Augenblick ein, in dem sie offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGHZ 78, 1, 6, 8; Urt. v. 3. März 1993, IV ZR 267/91, NJW-RR 1993, 669, 671; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22). Dieser Grundsatz, der der Ermächtigung die Wirkung des § 185 BGB versagt, ist von der Rechtsprechung zur Verjährung gemäß § 209 BGB a.F. entwickelt worden (vgl. bereits BGH, Urt. v. 26. November 1957, VIII ZR 70/57, NJW 1958, 338, 339 = MDR 1958, 421, 422, m. Anm. Bülow). Durchgreifende Bedenken, ihn auch auf die Wahrung der Frist des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB durch Klageerhebung anzuwenden, bestehen nicht. Zwar führt die Vorschrift, anders als die Verjährung, zum Verlust des Rechts selbst. Im Vordergrund steht aber hier wie dort das gesetzgeberische Anliegen, Rechtsfrieden zum Nachteil des Berechtigten, der sich verschwiegen hat, zu schaffen (vgl. zur Verjährung BGHZ 59, 72, 74; Motive I, 291 f.). Art. 237 § 2 EGBGB sollte, in Anlehnung an eine Verwirkungs- (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 585) oder Ersitzungsvorstellung, die definitive Klärung einer – aus der Wirklichkeit der DDR herrührenden unübersichtlichen und zweifelhaften – Rechtslage bewirken (vgl. OLG Dresden, VIZ 2000, 424, 425; MünchKommBGB /Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1, 17, 20; Bamberger /Roth/Kühnholz, BGB 2003, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1), indem jedem, der sich auf einen Mangel berufen konnte, eine letzte, zeitlich begrenzte Chance eingeräumt wurde, diesen Mangel geltend zu machen; danach soll im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine Berufung auf den Mangel nicht mehr möglich sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche aaO, Rdn. 1; Schmidt-
Räntsch aaO; ders., VIZ 1997, 449, 453; unergiebig insoweit die Gesetzesmaterialien , vgl. BT-Drucks. 13/7275, abgedruckt in ZIP 1997, 711, 712).

c) Dies verstößt nicht gegen Art. 14 GG, obwohl der gesetzliche Eigentumserwerb und damit der entschädigungslose Entzug der Rechtsposition des früheren Eigentümers ohne Rücksicht auf die Schwere etwaiger Erwerbsfehler eintritt (vgl. auch Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82 = VIZ 1998, 94, 95). Anders als die Revision meint, ist die Verhältnismäßigkeit angesichts der Bedeutung des mit der Vorschrift verfolgten Ziels gewahrt. Bei ihrem Inkrafttreten waren bereits sieben Jahre seit dem Beitritt verstrichen; während dieser Zeit und noch ein weiteres Jahr bis zum 30. September 1998 bestand für die vom Eigentumsverlust bedrohten "Alt"-Eigentümer Gelegenheit, ihre Rechte aus dem Eigentum geltend zu machen (vgl. MünchKommBGB /Busche aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 20 m.w.N.; Bamberger/ Roth/Kühnholz aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 2; a.A. Rosenberger, VIZ 1997, 403; Horst, DtZ 1997, 183; s. auch Grün, ZIP 1996, 1860; 1997, 491).

d) Der Senat hat es bisher offengelassen, ob der Erwerb des Abwicklungsberechtigten des ehemaligen Volkseigentums nach Art. 237 § 2 EGBGB gegenüber dem Erwerb des Buchberechtigten nach Art. 237 § 1 EGBGB insoweit begünstigt ist, als dem wahren Berechtigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Ausschlußfrist versagt ist (Art. 232, § 2 Abs. 2 Satz 3 einerseits, Abs. 1 Satz 4 andererseits; Urt. v. 17. November 2000, V ZR 487/99, WM 2001, 477, 479). Die Frage kann auch weiter offen
bleiben. Die Kläger haben die Frist, jedenfalls nicht unverschuldet versäumt; denn der fristwahrenden Erhebung der Klage in gewillkürter Prozeßstandschaft stand nichts im Wege.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

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(1) Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt. (2) Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstan

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(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands steht den Teilhabern gemeinschaftlich zu. (2) Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann

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(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands steht den Teilhabern gemeinschaftlich zu.

(2) Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 280/02 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

a) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es entgegen, wenn
vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat.

b) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es nicht entgegen,
wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist weder Eigentum des Volkes noch der Abwicklungsberechtigte
selbst eingetragen war, stattdessen aber eine durch Ausgliederung
und Umwandlung begründete Gesellschaft, die in die Funktion des
Abwicklungsberechtigten eingetreten ist und deren Anteile zu 100 % von dem
Abwicklungsberechtigten gehalten werden.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 280/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. April 2002 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


J. A. L. war Miteigentümerin zu 1/3 an einem Hausgrundstück in L. . Sie starb 1973. Das Staatliche Notariat der DDR ermittelte keine Erben und stellte mit Beschluß vom 4. März 1974 fest, daß der Staat Erbe geworden sei. Aufgrund dessen wurde am selben Tag für den Anteil der Erblasserin Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G. L. , in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1982 wurde auch für die verbliebenen Bruchteile Eigentum des Volkes eingetragen.

Am 12. September 1994 wurde im Verfahren nach dem Vermögenszu- ordnungsgesetz zunächst die Stadt L. als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund Umwandlungserklärung der Stadt L. vom 10. Dezember 1990 wurde sodann am 28. April 1997 die Beklagte als Eigentümerin eingetragen.
Der Beschluß des Staatlichen Notariats betreffend das Fiskuserbrecht wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 1995 aufgehoben. Die Kläger sind die Erben nach J. A. L. . Sie verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß sie in Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1/3, untereinander in Erbengemeinschaft , als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten ihr Miteigentum von 1/3 an dem Grundstück nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß zum Ablauf des 30. September 1998 noch Eigentum des Volkes oder der aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehle es, da zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr die Abwicklungsberechtigte, die Stadt L. , sondern die Beklagte ein-
getragen gewesen sei. Diese werde von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht ge- schützt.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Kläger den Anteil der Erblasserin an dem Grundstück geerbt haben. Der unrichtige Beschluß des Staatlichen Notariats vom 4. März 1974 konnte ihnen diese Rechtsstellung nicht nehmen. Er begründete nach der Vorschrift des § 1964 Abs. 2 BGB, die seinerzeit auch in der DDR galt, lediglich die Vermutung , daß der Fiskus Erbe sei. Diese Vermutung ist von den Klägern - was auch die Revision nicht in Frage stellt - widerlegt worden.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verneint hat. Diese Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 - wie hier - Volkseigentum zu Unrecht eingetragen war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat.
Problematisch ist bei der Anwendung dieser Norm im konkreten Fall allein , ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch noch Volkseigentum eingetragen sein muß oder ob der Erwerb zugunsten des Abwick-
lungsberechtigten auch eintreten kann, wenn unterdessen ein Dritter eingetragen worden ist. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

a) Keinem Zweifel unterliegt es, daß ein Erwerb möglich ist, wenn mit Ablauf des 30. September 1998 zwar nicht mehr Eigentum des Volkes aber der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war (vgl. MünchKomm -BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rdn. 11). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Das Gesetz scheint zwar zu verlangen, daß Volkseigentum eingetragen ist. Doch kann die Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten der Erwerbstatbestand wirken soll, dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegenstehen. Hier ist lediglich die Zuordnung im Grundbuch verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, daß die Rechtsfolge des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eintritt, wenn vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Da Zwischenverfügungen unberührt bleiben (Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 EGBGB), ist ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten nach §§ 873, 892 BGB möglich. Wird dieser vor Ablauf der Ausschlußfrist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, scheidet ein Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB zugunsten des Abwicklungsberechtigten aus (vgl. schon Senatsbeschl. v. 13. Februar 2003, V ZR 38/02, nicht veröffentl.

).


Soweit die Revision meint, der Gesetzeszweck erfordere es, den Ab- wicklungsberechtigten auch dann zu schützen, wenn er vor Fristablauf über das Grundstück verfügt, etwa an Dritte veräußert hat, verkennt sie, daß dem Schutz jedenfalls der gutgläubige Erwerb des Dritten entgegensteht. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entscheidet den Konflikt zwischen dem früheren Eigentümer und dem Abwicklungsberechtigten. Hat der frühere Eigentümer sein Recht zugunsten eines gutgläubigen Dritten verloren, ist für die Norm kein Raum mehr. Sie setzt eine unrichtige Grundbuchlage voraus, die - im Regelfall - auf den Abwicklungsberechtigten hinweist. Dessen unsichere Rechtslage, die sich investitionshemmend auswirkte, wollte der Gesetzgeber klären und festigen (vgl. zu den Gründen für eine gesetzliche Regelung Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1859, 1861). Bei einem wirksamen Zwischenerwerb entspricht das Grundbuch aber der Rechtslage. Es besteht hinsichtlich der Eigentumszuordnung kein Regelungsbedarf. Demjenigen, der gutgläubig erworben hat, kann das Eigentum nicht entschädigungslos wieder entzogen werden (Art. 14 Abs. 3 GG).

c) Gleiches gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht, wenn - wie hier - bei Ablauf des 30. September 1998 ein Dritter als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, ohne daß dem ein wirksamer Erwerb zugrunde liegt. In solch einem Fall ist jedenfalls dann von einem Erwerb des Eingetragenen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auszugehen, wenn es sich dabei - wie hier - um eine kommunale Wohnungsgesellschaft handelt, die im Wege der Ausgliederung und Umwandlung nach §§ 2, 3 WohnUmwG, §§ 58, 51 UmwG von der Abwicklungsberechtigten als 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet wurde.
aa) Zwar mag zunächst der Wortlaut von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für die Sicht des Berufungsgerichts sprechen, wenn es dort heißt, daß im Grundbuch (bzw. im Bestandsblatt) Eigentum des Volkes eingetragen sein muß ("ist ... eingetragen"), soll der Eigentumserwerb eintreten. Das ist indes ein nur beschränkt aussagekräftiges Argument, das den Regelungszusammenhang ausspart.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausschlußfristregelung des Art. 237 § 2 EGBGB im wesentlichen zwei Sachverhalte, in denen die wahre Eigentumslage mit dem Grundbuchstand nicht übereinstimmt, einer endgültigen Klärung zuführen wollen. § 2 Abs. 1 der Norm schützt den Bucheigentümer, wenn er vor dem 3. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen worden war und der wahre Eigentümer seine Rechte nicht bis zum Ablauf des 30. September 1998 - nach näherer Ausgestaltung - wahrgenommen hat. § 2 Abs. 2 knüpft daran an und schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 (zu Unrecht) Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlußfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist. Dabei stellt Abs. 2 zwar einen eigenständigen Ausschlußtatbestand dar, nimmt aber ersichtlich den Gedanken des Absatzes 1 auf und berücksichtigt nur einige Besonderheiten des Volkseigentums (vgl. Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453).
Mit § 2 Abs. 2 hat der Gesetzgeber insbesondere auf zwei Entscheidungen des Senats reagiert, nach denen eine Ersitzung von Volkseigentum - jedenfalls vor dem 1. Januar 2006 - ausgeschlossen ist (BGHZ 132, 245; 136, 228; vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34; Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453). Er hat, um einen früheren Eigentumserwerb des Buchberechtigten (Abs. 1) bzw.
des Abwicklungsberechtigten (Abs. 2) zu ermöglichen, einen eigenständigen Tatbestand geschaffen, der einerseits zur Verwirkung der Rechte des wahren Eigentümers führt und andererseits im Wege einer Art Buchersitzung den Eigentumserwerb herbeiführt (vgl. Böhringer, OV spezial 1999, 258; Schmidt/ Gohrke, VIZ 2000, 697). Anknüpfend an solche anerkannten Regelungsmuster ist es nicht systemwidrig, wollte man auf eine seit dem 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf der Ausschlußfrist andauernde Eintragung des Buchberechtigten (Abs. 1) oder des Volkseigentums (bzw. des Abwicklungsberechtigten, Abs. 2) verzichten. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Motivs, für Grundbuchklarheit , Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 700; s. auch BVerwG VIZ 1998, 507, 508 zu Art. 237 § 1 EGBGB [Bestandsschutz]), ist es denkbar, daß entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB die Ersitzungszeit des oder der Voreingetragenen demjenigen zugute kommt, der zum Ablauf des 30. September 1998 zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 698). Das führte im Falle des Absatzes 2 (entgegen Schmidt/Gohrke aaO S. 699) nicht dazu, daß der Abwicklungsberechtigte auch dann mit Ablauf der Ausschlußfrist das Eigentum erwirbt, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Buchberechtigter ist, der dann erst kraft der bis dahin unwirksamen Verfügung des Abwicklungsberechtigten erwerben könnte (§ 185 Abs. 2 BGB). Vielmehr könnte der jeweilige Buchberechtigte unmittelbar erwerben. Soweit dies in § 2 Abs. 2 der Norm, die allein den Abwicklungsberechtigten nennt, nicht angelegt ist, könnte auf den Grundtatbestand des Absatzes 1 zurückgegriffen werden, der ja nur hinsichtlich der Besonderheiten des Volkseigentums durch Absatz 2 ergänzt werden, aber keine strukturelle Änderung erfahren sollte. Dem kann andererseits entgegengehalten werden, daß der Zweck der Norm - zumindest vorrangig - darin besteht, den Abwick-
lungsberechtigten zu schützen, nicht Dritte, denen der Schutz des § 892 BGB versagt geblieben ist.
bb) Ob generell davon abgesehen werden kann, daß der Abwicklungsbberechtigte am Stichtag (30. September 1998) noch zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedarf hier jedoch nicht der Entscheidung. Jedenfalls genügt es, wenn an seiner Stelle - wie hier - eine in dessen Funktion eingetretene Gesellschaft eingetragen war, deren Anteile zu 100 % in den Händen des Abwicklungsberechtigten liegen.
Gemessen am Gesetzeszweck ist es lediglich eine organisatorischtechnische Frage, ob die Stadt L. als die nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag Berechtigte die mit der Übernahme des Wohnungsbestands verbundenen öffentlichen Aufgaben selbst, etwa in einem kommunalen Eigenbetrieb, wahrnimmt oder von einer Gesellschaft des Privatrechts wahrnehmen läßt, die sie selbst durch Ausgliederung und Umwandlung gegründet hat und deren Gesellschaftsanteile sie hält. Wertungsmäßig macht dies für den durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB angeordneten Ausschluß der Rechte des bisherigen Eigentümers und für den Eigentumserwerb desjenigen, dem Volkseigentum zugeordnet werden sollte, keinen Unterschied. Nimmt man hinzu, daß schon im Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes Abwicklungsberechtigte in erheblichem Umfang kommunalen Wohnungsbestand privatisiert hatten und daß gerade auch die mit der ungeklärten Rechtslage für diese privaten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft verbundenen Schwierigkeiten Anlaß und Motiv für das Einschreiten des Gesetzgebers waren (vgl. Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1861), so kann nicht angenommen werden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auf einen Schutz der Abwicklungsberechtigten selbst beschränkt werden sollte. In
gleicher Weise geschützt sind vielmehr auch die mit ihnen in wirtschaftlicher Hinsicht identischen privatrechtlich organisierten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft (LG Rostock VIZ 2002, 589, 591 f.).
Soweit das Berufungsgericht demgegenüber meint, geschützt sei die Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, nicht vorher, verkennt es, daß im konkreten Fall die generelle Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten nicht in Rede steht. Es geht nicht darum, die Stadt L. in ihrem Vertrauen darauf zu schützen, (vermeintliches ) Volkseigentum verkaufen, vermarkten oder verwerten zu können. Der Schutz bezieht sich allein auf die ihr zukommende Befugnis, die Aufgaben der kommunalen Wohnungswirtschaft in der ihr sachgerecht erscheinenden Organisationsform zu erfüllen. Damit wird der von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bezweckte Schutz nicht zeitlich vorgelagert, sondern der organisatorischen Entscheidung der Stadt angepaßt, das zu verwaltende Vermögen in ein Sondervermögen auszugliedern. Daß Träger dieses Sondervermögens juristisch ein Dritter ist, tritt hinter dem Umstand zurück, daß das Vermögen des Dritten gleichfalls in den Händen der Stadt als der alleinigen Gesellschafterin liegt.
Daher trägt auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Geltung der allgemeinen Normen, deren Schutz der Erwerber anvertraut sei, nicht. Die Beklagte hat nicht von der Stadt L. aufgrund eines Verfügungsgeschäfts erworben , das die Möglichkeit und den damit verbundenen Bestandsschutz eines gutgläubigen Erwerbs nach § 873, 892 BGB eröffnete (Senat, Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, LM EGBGB 1986 Art. 233 Nr. 37 = WM 1999, 746, 748). Sie hat das Vermögen durch Umwandlung und Ausgliederung übernommen und erhält als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin keine bessere Rechts-
stellung als die Stadt, sollte andererseits aber auch nicht schlechter gestellt werden.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 49/99 Verkündet am:
7. Juni 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
BGB §§ 133 B, 157 Ga
Zur Frage, ob einer Führungsklausel in einem Transportversicherungsvertrag
die Ermächtigung zu entnehmen ist, die mehreren Mitversicherern zustehenden
Ansprüche im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft einzuklagen.
BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - I ZR 49/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Hanau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Dezember 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist gemeinsam mit anderen Versicherungsgesellschaften Transportversicherer der S. AG (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die W.-Spedition GmbH & Co. KG im Jahre 1995 mit der Beförderung von neun Packstücken mit Fernsprechund Telefaxgeräten von Bocholt nach Stockstadt. Die W.-KG transportierte die Sendung zur Beklagten und beauftragte diese mit dem Weitertransport zur Empfängerin. Mit der Durchführung des Transports betraute die Beklagte den Frachtführer Ad. .
Durch die Art und Weise, wie die Beklagte das Gut auf ihrer Laderampe zum Weitertransport bereitstellte, kam es dazu, daß der Frachtführer nur sechs der neun Packstücke auflud. Die zurückgebliebenen drei Packstücke gingen auf ungeklärte Weise verloren. Nachdem die Empfängerin die Annahme einer Palette wegen Durchnässung der Verpackung verweigert hatte, wurde dieser Teil der Sendung zur Versicherungsnehmerin zurückgeschickt. Dort wurde festgestellt, daß zwei Telefaxgeräte fehlten.
Die Klägerin hat behauptet, der Versicherungsnehmerin sei durch den teilweisen Verlust des Gutes ein Schaden in Höhe von 63.246,02 DM entstanden , den sie - unstreitig - beglichen habe. Sie hat die Auffassung vertreten, nach der mit Schriftsatz vom 31. August 1998 als Anlage K 17 vorgelegten Führungsklausel der Transportversicherungspolice sei sie berechtigt, die mit
der Zahlung der Versicherungssumme gemäû § 67 VVG auf die Versicherer übergegangenen deliktischen Ansprüche der Versicherungsnehmerin allein einzuklagen und Zahlung an sich zu verlangen. Die Klausel hat folgenden Wortlaut:
§ 1 Führungsklausel Versicherer sind die in der Anlage bezeichneten Gesellschaften. Führende Gesellschaft ist die 'A. ' Versicherungs-Aktiengesellschaft Hamburg [mit der jetzigen Klägerin durch Vertrag vom 14. März 2000 gemäû § 2 Umwandlungsgesetz verschmolzen]. Die Vollmacht der führenden Gesellschaft erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, welche die Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit sich bringen sowie auf alle Rechtsstreitigkeiten , die auf das Vertragsverhältnis Bezug haben; die mitbeteiligten Gesellschaften erkennen von vornherein alle Schadensregulierungen sowie sonstige Maûnahmen und Vereinbarungen, welche die führende Gesellschaft trifft, als für sich verbindlich an und entsagen ausdrücklich jeglichem Einspruch gegen diese. Soweit die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren auf vertragliche Ansprüche aus abgetretenem Recht der W.-KG stützt, hat sie sich auf ein Schreiben der W.-Holding GmbH vom 13. September 1995 berufen. Darin wird die Beklagte als Schadensstifter bezeichnet und zugleich werden "sämtliche Ansprüche" an die Klägerin abgetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 63.246,02 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten , auch wenn die Führungsklausel in der von der Klägerin vorgelegten Fassung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts gegolten habe, was sie allerdings nicht wisse, sei die Klägerin nicht ohne weiteres befugt, den gesamten angeblich nach § 67 Abs. 1 VVG übergegangenen Anspruch allein geltend zu machen. Ferner hat sie in Abrede gestellt, daû der Verlust des Gutes aufgrund von Organisationsmängeln in ihrem Unternehmen eingetreten sei und bestritten , daû ein Schaden in der behaupteten Höhe entstanden sei. Auûerdem hat sich die Beklagte auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Mit der Zahlung der Versicherungssumme sei ein der Versicherungsnehmerin gegebenenfalls zustehender Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB nicht in vollem Umfang auf die Klägerin übergegangen, da sie nicht alleiniger Versicherer gewesen sei. Eine Berechtigung der Klägerin, die auf die übrigen Mitversicherer übergegangenen Ansprüche im eigenen Namen einzu-
klagen, ergebe sich auch nicht aus § 1 des vorgelegten Versicherungsvertrages. Die darin getroffenen Regelungen enthielten keine Ermächtigung der Klägerin seitens der Mitversicherer, deren Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, sondern lediglich eine Bevollmächtigung der Klägerin. Dementsprechend hätte die Klägerin im Namen aller Mitversicherer klagen müssen. Zudem habe die Klägerin nicht vorgetragen, worin ihr eigenes schutzwürdiges Interesse bestehe, die auf die Mitversicherer übergegangenen Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Bei dieser Sachlage könne unterstellt werden, daû der im Auszug vorgelegte Text des Versicherungsvertrages im Zeitpunkt des Schadenseintritts gegolten habe.
Der Klägerin könne auch nicht der auf sie entfallende Anteil an einem eventuellen Schadensersatzanspruch zugesprochen werden, weil sie die Höhe ihrer Versicherungsbeteiligung nicht dargelegt habe.
Aus abgetretenem Recht der W.-KG stünden der Klägerin ebenfalls keine Ansprüche zu, da die Abtretung nicht durch die Auftraggeberin der Beklagten , sondern durch eine W.-Holding GmbH erfolgt sei. Aus der Abtretungserklärung ergebe sich nicht, daû die zentrale Versicherungsabteilung der W.Holding GmbH die entsprechende Erklärung für die jeweils als eigenständige Unternehmen geführten W.-Speditionen abgegeben habe.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nicht befugt, einen eventuell nach § 67 Abs. 1 VVG übergegangenen Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB
in voller Höhe im eigenen Namen geltend zu machen, weil sie - unstreitig - nicht alleiniger Transportversicherer der S. AG sei, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû die Klägerin aufgrund der Regulierung des durch den streitgegenständlichen Verlust eingetretenen Schadens nicht gemäû § 67 Abs. 1 VVG alleinige Inhaberin eines der Versicherungsnehmerin möglicherweise zustehenden Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB geworden ist. In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, daû das in Rede stehende Schadensrisiko im Wege der Mitversicherung bei mehreren Versicherungsgesellschaften abgedeckt ist. In einem derartigen Fall wird der Schadensersatzanspruch entsprechend der Risikobeteiligung der Versicherer gequotelt mit der Folge, daû jeder Versicherer grundsätzlich nur die auf ihn entfallende Quote im eigenen Namen geltend machen kann. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein führender Versicherer vorhanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.1954 - VI ZR 114/52, VersR 1954, 249; Bruck/Möller/Sieg, VVG, 8. Aufl., § 58 Anm. 75; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 67 Rdn. 26; Römer/Langheid, VVG, § 67 Rdn. 27).
Gleichwohl kann dem Berufungsgericht nicht darin beigetreten werden, daû der Klägerin die Prozeûführungsbefugnis zur Geltendmachung des eventuell auf sämtliche Mitversicherer übergegangenen deliktischen Schadensersatzanspruchs in voller Höhe fehlt. Es hat bei seiner Beurteilung verkannt, daû die Klägerin nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozeûstandschaft berechtigt ist, die den Mitversicherern zustehenden Ansprüche im eigenen Namen einzuklagen.

b) Die gewillkürte Prozeûstandschaft setzt voraus, daû der Kläger durch den Rechtsinhaber ermächtigt ist, das dem Dritten zustehende Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen und daû der Kläger ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat (st. Rspr.; vgl. BGHZ 125, 196, 199; BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361 = NJWRR 1989, 690 - Kronenthaler; Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 122/95, GRUR 1998, 417, 418 = NJW 1998, 1148 - Verbandsklage in Prozeûstandschaft; Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, 105 = VersR 1999, 646). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfüllt.
aa) Eine Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung des fremden Rechts ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit aus dem Regelungsgehalt der Führungsklausel in § 1 des Versicherungsvertrags.
Das Berufungsgericht hat zwar keine Feststellungen dazu getroffen, ob § 1 des von der Klägerin im Auszug vorgelegten Versicherungsvertrags im Zeitpunkt des Schadenseintritts noch Vertragsgegenstand war. Es hat dies jedoch zugunsten der Klägerin unterstellt, so daû davon auch bei der revisionsrechtlichen Beurteilung auszugehen ist.
Die Auslegung einer Willenserklärung obliegt allerdings grundsätzlich dem Tatrichter. Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht indessen nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 131, 136, 138; 137, 69, 72; BGH, Urt. v. 8.6.1994 - VIII ZR 103/93, NJW 1994, 2228; Urt. v. 3.4.2000
- II ZR 194/98, NJW 2000, 2099). Dem hat das Berufungsgericht nicht hinreichend Rechnung getragen.
Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung des § 1 des Versicherungsvertrags maûgeblich auf dessen Wortlaut abgestellt. Es hat eine Ermächtigung der Klägerin seitens der Mitversicherer, deren (vermeintliche) Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, verneint, weil in § 1 Abs. 2 des Versicherungsvertrags nicht von einer Ermächtigung, sondern vielmehr von einer Vollmacht die Rede sei. Letztere berechtige nur zum Handeln in fremdem Namen (§§ 164 f. BGB). Dementsprechend hätte die Klägerin im Namen aller Mitversicherer klagen müssen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat bei seiner buchstabengetreuen Auslegung der Klausel, die zwar den Begriff der Vollmacht verwendet, nicht genügend berücksichtigt , daû die Rechtsinstitute der Bevollmächtigung nach § 164 BGB und der Ermächtigung nach § 185 BGB sich insoweit überschneiden, als sie es Dritten ermöglichen, durch rechtsgeschäftliches Handeln auf den Rechtskreis eines anderen einzuwirken (vgl. Staudinger/Schilken, BGB [1995], Vorbem. zu §§ 164 ff. Rdn. 64; MünchKommBGB/Schramm, 4. Aufl., Vor § 164 Rdn. 39). Daher werden vor allem im Geschäftsverkehr die verwandten Begriffe nicht immer begrifflich streng unterschieden.
Die Revision beanstandet aber vor allem mit Recht, daû das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung den allgemein anerkannten Sinn und Zweck einer Führungsklausel rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen hat.
Dieser besteht - worauf die Revision zutreffend hinweist - darin, die auf der Beteiligung mehrerer Versicherer beruhenden Schwierigkeiten bei der Handhabung des Versicherungsvertrags für alle Beteiligten zu vereinfachen (vgl. Römer/Langheid aaO § 58 Rdn. 6; Prölss/Martin aaO Vor § 58 Rdn. 3). Er liegt ersichtlich auch der im Streitfall zu beurteilenden Klausel zugrunde, nach deren Wortlaut die Klägerin mit einer umfassenden Wahrnehmung aller aus dem Vertragsverhältnis erwachsenden Aufgaben betraut ist. Die Geschäftsführungsbefugnis der Klägerin erstreckt sich nicht nur im Sinne einer passiven Vollmacht auf die Entgegennahme von Willenserklärungen, sondern nach § 1 Abs. 2, 1. Halbs. des Versicherungsvertrags auf "alle Geschäfte und Rechtshandlungen , welche die Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit sich bringt, sowie auf alle Rechtsstreitigkeiten, die auf das Vertragsverhältnis Bezug haben".
Das Bestreben nach einer vereinfachten Vertragsabwicklung würde nur unvollkommen erreicht, wenn die Klägerin - was eine wortgetreue Auslegung des Begriffs der Vollmacht in der Führungsklausel allerdings nahelegen könnte - die der Versicherungsgemeinschaft zustehenden Regreûansprüche prozessual nur durch ein Handeln im Namen aller Mitversicherer durchsetzen könnte. Wären die prozessualen Befugnisse der Klägerin auf ein Handeln in Stellvertretung der Mitversicherer beschränkt, müûte sie diese bei der Angabe der Parteibezeichnung offenlegen. Bei der Formulierung des Klageantrags müûte sie zudem dem Umstand Rechnung tragen, daû die Mitversicherer jeweils nur im Verhältnis ihrer jeweiligen Haftungsquoten anteilig Anspruchsinhaber geworden sind. Das ist von der Versicherungsgemeinschaft ersichtlich nicht gewollt. Die mitbeteiligten Gesellschaften haben sich bereit erklärt, von vornherein alle Schadensregulierungen sowie sonstigen Maûnahmen und Vereinbarungen , die die führende Gesellschaft trifft, als für sie verbindlich anzuer-
kennen (vgl. § 1 Abs. 2, 2. Halbs. des Versicherungsvertrags). Im Falle eines Handelns in Stellvertretung für die Mitversicherer wäre eine solche Vertragserklärung überflüssig gewesen, da sich die Verbindlichkeit des Vertreterhandelns für den Vertretenen nach dem Wesen der Stellvertretung bereits unmittelbar aus § 164 Abs. 1 BGB ergibt. Die Erklärung zielt mithin ersichtlich auf den Anwendungsbereich des § 185 BGB ab, der die Wirksamkeit des rechtsgeschäftlichen Handelns eines Nichtberechtigten von der Einwilligung des Rechtsinhabers abhängig macht. Funktional entspricht die in Rede stehende Vertragsklausel einer gebräuchlichen (vgl. Römer/Langheid aaO § 58 Rdn. 6), an Nr. 19.2 SVS/RVS (in der Fassung vom 1. Januar 1995) angelehnten Prozeûführungsklausel , wonach ein von dem führenden Versicherer erstrittenes Urteil von den Mitversicherern als auch für sie verbindlich anerkannt wird.
Der Annahme einer Ermächtigung steht nicht entgegen, daû eine in Prozeûstandschaft erhobene Klage schützenswerte Interessen des Regreûschuldners nachteilig berühren könnte. Denn der Prozeûgegner ist vor der Gefahr, wegen desselben Streitgegenstands sowohl von dem Rechtsinhaber als auch von dessen gewillkürtem Prozeûstandschafter mit einem Prozeû überzogen zu werden, durch den Einwand der Rechtshängigkeit und - nach rechtskräftigem Abschluû des einen Prozesses - durch den Einwand der Rechtskraft geschützt (vgl. BGHZ 123, 132, 135 f.; BGH, Urt. v. 2.10.1987 - V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126 f.).
bb) Das erforderliche schutzwürdige eigene Interesse an der Prozeûführung folgt im Streitfall daraus, daû die von den Mitversicherern mit der umfassenden Schadensabwicklung beauftragte Klägerin im Umfang ihrer eigenen Haftungsquote wirtschaftlich vom Ausgang des Rechtsstreits profitiert. Das reicht zur Annahme eines eigenen schutzwürdigen Interesses an der Geltend-
machung eines fremden Rechts im Wege der gewillkürten Prozeûstandschaft aus (vgl. BGHZ 119, 237, 242 - Universitätsemblem; BGH, Urt. v. 13.10.1994 - I ZR 99/92, GRUR 1995, 54, 57 = NJW-RR 1995, 358 - Nicoline).
2. Die Abweisung der Klage erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand kann entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht davon ausgegangen werden , daû der deliktische Schadensersatzanspruch gemäû § 852 BGB verjährt ist.
Nach § 209 Abs. 1 BGB wird die Verjährung durch Klageerhebung seitens des Berechtigten unterbrochen. Die verjährungsunterbrechende Wirkung tritt im Falle der gewillkürten Prozeûstandschaft erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGHZ 78, 1, 6; 94, 117, 122; BGH, Urt. v. 16.9.1999 - VII ZR 385/98, WM 2000, 77, 78; MünchKommBGB/Grothe aaO § 209 Rdn. 14; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 209 Rdn. 10).
Die Klägerin hat erstmals in ihrem Schriftsatz vom 31. August 1998 offengelegt , daû sie nicht alleiniger Transportversicherer der S. AG ist. Sie hat diesem Schriftsatz einen Auszug aus dem maûgeblichen Versicherungsvertrag beigefügt (§§ 1 und 2), aus dem sich mit der gebotenen Klarheit ergibt, daû die Klägerin nicht alleiniger Transportversicherer der S. AG ist. Denn in § 1 Abs. 1 des vorgelegten Vertragsauszugs heiût es "Versicherer sind die in der Anlage bezeichneten Gesellschaften. Führende Gesellschaft ist die ©A. © Versicherungs-Aktiengesellschaft Hamburg" (jetzige Klägerin). Hierauf wird im Schriftsatz der Klägerin vom 25. September 1998 lediglich nochmals Bezug genommen. Neues Vorbringen zur Prozeûführungsbefugnis der Klägerin findet
sich in diesem Schriftsatz nicht. Vor dem Eingang des Schriftsatzes vom 31. August 1998 bei Gericht war die gewillkürte Prozeûstandschaft für die Prozeûbeteiligten noch nicht erkennbar, weil die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt durchweg behauptet hatte, sie sei alleiniger Transportversicherer der S. AG.
Ob der aus übergegangenem Recht geltend gemachte deliktische Anspruch am 31. August 1998 bereits verjährt war, läût sich nicht abschlieûend beurteilen, weil das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen dazu getroffen hat, wann die dreijährige Verjährungsfrist gemäû § 852 Abs. 1 BGB zu laufen begonnen hat.
3. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Klägerin stünden keine vertraglichen Ansprüche aus abgetretenem Recht der W.-KG gegen die Beklagte zu, weil die Abtretung "sämtlicher Ansprüche" durch die W.-Holding GmbH erfolgt sei. Mit Recht rügt die Revision, daû das Berufungsgericht verkannt hat, daû die W.-Holding GmbH ersichtlich im Namen der Auftraggeberin der Beklagten, der W.-KG, gehandelt hat.

a) Nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht abgibt, auch dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, daû sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Bei der Bestimmung des Erklärungsgehalts kommt es darauf an, wie sich die Erklärung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsempfängers darstellt. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei vor allem die Interessenlage der beteiligten
Personen, der dem Rechtsverhältnis zugrundeliegende Lebenssachverhalt und der Geschäftsbereich, zu dem der Erklärungsgegenstand gehört (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1975 - II ZR 120/74, WM 1976, 15, 16; Urt. v. 17.12.1987 - VII ZR 299/86, NJW-RR 1988, 475, 476). Diese anerkannten Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht nicht genügend beachtet.

b) Aus dem Schreiben vom 13. September 1995 ergibt sich, daû die W.Holding GmbH sämtliche Ansprüche, die aus dem streitgegenständlichen Transport gegen die Beklagte entstanden sind, abtreten wollte. Diese Angabe muûte die Klägerin als Erklärungsempfängerin vernünftigerweise so verstehen, daû es sich dabei um die vertraglichen Ansprüche der im Betreff genannten "W. Spedition B. " - also der W.-Spedition GmbH & Co. KG - handelte. Denn eigene Ansprüche der W.-Holding GmbH kamen aus Sicht der Klägerin nicht ernsthaft in Betracht. Sie lagen vor allem deshalb fern, weil sich die Funktion einer Holding-Gesellschaft im Regelfall darauf beschränkt, Beteiligungen an anderen Unternehmungen zu halten und gegebenenfalls Leitungsfunktionen im Unternehmensverbund zu übernehmen (vgl. OLG München NJW 1998, 1406). Mithin handelte die W.-Holding GmbH mit der im Schreiben vom 13. September 1995 abgegebenen Abtretungserklärung erkennbar im Rechtskreis der W.-KG. Da die Klägerin davon ausgehen durfte, daû die W.-Holding GmbH den Rechtserfolg der von ihr vorgenommenen Abtretung auch herbeiführen wollte, lag es aus der Sicht der Klägerin nahe, daû die W.-Holding GmbH die Abtretung als Vertreterin der W.-KG erklären wollte. Für diese Annahme spricht auch der weitere Umstand, daû die W.-Holding GmbH ausweislich der im Briefkopf genannten Bezeichnung "Zentrale Versicherungsabteilung" erkennbar arbeitsteilige Funktionen im Firmenverbund der selbständigen Unternehmen wahrgenommen hat. Die W.-Holding GmbH müûte allerdings mit Vertretungsmacht gehandelt haben oder die W.-KG müûte die Abtretung nachträglich
wirksam genehmigt haben (§ 185 Abs. 2 BGB). Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine Feststellungen getroffen.

c) Ebenso fehlt es zur Frage, ob ein vertraglicher Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht der W.-KG verjährt ist, bislang an tatrichterlichen Feststellungen.
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.

(2) Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. In den beiden letzteren Fällen wird, wenn über den Gegenstand mehrere miteinander nicht in Einklang stehende Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 487/99 Verkündet am:
17. November 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
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EGBGB Art. 237 § 2; EinigVtr Art. 22;

a) Die Ausschlußfrist des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB ist vom Grundstückseigentümer
gleicherweise durch die Klage gegen den nach den Vorschriften über die
Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten wie gegen den nach dem Vermögenszuordnungsgesetz
Verfügungsberechtigten gewahrt.

b) Die Beteiligung ehemaligen Volkseigentums an einem Nachlaß, zu dem zur Wohnungsversorgung
genutzte Grundstücke zählen, ist nicht nach Art. 22 Abs. 4 EinigVtr
in das Eigentum der Kommune übergegangen; dies gilt auch, wenn solche
Grundstücke alleiniger Nachlaßgegenstand waren.

c) Die Ausschlußfristen des Art. 237 § 2 EGBGB wurden durch Einreichung der Klage
am 30. September 1998 gewahrt, wenn die Zustimmung "demnächst" (§ 270
Abs. 3 ZPO) erfolgt ist.
BGH, Urt. v. 17. November 2000 - V ZR 487/99 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. Oktober 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Grundbuch von L. ist eine ungeteilte Erbengemeinschaft als Eigentümerin des Grundstücks Flurstück 2723 b (E. -W. -Straße 14) eingetragen. Miterben waren unter anderem L. K. K. und J. M. Sch. (Erblasser). Aufgrund unzutreffender Fiskuserbscheine wurde nach den Erblassern jeweils Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB Kommunale Wohnungsverwaltung L. bzw. Gebäudewirtschaft L. als Teil einer ungeteilten Erbengemeinschaft vermerkt. Mit der am 30. September 1998 beim Landgericht eingegangenen, später zugestellten Klage verlangt die Klägerin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland (Beklagte) die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung dahin, daß sie und noch unbekannte Miterben , jeweils in Erbengemeinschaft nach den Erblassern, in das Grundbuch eingetragen werden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die
Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts. Die Klägerin ist in der Revisionsinstanz nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Klägerin Erbin nach beiden Erblassern geworden ist. Ihr Eigentum habe sie nicht mit Ablauf des 30. September 1998 verloren. Denn es habe ihr freigestanden, wahlweise die Beklagte , die nach Art. 22 Abs. 1 Einigungsvertrag die Buchposition erworben habe, fristwahrend in Anspruch zu nehmen. Die Frist sei nach § 270 Abs. 3 ZPO gewahrt , denn die Zustellung der Klage sei demnächst erfolgt.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.

Die Revision nimmt die tatsächlichen Feststellungen zu den Erbgängen hin. Sachlich-rechtlich bestehen gegen die Bejahung der Erbenstellung der Klägerin und deren Berechtigung, den Berichtigungsanspruch auch für die unbekannten Miterben geltend zu machen (§ 2039 BGB; vgl. Senat BGHZ 44, 367), keine Bedenken.

III.



Die Klägerin hat ihre Rechtsstellung als Beteiligte der Erbengemeinschaft , der das Grundstück gehört, nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Denn sie hat, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, die richtige Beklagte (nachstehend zu 1) rechtzeitig (nachstehend zu 2) in Anspruch genommen. Damit ist zugleich das Berufungsurteil in der Sache zu bestätigen und die Revision zurückzuweisen.
1. a) Entgegen der Auffassung der Revision war die Klägerin nicht gehalten , die Stadt L. als die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a VZOG Verfügungsberechtigte auf Zustimmung gemäß § 894 BGB zu verklagen. Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ordnet an, daß die nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums berechtigte juristische Person des öffentlichen oder des Privatrechts das Eigentum erwirbt, wenn vor dem 3. Oktober 1990 Volkseigentum zu Unrecht in das Grundbuch eingetragen war, und die Eintragung bis zum Ablauf des 30. September 1998 nicht durch eine rechtshängige Klage des wirklichen Eigentümers angegriffen worden ist. Richtiger Beklagter ist danach der durch die Zuordnungsvorschriften ausgewiesene Inhaber der Buchposition (Senat BGHZ 132, 245, 250), das Erstarken seiner Position zum Eigentum wird durch die rechtzeitige Klage verhindert. Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 2 EGBGB fügt dem hinzu, daß die Klage, wenn ein Zuordnungsbescheid noch nicht ergangen ist, auch gegen den Verfügungsberechtigten gerichtet werden kann. Dies nimmt dem Eigentümer, der sein Recht wahren will, die mit der richtigen Beurteilung der Zuordnung verbundenen Schwierigkeiten und Risiken ab und erlaubt es ihm, statt auf den Inhaber der Buchposition auf den gemäß § 8 VZOG ausgewiesenen Verfügungsberechtigten zuzugreifen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift, der eindeutig den vorangehenden Satz 1 ergänzt,
nicht aber abändert, und nach ihrem Sinn ist eine Auslegung, die die Passivlegitimation vor Erlaß des Zuordnungsbescheides auf den Verfügungsberechtigten beschränkt, nicht möglich. § 8 VZOG greift in die Rechtsstellung des Zuordnungsberechtigten nicht ein; dies verbietet sich schon deshalb, weil er mit demjenigen, der nach dem Zuordnungsrecht Eigentümer geworden ist, identisch sein kann. Die mit der Buchposition des Zuordnungsberechtigten verbundene Befugnis, diese durch Zustimmung nach § 894 BGB zu räumen, wird nicht von der Buchposition selbst getrennt und einem anderen, dem Verfügungsberechtigten , zugewiesen.
Allerdings beseitigt die erfolgreiche Klage gegen den Zuordnungsberechtigten nicht das der Berichtigung des Grundbuchs entgegenstehende formelle Hindernis des § 39 Abs. 1 GBO (Voreintragung des Betroffenen). Die Voreintragung kann der Eigentümer indessen durch einen entsprechenden Zuordnungsbescheid ersetzen. Denn der Buchberechtigte ist dem Eigentümer im Hinblick auf § 895 BGB verpflichtet, das Zuordnungsverfahren mit dem Zwecke der Feststellung seiner Inhaberschaft an der Buchposition zu betreiben. Ergeht der beantragte Bescheid, ist § 39 GBO nicht anzuwenden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GBBerG). Ergeht er nicht, bleibt der Weg über § 995 BGB oder §§ 14, 22 GBO.
Zu Unrecht meint die Revision, die Inanspruchnahme des Zuordnungsberechtigten sei mit dem Gebot der Rechtssicherheit unvereinbar. Nimmt der Eigentümer nicht den wahren, sondern den nur vermeintlich Zuordnungsberechtigten in Anspruch, so kann er mit der Klage allerdings die gesetzliche Frist nicht wahren. Diesen Nachteil verknüpft das Gesetz aber auch sonst mit der Klage gegen die falsche Person (z.B. keine Unterbrechung der Verjährung bei Inanspruchnahme des falschen Schuldners: BGHZ 80, 222, 226). Wird das
Grundstück einer von dem wahren Eigentümer nicht verklagten juristischen Person durch Bescheid zugeordnet, kann diese unter Berufung auf den Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB ihrerseits die Berichtigung des Grundbuchs betreiben. Sie muß dann ihr Eigentum nachweisen, denn der Zuordnungsbescheid bindet private Dritte regelmäßig nicht (§ 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG). Dieses Risiko ist von dem Eigentümer, der von der Möglichkeit des Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 2 EGBGB, den Verfügungsberechtigten zu verklagen, keinen Gebrauch macht, hinzunehmen.

b) Zutreffend geht das Berufungsurteil davon aus, daß nach Art. 22 EinigVtr die Beklagte, nicht dagegen die Stadt L. , die Buchposition erworben hat. Art. 22 Abs. 4 EinigVtr, wonach das zur Wohnungsversorgung genutzte oder bestimmte volkseigene Vermögen in das Eigentum der Kommunen übergegangen ist, findet grundsätzlich auf die Beteiligung an einer Erbengemeinschaft keine Anwendung. Die gesamthänderische Beteiligung an einem Nachlaß ist, auch wenn zu diesem wohnungswirtschaftlich genutzte Grundstücke zählen, kein der Wohnungsversorgung dienender Vermögensgegenstand. Der Beteiligte verfügt über keinen Anteil an dem der Wohnungsversorgung dienenden Grundstück, auch mit Zustimmung der übrigen Beteiligten kann er über einen solchen "Anteil" nicht verfügen (RGZ 88, 21, 27). Die ungeteilte Gesamtberechtigung (RGZ 60, 126, 128; 61, 76, 78) am Nachlaß vermittelt ihm keine unmittelbare dingliche Berechtigung am einzelnen Gegenstand. Dies gilt auch dann, wenn der Nachlaß nur noch aus einer Sache besteht , und wirkt sich unter anderem dahin aus, daß die jederzeit mögliche Auseinandersetzung zum Allein- oder Bruchteilseigentum anderer Beteiligter oder eines Dritten führen kann (§ 2042, §§ 2046 ff BGB). Während des Bestehens der Gemeinschaft hat die ungeteilte Gesamtberechtigung zur Folge, daß die
Verwaltung des Vermögens den Erben gemeinschaftlich zusteht (§ 2038 BGB). Eine Mehrzahl der Beteiligten kann, wenn dies im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung verbleibt und sonstige Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen , eine privatnützige Wirtschaftsführung beschließen (§§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 Satz 1 BGB) und damit wohnungswirtschaftliche Zwecke der Kommune durchkreuzen. Dies liegt außerhalb des Zuordnungsgehalts des Art. 22 Abs. 4 EinigVtr.
Mithin ist die Buchposition nach der allgemeinen Vorschrift über die Zuordnung des Finanzvermögens (Art. 22 Abs. 1 EinigVtr) in die Treuhandverwaltung der Beklagten übergegangen. Ein etwaiger gesetzlicher Erwerb der Kommune aufgrund des dort in Bezug genommenen § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 THG (vgl. Schmidt/Leitschuh, Einigungsvertrag, Art. 22 Rdn. 6) i.V.m. § 2 des Kommunalvermögensgesetzes würde an den gleichen Gründen scheitern, wie der Vermögensübergang nach Art. 22 Abs. 3 EinigVtr.
2. Die Klägerin hat die Frist des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB gewahrt, denn die am letzten Tag der Frist eingereichte Klage wurde der Beklagten, worüber unter den Parteien kein Streit besteht, "demnächst" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO zugestellt. Die Wirkung der Rechtshängigkeit der Klage, an die Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB den Fortbestand des Eigentums knüpft, wurde mithin auf den 30. September 1998 zurückverlegt.

a) § 270 Abs. 3 ZPO ist, entgegen der Auffassung der Revision, die allenfalls eine entsprechende Anwendung der Vorschrift für denkbar hält, dies aber auch verneint, unmittelbar einschlägig. Die Vorschrift hat gleichermaßen prozessuale wie, worauf es hier ankommt, Fristen des materiellen Rechts zum
Gegenstand. Erforderlich ist, daß die Zustellung von Amts wegen zu erfolgen hat; denn das Gesetz will den Begünstigten nur vor von ihm nicht zu vertretende Verzögerungen des Amtsverfahrens schützen. Diese Voraussetzung ist bei der Klageerhebung gegeben (§ 270 Abs. 1 und 2 ZPO). Weiter setzt § 270 Abs. 3 ZPO voraus, daß die Inanspruchnahme des Gerichts die einzige Möglichkeit des Berechtigten ist, die Frist zu wahren (vgl. demgegenüber etwa die Wahlmöglichkeit im Falle des § 801 BGB). An dieser Voraussetzung fehlt es nicht deshalb, weil Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB dem Eigentümer auch die Möglichkeit eröffnet, sein Recht durch Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch zu wahren. Diese Möglichkeit stellt keine, allein vom Willen des Berechtigten abhängige, Alternative dar. Das Gesetz verlangt vielmehr zusätzlich die Bewilligung des eingetragenen Eigentümers oder des nach § 8 VZOG Verfügungsberechtigten, die im Weigerungsfalle nur durch Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe ersetzt werden kann. Beschränkt ist die Rückwirkung des § 270 Abs. 3 ZPO auf die Fälle, in denen die Einhaltung der Frist ein Recht wahren, nicht etwa, wie durch die Auslösung von Verzugsfolgen (vgl. § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB), in seinen Wirkungen erweitern soll. Hierzu zählt die in Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB vorgesehene Klageerhebung. Die Umstände, die den Bundesgerichtshof für den Fall des § 1933 BGB, auf den die Revision Bezug nimmt, bewogen haben, die Wirkungen des § 270 Abs. 3 ZPO zu verneinen (BGHZ 111, 329, 333), sind besonderer, auch durch die Gesetzesgeschichte bedingter Art und hier nicht verwertbar. Der weitere Hinweis auf § 262 ZPO, der eine abschließende Regelung enthalte, geht fehl. In den Fällen des § 262 ZPO können die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit gemäß § 270 Abs. 3 ZPO zurückverlagert werden. Eine die Wirkung des § 270 Abs. 3 ZPO ausschließende Deutung des Tatbestandsmerkmals "rechtshängig" in Art. 237 § 2 EGBGB ist danach nicht möglich.

b) Nicht zu folgen ist schließlich der Auffassung der Revision, das Gesetz stelle dem Eigentümer ausschließlich die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 bis 238 ZPO zur Verfügung, die indessen auf den Grundtatbestand des Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB (unzutreffender Eigentumseintrag außerhalb des Falles des Volkseigentums) beschränkt sei. Die Vorschriften der §§ 233 bis 238 ZPO wären ohne besondere Anordnung im Bereich des Art. 237 § 2 EGBGB nicht anwendbar gewesen; denn sie haben ausschließlich die Versäumung prozessualer Fristen zum Gegenstand. Deshalb war es erforderlich, sie durch Art. 232 § 1 Abs. 1 Satz 4 EGBGB einzubeziehen. Zum Anwendungsbereich des § 270 Abs. 3 ZPO trifft diese Vorschrift keine Bestimmung. Sie greift vielmehr erst dann ein, wenn der für alle Tatbestände des Art. 237 § 2 EGBGB geltende § 270 Abs. 3 ZPO nicht zur Wahrung der Frist führt. Ob die erforderlich werdende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann auf den Fall des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB beschränkt ist oder ob die fehlende Bezugnahme auf Abs. 1 Satz 4 in Abs. 2 Satz 3 der Vorschrift auf einem Versehen beruht, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Wenzel Tropf Krüger Lemke Gaier