Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 204/01 Verkündet am:
19. Juli 2002
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. April 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11. April 1996 erwarb die Klägerin von der Beklagten ein 15.138 qm großes Grundstück für 2 Mio. DM. § 4 Abs. 10 lautet:
"Bei der Bemessung des Kaufpreises für Grund und Boden sind die Parteien davon ausgegangen, daß für die bauliche Ausnutzung des Kaufgegenstandes eine GFZ von mindestens 0,59 gegeben ist. Sollte eine höhere oder niedrigere GFZ auf dem Grundstück objektiv erzielbar sein und der Käufer diese mit seinem Bauvorhaben ganz oder teilweise ausnutzen, so erhöht bzw. senkt sich der Kaufpreisteil für Grund und Boden gemäß Abs. 1
um DM 33.900 pro GFZ-Veränderung von 0,01, ggf. anteilig. Der Kaufpreis gemäû Abs. 1 beträgt jedoch mindestens DM 1.700.000,00. GFZ-Veränderungen, die erst nach dem 31.12.2000 eintreten, bleiben unberücksichtigt. Über vor diesem Datum liegende GFZVeränderungen hat der Käufer den Verkäufer unaufgefordert unverzüglich zu unterrichten. ..." In § 5 Abs. 2 heiût es u.a.:
"Der Verkäufer übernimmt für die Beschaffenheit und Verwendbarkeit sowie die Richtigkeit der Grundbuchangaben, für die Gröûe und Maûe der Fläche des Kaufgegenstandes keinerlei Gewähr."
In §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 wurde ein Rücktrittsrecht für Verkäufer und Käufer für den Fall vereinbart, daû auf dem Vermögensgesetz, dem Investitionsvorranggesetz oder auf Restitutionsansprüchen öffentlich-rechtlicher Körperschaften beruhende Hindernisse für den Eigentumsübergang nicht innerhalb einer bestimmten Frist beseitigt werden können.
In § 8 verpflichtete sich die Klägerin zu einer Investition von ca. 20 Mio. DM durch Errichtung von ca. 100 Wohnungen mit ca. 7.600 qm Wohnraum innerhalb von zwei bis vier Jahren nach Erteilung einer rechtskräftigen Baugenehmigung.
Zur Sicherung der Kaufpreisforderung hinterlegte die Klägerin bei dem beurkundenden Notar eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe des Kaufpreises.

Ein Bebauungsplan für das Kaufgrundstück ist noch nicht in Kraft getreten. Deshalb hat die Klägerin ihre Investitionsverpflichtung bisher nicht erfüllt.
Mit der Behauptung, das Bauvorhaben sei endgültig gescheitert, weil der von der Gemeinde bereits beschlossene Bebauungsplan wegen Einwendungen übergeordneter Behörden nicht wirksam werde, hat die Klägerin von der Beklagten verlangt, den Notar zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Klägerin zu ermächtigen; auûerdem hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 0,75 % Zinsen aus dem Bürgschaftsbetrag seit dem 10. September 1997 beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrags weder nach den Grundsätzen vom Wegfall der Geschäftsgrundlage noch nach den über das Nichterreichen des vereinbarten Zwecks noch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung verlangen, weil die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Rechtsinstitute nicht gegeben seien.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Dem Berufungsgericht ist schon insoweit nicht zu folgen, als es zunächst eine Rückabwicklung des Kaufvertrags nach den Grundsätzen vom Wegfall der Geschäftsgrundlage prüft. Erweisen sich, wie hier, die beiderseitigen Vorstellungen der Vertragspartner über die Durchführung eines Bauvorhabens als irrig, ist zunächst zu klären, ob dem Vertrag im Wege der ergänzenden Auslegung zu entnehmen ist, welche Regelung die Parteien getroffen haben würden, wenn sie an ein Scheitern des Bauvorhabens gedacht hätten (Senatsurt. v. 3. Oktober 1980, V ZR 100/79, WM 1981, 14, 15).
2. Soweit das Berufungsgericht das Vorhandensein einer Vertragslücke verneint, ist seine Auslegung fehlerhaft.

a) Die Auslegung einzelvertraglicher Regelungen durch das Berufungsgericht kann von dem Revisionsgericht darauf überprüft werden, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff unberücksichtigt geblieben ist (st. Rspr., s. nur Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514; Senatsurt. v. 22. Juni 2001, V ZR 56/00, Umdr. S. 5 [insoweit nicht in BGH-Report 2001, 817 f abgedruckt]). Insoweit rügt die Revision allerdings ohne Erfolg einen Verstoû gegen die Denkgesetze, weil das Berufungsgericht nicht erkannt habe, daû die Ermittlung des endgültigen Kaufpreises aufgrund der in einem Bebauungsplan festgesetzten GFZ die rechtliche Möglichkeit der Bebauung voraussetze. Das Berufungsgericht hat nämlich zu Recht berücksichtigt, daû der Mindestkaufpreis von 1,7 Mio. DM von der GFZ unabhängig ist. Jedoch gehört zu den aner-
kannten Auslegungsgrundsätzen die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoûen. Seine Auslegung berücksichtigt weder die Interessen der Klägerin noch die der Beklagten ausreichend. Beide Parteien gingen nämlich unstreitig davon aus, daû auf dem Kaufgegenstand ca. 100 Wohnungen errichtet werden können; an einem bloûen Grundstücksgeschäft ohne Bebauungsmöglichkeit für die Klägerin waren sie dagegen nicht interessiert, ohne jedoch für diesen Fall eine Regelung getroffen zu haben.
aa) Der Annahme einer Regelungslücke steht nicht entgegen, daû die Klägerin zwar nach § 8 Abs. 2 des Vertrags zur Rückübertragung des Grundstücks verpflichtet ist, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Erteilung der rechtskräftigen Baugenehmigung die vorgesehenen Baumaûnahmen durchführt, sie aber nicht zur Rückabwicklung des Vertrags im Fall der rechtlichen Undurchführbarkeit des Vorhabens berechtigt ist. Denn aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung kann nicht geschlossen werden, daû die Parteien diesen Punkt in einem bestimmten anderen Sinn geregelt haben. Eine solche Auslegung hätte zur Folge, daû es keine Vertragslücken gäbe und damit für eine ergänzende Vertragsauslegung niemals Raum wäre.
bb) Auch der in § 5 des Vertrags vereinbarte Gewährleistungsausschluû spricht nicht gegen eine Vertragslücke für den Fall der Unbebaubarkeit des Grundstücks. Zwar rügt die Revision insoweit ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sich verfahrensfehlerhaft nicht mit dem Einwand der Klägerin befaût, die Klausel in dem ihr vom Berufungsgericht gegebenen Sinn verstoûe gegen § 3 AGBG; hierzu enthält das Berufungsurteil auf Seite 6 oben ausreichende Überlegungen. Das Berufungsgericht hat aber übersehen, daû sich der Ge-
währleistungsausschluû nicht auf die fehlende rechtliche Möglichkeit der Wohnbebauung erstrecken kann. Es ist nämlich weder festgestellt noch sonst ersichtlich, daû nach dem Inhalt des Vertrags die Bebaubarkeit des Grundstücks bereits in dem nach § 459 BGB a.F. maûgeblichen Zeitpunkt des Übergangs der Gefahr auf die Klägerin vorhanden sein sollte. Vielmehr haben die Parteien ihren Überlegungen eine spätere Bebaubarkeit zugrunde gelegt. In einem solchen Fall finden die Vorschriften der §§ 459 ff BGB a.F. von vornherein keine Anwendung (Senatsurt. v. 15. Oktober 1976, V ZR 245/74, WM 1977, 118). Deswegen kann sich der Gewährleistungsausschluû hinsichtlich der Verwendbarkeit des Grundstücks nur auf dessen tatsächliche Beschaffenheit beziehen.
cc) Schlieûlich steht der Annahme einer Regelungslücke auch nicht der Vortrag der Beklagten entgegen, daû der Kaufpreis dem für Bauerwartungsland ortsüblichen und angemessenen Preis entsprochen habe. Zwar liegt auch beim Kauf von Bauerwartungsland das Risiko einer Enttäuschung der Bauerwartung beim Käufer (Senat, BGHZ 74, 370, 375). Hier besteht aber die Besonderheit , daû nach den Vorstellungen beider Parteien das Risiko der Bebaubarkeit nicht bestand; offen war lediglich das Maû der zulässigen Bebauung. Dieser Fall ist dem Kauf von Bauerwartungsland nicht vergleichbar, denn dort setzen die Vertragspartner die künftige Bebaubarkeit des Kaufgegenstands gerade nicht als sicher voraus. Somit verbietet es sich hier, aus der Höhe des Kaufpreises auf eine Verteilung des Risikos, daû das Grundstück überhaupt bebaut werden kann, zu schlieûen.

b) Die Auslegung des Berufungsgerichts, aufgrund derer es eine Vertragslücke verneint, hat deshalb keinen Bestand. Weitere tatsächliche Fest-
stellungen kommen nicht mehr in Betracht. Das Revisionsgericht ist damit zu eigener Auslegung befugt (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Sie führt dazu, daû die Parteien keine Regelung für den Fall getroffen haben, daû die Bebaubarkeit des Grundstücks aus Rechtsgründen, nämlich dem Scheitern der Aufstellung eines Bebauungsplans, endgültig nicht gegeben ist.
3. Die vom Berufungsgericht unterlassene ergänzende Vertragsauslegung kann der Senat aufgrund der seiner Nachprüfung unterliegenden tatsächlichen Grundlagen (§ 561 ZPO a.F.) nachholen, weil die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen ebenfalls getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (Senatsurt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219). Die ergänzende Auslegung des Kaufvertrags ergibt hier, daû er bei fehlender rechtlicher Möglichkeit der Wohnbebauung nicht durchgeführt werden soll. Das führt entsprechend den in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 des Vertrags für andere Fälle des Scheiterns der Wohnbebauung aus Rechtsgründen getroffenen Vereinbarungen zu einem Rücktrittsrecht der Klägerin, dessen Ausübung in der Erhebung der Klage zu sehen ist. Da es sowohl für die Klägerin als auch die Beklagte beim Vertragsschluû entscheidend darauf ankam, daû auf dem Grundstück ca. 100 Wohnungen errichtet werden, wäre eine andere Auslegung weder interessengerecht noch mit Treu und Glauben vereinbar.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO a.F.), damit es aufklären kann, ob eine Wohnbebauung auf dem Grundstück endgültig unmöglich ist.
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 565 Anzuwendende Vorschriften des Berufungsverfahrens


Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 459 Ersatz von Verwendungen


Der Wiederverkäufer kann für Verwendungen, die er auf den gekauften Gegenstand vor dem Wiederkauf gemacht hat, insoweit Ersatz verlangen, als der Wert des Gegenstandes durch die Verwendungen erhöht ist. Eine Einrichtung, mit der er die herauszugebend

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juni 2001 - V ZR 56/00

bei uns veröffentlicht am 22.06.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 56/00 Verkündet am: 22. Juni 2001 R i e g e l Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 56/00 Verkündet am:
22. Juni 2001
R i e g e l
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. Januar 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 27. August 1992 verkaufte die Klägerin (damals noch Gemeinde W.) dem Beklagten ein im Außenbereich belegenes, etwa 2.000 qm großes, Grundstück zu einem Kaufpreis von 55.000 DM unter Ausschluß jeder Gewährleistung. Die Klägerin übernahm aber in Ziff. V 3 des Vertrages Gewähr dafür, daß die Bebauung des Grundstücks mit zwei Einfamilienhäusern mit ausbaufähigem Dachgeschoß nach vorherigem Abriß der bei Vertragsabschluß vorhandenen Gebäude zulässig ist. Der Kaufpreis sollte innerhalb von vier Wochen nach Mitteilung des Notars, daß ein Bauvorbescheid in
Fassung und Umfang der durch die Klägerin übernommenen Gewährleistung vorliegt, fällig sein. Nach Zahlung sollte der Besitz auf den Käufer übergehen.
Der Beklagte veräußerte am 24. Februar 1993 eine 1.000 qm große Teilfläche des Grundstücks zu einem Kaufpreis von 100.000 DM an einen Dritten. Nach Vorliegen eines ablehnenden Bauvorbescheids vom 9. Juli 1993, mit dem nur ein Einfamilienhaus als genehmigungsfähig erklärt wurde, trat der Beklagte von diesem Kaufvertrag zurück. Am 2. März 1994 verkaufte er das gesamte Grundstück zu einem beurkundeten Kaufpreis von 100.000 DM an Dritte. Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten am 2. Juni 1994 auf, den Kaufpreis innerhalb von drei Monaten bei dem Notar zu hinterlegen. Der Beklagte verlangte am 18. Juli 1994 von der Klägerin Schadensersatz wegen Nichterfüllung mangels vertragsgemäßer Bebaubarkeit. Nach erneuter Fristsetzung unter Ankündigung einer Rückabwicklung des Kaufvertrages bei fruchtlosem Fristablauf im September 1994 erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 26. Oktober 1994 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Beklagte hinterlegte im November 1996 den Kaufpreis und wurde am 18. Juni 1997 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage Berichtigung des Grundbuchs, hilfsweise Rückübertragung des Grundstücks Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und dem Hilfsantrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin begehrt.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hat es offen gelassen, ob der Beklagte wegen Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages zur Rückauflassung verpflichtet ist. Selbst bei Wirksamkeit des Vertrages schulde er nämlich die Rückübertragung des Grundstücks unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 326 BGB. Da die Parteien bei ihrer Fälligkeitsabrede nicht an die Möglichkeit gedacht hätten, daß der Antrag auf Erlaß eines Bauvorbescheids abschlägig beschieden werden könne, sei diese im Wege ergänzender Vertragsauslegung so zu verstehen , daß der Kaufpreis mit Weiterverkauf des Grundstücks am 2. März 1994 unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vertrages zur Hinterlegung auf Notaranderkonto fällig geworden sei. Der Beklagte sei durch Mahnung der Klägerin in Zahlungsverzug gesetzt worden. Dahinstehen könne, ob dem Beklagten wegen der hinter dem Vertrag zurückbleibenden Bebauungsmöglichkeit Gewährleistungsrechte zustünden. Denn ein darauf beruhendes Zurückbehaltungsrecht habe den durch Zugang der Mahnung eingetretenen Verzug nicht verhindern können, weil es nicht vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen geltend gemacht worden sei.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.

Die Klägerin kann vom Beklagten mangels eines Rücktrittsrechts gemäß §§ 346, 327, 326 Abs. 1 BGB nicht Rückauflassung des Grundstücks verlangen.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Rüge der Revision die ergänzende Auslegung der im Falle eines ablehnenden Bauvorbescheids lückenhaften Fälligkeitsvereinbarung durch das Berufungsgericht dahingehend, daß der Kaufpreis mit dem Weiterverkauf des Grundstücks am 2. März 1994 unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vertrages fällig wurde. Die ergänzende Auslegung einer Individualvereinbarung gehört zum Bereich der tatrichterlichen Feststellung und ist vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar. Sie bindet das Revisionsgericht nur dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsregeln und der aus ihnen entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat (Senat, BGHZ 111, 110, 115; BGH, Urt. v. 29. September 1999, VIII ZR 232/98, NJW-RR 2000, 273, 274). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Insbesondere verstößt die Vertragsauslegung nicht gegen den Grundsatz einer möglichst nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. Senat, BGHZ 115, 1, 5; Senat, Urt. v. 27. September 1991, V ZR 191/90, NJW-RR 1992, 182; BGH, Urt. v. 8. Juni 1994, VIII ZR 103/93, NJW 1994, 2228, 2229). Die Interessen des Beklagten sind ausreichend berücksichtigt. Ihm stand es frei, das von der Klägerin erworbene Grundstück weiterzuveräußern. Entgegen der Ansicht der Revision werden dem Beklagten zustehende Gewährleistungsansprüche durch einen Weiterverkauf unabhängig von dessen Wirksamkeit nicht berührt (vgl. Senat,
Beschl. v. 10. Juni 1998, V ZR 324/97, NJW 1998, 2905). Auch der Grundsatz der Vertragsklarheit ist beachtet, weil die Auslegung an einen konkreten Akt des Weiterverkaufs, mag dieser auch rechtlich unwirksam sein, anknüpft und nicht, wie dies die Revision vorträgt, an eine nur beiläufig geäußerte Weiterverkaufsabsicht.
Soweit das Berufungsgericht zur Begründung seiner ergänzenden Vertragsauslegung ausgeführt hat, die Fälligkeit des Kaufpreises sei mit Weiterverkauf des Grundstücks unabhängig davon eingetreten, ob zu diesem Zeitpunkt die Frage der vertraglich vereinbarten Bebaubarkeit geklärt gewesen sei, ist dem nicht zu entnehmen, daß es dem Beklagten die Geltendmachung ihm wegen einer fehlenden Bebaubarkeit zustehender Gegenrechte verwehren wollte. Wollte das Berufungsgericht das gleichwohl zum Inhalt seiner Auslegung machen, würde das der Interessenlage des Beklagten nicht gerecht und wäre mithin für den Senat nicht bindend.
2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte sei durch die Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 2. Juni 1994 in Verzug gesetzt worden.

a) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, wenn er sich auf eine Einrede stützen kann, die ihm ein dauerndes oder wenigstens zeitweiliges Leistungsverweigerungsrecht gewährt (Senat, BGHZ 113, 232, 236 m.w.N.). Solche zur dauernden Leistungsverweigerung berechtigenden Einreden sind sowohl die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB als auch die Mängeleinrede nach § 478 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache Gewährleistungsan-
sprüche (§§ 459 ff BGB) aber grundsätzlich erst nach Gefahrübergang geltend machen; vor Gefahrübergang bestimmen sich seine Rechte nach den allgemeinen Vorschriften (BGHZ 138, 195, 207). Im vorliegenden Fall ist der Besitz des Grundstücks gemäß IV Ziff. 1 des Vertrages erst nach Zahlung des Kaufpreises im Jahr 1996 auf den Beklagten übergegangen. Bis dahin richteten sich die Rechte des Beklagten, was die Revision übersieht, nach den allgemeinen Vorschriften.

b) Revisionsrechtlich stand dem Beklagten im Zeitpunkt der Nachfristsetzung ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB zu. Denn der Käufer kann schon vor Gefahrübergang die Annahme einer mangelhaften Sache als nicht vertragsgemäße Leistung ablehnen und die Zahlung des Kaufpreises verweigern (Senat, BGHZ 129, 103, 106; Staudinger/Honsell, BGB (1995) Vorbem. zu §§ 459 ff Rdn. 24; Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., vor § 459 Rdn. 6; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Einf. vor § 320 Rdn. 18). Daß die tatsächliche Bebauungsmöglichkeit hinter den vertraglichen Vereinbarungen zurückbleibt, hat das Berufungsgericht unterstellt.

c) Es kann offenbleiben, ob die Erklärung der Klägerin, die Gewährleistung für die Bebauung des Vertragsgrundstücks mit zwei Einfamilienhäusern mit ausbaufähigem Dachgeschoß zu übernehmen, Gegenstand einer vertraglichen Beschaffenheitsangabe (§ 459 Abs. 1 BGB) oder die Zusicherung einer Eigenschaft (§ 459 Abs. 2 BGB; vgl. Senat BGHZ 117, 159, 162) ist. Selbst wenn darin nur eine vertragliche Beschaffenheitsangabe liegt, begründet dies ein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten. Dem steht der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluß nicht entgegen. Denn für die Zeit vor Gefahrübergang schränkt ein Gewährleistungsausschluß den Umfang
der Leistungspflicht des Verkäufers nicht ein (Senat, BGHZ 129, 103, 104 f). Das bloße Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts hinderte den Eintritt des Schuldnerverzuges (BGHZ 84, 42, 44; 116, 244, 249; BGH, Urt. v. 7. Oktober 1998, VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53). Darauf, ob der Beklagte es geltend gemacht hat, kommt es nicht an.
3. Nach alldem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat zum Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts bisher keine Feststellungen getroffen. Es wird zu klären haben, ob das Grundstück infolge eingeschränkter Bebaubarkeit einen Sachmangel aufweist. Das ist nicht bereits aufgrund des ablehnenden Bauvorbescheids vom 9. Juli 1993 zu bejahen. Denn die Frage, ob aus dem materiellen Baurecht ein Sachmangel folgt, kann von den Verwaltungsbehörden nicht mit bindender Wirkung für die Zivilgerichte entschieden werden (Senat, BGHZ 117, 159, 166; 122, 1, 5). Gegebenenfalls wird sich das Berufungsgericht außerdem mit der bisher offen gelassenen Frage zu befassen haben, ob der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam ist (§ 138 Abs. 1 BGB).
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke

Der Wiederverkäufer kann für Verwendungen, die er auf den gekauften Gegenstand vor dem Wiederkauf gemacht hat, insoweit Ersatz verlangen, als der Wert des Gegenstandes durch die Verwendungen erhöht ist. Eine Einrichtung, mit der er die herauszugebende Sache versehen hat, kann er wegnehmen.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.