Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2008 - IX ZR 69/07

bei uns veröffentlicht am13.11.2008
vorgehend
Landgericht Köln, 29 O 405/04, 02.02.2006
Oberlandesgericht Köln, 17 U 49/06, 28.03.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 69/07
Verkündet am:
13. November 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAO § 51b; EGBGB Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1
Satz 2
Bestimmt sich bei einer einem Rechtsanwalt unterlaufenen Fehlberatung die
Verjährung des Primäranspruchs auf der Grundlage des maßgeblichen Übergangsrechts
nach § 51b BRAO, so gilt dies auch für den Sekundäranspruch.
BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07 - OLG Köln
LG Köln
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die
Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. März 2007 und das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. Februar 2006 aufgehoben: Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger beauftragte als Mitglied einer Erbengemeinschaft die beklagten Rechtsanwälte, einen Anspruch auf Rückübertragung eines in Dresden gelegenen , durch das "Gesetz über den Aufbau der Städte in der DDR und der Hauptstadt Deutschlands, Berlin" in Volkseigentum überführten Grundstücks zu verfolgen. Die zuständige Behörde lehnte im Jahre 1997 sowohl die Rückübertragung des Grundstücks als auch die Zahlung einer Entschädigung ab. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der durch die Beklagten vertretene Kläger am 8. April 1999 Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden. Im Verhandlungstermin vom 24. April 2002 regte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Aussichtslosigkeit des Klagebegehrens die Rücknahme der Klage an. Der Kläger lehnte nach Rücksprache mit dem Beklagten zu 1, der das Mandat federführend betreute, eine Klagerücknahme ab. Gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 25. April 2002 legten die Beklagten für den Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 13. Januar 2003 unter Hinweis auf eine seit dem Jahre 1994 geübte Rechtsprechung zurück.
2
Mit vorliegender Klage verlangt der Kläger von den Beklagten Ersatz der in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden und vor dem Bundesverwaltungsgericht entstandenen Gerichtskosten und Anwaltsgebühren über 24.545,67 €. Die Beklagten, die einen Pflichtverstoß in Abrede stellen, erheben die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 22.898,87 € stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der von dem erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.

I.


4
Das Berufungsgericht, das von einer anwaltlichen Pflichtverletzung der Beklagten ausgeht, hat ausgeführt, der Schadensersatzanspruch des Klägers sei nicht verjährt. Die Verjährung bestimme sich im Streitfall nach § 51b BRAO, weil die Primärverjährung vor dem 15. Dezember 2004 eingetreten sei; die Verjährung eines sekundären Schadensersatzanspruchs richte sich folglich ebenfalls nach dieser Vorschrift. Der Anwalt, der eine aussichtslose Klage erhebe, unterliege einer aus dem Anwaltsvertrag folgenden Hinweispflicht, dass er einen Fehler gemacht habe. Unterlasse der Anwalt diesen Hinweis, beginne die Sekundärverjährung mit Ablauf der Primärverjährung. Ausgehend von der Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage am 8. April 1999 sei die Primärverjährung im April 2002 abgelaufen. Sekundärverjährung sei folglich erst im April 2005 und damit nach der am 28. Januar 2005 erfolgten Klagezustellung eingetreten.
5
Der Einwand der Beklagten, erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. April 2002 und damit nach Ablauf der Primärverjährung von der möglichen Unrichtigkeit ihrer Beratung erfahren zu haben, dringe nicht durch. Bei gewissenhafter Prüfung hätten die Beklagten schon vor Klageerhebung zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass eine verwaltungsgerichtliche Klage keinen Erfolg verspreche. Dieses pflichtwidrige Unterlassen dürfe ihnen nicht zum Vorteil gereichen. Andernfalls käme es zu einer umso größeren Privilegierung des Rechtsanwalts, je weniger er seinen anwaltlichen Beratungsund Prüfungspflichten genüge. Der pflichtwidrig arbeitende Anwalt könne dann stets erfolgreich einwenden, ihm sei die Fehlberatung seines Mandanten nicht bewusst gewesen, weshalb die Sekundärverjährung nie zu laufen beginne.

II.



6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift, wie die Revision mit Recht rügt, durch, weil die Verjährungsfrist des § 51b BRAO sowohl im Blick auf einen Primär - als auch einen Sekundäranspruch abgelaufen ist.
7
1. § 51b BRAO, der durch das Verjährungsanpassungsgesetz mit Wirkung vom 15. Dezember 2004 aufgehoben wurde, ist im Streitfall noch anzuwenden. Die danach maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen.
8
a) Die Regelung des § 51b BRAO ist gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB weiter anzuwenden, falls der primäre Schadensersatzanspruch vor dem 15. Dezember 2004 entstanden ist. Bestimmt sich die Verjährung des Primäranspruchs nach § 51b BRAO, so gilt diese Vorschrift auch für den Sekundäranspruch, weil er lediglich ein Hilfsrecht und unselbständiges Nebenrecht des primären Regressanspruchs bildet (vgl. BGH, Urt. v. 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946, 948 Rn. 30, 33; Zugehör in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1265; Fahrendorf in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 947; Mansel/Budzikiewicz NJW 2005, 321, 325 f).
9
b) Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist mit Erhebung der Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden am 8. April 1999 entstanden. Der Kostenschaden verwirklicht sich bereits durch die Erhebung einer aussichtslosen Klage , weil damit ein erster Teil des Schadens in Form der Gerichtskosten entsteht , für die der Kläger als Zweitschuldner haftet (BGH, Urt. v. 7. Februar 1995 - X ZR 32/93, NJW 1995, 2039, 2041; Urt. v. 21. Juni 2001 - IX ZR 73/00, NJW 2001, 3543, 3545, insoweit in BGHZ 148, 156 ff nicht abgedruckt). Da der Anspruch vor dem 15. Dezember 2004 begründet wurde, richtet sich die Verjährung nach § 51b BRAO. Die dreijährige Verjährungsfrist war gerechnet von der am 8. April 1999 bewirkten Klageerhebung bereits am 9. April 2002 und damit - selbst wenn man von einer alsbaldigen Zustellung (§ 167 ZPO) ausginge - lange vor der hier am 23. Dezember 2004 erfolgten Klageeinreichung abgelaufen. In der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden liegt keine einen neuen Primäranspruch auslösende Pflichtwidrigkeit der Beklagten, sondern lediglich ein auf der ursprünglichen rechtlichen Fehleinschätzung beruhendes weiteres Versäumnis, das - in unverjährter Zeit - die Anknüpfung für eine Sekundärhaftung bilden kann.
10
2. Der Eintritt der Verjährung kann entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht unter dem Gesichtspunkt eines Sekundäranspruchs abgelehnt werden.
11
a) Für den Anwalt kann sich bei der Wahrnehmung des Mandats ein begründeter Anlass ergeben zu prüfen, ob er dem Mandanten durch einen Fehler einen Schaden zugefügt hat. Unterlässt er die erforderliche Überprüfung seines eigenen Verhaltens oder erkennt er dabei nicht seinen Fehler und gibt er infolgedessen nicht den erforderlichen Hinweis auf § 51b BRAO, kann dies den Sekundäranspruch auslösen (BGHZ 94, 380, 386). Der Sekundäranspruch setzt also eine neue, schuldhafte Pflichtverletzung voraus. Die den Regressfall auslösende Pflichtwidrigkeit kann nicht gleichzeitig die Nichterfüllung einer Pflicht zur Aufdeckung des Primäranspruchs darstellen. Der Sekundäranspruch entsteht vielmehr nur, wenn eine weitere Pflichtwidrigkeit zu einer Zeit begangen wird, zu der der Regressanspruch noch durchgesetzt werden kann, also insbesondere noch nicht verjährt ist (BGHZ aaO S. 387; BGH Urt. v. 10. Oktober 1985 - IX ZR 153/84, NJW 1986, 581, 583; v. 14. Dezember 2000 - IX ZR 332/99, NJW 2001, 826, 828; v. 7. Februar 2008 aaO Rn. 34).
12
b) Nach Erhebung der Klage am 8. April 1999 war für die Beklagten mangels neuer tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte jedenfalls bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. April 2002 keine Veranlassung gegeben, ihre Rechtsauffassung zu überprüfen. Da der Sekundäranspruch eine neue, eigenständige Pflichtwidrigkeit des Rechtsanwalts voraussetzt , war er bis zum Ablauf der Verjährungsfrist am 9. April 2002 nicht entstanden. Der im Anschluss an das Berufungsgericht vertretenen Auffassung der Revisionserwiderung, während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe eine wenigstens halbjährliche Wiedervorlage- und Kontrollpflicht bestanden , kann nicht gefolgt werden. Mangels eines konkreten verfahrensbezogenen Anlasses war der Beklagte auch nicht gehalten, mit Rücksicht auf im Zeitraum zwischen der Klageerhebung und der mündlichen Verhandlung veröffentlichte , dem Anspruch des Klägers möglicherweise entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seine Rechtsauffassung zu überprüfen. Der Sekundäranspruch kann - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht aus der Nichterfüllung einer Pflicht zur Aufdeckung des Primäranspruchs hergeleitet werden, weil andernfalls mit dem Primäranspruch zugleich der Sekundäranspruch ausgelöst würde (BGHZ aaO). Vielmehr beruht die eingetretene Verjährung nicht auf einem Verhalten des Anwalts und kann ihm nicht als Verletzung seines Auftrags zugerechnet werden, wenn für ihn - wie im Streitfall - während des Verjährungslaufs kein verfahrensbezogener Anlass bestand , eine durch seine Pflichtwidrigkeit verursachte Schädigung des Mandanten zu erkennen und diesem die Durchsetzung des Regressanspruchs zu ermöglichen (BGHZ aaO S. 388).
13
3. Infolge Entscheidungsreife (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann das Revisionsgericht in der Sache entscheiden. Die Klage ist wegen Ablaufs der Verjährungsfrist auf die von den Beklagten erhobene Einrede abzuweisen.
Ganter Kayser Gehrlein Fischer Grupp

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 02.02.2006 - 29 O 405/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.03.2007 - 17 U 49/06 -

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
IX ZR 332/99 Verkündet am:
14. Dezember 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zum Wegfall des verjährungsrechtlichen Sekundäranspruchs, wenn der geschädigte
Mandant rechtzeitig vor Eintritt der Primärverjährung einen Rechtsanwalt mit der
Prüfung des Regreßanspruchs beauftragt.
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - IX ZR 332/99 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das "Grundurteil" des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. September 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Jahre 1980 erwarb die Klägerin ein unbebautes Grundstück, um es zu parzellieren und zu bebauen sowie die so entstehenden bebauten Einzelgrundstücke zu verkaufen. In der "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG", die der Beklagte als Steuerberater der Klägerin und ihres Ehemannes zur Ermittlung der Einkünfte aus den Grundstücksgeschäften mit der Steuererklärung
für 1980 beim Finanzamt einreichte, waren die Anschaffungskosten für das Grundstück nicht berücksichtigt. Auch die im Jahre 1985 aufgewandten Kosten für den Bau von Eigentumswohnungen zog der Beklagte bei der Gewinnermittlung für dieses Jahr nicht als Betriebsausgaben ab. Er setzte diese Kosten sowie einen Teil der Grundstücksanschaffungskosten erst für 1986 als Betriebsausgaben an, als ein Teil der bis dahin hergestellten Eigentumswohnungen veräußert und ein anderer Teil ins Privatvermögen überführt wurden. Nach einer im Jahre 1990 durchgeführten Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt diesen Abzug in einem geänderten Steuerbescheid vom 14. September 1990 mit der Begründung nicht an, bei der gewählten Gewinnermittlungsart seien die genannten Kosten im Jahr ihrer jeweiligen Entstehung anzusetzen gewesen. Die Einkommensteuer für das Jahr 1986 wurde für die Klägerin und ihren Ehemann auf 222.522 DM festgesetzt. Ein dagegen v om Beklagten eingelegter Einspruch wurde mit Bescheid vom 27. Januar 1993 zurückgewiesen; die dagegen - wiederum vom Beklagten - erhobene Klage wies das Finanzgericht Düsseldorf durch Urteil vom 4. Februar 1997 ab.
Die Klägerin, die sich die Ansprüche ihres Ehemannes hat abtreten lassen , wirft dem Beklagten vor, er hätte, da es in den Jahren der Entstehung der Anschaffungs- und Herstellungskosten an ausreichenden Einnahmen und sonstigen Einkünften gefehlt habe, mit denen jene Ausgaben hätten verrechnet werden können, die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG schaffen müssen. Sie verlangt von ihm Ersatz des Schadens, der ihr und ihrem Ehemann durch eine auf 160.000 DM errechnete Steuermehrbelastung in den Jahren 1980 bis 1986 entstanden sein soll, sowie Feststellung der Pflicht zum Ersatz von dadurch verursachten Zinsschäden. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung der Klageansprü-
che abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr dem Grunde nach stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil , jedoch unter umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage zu entscheiden (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff).

I.


Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch "dem Grunde nach (für) berechtigt" erklärt und am Ende der Entscheidungsgründe bemerkt, über die Höhe des Schadens sei im Betragsverfahren zu entscheiden. Zu dem neben dem Zahlungsantrag gestellten Feststellungsantrag hat es sich nicht geäußert.
Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Erlaß eines Grundurteils durch das Berufungsgericht zulässig war (BGH, Urt. v. 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98, WM 2000, 1345, 1346 m.w.N.). Das ist im vorliegenden Fall zweifelhaft, soweit sich das Grundurteil jedenfalls seinem Wortlaut nach auch auf den Feststellungsanspruch bezieht. Bei einer unbezifferten Feststellungsklage kommt eine auf den Grund des Anspruchs be-
schränkte Entscheidung nicht in Betracht (BGH, Urt. v. 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98, WM 2000, 966, 967). Es ist freilich denkbar, daß das Berufungsgericht mit dem Ausspruch zum Grund des Anspruchs gleichzeitig abschließend dem Feststellungsantrag stattgeben wollte. Ob sich in dem Urteil ausreichende Anhaltspunkte für eine solche Auslegung finden lassen, mag offenbleiben, weil das Berufungsurteil bereits aus anderen Gründen aufgehoben werden muß.

II.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG durch Aufstellung einer Eröffnungsbilanz und Einrichtung einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung zu schaffen. Durch die für die Klägerin und deren Ehemann ungünstige Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sei ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstanden, dessen Höhe im Betragsverfahren noch ermittelt werden müsse. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision nicht. Sie lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.

III.


Das Berufungsurteil beruht jedoch auf Verfahrensfehlern, soweit das Berufungsgericht gemeint hat, der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt.
1. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, die Verjährung habe mit Ablauf des 17. September 1990 begonnen; denn an diesem Tag sei der Klägerin und ihrem Ehemann der Ä nderungsbescheid vom 14. September 1990 zugegangen. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG sei jedoch alsbald danach gehemmt gewesen, denn die Parteien hätten nach Erlaß des Bescheids im September 1990 vereinbart, daß der Anspruch gegen den Beklagten bis zum Abschluß des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht habe geltend gemacht werden sollen. Diese Feststellung hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der Aussagen des in beiden Vorinstanzen vernommenen Ehemannes der Klägerin, des Zeugen Sch., sowie nach Anhörung des Beklagten persönlich getroffen. In jener Vereinbarung, so hat das Berufungsgericht gemeint, liege ein Stillhalteabkommen. Die Verjährung sei danach erst nach Erlaß des finanzgerichtlichen Urteils vom 4. Februar 1997 weitergelaufen und jedenfalls bei Einreichung der Klage am 30. Dezember 1997 noch nicht vollendet gewesen.
2. Die Revision macht geltend, die Annahme eines Stillhalteabkommens werde von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen. Bei der Absprache der Parteien müsse es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung gehandelt, sondern sie könne sich auch in der Zusage des Beklagten erschöpft haben, sich bis zum Abschluß des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht auf Verjährung zu berufen. Im letzteren Fall hätte der Beklagte nach dem Urteil des Finanzgerichts nicht noch mehr als zehn Monate mit der Klageerhebung warten dürfen.
Dieser Revisionsangriff ist unbegründet. Ein die Hemmung der Verjährung nach § 202 Abs. 1 BGB auslösendes Stillhalteabkommen setzt allerdings
- darin hat die Revision recht - voraus, daß der Schuldner aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung berechtigt sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern, und der Gläubiger sich umgekehrt der Möglichkeit begibt, seine Ansprüche während dieses Zeitraums weiterzuverfolgen (BGH, Urt. v. 6. Juli 2000 - IX ZR 134/99, WM 2000, 1812, 1813 m.w.N.). Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht verkannt. Es ist in rechtlicher Hinsicht ausdrücklich davon ausgegangen, daß bei einem Stillhalteabkommen der Schuldner "vorübergehend zur Leistungsverweigerung berechtigt" ist. Ein solches Recht hat das Berufungsgericht der zwischen den Parteien getroffenen Absprache entnommen. Ein Rechtsfehler läßt sich darin nicht erkennen.
3. Die Revision hat jedoch mit ihrer Verfahrensrüge Erfolg, die sich gegen die Feststellung des Berufungsgerichts richtet, jene Vereinbarung sei alsbald nach dem Erlaß des Steuerbescheids vom 14. September 1990 getroffen worden.

a) Der Ehemann der Klägerin hat als Zeuge ausweislich des Protokolls vom 16. Juli 1998 vor dem Landgericht ausgesagt, nach der Betriebsprüfung habe er die Sache mit dem Beklagten durchgesprochen; dieser habe ihm seinerzeit gesagt, er wolle gegen den Bescheid Einspruch einlegen. Vor dem Berufungsgericht hat er am 17. Juni 1999 bekundet, bei jener Aussage müsse er bei der Vernehmung etwas mißverstanden haben. Es sei zwar bereits nach Eingang des Betriebsprüfungsberichts zu einem Gespräch mit dem Beklagten gekommen; dabei sei es aber nur um die Richtigkeit dieses Berichts und noch nicht um Steuernachforderungen gegangen. Die Themen "Steuernachforderung" und "Regreß" hätten erst angestanden, als die "Steuerbescheide" vorgelegen hätten.

Das Berufungsgericht hat, wie es im einzelnen dargelegt hat, aus diesen Bekundungen des Zeugen die Überzeugung gewonnen, daß das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem Beklagten, bei dem die Stillhaltevereinbarung getroffen wurde, nach Eingang des Steuerbescheids vom 14. September 1990 stattgefunden habe. Der Zeuge sei, so hat es ausgeführt, bei der Vernehmung vom 17. Juni 1999 darauf hingewiesen worden, daß es wichtig sei, die Gespräche zeitlich genau einzuordnen. Das habe zu der Ä ußerung des Zeugen geführt, daß das Thema "Steuernachforderungen" noch nicht nach dem Betriebsprüfungsbericht, sondern erst nach Eingang der "Bescheide" Gegenstand der Erörterung gewesen sei. Hiermit seien "eindeutig" die Steuerbescheide vom 14. September 1990 gemeint gewesen; denn zusammen mit dem Bescheid für 1986 sei damals auch der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1985 erlassen worden.
In dieser Beurteilung liegt, wie die Revision zu Recht rügt, eine unvollständige Würdigung des Beweisergebnisses. Der in der Beweisaufnahme dem Zeugen erteilte Hinweis auf die Notwendigkeit der genauen zeitlichen Einordnung der Gespräche sollte offenbar der Klärung dienen, ob mit ihnen nicht etwa Erörterungen im unmittelbaren Anschluß an den Betriebsprüfungsbericht und damit noch vor der Entstehung des mit dem Erlaß des Steuerbescheids für 1986 eingetretenen Schadens, d.h. vor Beginn der Verjährung gemeint waren. Von solchen Besprechungen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Betriebsprüfungsbericht hatte der Zeuge bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung berichtet. Dieser stellte nunmehr vor dem Berufungsgericht klar, daß es damals weder um Steuernachforderungen noch um die Regreßfrage gegangen sei. Diese sei erst zum Thema geworden, als die "Bescheide" eingegangen seien.
Der Schluß des Berufungsgerichts, damit seien "eindeutig" die Bescheide vom 14. September 1990 gemeint gewesen, berücksichtigt, wie die Revision zutreffend beanstandet, nicht, daß der Zeuge bei der Fragestellung, der er sich gegenüber sah, möglicherweise nur die Alternative zwischen dem Betriebsprüfungsbericht und den späteren "Bescheiden" im Auge hatte, in denen sich das steuerliche Ergebnis niederschlug. Mit diesen Bescheiden müssen nicht zwingend die unter dem gleichen Datum ergangenen Einkommensteuerbescheide für verschiedene Jahre, sondern damit können auch zusammengefaßt die allein das Jahr 1986 betreffenden "Bescheide", nämlich der Steuerbescheid vom 14. September 1990 und der spätere Einspruchsbescheid vom 27. Januar 1993 gemeint gewesen sein. Zu einer solchen Deutung könnte der weitere Inhalt der Aussage des Zeugen vor dem Landgericht Anlaß geben. Ausweislich des Protokolls vom 16. Juli 1998 hat der Zeuge im Anschluß an die Erwähnung der Besprechung nach der Betriebsprüfung gesagt: "Er (der Beklagte) sagte mir seinerzeit, er wolle gegen den Bescheid Einspruch einlegen. Das hat er dann auch getan. Nachdem - ich meine es war 1993 - der ablehnende Bescheid auf den Einspruch kam, habe ich den Beklagten nochmals angesprochen. Zu der Zeit wurde mir klar, daß es nun ernst würde mit der Steuernachforderung. Ich habe den Beklagten damals gefragt, wie es denn nun weitergehen solle. Er sagte mir, er könne das auch noch nicht ganz beurteilen, ich solle mir aber keine Sorgen machen. Mir sollten keine Schäden entstehen. Der Beklagte forderte mich auf, ihn für solche Schäden haftbar zu machen." Diese Darstellung des Zeugen legt das Verständnis nahe, über die Regreßfrage sei erst gesprochen worden, als sich herausstellte, daß der gegen den Steuerbescheid eingelegte Einspruch erfolglos geblieben war. Das würde auch zu der bei der Vernehmung durch das Berufungsgericht gebrauchten Formulierung des Zeugen passen, "letztlich zur Sache gehen sollte es ... erst nach Abschluß eines möglichen fi-
nanzgerichtlichen Verfahrens". Denn erst nach Erlaß des Einspruchsbescheids stand die Frage einer Klage vor dem Finanzgericht im Raum. Daß die Absprache , den Ausgang des Finanzgerichtsprozesses abzuwarten, schon getroffen worden ist, bevor überhaupt der Einspruch eingelegt und das Ergebnis des Einspruchsverfahrens abzusehen war, erscheint demgegenüber eher fernliegend.
Die Frage, ob die Absprache, die Geltendmachung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs gegen den Beklagten bis zur Erledigung des Finanzgerichtsrechtsstreits zurückzustellen, tatsächlich bereits im September 1990 getroffen worden ist, kann nur im Wege einer Gesamtwürdigung aller Umstände beantwortet werden. Das Berufungsgericht hat eine solche umfassende Würdigung unter Berücksichtigung der soeben genannten Gesichtspunkte unterlassen. Wären dabei Zweifel verblieben, so hätte es den Zeugen fragen müssen, was er mit den "Bescheiden", nach deren Erlaß es zur Erörterung der Regreßfrage kam, gemeint habe. Das Berufungsgericht hat sich dies alles durch die unzutreffende Annahme, die Aussage des Zeugen sei insoweit eindeutig, unmöglich gemacht.

b) Unter den gegebenen Umständen hätte das Berufungsgericht - diese Rüge der Revision ist ebenfalls begründet - jedenfalls der Klage nicht stattgeben dürfen, ohne auf den nachgereichten Schriftsatz des Beklagten vom 20. Juli 1999 die mündliche Verhandlung erneut zu eröffnen. In dem Schriftsatz hat der Beklagte auf die Doppeldeutigkeit des vom Zeugen gebrauchten Ausdrucks "Bescheide" hingewiesen und zum Beleg dafür, daß dieser die Zeit nach Erlaß des Einspruchsbescheids im Auge gehabt habe, ein Schreiben der Klägerin an ihn, den Beklagten, vom 30. April 1993 und ein von ihm verfaßtes
Schreiben an seinen Haftpflichtversicherer vom 12. August 1993 vorgelegt. In dem Schreiben der Klägerin heißt es, sie beabsichtige, den Beklagten, wie sie ihm bereits mündlich mitgeteilt habe, im Fall einer negativen Entscheidung des Finanzgerichts "wegen fehlerhafter Beratung haftbar zu machen". Diese Absicht teilte der Beklagte in seinem Schreiben vom 12. August 1993 unter Darlegung des Sachverhalts dem Haftpflichtversicherer mit. Das hätte den Blick des Berufungsgerichts darauf lenken müssen, daß der Zeuge am 17. Juni 1999 weiter bekundet hatte, die "Verabredung" mit dem Beklagten sei dahin gegangen , daß er, der Zeuge, den Schaden habe "geltend machen" sollen, "damit der Beklagte an seine Versicherung herantreten" könne, daß es letztlich aber erst nach Abschluß des finanzgerichtlichen Verfahrens habe "zur Sache gehen" sollen. Die dieser Abrede entsprechenden Schreiben vom 30. April und 12. August 1993 waren geeignet, zusätzliche Zweifel darüber aufkommen zu lassen, ob die Vereinbarung selbst tatsächlich schon rund drei Jahre zuvor getroffen worden war. Das unterstrich die verfahrensrechtliche Notwendigkeit, den Zeugen notfalls zu einer Präzisierung seiner Aussage zu veranlassen. Zeigt es sich, daß die bisherige Verhandlung lückenhaft war, dann muß sie gemäß § 156 ZPO wieder eröffnet werden (BGHZ 53, 245, 262; BGH, Urt. v. 7. Oktober 1992 - VIII ZR 199/91, NJW 1993, 134).

c) Schließlich weist die Revision zutreffend darauf hin, daß der Ehemann der Klägerin trotz Abtretung seines eigenen Anspruchs an diese am Ausgang des Rechtsstreits kaum weniger interessiert ist, als die Klägerin selbst. Das nimmt der Abtretung zwar nicht wegen der damit erreichten Zeugenstellung des Ehemannes die Wirksamkeit. In einem solchen Fall ist aber das starke Eigeninteresse des Zeugen bei der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 8. Januar 1976 - III ZR 148/73,
WM 1976, 424). Die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils, in denen jeder Hinweis auf diesen Gesichtspunkt fehlt, deuten darauf hin, daß das Berufungsgericht ihn bei seiner Beweiswürdigung nicht in Betracht gezogen hat.
4. Die Frage, ob die vom Berufungsgericht festgestellte Vereinbarung, den Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten bis zur Beendigung des Finanzgerichtsrechtsstreits zurückzustellen, schon im September 1990 oder erst nach Erlaß des Einspruchsbescheids vom 27. Januar 1993 getroffen worden ist, kann entscheidungserheblich sein. War letzteres der Fall, dann waren zu diesem Zeitpunkt von der am 18. September 1990 beginnenden dreijährigen Primärverjährungsfrist bereits mehr als zwei Jahre und vier Monate abgelaufen. Da die Hemmung der Verjährung mit der Zustellung des Urteils des Finanzgerichts vom 4. Februar 1997 endete - nach dem Vortrag des Beklagten war das am 23. Februar 1997 -, wäre der noch verbleibende Teil der Verjährungsfrist verstrichen gewesen, als die Klage am 30. Dezember 1997 beim Gericht eingereicht wurde.

IV.


Das Berufungsurteil ist nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO). Das Berufungsgericht konnte sich von seinem Standpunkt aus nicht mit der Frage befassen, ob die Verjährung unter dem Gesichtspunkt eines Sekundäranspruchs gegen den Beklagten bei Klageeinreichung noch nicht eingetreten war.
1. Ein Steuerberater ist - ebenso wie ein Rechtsanwalt - verpflichtet, den Auftraggeber auf die Möglichkeit einer eigenen Regreßhaftung und die dafür geltende Verjährungsfrist nach § 68 StBerG hinzuweisen, wenn sich für ihn während des Mandats ein begründeter Anlaß zur Überprüfung seiner Tätigkeit ergibt und er erkennt oder bei gehöriger Sorgfalt erkennen muß, daß er durch einen Fehler dem Mandanten einen Schaden zugefügt hat (BGHZ 94, 380, 386; BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 - IX ZR 100/95, WM 1996, 2066, 2068). Verletzt er diese Pflicht, dann beginnt mit Eintritt der Primärverjährung die dreijährige Verjährungsfrist von neuem zu laufen.
Begründeten Anlaß zur Überprüfung seiner Beratungstätigkeit hatte der Beklagte sowohl bei Eingang des Einspruchsbescheids vom 27. Januar 1993 als auch nach Erlaß des Finanzgerichtsurteils vom 4. Februar 1997. Tatsächlich hat er die Klägerin und ihren Ehemann - offenbar mehrfach - auf die Möglichkeit eines Regreßanspruchs gegen sich hingewiesen. Über die Verjährung eines solchen Anspruchs scheint er sie aber nicht belehrt zu haben; er selbst hat jedenfalls schriftsätzlich vorgetragen, die Möglichkeit der Verjährung sei nie erwähnt worden. Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu fehlen.
2. Trotz unterlassener Belehrung über den etwaigen Regreßanspruch und dessen Verjährung entfallen der Sekundäranspruch und damit die Verlängerung der Verjährungsfrist, wenn der Mandant rechtzeitig vor Ablauf der Primärverjährung anderweitig anwaltlich zum Zweck der Prüfung des Regreßanspruchs beraten wird. In diesem Fall treten die Hinweispflichten des mit dieser Prüfung betrauten Rechtsanwalts an die Stelle derjenigen des ursprünglichen Beraters; der Mandant ist durch die Haftung des (neuen) Anwalts hinreichend gesichert (BGH, Urt. v. 14. November 1991 - IX ZR 31/91, WM 1992, 579,
581 f; v. 28. September 1995 - IX ZR 227/94, WM 1996, 33, 34). Diese Einschränkung der Sekundärhaftung rechtfertigt sich aus dem Gedanken, daß die nachrangige Hinweispflicht des Rechtsanwalts oder Steuerberaters den Auftraggeber gegen die Gefahr des unwissentlichen Anspruchsverlusts schützen soll, daß es eines solchen Schutzes durch den Anspruchsgegner selbst aber nicht mehr bedarf, wenn der Mandant die Wahrnehmung seiner Interessen in der Regreßfrage einem (anderen) Rechtsanwalt übertragen hat, der insoweit eine primäre Vertragspflicht übernimmt. Das gilt unabhängig davon, ob bei Eintritt einer dieser Voraussetzungen das Mandat des in Anspruch genommenen Rechtsberaters noch fortbestand oder bereits beendet war.
Bislang fehlt es an einer Feststellung dazu, wann die Klägerin sich erstmals in der Frage eines Regreßanspruchs gegen den Beklagten anwaltlich hat beraten lassen.

V.


Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - gegebenenfalls nach nochmaliger Vernehmung des Ehemannes der Klägerin - die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen treffen kann. Die
Parteien erhalten durch die Zurückverweisung Gelegenheit, ihr Vorbringen unter dem Gesichtspunkt der Sekundärverjährung zu ergänzen.
Kreft Stodolkowitz Zugehör
Ganter Raebel

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.